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Warburg
I
Warburg,
 
Stadt im Kreis Höxter, Nordrhein-Westfalen, 230 m über dem Meeresspiegel, an der Diemel im Weserbergland, 25 700 Einwohner; Maschinenbau, Betonwaren-, Textil- und Bekleidungs-, chemische und Papierindustrie, Kunststoffverarbeitung, Herstellung von Autoteilen, Zuckerfabrik und Brauerei. Der Ortsteil Germete ist Luftkurort mit Heilquellen.
 
Stadtbild:
 
Zahlreiche Fachwerkbauten, u. a. das Rathaus (1568, 1902 aufgestockt); katholische Altstädter Pfarrkirche Mariä Heimsuchung, eine frühgotische Hallenkirche (Chorweihe 1299); Neustädter Pfarrkirche Sankt Johann Baptist (um 1430) mit Skulpturen aus der gleichen Zeit.
 
Geschichte:
 
Im Schutz einer den Diemelübergang beherrschenden Burg entstand im Tal die 1036 erstmals belegte Siedlung Warburg, die seit 1186 als Stadt bezeichnet wird. Am Berghang wurde eine 1239 erstmals erwähnte neue Stadt angelegt; Alt- und Neustadt wurden 1436 zusammengelegt. 1803 fiel Warburg mit dem Fürststift Paderborn an Preußen. Bis 1974 war Warburg Verwaltungssitz des dann aufgelösten Landkreises Warburg.
 
II
Warburg,
 
1) Aby Moritz, Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler, * Hamburg 13. 6. 1866, ✝ ebenda 26. 10. 1929, Bruder von 3), 5) und 7); befasste sich mit dem Nachleben der Antike in der neueren europäischen bildenden Kunst in ihren vielfältigen Aspekten (Sozialgeschichte, politische Geschichte, Mythologie und Religion, Wissenschaft, Philosophie, Literatur) und vermittelte mit seiner kulturgeschichtlichen Konzeption der Kunstwissenschaft eine neue Dimension, die bis in die gegenwärtige Forschung wirkt. Seine Bibliothek bildet den Grundstock des Bestandes des Warburg Institute. Das 1926 von Gerhard Langmaack erbaute Gebäude für die Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg wurde von der Stadt Hamburg 1993 erworben, wiederhergestellt (vom Sohn des Architekten, Dieter Langmaack) und 1995 als Warburg-Haus, Forschungs-, Dokumentations- und Veranstaltungsstätte der A.-Warburg-Stiftung und der Universität Hamburg wieder eröffnet. Das Projekt Warburg Electronic Library Hamburg (WEL) erfasst ein Archiv zur politischen Ikonographie. - Seit 1981 vergibt die Stadt Hamburg alle vier Jahre den Aby-Moritz-Warburg-Preis.
 
Werke: Sandro Botticellis »Geburt der Venus« und »Frühling« (1892); Bildniskunst und florentinisches Bürgertum (1901); Heidnisch-antike Weissagung in Wort und Bild zu Luthers Zeiten (1920); La rinascità del paganesimo antico (herausgegeben 1966).
 
Ausgaben: Gesammelte Schriften, 2 Teile (1932); Ausgewählte Schriften und Würdigungen, herausgegeben von D. Wuttke (31992).
 
Literatur:
 
S. Ferretti: Cassirer, Panofsky and W. Symbol, art, and history (New Haven, Conn., 1989);
 D. Wuttke: A. M. W.s Methode als Anregung u. Aufgabe (41990);
 
A. W. Akten. .., hg. v. H. Bredekamp u. a. (1991);
 M. Diers: W. aus Briefen. Komm. zu den Kopierbüchern der Jahre 1905-1918 (1991);
 E. H. Gombrich: A. W. (a. d. Engl., 1992);
 Peter Schmidt u. D. Wuttke: A. M. W. u. die Ikonologie (21993);
 
A. M. W. »Ekstatische Nymphe. .. trauernder Flußgott.« Portrait eines Gelehrten, hg. v. R. Galitz u. B. Reimers (1995);
 B. Roeck: Der junge A. W. (1997).
 
