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Jena
Je|na:
Stadt an der Saale.

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Jena,
 
kreisfreie Stadt im Osten von Thüringen, 148-385 m über dem Meeresspiegel, an der Saale im breiten Taleinschnitt zwischen aufragenden Muschelkalkhängen, 99 900 Einwohner; Friedrich-Schiller-Universität (Name seit 1934) mit Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek; daneben sind die Fachhochschulen, drei Max-Planck-Institute (für Biogeochemie, zur Erforschung von Wirtschaftssystemen und für chemische Ökologie), das Fraunhoferinstitut für Angewandte Optik und Feinmechanik, die Goethe-, Schiller-, Romantiker-Gedenkstätte, das Ernst-Haeckel-Haus (1889-1919 Wohnhaus von E. Haeckel), das Phyletische und Optische Museum, das Theaterhaus (Schauspiel), die Sternwarte sowie das Planetarium und der botanische Garten bedeutsam. Jena ist Sitz des Thüringer Oberlandesgerichts. Aus dem ehemaligen DDR-Kombinat VEB Carl Zeiss JENA entstanden nach 1990 u. a. der Technologiekonzern Jenoptik AG (seit 1996 im Technologiezentrum Jena-Göschwitz) mit der Herstellung von feinwerktechnisch-optisch-elektronischen Maschinen, Geräten und Apparaturen und die Carl Zeiss Jena GmbH (Schwesterbetrieb der Carl-Zeiss-Werke Oberkochen). Weitere wichtige Unternehmen sind die Jenaer Glaswerke GmbH und der Arzneimittelhersteller Jenapharm GmbH.
 
Stadtbild:
 
Reste der Stadtbefestigung (Johannistor) sind erhalten, die Innenstadt wurde im Zweiten Weltkrieg stark zerstört. Wiederhergestellt ist die spätgotische Stadtkirche Sankt Michael (um 1390-1556), eine dreischiffige Hallenkirche mit reichem Brautportal an der Südseite und Kanzel von 1507. Die Friedenskirche ist ein Barockbau (1686-93). Das Rathaus, im Kern spätgotisch (14. Jahrhundert auf Vorgängerbau des 13. Jahrhunderts), wurde um 1755 barock erneuert; auf dem Markt das Standbild des Kurfürsten Johann Friedrich I. (»Hanfried«) von F. Drake (1858). An der Stelle des Schlosses entstand 1905-08 ein neues Hauptgebäude für die Universität (Entwurf T. Fischer). In der Aula der Universität Wandgemälde »Auszug der Jenenser Studenten in den Freiheitskrieg 1813« von F. Hodler (1907-08). Vor der Universität Burschenschaftsdenkmal von Adolf von Donndorf (1883). Das Ernst-Abbe-Denkmal ist ein achteckiger tempelartiger Zentralbau von H. van de Velde (1909-11), an den Innenwänden vier Reliefs von C. Meuniers »Denkmal der Arbeit« sowie die Abbe-Büste von M. Klinger. Im Volkshaus (1901-03, von Arwed Roßbach) befindet sich die Philharmonie. Stadtbildprägend wurde der Komplex der Zeiss-Werke (u. a. mit dem Hauptgebäude von E. Fahrenkamp, 1922, und dem 16-geschossigen Forschungshochhaus von H. Schlag, 1959-64), der nach 1990 eine tief greifende Umgestaltung und Neunutzung (zum Teil als Büro- und Geschäftszentrum) erfuhr. Eine der ersten Schalenkonstruktionen ist das Planetarium (1925/26), ein Projekt von W. Bauersfeld. W. Gropius erbaute Wohnhäuser (1924 und 1928), und unter dem Einfluss des Bauhauses entstanden auch das Stadttheater (1921/22, zerstört) sowie die Mensa der Universität (1928-30, von E. Neufert, O. Bartning u. a.). Am Stadtrand wurden nach dem Zweiten Weltkrieg Neubausiedlungen errichtet, besonders das Neubaugebiet Jena-Lobeda (1967-74), im Stadtzentrum entstand u. a. das 120 m hohe zylinderförmige Universitätshochhaus von H. Henselmann (1969-72). - 10 km nordöstlich von Jena im Tautenburger Forst liegt das 1957-60 nach einem Entwurf von A. Bressel errichtete Karl-Schwarzschild-Observatorium.
 
