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Rätsel
Phänomen; Mysterium; Geheimnis; Geduldspiel

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Rät|sel ['rɛ:ts̮l̩], das; -s, -:
1. als Frage gestellte, durch Nachdenken zu lösende Aufgabe:
ein leichtes, einfaches, schwieriges Rätsel; wie lautet das Rätsel der Sphinx?; Rätsel raten, lösen; die Kinder gaben einander Rätsel auf.
Syn.: Quiz.
2. etwas Unerklärbares:
ein dunkles, ewiges Rätsel; das Rätsel des Todes, der Schöpfung; ein Rätsel löst sich, klärt sich auf; es ist mir ein Rätsel, wie so etwas geschehen konnte.
Syn.: Geheimnis.

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Rät|sel 〈n. 13
1. spieler. Aufgabe, die gelöst werden soll (Bilder\Rätsel, Buchstaben\Rätsel, Silben\Rätsel)
2. 〈fig.〉 Geheimnis, Undurchschaubares
● das ist des \Rätsels Lösung! 〈fig.〉; jmdm. ein \Rätsel aufgeben; ein \Rätsel raten, lösen; es ist mir ein \Rätsel, wie das zugegangen ist 〈fig.〉 es ist mir völlig unklar, ich verstehe es nicht; er spricht in \Rätseln 〈fig.〉 in unverständl. Andeutungen; ich stehe vor einem \Rätsel 〈fig.〉 ich begreife das nicht [<spätmhd. rætsel, ratsel;raten]

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Rät|sel , das; -s, - [spätmhd. rætsel, rātsel, zu 1raten]:
1. Denkaufgabe, meist als Umschreibung eines Gegenstandes o. Ä., den man selbst auffinden, 1raten (2 a) soll:
ein leichtes, einfaches, schwieriges R.;
das R. der Sphinx;
R. raten, lösen;
R das ist des -s Lösung!;
jmdm. R. /ein R. aufgeben (jmdn. vor Probleme, ein Problem stellen);
in -n sprechen (unverständliche Dinge sagen, die der Angesprochene nicht entschlüsseln kann).
2. Sache od. Person, die jmdm. unbegreiflich ist, hinter deren Geheimnis er [vergeblich] zu kommen sucht:
ein dunkles, ewiges, ungelöstes R.;
das R. der Schöpfung;
ein R. löst sich, klärt sich auf;
jmdm. ein R. sein/bleiben (für jmdn. unbegreiflich, undurchschaubar sein, bleiben: Frauen sind ihm ein R.);
vor einem R. stehen (etw. nicht begreifen, sich etw. nicht erklären können).

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Rätsel,
 
Denkaufgabe, meist bildhaft-konkrete Umschreibung eines Gegenstands, eines Vorgangs, einer Person u. a., die es zu erraten gilt. Die Art der Verschlüsselung steht in bestimmter Beziehung zur Lösung, die oft durch bewusste Irreführung erschwert wird. Es ist zu unterscheiden zwischen nichtlösbaren Rätseln (Wissens- oder Weisheitsfragen religiösen oder philosophischen Inhalts, Deutungen, Prophezeiungen und Scheinfragen, deren Beantwortung nur dem Eingeweihten möglich ist) und lösbaren Rätseln, der eher spielerisch-unterhaltsamen Form der »Verrätselung«, die mit Verstand und Witz gelöst werden können. Die Formen des Rätsels reichen von der einfachen Frage zur mehrzeiligen (gereimten) Strophe; oft sind Rätsel auch in größere Gattungsformen (z. B. Sage, Märchen, Erzählung) eingebettet. Zu unterscheiden sind Buchstabenrätsel (Logogriph), Zahlenrätsel (Arithmogriph), Silbenrätsel (Scharade), Palindrom, Homonym (»Teekessel«), Anagramm sowie das Bilderrätsel.
 
Das Rätsel, das zu den einfachen Formen gehört, ist eine der ältesten Volksdichtungen, sein Ursprung liegt im Orient, ein Beispiel sind die Sanskriträtsel des Rigveda (um 1000 v. Chr.), die die abendländische Rätselüberlieferung stark beeinflussten. Von einem Rätselwettkampf der Königin von Saba mit Salomon berichtet die Bibel. Beispiele griechischer Rätseldichtung liefern Homer, Hesiod, Pindar, Heraklit, Platon, Herodot und die Dramatiker. Die erste lateinische Rätselsammlung verfasste Symphosius (4./5. Jahrhundert); sie beeinflusste nachhaltig die mittelalterliche Tradition, v. a. die anglolatische Rätseldichtung im 7. und 8. Jahrhundert. Auch eine bedeutende altnordische Tradition lässt sich nachweisen. Frühe Zeugnisse gibt es auch in Rätselspielen und Rätseldichtungen bei Arabern und Juden.
 