 2) Emil, Physiker, * Altona (heute zu Hamburg) 9. 3. 1846, ✝ Grunau (heute zu Bayreuth) 28. 7. 1931, Vater von 6); 1872-75 Professor in Straßburg, danach in Freiburg im Breisgau und ab 1895 in Berlin; 1905-22 Präsident der dortigen Physikalisch-Technischen Reichsanstalt. Mit A. Kundt gelangen Warburg u. a. 1875/76 experimentelle Bestätigungen der kinetischen Gastheorie und der Nachweis der Einatomigkeit des Quecksilberdampfes. 1880 wies er die Hysterese ferromagnetischer Stoffe nach und formulierte das auch nach ihm benannte Gesetz (Warburg-Gesetz), nach dem bei Ummagnetisierungen mit periodischem und isothermem Umlauf um die Magnetisierungskurve eines Ferromagneten die durch das Integral Q = H d M beschriebene Energie in Wärme umgewandelt wird.
 
 3) Felix, Bankier und Mäzen, * Hamburg 14. 1. 1871, ✝ New York 20. 10. 1937, Bruder von 1), 5) und 7); wanderte 1894 in die USA aus, wurde 1896 Teilhaber des Bankhauses Kuhn, Loeb & Co. Nach dem Ersten Weltkrieg wandte sich Warburg unter dem Einfluss C. Weizmanns dem Zionismus zu und beteiligte sich an der Gründung der Jewish Agency (ab 1929 deren Präsident) sowie am Aufbau der Hebräischen Universität Jerusalem. Sein New Yorker Haus beherbergt heute das Jewish Museum.
 
 4) ['vɑːrbʊrj], Karl Johan, schwedischer Literarhistoriker, * Göteborg 23. 11. 1852, ✝ Stockholm 14. 9. 1918; ab 1890 Professor in Göteborg, ab 1909 in Stockholm; gab mit J. H. E. Schück die grundlegende schwedische Literaturgeschichte »Illustrerad svensk litteraturhistoria« (3 Bände, 1890-97, neu herausgegeben in 5 Bänden, 1911-16) heraus; daneben entstanden zahlreiche Monographien über bedeutende Gestalten der schwedischen Literatur.
 
 5) Max, Bankier, Finanzfachmann, * Hamburg 5. 6. 1867, ✝ New York 26. 12. 1946, Bruder von 1), 3) und 7); ab 1893 im väterlichen Bankhaus M. M. Warburg & Co., Hamburg (eine der ältesten deutschen Privatbanken, gegründet 1798), tätig; 1919 Mitglied der deutschen Delegation bei den Versailler Friedensverhandlungen und Berater der Regierung in Reparationsfragen; 1919-25 Mitglied des Zentralausschusses, 1924-33 des Generalrats der Reichsbank. Nach der Enteignung (»Arisierung«) des Bankhauses 1938 emigrierte Warburg in die USA. Die Familie kehrte nach dem Krieg in das Hamburger Bankhaus zurück.
 
 6) Otto Heinrich, Biochemiker, * Freiburg im Breisgau 8. 10. 1883, ✝ Berlin 1. 8. 1970, Sohn von 2); ab 1913 Professor für Chemie in Berlin, ab 1931 Direktor des dortigen Kaiser Wilhelm-Instituts beziehungsweise (ab 1953) des Max-Planck-Instituts für Zellphysiologie. Warburg beschäftigte sich u. a. mit Atmungsenzymen, Stoffwechselvorgängen in Körperzellen und Photosynthese. 1931 entdeckte Warburg (zusammen mit W. Christian) das NADP. Für seine Arbeiten zur Zellatmung erhielt er 1931 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin.
 
 7) Paul Moritz, Bankier, * Hamburg 10. 8. 1868, ✝ New York 24. 1. 1932, Bruder von 1), 3) und 5); wanderte 1902 in die USA aus, wurde Teilhaber des Bankhauses Kuhn, Loeb & Co., New York; Mitbegründer des Federal Reserve System; 1917-18 Vizepräsident des Board of Governors.

Universal-Lexikon. 2012.