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Daniel
I
Dani|el,
 
Hauptgestalt des alttestamentlichen Daniel-Buches, das nach jüdischer und christlicher Tradition vom weisen Daniel (bereits in Ugarit im Akat-Epos erwähnt) am babylonischen Hofe im 6. Jahrhundert v. Chr. verfasst worden sein soll, aber erst in der Makkabäerzeit (zwischen 167 und 164 v. Chr.) entstanden ist. Der erzählende Teil (Kapitel 1-6) schildert aufgrund älterer Legenden die Schicksale und Traumdeutungen des frommen Daniel und seiner Freunde unter Nebukadnezar II., Belsazar und Darius dem Meder (u. a. das Menetekel, Daniel in der Löwengrube). Der apokalyptische Teil (Kapitel 7-12) enthält vier Visionen aus der Zeit des Antiochos IV. Epiphanes. Besonders wichtig ist die Vision von den vier Tieren aus dem Meer, nach deren Deutung das Reich des Antiochos das letzte Glied einer Abfolge heidnischer Weltreiche ist und dem Anbruch des messianischen Reiches weichen muss (Erscheinung des Menschensohnes auf den Himmelswolken, Kapitel 7). Das Buch ist eine Weissagungs- und Trostschrift für Israel in der Verfolgungszeit unter Antiochos IV. Seine Gedanken wurden von der späteren Apokalyptik aufgenommen und haben auch die Geschichtsphilosophie des Mittelalters beeinflusst.
 
Kunst:
 
Daniel in der Löwengrube (meist flankiert von zwei Löwen) erscheint schon in der Katakombenmalerei, in der frühchristlichen und frühmittelalterlichen Kleinkunst (Daniel-Schnallen, 7. Jahrhundert), dann in der romanischen Bauplastik. Die Szene wird oft erweitert mit Habakuk, der Daniel, von einem Engel getragen, Nahrung bringt (G. L. Bernini). Als Einzelfigur findet sich Daniel in der Glasmalerei (um 1100; Augsburg, Dom) und in der Buchmalerei. Im 15. und 16. Jahrhundert wird Daniel als Schutzpatron der Bergknappen in Bergmannstracht dargestellt (Tulpenkanzel von H. Witten im Freiberger Dom, um 1508-10). Im Barock wurde das Thema u. a. von P. P. Rubens, im 19. Jahrhundert von E. Delacroix aufgegriffen.
 
Literatur:
 
Gerhard Maier: Der Prophet D. (1982);
 E. Haag: Die Errettung D.s aus der Löwengrube. Unters. zum Ursprung der bibl. D.-Tradition (1983);
 N. W. Porteous: Das Buch D. (a. d. Engl., 41985);
 K. Koch: Deuterokanon. Zusätze zum D.-Buch, 2 Bde. (1987).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Apokalypse: Daniel und Henoch
 
II
Dani|el
 
[hebräisch, eigentlich »Gott ist mein Richter«], Herrscher:
 
 Galizien und Wolhynien:  
 1) Dani|el, Daniịl Romạnowitsch, Fürst von Wolhynien (1221-38) und Galitsch (1238-64), * 1201, ✝ 1264; einigte die südwestrussischen Fürstentümer und führte durch eine geschickte Bündnispolitik (mit Ungarn, Litauen) sein Herrschaftsgebiet in eine kulturelle und wirtschaftliche Blüte, bei zunächst nomineller, seit 1259 tatsächlich Oberhoheit der Tataren. 1253 wurde er durch einen päpstlichen Legaten in Dorogitschin zum König gekrönt; er gilt als Gründer von Cholm (Chełm) und Lemberg.
 
 Mainz:  
 2) Dani|el Brẹndel von Họmburg, Erzbischof und Kurfürst von Mainz (seit 1555), * Aschaffenburg 1523, ✝ ebenda 22. 3. 1582; ordnete als Erzbischof die zerrütteten Finanzen seines Territoriums, berief zur Rekatholisierung die Jesuiten nach Mainz (1561) und ins Eichsfeld (1575), setzte im Erzstift die Tridentiner Glaubensdekrete (1563) durch.
 
 Moskau:  
 3) Dani|el, Daniịl Aleksạndrowitsch, Fürst von Moskau (1276-1303), * 1261, ✝ 1303, Sohn Alexander Newskijs; erhielt bei der Erbteilung die unbedeutende Festung Moskau, konnte jedoch sein Herrschaftsgebiet durch den Erwerb von Kolomna und Perejaslaw-Salesskij erweitern. Er war der Stammvater der Moskauer Dynastie (Danilowitschi, eine Seitenlinie der Rurikiden), die im 14.-15. Jahrhundert die nordrussischen Fürstentümer vereinigte und bis Ende des 16. Jahrhunderts regierte.
 
III
Daniel,
 
1) [-'njəl], Julij Markowitsch, Pseudonym Nikolaj Ạrschak, Ạržak [-ʒ-], russischer Schriftsteller, * Moskau 15. 11. 1925, ✝ ebenda 30. 12. 1988; schrieb grotesk-satirische kritische Erzählungen, die in ihrer Absurdität den Prinzipien des sozialistischen Realismus widersprechen. Wegen ihrer Veröffentlichung im westlichen Ausland wurde er 1966 mit A. D. Sinjawskij zu Arbeitslager (bis 1970) verurteilt.
 
Werke: Erzählungen: Govorit Moskva (1962; deutsch Hier spricht Moskau).
 
Gedichte: Stichi iz nevoli (1971; deutsch Berichte aus dem sozialistischen Lager).
 
Literatur:
 
M. Dalton: A. Siniavskii and J. D. (Würzburg 1973).
 
 2) ['dænjəl], Samuel, englischer Dichter, * bei Taunton 1562 (?), ✝ Beckington (bei Bath) Oktober 1619; verfasste Sonette (Sammlung »Delia«, 1592, mit »Complaint of Rosamond«), Episteln in Versen, höfische Maskenspiele (u. a. »The queen's Arcadia«, 1606), kritische Schriften (»A defence of rhyme«, 1603) und historische Studien (»Collection of the history of England«, wohl 1618) sowie ein Bruchstück gebliebenes Epos über die Rosenkriege (»The history of the civil wars between York and Lancaster«, 8 Bände, 1595-1609).
 
Ausgabe: The complete works in verse and prose, herausgegeben von A. B. Grosart, 5 Bände (1885—96, Nachdruck 1963).
 
Literatur:
 
J. Rees: S. D. A critical and bibliographical study (Liverpool 1964, Nachdr. Philadelphia, Pa., 1980);
 C. Seronsy: S. D. (New York 1967);
 J. L. Harner: S. D. and Michael Drayton. A reference guide (Boston, Mass., 1980).

Universal-Lexikon. 2012.