Die deutschsprachige Tradition setzte mit den Rätseln mittelhochdeutscher Spruchdichter (u. a. Reinmar von Zweter) ein und wurde von den Meistersingern weitergeführt; ein wichtiges Textzeugnis ist auch das »Rätselspiel« im »Wartburgkrieg« (13. Jahrhundert). An Symphosius knüpften wiederum die Humanisten an, z. B. J. Camerarius und G. Pontano. Schon in der Frühzeit des Buchdrucks erschienen billige Rätselhefte, so 1500 das mehrfach nachgedruckte »Straßburger Rätselbuch«. Im Zusammenhang mit der barocken Neigung zur Emblematik gewann in dieser Zeit insbesondere das Bilderrätsel an Beliebtheit. Das Rätsel als literarische Kunstform erreichte seine Blüte im 18. und frühen 19. Jahrhundert; es zeichnet sich gegenüber den volkstümlichen Überlieferungen besonders durch die stilistische Ausformung aus (u. a. bei Schiller, C. Brentano, J. P. Hebel, W. Hauff, F. D. E. Schleiermacher und A. Schopenhauer).
 
In der Folge wurden in aller Welt Rätsel aus mündlicher Überlieferung aufgezeichnet, die sich im Gegensatz zum Kunsträtsel meist mit konkreten Objekten aus Umwelt und Alltagsleben beschäftigen: Sie sind knapper in der Form und einfacher, zugleich sehr überzeugend in ihren Vergleichsbildern. Heute finden sich Rätsel v. a. in Kinderbüchern und Unterhaltungszeitschriften (z. B. Kreuzworträtsel) sowie v. a. auch in den von den Medien organisierten öffentlichen Fragespielen.
 
Literatur:
 
J. B. Friedreich: Gesch. des Räthsels (1860, Nachdr. Vaduz 1990);
 A. Taylor: English riddles from oral tradition (Berkeley, Calif., 1951);
 L. Sadnik: Südosteurop. R.-Studien (Graz 1953);
 L. Bødker u. a.: The nordic riddle. Terminology and bibliography (Kopenhagen 1964);
 M. Hain: R. (1966);
 H. Bausinger: Formen der »Volkspoesie« (21980);
 H. Göbel: Studien zu den altengl. Schriftwesen-R. (1980);
 T. Tomasek: Das dt. R. im MA. (1994).
 

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Rät|sel, das; -s, - [spätmhd. rætsel, rātsel, zu ↑raten]: 1. Denkaufgabe, meist als Umschreibung eines Gegenstandes o. Ä., den der Leser od. Hörer selbst auffinden, raten soll: ein leichtes, einfaches, schwieriges R.; das R. der Sphinx; R. raten, lösen; die Kinder gaben einander R. auf; die [Auf]lösung eines -s mit Spannung erwarten; R das ist des -s Lösung!; *jmdm. R./ein R. aufgeben (jmdn. vor Probleme, ein Problem stellen); in -n sprechen (unverständliche Dinge sagen, die der Angesprochene nicht entschlüsseln kann). 2. Sache od. Person, die jmdm. unbegreiflich ist, hinter deren Geheimnis er [vergeblich] zu kommen sucht: ein dunkles, ewiges, ungelöstes R.; das R. des Todes, der Schöpfung, der Evolution; Das R. um den Aufenthaltsort von Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann (Spiegel 49, 1986, 14); ein R. löst sich, klärt sich auf; *jmdm. ein R. sein/bleiben (für jmdn. unbegreiflich, undurchschaubar sein, bleiben): Frauen sind ihm ein R.; sie hatte ihn in Augenblicken unbedenklicher Ehrlichkeit erlebt, und dennoch blieb er ihr ein R. (Kirst, 08/15, 191); vor einem R. stehen (etw. nicht begreifen, sich etw. nicht erklären können): wohin mag es (= das Wasser) wohl sickern? fragte man sich sofort und stand vor einem neuen R. (Nossack, Begegnung 320).

Universal-Lexikon. 2012.