* * *
In|ver|si|on 〈[ -vɛr-] f. 20〉
1. 〈allg.〉 Umkehrung
2. 〈Gramm.〉 Umkehrung der normalen Wortfolge, z. B. grün ist die Heide
3. 〈Mus.〉 Umkehrung, Gegenbewegung einer Tonfolge
4. 〈Med.〉 Umstülpung (der Gebärmutter, der Eingeweide)
5. Umkehrung des Geschlechtstriebes
6. 〈Gen.〉 innerhalb desselben Chromosoms nach doppeltem Bruch erfolgende Umkehr eines Chromosomenstückes
7. 〈Geol.〉 = Reliefumkehr
8. 〈Chem.〉
8.1 die Änderung der räumlichen Anordnung der Bindungspartner an einem Kohlenstoffatom
8.2 die Änderung des optischen Drehsinns bei der hydrolytischen Spaltung von Sacharose (Rohrzucker)
9. 〈Meteor.〉 atmosphär. Sperrschicht, in der die Temperatur nach oben hin nicht mehr abnimmt (\Inversionswetterlage)
[<lat. inversio „Umkehrung“]
* * *
In|ver|si|on [lat. inversio = Umkehrung]: im allg. Sinne die Umkehrung von Vorgängen oder Verhältnissen (↑ invers), z. B. bei Emulsionen die I. eines W/O-Systems in ein O/W-System (Phaseninversion), die I. des Drehsinns optisch aktiver Verb. (z. B. Zuckerinversion; ↑ Invertzucker) vgl. Umkehrphasenchromatographie, Umkehrosmose, Inversionstemperatur. In der Stereochemie treten I. als Konfigurationsumkehrung bes. bei SN2-Reaktionen (z. B. ↑ Walden-Umkehr) oder als Konformationsumkehrung in Erscheinung, z. B. als sog. pyramidale I. (↑ Invertomer) oder als Ringinversion (↑ Sessel-Wanne-Inversion).
* * *
In|ver|si|on, die; -, -en [lat. inversio = Umkehrung, Umsetzung (der Wörter)]:
1. (bildungsspr., Fachspr.) Umkehrung, Umdrehung, Umwandlung.
2. (Sprachwiss.) Umkehrung der üblichen Wortstellung Subjekt–Prädikat in die Stellung Prädikat–Subjekt (z. B. ich reise morgen ab; morgen reise ich ab).
3. (Chemie) Umwandlung von Rohrzucker in ein Gemisch aus Traubenzucker u. Fruchtzucker.
4. (Meteorol.) Temperaturumkehr an einer atmosphärischen Schicht, an der die normalerweise mit der Höhe abnehmende Temperatur sprunghaft zunimmt.
5. (Musik) Umkehrung der Notenfolge der Intervalle.
* * *
Inversion
[lateinisch »Umkehrung«, »Versetzung«] die, -/-en,
1) bildungssprachlich: Umdrehung, Umkehrung, Umwandlung.
2) Chemie: Bezeichnung für: 1) die bei der chemischen Reaktion gewisser optisch aktiver Verbindungen auftretende Änderung der Konfiguration; 2) die bei der hydrolytischen Spaltung der Saccharose (Rohr- oder Rübenzucker) durch verdünnte Säuren oder durch Invertase auftretende Änderung des Drehsinns des polarisierten Lichts. Hierbei entstehen aus der rechtsdrehenden Saccharose äquimolare Mengen an D(+)-Glucose und D(—)-Fructose; da die D-Fructose stärker linksdrehend als die D-Glucose rechtsdrehend ist, dreht das als Invertzucker bezeichnete Gemisch die Ebene des polarisierten Lichts nach links.
3) Datenverarbeitung und Elektronik: 1) das Umkehren eines Signals; in der Analogtechnik z. B. das Umkehren eines Vorzeichens, in der Digitaltechnik das Umkehren der Logikpegel (Negation); 2) die Umkehrung des Leitfähigkeitstyps bei dotierten Halbleitern, z. B. durch Beeinflussung der Dichten der beweglichen Ladungsträger mittels eines elektrischen Feldes. Die Inversion ist ein wichtiges Wirkprinzip bei Oberflächen-Feldeffekttransistoren.
