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Zeuge
Beobachter; Augenzeuge

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Zeu|ge ['ts̮ɔy̮gə], der; -n, -n:
männliche Person, die bei einem Ereignis anwesend war und darüber berichten kann:
er war Zeuge des Unfalls; sie sagten als Zeugen vor Gericht aus.
Syn.: Zuschauer.
Zus.: Augenzeuge, Belastungszeuge, Entlastungszeuge, Hauptzeuge, Kronzeuge.

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Zeu|ge 〈m. 17
1. jmd., der über einen beobachteten Vorgang vor Gericht aussagen soll
2. jmd., der aufgefordert od. unaufgefordert einem Vorgang beiwohnt, um später gegebenenfalls darüber berichten zu können (Augen\Zeuge, Ohren\Zeuge, Zeit\Zeuge)
3. Zuschauer, Teilnehmer
● \Zeugen Jehovas christl. Religionsgemeinschaft, die die baldige Wiederkunft Christi erwartet, bis 1931 „Ernste Bibelforscher“; \Zeuge der Vergangenheit 〈fig.〉 etwas, das aus der V. stammt u. davon Kunde gibt, z. B. ein Bauwerk ● ich habe leider keinen \Zeugen für den Vorfall; sein: ich war \Zeuge, wie es zu dem Unglück kam; \Zeuge eines Unfalls, eines Gesprächs sein; Gott ist mein \Zeuge, dass ... ich kann beschwören, dass ...; einen \Zeugen verhören, vernehmen ● als \Zeuge aussagen; als \Zeuge vorgeladen werden; etwas in Gegenwart von \Zeugen sagen, tun [<mhd. (ge)ziuc „Werkzeug, Gerät, Ausrüstung, Material, Zeugnis, Zeuge“, Rückbildung <zeugen1] Siehe auch Info-Eintrag: Zeuge - info!

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Zeu|ge , der; -n, -n [mhd. (ge)ziuc, geziuge = Zeugnis, Beweis; Zeuge, verw. mit ziehen u. eigtl. = das Ziehen (vor Gericht), dann: vor Gericht gezogene Person]:
a) jmd., der bei einem Ereignis, Vorfall o. Ä. zugegen ist od. war, darüber aus eigener Anschauung od. Erfahrung etw. sagen kann:
Z. eines Einbruchs, Unfalls sein;
ich wurde [unfreiwilliger] Z. des Gesprächs;
[für etw.] -n haben;
etw. im Beisein von -n sagen, tun;
das Testament wurde vor -n eröffnet;
Ü die Ruinen sind [stumme] -n einer längst vergangenen Zeit;
jmdn. als -n/zum -n anrufen (sich auf jmdn. berufen);
b) (Rechtsspr.) jmd., der vor Gericht geladen wird, um Aussagen über ein von ihm persönlich beobachtetes Geschehen zu machen, das zum Gegenstand der Verhandlung gehört:
ein glaubwürdiger, falscher Z.;
(bes. im angloamerikanischen Rechtswesen:) Z. der Anklage, der Verteidigung;
als Z. auftreten, erscheinen, [gegen jmdn.] aussagen, [vor]geladen werden;
einen -n benennen, beibringen, vernehmen, befragen, vereidigen;
jmdn. als -n hören.

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Zeuge
 
[mittelhochdeutsch (ge)ziuc, geziuge, eigentlich »vor Gericht gezogene Person«], Recht: Person, die in einem Verfahren über eigene Wahrnehmungen aussagen soll (Beweiszeuge) oder zum Abschluss von Rechtsgeschäften (z. B. Testamentserrichtung) zugezogen wird (Instruments-, Solennitätszeuge). Ein sachverständiger Zeuge soll über Tatsachen und Zustände aussagen, zu deren Wahrnehmung eine besondere Sachkunde notwendig war (Sachverständiger). Den Beweis durch Zeugen enthalten alle Verfahrensordnungen (ZPO, StPO, Verwaltungsgerichts-, Finanzgerichtsordnung, Sozialgerichts-Gesetz). Zeuge kann nicht sein, wer Partei, Beteiligter oder Beschuldigter ist; die Zeugeneigenschaft ist nicht an die Geschäftsfähigkeit geknüpft, so können auch Kinder als Zeugen vernommen werden.
 
