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Treibhauseffekt
Treib|haus|ef|fekt 〈m. 1; unz.〉
1. die Eigenschaft eines Glashauses, die Wärmestrahlung der Sonne hereinzulassen, aber wenig Wärme nach außen abzugeben
2. wärmeregulierender Effekt der Erdatmosphäre, der ähnlich der Wirkung eines Glasdaches ist
3. übermäßige Erwärmung der Erdatmosphäre, insbes. durch einen zu hohen Gehalt an Kohlendioxid

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Treib|haus|ef|fekt; Syn.: Glashauseffekt: im eigtl. Sinne Bez. für den Wärmehaushalt der Erdatmosphäre, der auf der Immission kurzwelliger Sonnenstrahlung, Absorption in der Erdoberfläche u. Remission von langwelliger Strahlung basiert, die in der Atmosphäre von den Treibhausgasen Wasserdampf u. Kohlendioxid absorbiert u. in lebensnotwendige Wärme umgewandelt wird. Im erweiterten Sinne versteht man unter dem »anthropogenen T.« die Zunahme der atmosphärischen Erwärmung infolge anhaltender Steigerung der Konzentration nicht nur an CO2 (aus der weiter zunehmenden Verbrennung fossiler Brennstoffe), sondern auch an Methan, Ozon, Stickstoffoxiden u. Chlorfluorkohlenstoffen in der Lufthülle.

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Treib|haus|ef|fekt, der <Pl. selten>:
Einfluss der Erdatmosphäre auf den Wärmehaushalt der Erde, der der Wirkung des Daches eines Treibhauses ähnelt.

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Treibhaus|effekt,
 
1) Bautechnik: die Erscheinung, dass die Temperatur in glasgedeckten geschlossenen Häusern bei Sonneneinstrahlung erheblich über die Außentemperatur ansteigt. Bewirkt wird dieser Effekt durch die unterschiedliche Durchlässigkeit von Fensterglas für Strahlung verschiedener Wellenlängen. Das Sonnenlicht kann ungehindert das Glas passieren und wird im Boden durch Absorption in Wärme umgewandelt. Die vom Boden wieder ausgesandte Strahlung liegt jedoch im langwelligen Infrarotbereich, für das Glas undurchlässig ist, sodass eine Abkühlung des Innenraums durch Abstrahlung nach außen nicht stattfinden kann.
 
 2) Klimatologie: Der natürliche Treibhauseffekt kommt dadurch zustande, dass bestimmte Spurengase (Wasserdampf, Kohlendioxid u. a.) die Sonneneinstrahlung (Strahlung) weitgehend ungehindert durch die Atmosphäre hindurchlassen, jedoch einen Großteil der terrestrischen Wärmeabstrahlung absorbieren und teilweise dorthin zurückstrahlen (atmosphärische Gegenstrahlung). Mit einem Treib- oder Gewächshaus ist dies nur entfernt vergleichbar, obwohl der thermische Effekt qualitativ gesehen ähnlich ist. Der Betrag des natürlichen Treibhauseffekts der Atmosphäre wird konventionell mit einer Temperaturerhöhung um 33 K (bodennahe global gemittelte Lufttemperatur mit Treibhausgasen wie beobachtet rd. +15 ºC, ohne Treibhausgase —18 ºC) angegeben, bei Berücksichtigung der Konsequenz, dass mit dem Wasserdampf auch die Wolken verschwinden würden, mit circa 20 K. Klimatologisch ist wichtig, dass Temperaturänderungen stets zu Änderungen der Zirkulation der Atmosphäre und somit, über die Temperatur hinaus, auch zu Änderungen der weiteren Klimaelemente führen. Der natürliche Treibhauseffekt hat für das Leben auf der Erde eine positive, zu einem erheblichen Teil sogar existenzielle Bedeutung.
 