4) Genetik: eine Chromosomenmutation (Chromosomenaberrationen).
5) Geologie: 1) eine überkippte Lagerung am liegenden Schenkel einer stark verengten Falte; 2) eine Überlagerung von Gesteinen geringerer Dichte durch solche mit höherer Dichte; sie führt zu einem Dichteauftrieb (Bildung von Salzstöcken, Aufstieg der Schmelze bei Plutonismus und Vulkanismus); 3) die Reliefumkehr.
6) Mathematik: 1) Inversion am Kreis, Spiegelung am Kreis, Abbildung durch reziproke Radi|en, eine Abbildung f, die jedem Punkt A in Bezug auf einen vorgegebenen Kreis (Inversionskreis) einen Punkt A' derart zuordnet, dass das Produkt der Abstände der Punkte vom Kreismittelpunkt M (Inversionszentrum) gleich dem Quadrat des Kreisradius ist. A und A' werden als zueinander inverse Punkte bezeichnet. Die Inversion hat u. a. folgende Eigenschaften: a) Punkte im Kreisinnern werden auf das Äußere abgebildet; b) Punkte auf der Kreislinie werden auf sich selbst abgebildet. Sie sind die einzigen Fixpunkte der Inversion; c) Geraden durch den Kreismittelpunkt M sind die einzigen Fixgeraden; d) die Inversion ist eine Involution. - Die Konstruktion des Bildpunktes erfolgt mithilfe des Kathetensatzes: Ist A ein Punkt im Innern des Inversionskreises, so erhält man demnach den zugehörigen Bildpunkt A' als Schnittpunkt der Tangenten, die in den Endpunkten der auf M̅A̅ senkrechten Sehne durch A an den Kreis gelegt sind. - Angewendet wird die Inversion u. a. zur Konstruktion von Spiegelbildern am Wölbspiegel und am Hohlspiegel. 2) umgekehrte Anordnung (Permutation).
7) Meteorologie: Temperaturumkehr, Zunahme der Lufttemperatur mit der Höhe in einer mehr oder weniger dicken Schicht der Atmosphäre (im Normalfall nimmt die Temperatur mit der Höhe ab). Inversionen wirken als Sperrschichten (Inversionsschicht) in der Atmosphäre, die die Vertikalbewegungen abbremsen und an denen es zur Anreicherung von Staub und Dunst kommt. Sie stellen deshalb oft die Obergrenze von Wolken- oder Nebelschichten dar und haben besondere Bedeutung bei der Entwicklung von »austauscharmem Wetter« mit stabiler Luftschichtung und geringer Luftbewegung. Dadurch kommt es v. a. in der kalten Jahreszeit zu einer beträchtlichen Erhöhung der Schadstoffkonzentration in den bodennahen Schichten, sodass in extremen Fällen Smogalarm gegeben werden muss. Wenn Inversionen stark ausgebildet sind, verhindern sie bei kräftiger Einstrahlung das Aufsteigen der erwärmten Luft und damit Wolkenbildung und Niederschläge.
Nach der Entstehungsursache lassen sich verschiedene Typen unterscheiden: Durch kräftige Ausstrahlung des Erdbodens bildet sich besonders in wolkenlosen Nächten und im Winter eine meist nur die bodennahe Luftschicht erfassende Bodeninversion, die häufig von Nebel begleitet ist. Auch Wolken- oder Dunstschichten kühlen sich in wolkenarmen Nächten durch Ausstrahlung stark ab, wobei an ihrer Oberfläche eine Strahlungsinversion entsteht. Absinkvorgänge in Hochdruckgebieten setzen sich meist nicht bis zum Erdboden, sondern nur bis zur Obergrenze einer kalten Luftschicht durch: Es bildet sich eine Absinkinversion, die im Winter oft so kräftig ist, dass sie durch die Sonnenstrahlung nicht aufgelöst werden kann; es kommt zu lang anhaltendem Nebel oder Hochnebel unter der Inversion. Beim Aufgleiten einer wärmeren, feuchten Luftmasse auf Kaltluft entsteht eine Aufgleitinversion, die meist nur schwach ausgebildet ist. Eine Abgleitinversion entsteht durch Abgleiten einer über einer Abgleitfläche liegenden Warmluft; durch die adiabatische Erwärmung und Austrocknung vermindert sich die relative Feuchte.