Im Zivilprozess kann als Zeuge nur vernommen werden, wer nicht für die Parteivernehmung in Betracht kommt. Die Erhebung des Zeugenbeweises setzt einen Beweisantritt (Beweis) voraus (§ 373 ZPO), d. h. die ladungsfähige Bezeichnung des Zeugen für bestimmt bezeichnete Tatsachen. Die Vernehmung eines Zeugen bedarf stets der Anordnung des Gerichts, in der Regel durch einen entsprechenden Beschluss (Beweisbeschluss). Das Gericht kann die schriftliche Beantwortung der Beweisfrage anordnen, wenn es dies nach Inhalt der Frage und Person des Zeugen für ausreichend hält. Die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme erfordert grundsätzlich aber die persönliche Vernehmung des Zeugen vor dem Prozessgericht. Eine Übertragung dieser Aufgabe auf ein Mitglied des Prozessgerichts oder ein anderes Gericht (Rechtshilfegericht) ist nur ausnahmsweise zulässig (§ 375 ZPO). Das Gericht kann die Ladung des Zeugen von der Zahlung eines Auslagenvorschusses durch die benennende Partei abhängig machen. Für den Zeugen entstehen durch die Anordnung des Gerichts und ordnungsgemäße Ladung (§ 377 ZPO) bestimmte staatsbürgerlichen Pflichten. Er hat die Pflicht zum Erscheinen am Terminort. Bei unentschuldigtem Ausbleiben sind ihm die dadurch verursachten Kosten aufzuerlegen und Ordnungsmittel (Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft) gegen ihn zu verhängen; es kann auch die Vorführung zum nächsten Termin angeordnet werden. Der Zeuge hat ferner die Pflicht zur Aussage. Er hat wahrheitsgemäß und vollständig seine persönliche Verhältnisse darzulegen und über das Beweisthema auszusagen. Soweit es die Aussage über seine Wahrnehmungen erleichtert, muss der Zeuge Unterlagen einsehen und gegebenenfalls mitbringen. Personen des öffentlichen Dienstes benötigen für eine Aussage über Umstände, auf die sich ihre Amtsverschwiegenheit bezieht, eine Genehmigung der vorgesetzten Behörde (§ 376 ZPO). Ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht nur in bestimmten gesetzlich geregelten Fällen. Verweigert der Zeuge ohne Angabe eines Grundes oder aus einem rechtskräftig für unerheblich erklärten Grund die Aussage oder die Eidesleistung, so werden ihm die durch die Weigerung verursachten Kosten auferlegt und gegen ihn ein Ordnungsgeld und gegebenenfalls Ordnungshaft festgesetzt. Im Wiederholungsfall ist auf Antrag Erzwingungshaft anzuordnen. Die Vernehmung des Zeugen beginnt mit den Fragen zur Person. Danach soll der Zeuge seine Kenntnisse über den Gegenstand der Beweisaufnahme im Zusammenhang wiedergeben. Gericht und Parteien können ergänzende Fragen stellen. Für den Zeugen besteht dann die weitere Pflicht zur Beeidigung der Aussage (Eid). Die gesamte Aussage des Zeugen ist zu protokollieren, dem Zeugen vorzulesen und von ihm zu genehmigen. Bei der Würdigung des Zeugenbeweises ist das Gericht völlig frei. Der Zeuge hat gegen den Staat einen Anspruch auf Entschädigung für die Zeitversäumnis (v. a. Verdienstausfall), für Fahrtkosten und besonderen Aufwand (§ 401 ZPO in Verbindung mit dem Gesammelten über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen in der Fassung vom 1. 10. 1969).
 
Im Strafprozess (§§ 48-71, 219-224, 238-248, 251-253, 257 StPO) besteht allgemeine Zeugnispflicht unter Ahndung unentschuldigten Ausbleibens oder grundloser Verweigerung der Aussage oder Eidesleistung durch Auferlegung der durch das Ausbleiben verursachten Kosten und Festsetzung eines Ordnungsgeldes, ersatzweise einer Ordnungshaft. Das Zeugnisverweigerungsrecht ist ähnlich wie im Zivilprozess geregelt, Besonderheiten gelten bei der Vernehmung von Minderjährigen und Betreuten (Betreuung; §§ 52-55 StPO). Im Strafprozess sollen Fragen nach Tatsachen, die dem Zeugen oder einem seiner Angehörigen zur Unehre gereichen können oder deren persönlichen Lebensbereich betreffen, nur gestellt werden, wenn es unerlässlich ist. Auch nach Vorstrafen soll nur gefragt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Vereidigung oder die Glaubwürdigkeitsbeurteilung notwendig ist (§ 68 a StPO). Bei gefährdeten Zeugen können die Angaben zur Person oder der Wohnort gegebenenfalls geheim gehalten werden (§ 68). Soweit in der Hauptverhandlung Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich eines Zeugen zur Sprache kommen, deren öffentliche Erörterung schutzwürdige Interessen verletzen würde, kann (und muss auf Antrag des Zeugen) die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden, soweit nicht das Interesse an der öffentlichen Erörterung dieser Umstände überwiegt (§ 171 b Gerichtsverfassungs-Gesetz). Der Zeuge darf einen Rechtsbeistand zur Vernehmung mitbringen und kann sich, wenn er Verletzter der im Strafverfahren behandelten Strafsache ist, auch durch einen solchen vertreten lassen (§ 406 f. StPO). Das am 1. 12. 1998 in Kraft getretene Zeugenschutzgesetz vom 30. 4. 1998 ermöglicht es des Weiteren, die Vernehmung gefährdeter Zeugen durch Videoaufzeichnung außerhalb der Hauptverhandlung und Übertragung schonender zu gestalten (§§ 58 a, 168 e, 247 a, 255 a StPO). Außerdem begründet es in bestimmten Fällen einen Anspruch auf anwaltlichen Zeugenbeistand auf Staatskosten (»Opferanwalt«; §§ 68 b, 397 a, 406 g, h StPO). Zeugen, die ihr Zeugnis verweigern, haben den Weigerungsgrund glaubhaft zu machen. Eine Beeidigung erfolgt erst in der Hauptverhandlung, im vorbereitenden Verfahren nur, wenn sie dringlich oder zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussage über eine ausschlaggebende Tatsache erforderlich ist oder der Zeuge in der Hauptverhandlung voraussichtlich nicht erscheinen kann. Die Vernehmung kann im letzteren Fall auch durch kommissarische Vernehmung ersetzt werden. Der Vorsitzender des Gerichts hat dem Staatsanwalt, dem Angeklagten und dem Verteidiger sowie den Schöffen die Stellung von Fragen an die Zeugen zu gestatten (über Verlesung von Aussagen oder schriftlichen Erklärungen Strafprozess). Nach Vernehmung jedes Zeugen soll der Angeklagte befragt werden, ob er etwas zu erklären hat. Von der Zeugenvernehmung zu unterscheiden ist die in § 81 c StPO verankerte Möglichkeit der körperlichen Untersuchung von Zeugen, um festzustellen, ob sich an ihrem Körper Spuren oder Folgen von Straftaten befinden.
 