Der anthropogene Treibhauseffekt, d. h. die Verstärkung des natürlichen Treibhauseffekts durch anthropogen bedingte atmosphärische Konzentrationszunahmen der Treibhausgase (Zusatztreibhauseffekt), lässt sich dagegen nur schwer von weiteren anthropogenen Einflüssen und insbesondere natürlichen Klimaänderungen unterscheiden. Bei Ansatz eines 100-Jahre-Zeithorizonts tragen dazu v. a. Kohlendioxid (CO2) mit 61 %, Methan (CH4) mit 15 %, die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) mit 11 %, Distickstoffoxid mit 4 % und der Rest (darunter das troposphärische, d. h. bodennahe Ozon) mit 9 % bei (vergleiche Übersicht). Im Gegensatz zum natürlichen Treibhauseffekt spielt der Wasserdampf hier zwar auch eine wichtige, aber nur indirekte Rolle (mit Ausnahme eines gewissen direkten Beitrags durch hoch fliegende Luftfahrzeuge, besonders wenn sich diese in der Stratosphäre bewegen).
 
Als wichtigste Quellen der anthropogenen Treibhausgasemissionen sind anzusehen: bei CO2 Nutzung fossiler Energie (Kohle, Erdöl und -gas, einschließlich Verkehr) 75 %, Waldrodungen 20 %, Rest Nutzholzverbrennung und Zementproduktion; bei CH4 Nutzung fossiler Energie 30 % (Grubengas beim Kohlebergbau, Erdgasverluste bei Erfassung und Transport u. a.), Viehhaltung (fermentative Verdauung) rd. 20 %, Reisanbau (durch mikrobielle Zersetzung unter Wasserabschluss) rd. 20 %, Rest Biomasseverbrennung, Müllhalden, Abwässer und Landnutzungseffekte; bei N2O v. a. landwirtschaftliche Überdüngung und Bodenbearbeitung, daneben Polyamidfaserproduktion und fossile Energie (Zahlen sehr unsicher); FCKW (einziges Treibhausgas, bei dem die weltweite Emission seit etwa 1987 wieder abgenommen hat [Ozon, Ozonloch, Fluorchlorkohlenwasserstoffe]); troposphärisches Ozon indirekt durch Vorläufersubstanzen wie NOx = NO + NO2 sowie CO aus Kraftverkehr, fossiler Energie und z. Treibhauseffekt Industrie. Zwar ist das CO2 in den natürlichen Kohlenstoffkreislauf eingebunden und etwa die Hälfte der anthropogenen CO2-Emission wird derzeit davon abgepuffert (Aufnahme im Ozean, daneben auch in der außertropischen Vegetation, soweit sie eine zunehmende Tendenz zeigt); dennoch ist seine atmosphärische Konzentration in industrieller Zeit, d. h. seit circa 1800, von rd. 280 ppm auf rd. 360 ppm (1995) angestiegen. Die Rekonstruktionsmethoden der Paläoklimatologie sowie Modelle des Kohlenstoffkreislaufs belegen, dass dieser relativ langfristige Anstieg anthropogen ist; in den letzten 1 000, sehr wahrscheinlich sogar 10 000 Jahren, hat sich diese Konzentration (abgesehen vom Tages- und Jahresgang sowie Fluktuationen im Bereich von circa 5 ppm) nämlich nicht geändert und im gesamten Quartär (Klimaänderungen), d. h. in den letzten circa 2 Mio. Jahren, ist sie nie so hoch gewesen wie heute. Bei CH4 ist in industrieller Zeit sogar eine atmosphärische Konzentrationsverdoppelung eingetreten. Nur bei den FCKW ist die Emission rückläufig und die atmosphärische Konzentration seit Beginn der 90er-Jahre (circa ab 1993) nicht mehr angestiegen.
 
