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Spielkarten
Spielkarten,
 
meist rechteckige, kleine Karten (heute in der Regel aus einem Spezialkarton oder Kunststoff), mit denen Kartenspiele (früher oft in Verbindung mit Wissensvermittlung: Lehrspiele) gespielt werden, die aber auch zum Kartenlegen benutzt werden können (speziell dafür hergestellt: Wahrsagekarten). Im weiteren Sinn sind Spielkarten das Medium aller Kartenspiele, also auch für Quartett, Schwarzer Peter u. Ä.; im engeren Sinn versteht man unter Spielkarten die Kartenblätter mit unterschiedlich umfangreichen gleichen Reihen von Zahlen- und Figurenkarten, die durch verschiedene Farbzeichen unterschieden werden; meist sind es vier Reihen (gelegentlich auch fünf; bei indischen Spielen bis zu 20); dazu kommen bei einigen Spielen noch Joker, die jede beliebige Karte vertreten können, beim Tarock noch 21 Trumpfkarten. Die Zahlenkarten reichen von 1 bis 10, wobei die 1 als Ass eine Sonderstellung einnimmt; bei einigen Spielen entfallen die unteren Werte (z. B. 2-6 beim Skat). Die Figurenkarten (3 oder 4) sind sehr unterschiedlich gestaltet; im Lauf der Zeit haben sich jedoch in den verschiedenen Gebieten typischer Bilder (Zeichnungen) herausgebildet (zum Teil durch Verordnungen); heute gängig sind z. B. fränkisches, preußisches, Berliner, französisches, angloamerikanisches, spanisches Bild (in Italien hat fast jede Region ihr eigenes Bild). Außerdem gibt es von Künstlern gestaltete Spielkarten (z. B. S. Dalí, K. Korab, Loriot) und eine große Zahl thematisch gestalteter Spielkarten (Herrscher, Länder, Theaterfiguren, Comics, Folklore usw.).
 
Bei den Farbzeichen (kurz Farben genannt) haben sich weltweit in Verbindung mit dem angloamerikanischen Bild die französischen durchgesetzt, da sie grafisch stark vereinfacht sind und sich auf zwei Druckfarben, schwarz und rot, beschränken. Die französischen Farben (Französische Karten) zeigen Trèfle (eingedeutscht Treff, deutsch Kreuz), Pique (Pik, Schippen), Cœur (Herz) und Carreau (Karo, Eckstein). Die Figurenkarten (der Anfangsbuchstabe des Kartennamens, = Kartenwertes, erscheint links oben) sind Valet (beim angloamerikanischen Bild Jack, deutsch Bube), Dame (Queen, Dame) und Roi (King, König). Gebräuchlich sind auch die deutschen Farben (Deutsche Karten); sie zeigen Eichel, Grün (Blatt), Herz (Rot) und Schellen; die Figuren sind Unter, Ober, König; das Ass erscheint meist als Daus (ursprünglich die 2). Den deutschen Farben verwandt sind die schweizerischen Farben (Schweizer Spielkarten) mit Eichel, Schilten (Wappenschilde), Rosen und Schellen; die Zehn erscheint (wie bei frühen deutschen Spielkarten) als Banner. Die italienischen und spanischen Spielkarten tragen meist die italienisch/spanischen Farbzeichen (sehr farben- und variationsreich gestaltet): Coppe (spanisch Copas; deutsch Kelche, Becher), Spade (Espadas; Schwerter), Denari (Oros; Münzen) und Bastoni (Bastos; Keulen oder Stäbe); die Figuren sind Fante (Sota; Bube, Page), Cavallo (Caballo; Reiter) und Re (Rey; König), zum Teil auch Regina (Reina; Königin). Für Kartenspiele mit spezieller Thematik werden die Farbzeichen manchmal abgewandelt, zum Teil neue frei erfunden (Fantasiefarben), wie es früher durchaus üblich war, so zeigen die Spielkarten des J. Amman von 1588 Noppengläser, Zinnbecher, Druckerstempel und Bücher. Sind die Farbzeichen auf den Zahlenkarten in eine Zeichnung integriert, spricht man von Transformationskarten. Fast alle aufgeführten Kartenarten kommen sowohl als Einfachbild als auch als Doppelbild vor. Für internationale (Skat-)Turniere wird meist die Kongresskarte verwendet, ein Kartensatz mit Doppelbild, das je zur Hälfte die Standardbilder in französischen und deutschen Farben zeigt. Die Rückseiten aller Karten eines Spiels müssen völlig identisch sein, damit nicht zu erraten ist, welche Karten der Gegner in der Hand hält; bei Spielen mit zwei Kartensätzen sind die Rückseiten des zweiten Spiels farblich oder bildinhaltlich variiert. Neben den gängigen unterschiedlichen rechteckigen Spielkarten (größtenteils zwischen 4,5 cm × 6,5 cm, Patiencekarten, und 7 cm × 12 cm, Tarockkarten) sind auch runde (v. a. in Indien), ovale, sehr lang gestreckt rechteckige (v. a. in China) Spielkarten und auch andere Formate überliefert. - Spielkartenmuseen befinden sich u. a. in Altenburg (Thür.), Leinfelden-Echterdingen, Turnhout (Belgien), Vitoria (Spanien), Issy-les-Moulineaux (Frankreich); bekannte Spielkartensammlungen besitzen das Bayerische Nationalmuseum (München), das Germanische Nationalmuseum (Nürnberg), das Historische Museum von Frankfurt am Main und das Britische Museum (London).
 
Geschichte:
 
Wann die ersten Spielkarten entstanden sind, ist nicht bezeugt. Erste literarische Zeugnisse über die Verwendung von Spielkarten finden sich im China der Tangzeit (7./8. Jahrhundert). In Europa lassen sich Spielkarten in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts durch Verbote von Kartenspielen belegen. Die ältesten Verbote in Deutschland wurden 1378 in Regensburg und Konstanz erlassen. Die ältesten erhaltenen Kartenspiele sind mit der Hand gemalt, z. B. das 1427-31 gefertigte »Stuttgarter Kartenspiel«. Die Erfindung des Druckens vom Holzstock und die Herstellung von Papier in Europa ermöglichten seit der Mitte des 15. Jahrhunderts, Spielkarten in relativ hohen Auflagen herzustellen; oft wurden sie handkoloriert. Außer aus Papier wurden Spielkarten z. B. auch aus Elfenbein, Perlmutt, Leder, verstärktem Gewebe, Metall, Holz oder Stroh gefertigt.
 
Literatur:
 
Alle Karten auf den Tisch. Gesch. der standardisierten S. aller Welt, bearb. v. S. Mann, Ausst.-Kat., 2 Bde. (1990);
 D. Hoffmann: Kultur- u. Kunstgesch. der Spielkarte (1995).
 

Universal-Lexikon. 2012.