In Österreich sind der Beweis durch Zeugen, dessen Pflichten, die Möglichkeit der Aussageverweigerung sowie der Ausschluss von der Vernehmung als Zeuge in den §§ 320 ff. ZPO und in anderen Verfahrensordnungen geregelt; den Ersatz der Kosten des Zeugen regelt das Gebührenanspruchsgesetz 1975 (mit Änderungen).
 
In der Schweiz enthalten die Prozessordnungen von Bund und Kantonen über den Zeugen unterschiedlichen, in den Grundzügen aber ähnlichen Regeln wie in Deutschland. Ein Zeuge, der den Eid nicht leisten will, ist zur Ablegung des Handgelübdes berechtigt.
 
Literatur:
 
F. Arntzen: Psychologie der Z.-Aussage (31993);
 K. Zacharias: Der gefährdete Z. im Strafverfahren (1997).
 

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Zeu|ge, der; -n, -n [mhd. (ge)ziuc, geziuge = Zeugnis, Beweis; Zeuge, verw. mit ↑ziehen u. eigtl. = das Ziehen (vor Gericht), dann: vor Gericht gezogene Person]: a) jmd., der bei einem Ereignis, Vorfall o. Ä. zugegen ist od. war, darüber aus eigener Anschauung od. Erfahrung etw. sagen kann: Z. eines Geschehens, Einbruchs, Unfalls sein; dann herrscht wieder Eintracht. Ich wollte, das Väterchen wäre des einmal Z. (Th. Mann, Joseph 517); ich wurde [unfreiwilliger] Z. des Gesprächs, ihres Streites; als er einmal zufällig Z. wurde, wie Stefan seinen Vormann ablöste (Kuby, Sieg 128); [für etw.] -n haben; jmdn. als -n mitnehmen; Für das, was ich nun zu erzählen habe, kann ich keinen -n anführen (Buber, Gog 168); etw. im Beisein von -n sagen, tun; das Testament wurde vor -n eröffnet; Ü Der Mond verhüllt sein Angesicht, um nicht Z. des Frevels zu werden (Kusenberg, Mal 66); die Ruinen sind [stumme] -n einer längst vergangenen Zeit; *jmdn. als -n/zum -n anrufen (sich auf jmdn. berufen): Er hat ... in seinem Wörterbuch der Philosophie ... Goethe als -n gegen die Unsterblichkeitslehre angerufen (Andres, Liebesschaukel 53); b) (Rechtsspr.) jmd., der vor Gericht geladen wird, um Aussagen über ein von ihm persönlich beobachtetes Geschehen zu machen, das zum Gegenstand der Verhandlung gehört: ein glaubwürdiger, falscher Z.; sachverständiger Z. (Zeuge, der aufgrund besonderer Sachkunde über etw. aussagen kann); Da fällt der Z. plötzlich um (Noack, Prozesse 194); es werden noch -n gesucht; (bes. im angloamerikanischen Rechtswesen:) Z. der Anklage, Verteidigung; als Z. auftreten, erscheinen, [gegen jmdn.] aussagen, [vor]geladen werden; einen -n benennen, beibringen, stellen, vernehmen, verhören, befragen, vereidigen, zwangsweise vorführen; jmdn. als -n hören; das Verfahren wurde ohne Anhörung von -n eingestellt (Schwaiger, Wie kommt 91); Spr ein Z. - kein Z.

Universal-Lexikon. 2012.