Im Fall einer Trendfortschreibung könnten die Treibhausgase, die in Form der so genannten äquivalenten CO2-Konzentration zusammengefasst werden (Addition der in CO2-Konzentrationen umgerechneten Treibhauswirkung der weiteren Gase), etwa bis zum Jahr 2040/50 den doppelten Betrag des vorindustriellen Niveaus erreicht haben (CO2 allein etwa um 1970-80). Mithilfe aufwendiger Klimamodellsimulationen (Klimamodelle; hier im wesentlichen Modelle der gekoppelten atmosphärisch-ozeanischen Zirkulation, aber auch vereinfachte so genannte Energiebilanzmodelle und statistische Schätzungen) werden die daraus resultierenden Klimaänderungen berechnet. Derzeit (1995) wird für einen solchen Fall eine Erhöhung der bodennahen Weltmitteltemperatur erwartet, die im Gleichgewicht je nach Modellrechnung rd. 2-4,5 ºC, transient, d. h. unter Berücksichtigung der Zeitverschiebungen im Klimasystem (einige Jahrzehnte) rd. 1,5-4 ºC beträgt (Verstärkung durch indirekte Wasserdampfrückkopplung wegen erhöhter Verdunstung, Rolle der Wolken größter Unsicherheitsfaktor). Dabei fallen die Erwärmungen in den Tropen gering, in den hohen Breiten der Nordhemisphäre im Winter sehr hoch (bis um grob 10 ºC) aus. Gleichzeitig resultiert daraus eine Abkühlung der Stratosphäre, die den dortigen Ozonabbau (Ozonloch) begünstigt. Bei der global gemittelten Erhöhung der Meeresspiegelhöhe (durch thermische Expansion des oberen Ozeans und Rückschmelzen außerpolarer Gebirgsgletscher) liegen die entsprechenden Abschätzungen zwischen rd. 20 und 50 cm. Neben den quantitativen Unsicherheiten gibt es gravierende regionale Unsicherheiten, ganz besonders bei den in ihrer Wirkung besonders wichtigen Klimaelementen Niederschlag und Wind (einschließlich Extremereignissen wie Hochwässern, Orkanen usw.). Trotz weltweit zunehmender Sturmkatastrophen ist der Beitrag des anthropogenen Treibhauseffekts dabei nur ungenügend geklärt; beim Niederschlag werden vielfach mehr Trockenheit im Übergangsbereich der subtropischen und gemäßigten Klimazone (Klima) erwartet, wozu z. B. das Mittelmeergebiet gehört, in der subpolaren und polaren Zone dagegen eine Niederschlagszunahme. Für die gemäßigte kontinentale Klimazone selbst gibt es Prognosen von weniger Sommer- und mehr Winterniederschlag.
 
Beim Vergleich der Prognosen aufgrund des anthropogenen Treibhauseffekts mit Klimabeobachtungsdaten ist unbedingt zu beachten, dass sich in Letzteren auch weitere anthropogene Einflüsse (z. B. Stadtklimaeffekte, Abkühlungen durch troposphärisches Sulfat, das aus der Schwefeldioxidemission stammt) und v. a. die ganze Vielfalt der natürlichen Klimaänderungen widerspiegeln (z. B. durch Vulkanismus, Sonnenaktivität, El Niño). Es ist sehr schwer, mittels der so genannten klimatologischen »Signalanalyse« diese Anteile in der beobachteten Gesamtvarianz (»Klimarauschen«) zu trennen. Dennoch spricht einiges dafür, dass im beobachteten 100-jährigen Trend der bodennahen Weltmitteltemperatur (rd. 0,5 ºC Erwärmung, Klimaänderungen) nicht nur der anthropogene Treibhauseffekt als ursächlicher Antrieb wirksam, sondern wegen der gleichzeitigen vom troposphärischen Sulfat hervorgerufenen Abkühlung abgeschwächt ist, sodass das »Treibhaussignal« sogar in der Größenordnung von bisher 1 ºC Erwärmung liegen könnte, zumal eventuell auch natürliche Faktoren einen Abkühlungsbeitrag geliefert haben. Die regionale u. a. Klimaelemente (Meeresspiegel ausgenommen) betreffende »Signalanalyse« ist weitaus schwieriger; auch daraus resultieren aber Wahrscheinlichkeitsaussagen, die den Schluss nahe legen, dass sich das Weltklima durch die menschlichen Aktivitäten ändert.
 
