Akademik

hebräische Sprache
hebräische Sprache,
 
eine dem Nord(west)semitischen angehörige Sprache (semitische Sprachen), nächstverwandt mit dem Ugaritischen, Phönikischen und Moabitischen, nahe verwandt auch mit dem Aramäischen. In ägyptischen und babylonischen Texten aus dem 15.-13. Jahrhundert v. Chr. belegte Wörter aus der Sprache von Palästina legen nahe, dass diese bereits dem Hebräischen ähnlich war. Jener Teil der Vorfahren Israels, der sich schon länger in Palästina aufgehalten hatte, sprach sicher die Sprache Kanaans, die nach der Landnahme zur allgemeinen Sprache der Israeliten wurde. Welche Sprache sie vorher verwendeten, ist nicht sicher (bestimmt jedoch eine semitische); ebenso wenig bekannt ist, ob sich Elemente jener Sprache im Hebräischen finden.
 
Die wichtigsten Denkmäler des Althebräischen (oder Bibelhebräischen) sind (bis auf einige aramäische Teile) die Bücher des Alten Testaments. Man gliedert das biblische Hebräisch in drei Perioden: 1) die frühe Dichtung (im Pentateuch und im Deboralied, etwa 1250-1000 v. Chr.) in einem nördlichen Dialekt; 2) die klassische Sprache (1000-538 v. Chr.), in Jerusalem wohl durch Mischung von nördlichem und judäischem Dialekt entstanden, mit ausgebildeten Formen für Prosa, gehobene Rede und Dichtung (für diese beiden Perioden werden aber auch viel spätere Zeitansätze vertreten); 3) das Späthebräische (538 v. Chr. bis etwa 50 n. Chr.) in Chronik, Prediger u. a. sowie im Buch Sirach und in den Qumranrollen (Qumran).
 
Seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. wurde das Althebräische als gesprochene Sprache zunehmend durch die aramäische Staatssprache des Achaimenidenreiches zurückgedrängt. In Judäa lebte das Hebräische stärker als gesprochene Sprache weiter, mindestens bis in das 3. Jahrhundert n. Chr.; ebenso wurde es im Tempelkult sowie als Schulsprache (für den Umgang mit der Bibel) weiter gepflegt. Etwa um Christi Geburt entstand das Mittelhebräische (oder Mischnahebräische), das in der Literatur von Talmud, Midrasch und Pijut-Dichtungen seinen Niederschlag fand und das auch weiterbestand, als Hebräisch (um 200 n. Chr.) keine gesprochene Sprache mehr war. In der religiösen Pijut-Dichtung (200-1100) wurden Tausende neuer Wörter geschaffen. Das Mischnahebräische unterscheidet sich vom Bibelhebräischen durch Wortschatz (hebräische Wörter erhalten häufig eine neue Bedeutung, zahlreiche Fremdwörter, besonders aus dem Lateinischen und Griechischen, werden übernommen) und Grammatik (z. B. eine einfachere Genitivbildung und ein vereinfachtes Verbalsystem: erst jetzt sind die Tempora von den Formen her klar zu unterscheiden; in der Syntax werden z. B. Relativsätze häufig).
 
Um 900 begann man als Literatursprache wieder das Bibelhebräische zu verwenden, so in Spanien (900-1200) und Italien (1200-1800), während in Frankreich (800-1400), England (1100 bis Ende 13. Jahrhundert), Deutschland (900-1850) und Osteuropa (1200-1939) das Mischnahebräische Grundlage einer volkstümlichen religiösen Literatur blieb. Im Bereich von Philosophie und Naturwissenschaften wurde 800- 1200 auch Arabisch verwendet; 1150-1400 wurden jedoch auch zahlreiche Werke in der Provence und in Italien ins Hebräische übersetzt und damit eine wissenschaftliche Terminologie in hebräischer Sprache geschaffen. In Italien (seit 1500), in den Niederlanden (seit 1600) und besonders in Berlin (seit 1750) entstand eine hebräische Literatur in europäischer Formensprache und mit moderner Thematik.
 