Geschichte:
 
Die auf dem linken Saaleufer gelegene Siedlung Jani wurde um 830/50 erstmals urkundlich erwähnt. Seit dem 12. Jahrhundert stand sie im Besitz der Herren von Lobdeburg, die ihr um 1236 Stadtrecht verliehen. Die Stadt Jena, seit 1331 wettinisch (seit 1485 ernestinisch), erhielt 1332 gothaisches Recht und wurde Sitz eines landesfürstlichen Amtsbezirks; 1523 wurde die Reformation eingeführt. Entscheidend für die Entwicklung der Stadt war die Gründung einer Akademie (als Ersatz für die Universität Wittenberg) durch Kurfürst Johann Friedrich I., den Grossmütigen (1548); 1557 erkannte Ferdinand I. sie durch kaiserliches Privileg als Universität an (1558 eröffnet). Hier lehrten u. a. F. Schiller, der hier als Professor für Geschichte ab 1789 fünf Semester lang Vorlesungen hielt, J. G. Fichte, F. W. J. Schelling, die Brüder A. W. und F. Schlegel, G. W. F. Hegel und J. F. Fries, im späteren 19. Jahrhundert u. a. E. Haeckel. Gemeinsam mit dem akademischen Leben entwickelte sich in Jena ein bedeutendes Druckgewerbe, besonders im 17. Jahrhundert. Bei den ernestinischen Teilungen 1572/1640 kam Jena an Sachsen-Weimar, doch blieb der Unterhalt der Universität gemeinsame Aufgabe aller Linien, die bis 1816 in Jena auch ein gemeinsames Hofgericht hatten. Kurzzeitig Residenz der Linie Sachsen-Jena (1672-90; Titel Residenzstadt bis 1918), kam Jena 1690 an Sachsen-Eisenach, 1741 wieder an Sachsen-Weimar. Die 1815 gegründete Jenaische Burschenschaft wurde zur Keimzelle der Deutschen Burschenschaft. Die optischen Werke von C. Zeiss sowie das Jenaer Glaswerk Schott & Gen. brachten der Stadt im 19. Jahrhundert neben dem wirtschaftlichen Aufschwung großes internationales Ansehen. Ab Ende der 70er-Jahre entwickelte sich Jena zu einem frühen Zentrum der unabhängigen Friedens- und Bürgerbewegung in der DDR (besonders ab 1983 erste nichtkirchliche oppositionelle Gruppen).
 
In der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt besiegten am 14. 10. 1806 französische Truppen unter Napoleon I. und Marschall L. N. Davout die von F. L. Fürst zu Hohenlohe-Ingelfingen (bei Jena) sowie von Herzog Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig (bei Auerstedt) taktisch und strategisch unklug geführten preußischen Truppen. Diese militärische Katastrophe leitete den Zusammenbruch des friderizianischen Staatswesens in Preußen ein (Tilsiter Frieden, 1807).
 
Literatur:
 
H. Koch: Gesch. der Stadt J. (1966);
 R. F. Kallies: J. Ein histor. Führer (1991);
 
»Unüberhörbare Wortmeldungen der Bürger. ..«. DDR-Gesellschaft am Vorabend des Umbruchs - J. 1988/89, Beitrr. v. M. Hutzler-Spichtinger u. K. Schönberger (1994);
 
Evolution des Geistes. J. um 1800. Natur u. Kunst, Philosophie u. Wissenschaft im Spannungsfeld der Gesch., hg. v. F. Strack (1994);
 
J. Vom Ackerbürgerstädtchen zur Universitäts- u. Industriestadt. Ein histor. Bilderbogen, bearb. v. W. Schilling (1995);
 
Zw. Konvention u. Avantgarde. Doppelstadt J.-Weimar, hg. v. J. John u. V. Wahl (1995).
 

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Je|na: Stadt an der Saale.

Universal-Lexikon. 2012.