8) Musik: die Umkehrung.
9) Physik und Kristallographie: 1) die Spiegelung der Koordinaten am Ursprung (z. B. x' = —x) oder an einem anderen Punkt, dem Symmetrie- oder Inversionszentrum. Die Inversion führt einen Körper, der nicht selbst ein Inversionszentrum oder eine Symmetrieebene besitzt, in einen ihm spiegelbildlich gleichen oder inversen über und bildet jede Kristallfläche in eine ihr kongruente ab; 2) Besetzungsinversion.
10) Psychologie und Sexologie: Phänomen der Wahrnehmung: das »Umspringen« bestimmter Bilder; bei verschiedener Betrachtung kehren sich Vorder- und Hintergrund um, sodass abwechselnd zwei unterschiedliche Bilder gesehen werden (Figur-Grund-Verhältnis). - Sexuelle Inversion, die Homosexualität; Wendung der sexuellen Neigung auf gleichgeschlechtliche Partner.
11) Sprachwissenschaft: Umkehrung der normalen Wort- und Satzgliedfolge, im Deutschen besonders von Subjekt und Prädikat im Fragesatz im Vergleich zum Aussagesatz (z. B. »willst du« gegenüber »du willst«). Die Inversion wird auch mit dem Ziel besonderer (stilistischer) Hervorhebung verwendet (z. B. »nie hat er ihn gefragt« statt »er hat ihn nie gefragt«).
* * *
In|ver|si|on, die; -, -en [lat. inversio = Umkehrung, Umsetzung (der Wörter)]: 1. (Fachspr., bildungsspr.) Umkehrung, Umdrehung, Umwandlung. 2. (Sprachw.) Umkehrung der üblichen Wortstellung Subjekt-Prädikat in die Stellung Prädikat-Subjekt (z. B. ich reise morgen ab; morgen reise ich ab). 3. (Chemie) Umwandlung von Rohrzucker in ein Gemisch aus Traubenzucker u. Fruchtzucker. 4. (Geol.) durch unterschiedliche Widerstandsfähigkeit der Gesteine hervorgerufene Nichtübereinstimmung von tektonischem Bau u. Landschaftsbild; Reliefumkehr (z. B. erscheint eine geologische Grabenzone landschaftlich als Erhebung). 5. (Met.) Temperaturumkehr an einer atmosphärischen Schicht, an der die normalerweise mit der Höhe abnehmende Temperatur sprunghaft zunimmt: Es ist daher nicht überraschend, dass -en über Großstädten die Sterblichkeit erhöhen (Hörzu 11, 1976, 47); die als „Inversion“ bekannte Wetterlage, bei der wärmere Luftschichten in der Höhe den Abzug der Abgase verhindern (MM 8. 8. 70, 1). 6. (Musik) Umkehrung der Notenfolge der Intervalle. 7. (Fachspr.) a) Umkehrung des Geschlechtstriebs: Homosexualität, die seinerzeit von Freud als I. bezeichnet wurde (Studium 5, 1966, 315); b) Umlagerung od. Umstülpung eines Organs (z. B. der Eingeweide od. der Gebärmutter). 8. (Biol.) Mutation der Chromosomen, bei der sich ein herausgebrochenes Teilstück unter Drehung um 180º wieder an der bisherigen Stelle einfügt.
Universal-Lexikon. 2012.