Seit der Aufklärung wurde, ausgehend von Deutschland, das Alt-(Bibel-)Hebräische erneut als Literatursprache verwendet. Durch seine Verschmelzung mit dem Mischnahebräischen (Mendele Mojcher Sforim; um 1880) wurde das Neuhebräische (Iwrit) geschaffen, das auf Grammatik und Wortschatz aller vorangegangenen Perioden beruht, aber auch zahlreiche (u. a. lexikalische) Neuerungen aufweist. Daneben zeigt sich ein starker Einfluss der europäischen Sprachen auf die Syntax (v. a. in der Zeitungssprache), in der Sprachentwicklung der letzten Jahrzehnte jedoch auch wieder stärkere Semitisierung, v. a. durch den Einfluss des Arabischen (primär allerdings in Wortbildung und Aussprache). Im Zuge der zionistischen Bewegung wurde das Hebräische auch wieder zur gesprochenen Sprache (Ben Jehuda). Seit 1953 besteht die »Akademie der hebräischen Sprache« als Nachfolgeorganisation des 1890 gegründeten Sprachkomitees.
 
Die Aussprache der hebräischen Sprache zeigt drei Haupttypen, die jemenitische, die aschkenasische und die sephardische. Als Hauptunterschiede der Aussprachetraditionen gelten: Die aschkenasische und die jemenitische Aussprache bevorzugen die Betonung auf der vorletzten Silbe, die sephardische betont die letzte Silbe. Semitische Gutturale und emphatische Laute werden im Aschkenasischen nicht ausgesprochen, wohl aber in der traditionellen sephardischen und in der jemenitischen Aussprache. Hier hat sich in Israel weithin die aschkenasische Tradition durchgesetzt. Im Aschkenasischen ersetzt o das lange a, das Jemenitische unterscheidet genauer zwischen den einzelnen Vokalen - z. B. zwischen zwei verschiedenen a und e - als das Sephardische, das die israelische Vokalisierung bestimmt.
 
Literatur:
 
Allgemeines: W. Chomsky: Hebrew, the eternal language (Neuausg. Philadelphia, Pa., 1982);
 E. Y. Kutscher: A history of the Hebrew language (Jerusalem 1982).
 
Grammatiken: W. Gesenius: Hebr. Gramm. (281909, Nachdr. 1995);
 H. Bauer u. P. Leander: Histor. Gramm. der h. S. des A. T. (1922, Nachdr. 1965);
 C. Brockelmann: Hebr. Syntax (1956);
 H. Rosén: Textbook of Israeli Hebrew (Chicago, Ill., 31971);
 H. Rosén: Contemporary Hebrew (Den Haag 1977);
 M. H. Segal: A grammar of Mishnaic Hebrew (Neuausg. Oxford 1986);
 J. Blau: A grammar of biblical Hebrew (Wiesbaden 21993);
 W. Schneider: Gramm. des bibl. Hebräisch (81993);
 R. Bartelmus: Einf. in das bibl. Hebräisch (Zürich 1994).
 
Wörterbücher: J. Levy: Wb. über die Talmudim u. Midraschim, 4 Bde. (21924, Nachdr. 1963);
 G. H. Dalman: Aramäisch-neuhebr. Hwb. zu Targum, Talmud u. Midrasch (31938, Nachdr. 1967; Mischnahebr.);
 L. Koehler u. W. Baumgartner: Hebr. u. aramäisches Lex. zum A. T., auf 4 Bde. ber. (Leiden 31967 ff.);
 J. Lavy: Langenscheidts Hwb. Hebräisch-dt. u. Dt.-hebr., 2 Bde. (1975-80);
 R. Alcalay: The complete English-Hebrew dictionary, 2 Bde. (Neuausg. Tel Aviv 1981);
 W. Gesenius: Hebr. u. aramäisches Hwb. über das A. T., auf mehrere Bde. ber. (181987 ff.).

Universal-Lexikon. 2012.