Daher erscheinen Klimaschutzmaßnahmen sehr angebracht, die auf eine Reduzierung der anthropogenen Treibhausgaskonzentrationen hinauslaufen (z. B. effektivere Energienutzung, verstärkter Einsatz nichtfossiler Energieträger, wobei derzeit v. a. der mögliche Beitrag von Sonnen- und Windenergie ausgelotet wird; umweltschonendere Verkehrsführung sowie landwirtschaftliche und industrielle Produktion). Zwei Enquetekommissionen des Deutschen Bundestages (1987-91, 1991-94, zuletzt »Schutz der Erdatmosphäre«), haben dazu umfangreiche und weithin akzeptierte Vorschläge gemacht, deren Umsetzung jedoch nur zögerlich in Gang kommt. International ist im Rahmen einer UN-Umweltkonferenz (1992, Rio de Janeiro) eine »Klimarahmenkonvention« beschlossen worden, die seit März 1994 völkerrechtlich verbindlich, im Einzelnen aber wenig konkret ist. Bei der dritten Vertragsstaatenkonferenz dazu (1997, Kyōto) wurde ein Maßnahmenpaket beschlossen, das auf eine Emissionsverringerung der wichtigsten Treibhausgase um rd. 5 % bis circa 2010 hinausläuft. Als nationaler Beitrag strebt Deutschland u. a. eine Verringerung der CO2-Emissionen um 25 % gegenüber 1990 bis zum Jahr 2005 an. Internationale Fachgremien wie das UN Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) fordern bis zur Mitte des kommenden Jahrhunderts eine Reduktion um 60 % beziehungsweise mindestens Halbierung der CO2-Emissionen sowie weitere Maßnahmen bezüglich der anderen Treibhausgase.
 
Literatur:
 
H. Grassl u. R. Klingholz: Wir Klimamacher. Auswege aus dem globalen Treibhaus (31990);
 F. Pearce: Treibhaus Erde (a. d. Engl., 1990);
 
Global Warming. Die Wärmekatastrophe u. wie wir sie verhindern können. Der Greenpeace Report, hg. v. J. Leggett (a. d. Engl., 1991);
 C.-D. Schönwiese: Das Problem menschl. Eingriffe in das Globalklima (»T.«) in aktueller Übersicht (1991);
 C.-D. Schönwiese: u. B. Diekmann: Der T. (Neuausg. 22.-26. Tsd. 1991);
 W. Seifritz: Der T. (1991);
 C.-D. Schönwiese: Klima im Wandel (1992);
 P. Read: Responding to global warming. An integrated long-term strategy (London 1993);
 F. Gassmann: Was ist los mit dem Treibhaus Erde (Zürich 1994);
 C.-D. Schönwiese: Klimaänderungen. Daten, Analysen, Prognosen (1995);
 
Economics of atmospheric pollution, hg. v. E. C. van Ierland u. K. Górka (Berlin 1996);
 R. Loske: Klimapolitik. Im Spannungsfeld von Kurzzeitinteressen u. Langzeiterfordernissen (1996);
 J. Houghton: Globale Erwärmung. Fakten, Gefahren u. Lösungswege (a. d. Engl., 1997);
 
Risiko Klima. Der T. als Herausforderung für Wiss. u. Politik, hg. v. J. Kopfmüller u. R. Coenen (1997);
 
Klimaschutz. Eine globale Herausforderung, hg. v. P. Borsch und J.-F. Hake (1998).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Atmosphäre: Aufbau, Zusammensetzung, Energiehaushalt
 
Anthropogene Klimaänderungen
 
Klima: Modellrechnungen
 
Klima: Schutzmaßnahmen
 
Luftverschmutzung und ihre Folgen
 
Klimaänderung: Ursachen und Prognosen
 
Klimaänderung: Folgen und Auswirkungen
 

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Treib|haus|ef|fekt, der <o. Pl.>: Einfluss der Erdatmosphäre auf den Wärmehaushalt der Erde, der der Wirkung des Daches eines Treibhauses ähnelt: Die Umweltorganisation Greenpeace hat ... einen Aktionsplan vorgelegt, um die fortschreitende Erwärmung der Welt durch den T. aufzuhalten (Welt 1. 2. 90, 23).

Universal-Lexikon. 2012.