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Lambert
I
Lạmbert,
 
Bischof von Maastricht (um 672); dort auch aufgewachsen. 675 durch den fränkischen Hausmeier Ebroin verbannt und in der Folge bis zu dessen Sturz als Mönch im Kloster Stablo lebend, organisierte Lambert nach seiner Rückkehr die Mission in Nordbrabant. Bei Auseinandersetzungen um die Immunitätsrechte seiner Kirche mit dem Grafen Dodo wurde er von diesem am 17. 9. 705 oder 706 in Lüttich ermordet. - Heiliger (Tag: 18. 9.).
 
II
Lạmbert,
 
1) [lã'bɛːr], Anne-Thérèse de Marguenat de Courcelles [də margə'na də kur'sɛl], Marquise de, französische Schriftstellerin, * Paris 1647, ✝ ebenda 12. 7. 1733; gründete 1710 den ersten literarischen Salon des 18. Jahrhunderts; ihre Schriften zur Erziehung in der Nachfolge F. de Fénelons und ihre moralische Abhandlungen bestechen durch geistvolle Maximen.
 
Werke: Avis d'une mère à son fils et sa fille (1728); Traité de l'amitié (1736).
 
 2) [lã'bɛːr], Franz, auch Lambert von Avignon [- avi'ɲɔ̃], Reformator, * Avignon 1486 oder 1487, ✝ Frankenberg (Eder) 18. 4. 1530; übte als Franziskaner (Observant) eine umfangreiche Predigttätigkeit aus; kam 1522 auf einer Predigtreise in der Schweiz in Kontakt mit Zwingli und wirkte in der Folge für die Reformation, u. a. in Wittenberg (1523/24). Lambert wurde 1527 Professor für Bibelauslegung in Marburg und war maßgeblich an der Durchführung der Reformation in Hessen beteiligt. Sein Vorschlag einer synodalen Organisation der hessischen Kirche setzte sich jedoch nicht durch.
 
Literatur:
 
Gerhard Müller: F. L. von Avignon u. die Reformation in Hessen (1958);
 R. Haas: F. L. u. Patrick Hamilton in ihrer Bedeutung für die Ev. Bewegung auf den brit. Inseln (Diss. Marburg 1973).
 
 3) Johann Heinrich, elsässischer Universalgelehrter, getauft Mülhausen 26. (?) 8. 1728, ✝ Berlin 25. 9. 1777; entstammte einer lothringischen Hugenottenfamilie, die im damals schweizerischen Mülhausen Zuflucht gesucht hatte. Lambert wurde 1743 Schreiber der Eisenwerke in Sapois, 1745 Sekretär in Basel und stand 1748-58 als Hauslehrer in den Diensten der Familie von Salis in Chur. 1759-61 war Lambert Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1765 wurde er auf Vermittlung von L. Euler und J. G. Sulzer Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften.
 
Lambert war Autodidakt; er lieferte zu zahlreichen Gebieten der Wissenschaft Beiträge. In der Philosophie gilt er als wichtiger Vertreter des deutschen Rationalismus, der mit seiner konstruktiv und methodisch ausgerichteten Wissenschaftstheorie dem Kritizismus Kants den Weg gebahnt hat. Anders als Kant betonte Lambert die Rolle der Sprache in den Wissenschaften und suchte in Fortsetzung der Ideen von G. W. Leibniz einen universellen Kalkül des Denkens zu entwickeln. Als Ergebnis dieser Bemühungen entstanden die »Lambertdiagramme«, die eine übersichtliche Darstellung des syllogistischen Schließens erlauben. Lambert, dessen Denken allgemein durch einen starken Praxisbezug geprägt war, sah die letzte Basis der Wissenschaft in Handlungen, nicht in theoretischen Setzungen.
 
Zur astronomischen Forschung trug Lambert mit seinen Beobachtungen von Kometen, bei deren Auswertung er wichtige geometrische Sätze über Kegelschnitte fand (1744), sowie durch seine Theorie über den Aufbau der Milchstraße (1761) bei. Seine physikalischen Arbeiten betrafen v. a. die Photometrie (lambertsches Kosinusgesetz), die Absorption von Lichtstrahlen (Bouguer-Lambert-Gesetz), die Hygrometrie und die Pyrometrie. Die »Beyträge zum Gebrauche der Mathematik. ..« (1765-72, 2 Bände) enthalten eine Sammlung von Abhandlungen aus Lamberts Feder. Darin finden sich u. a. der Beweis für die Irrationalität von e und π mithilfe von Kettenbrüchen sowie zahlreichen Untersuchungen zur Trigonometrie (u. a. Einführung der Hyperbelfunktionen). Die postum erschienene »Theorie der Parallellinien« (1786) stellt eine wichtige Etappe in der Entwicklung der nichteuklidischen Geometrie dar. Lambert erkannte als Erster Flächen- und Winkeltreue als wesentliche Eigenschaften von Kartenprojektionen.
 
Weitere Werke: Die freye Perspective,. .. (1752); Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues (1761); Neues Organon, oder Gedanken über die Erforschung und Bezeichnung des Wahren und dessen Unterscheidung von Irrthum und Schein, 2 Bände (1764); Anlage zur Architektonic, oder Theorie des Einfachen und Ersten in der philosophischen und mathematischen Erkenntniß, 2 Bände (1771).
 
Ausgaben: Über die Methode, die Metaphysik, Theologie und Moral richtiger zu beweisen, herausgegeben von K. Bopp (1918); Opera mathematica, herausgegeben von A. Speiser, 2 Bände (1946-48); Philosophische Schriften, herausgegeben von H.-W. Arndt, auf 10 Bände berechnet (1965 ff.); Der handschriftliche Nachlaß, herausgegeben von der Universitätsbibliothek Basel (1977).
 
Literatur:
 
D. Huber: J. H. L. nach seinem Leben u. Wirken (Basel 1829);
 O. Baensch: J. H. L.s Philosophie u. seine Stellung zu Kant (1902, Nachdr. 1978);
 
J. H. L. Leistung u. Leben, hg. v. F. Löwenhaupt (Mülhausen 1943);
 M. Steck: Bibliographia Lambertiana (1943, Nachdr. 1970).
 

Universal-Lexikon. 2012.