Olympiade (umgangssprachlich); Olympia
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Olỵmpische Spiele,
1) im Altertum die antiken Festspiele in Olympia von 776 v. Chr. bis 393 n. Chr. Die antiken Festspiele in Olympia in der Landschaft Elis waren die bedeutendsten der hellenischen Welt. Ihre Anfänge lagen in kultischen Spielen, die bis ins 16. Jahrhundert v. Chr., in die Frühzeit der Achäer, zurückgehen. Literarisch belegt sind die Olympischen Spiele seit 776 v. Chr., als Koroibos aus Elis den Stadionlauf (192,27 m) gewann. Noch im 8. Jahrhundert wurden der Diaulos (doppelte Stadionlänge), der Langstreckenlauf (Dolichos = 4 608 m), der Pentathlon (Fünfkampf aus Stadionlauf, Diskus- und Speerwerfen, Weitspringen und Ringen) sowie das Ringen als selbstständiger Wettbewerb ins Programm aufgenommen. Im 7. Jahrhundert kamen der Faustkampf, das Wagenrennen mit dem Viergespann, Pferderennen und das Pankration, um 520 v. Chr. der Waffenlauf hinzu. Während der klassischen Zeit wurden nie mehr als 14 Wettkämpfe durchgeführt, die sich auf fünf (nach anderer Version auf sechs) Tage verteilten.
Die Bürger von Elis luden zu den Spielen ein, übernahmen die Leitung und stellten die Kampfrichter (Helladoniken). Teilnehmen durften nur freie griechische Vollbürger, nach der Eroberung durch Rom (146 v. Chr.) auch Nichtgriechen. Die Römer zeigten jedoch zunächst nur geringes Interesse, was sich erst in der Kaiserzeit änderte. Frauen waren weder als Akteure noch als Zuschauer zugelassen. Die für alle Teilnehmer verbindliche Vorbereitungszeit in Olympia betrug 30 Tage; unmittelbar vor, während und nach den Spielen herrschte in ganz Griechenland »Gottesfriede«. Der Siegespreis bestand aus einem Ölzweig vom heiligen Ölbaum in der Nähe des Zeustempels von Olympia. Später erhielten die Olympiasieger in ihrer Heimat hohe, auch materiell wertvolle Auszeichnungen, so Steuerfreiheit auf Lebenszeit, in Athen kostenlose Speisung im »Stadthotel«, seit Solon 500 Drachmen, was dem Wert von 500 Scheffel Getreide entsprach.
Der berühmteste Athlet des Altertums war Milon von Kroton, ein Ringer, der 540-516 v. Chr. ungeschlagen blieb. Der bedeutendste Läufer war Leonidas von Rhodos; er siegte 164-152 v. Chr. zwölfmal im Stadion-, Diaulos- und Waffenlauf, war also viermal Triastes (Dreisieger). Der 480 und 476 in Olympia erfolgreiche Faustkämpfer und Pankratiast Theogenes von Thasos genoss nach seinem Tod göttliche Verehrung als Heilgott. Berühmt war auch das Geschlecht der Diagoriden aus Rhodos, das über drei Generationen hinweg 464-404 v. Chr. Olympiasieger in den athletischen Disziplinen stellte und auch politisch auf der Insel führend war. Im 4. Jahrhundert n. Chr. liefen die Olympischen Spiele aus, nachdem sie im 2. Jahrhundert noch einmal eine Blütezeit erlebt hatten. Von 393 n. Chr. ist die letzte Ausrichtung der Olympischen Spiele bezeugt; Kaiser Theodosius verbot sie als heidnischen Kult. Ausgrabungen in Olympia gaben den Anlass zur Erneuerung der Olympischen Spiele durch P. de Coubertin.
2) Abk.Abkürzung OS, gemäß Olympischer Charta Sammelbezeichnung für Spiele der Olympiade (»Sommerspiele«) und Olympische Winterspiele. Die OS sind Wettkämpfe zwischen Athleten in Einzel- oder Mannschaftswettbewerben, nicht zwischen Ländern. Sie führen die Athleten zusammen, die dazu von ihren Nationalen Olympischen Komitees (NOK) ausgewählt, deren Meldungen vom Internationalen Olympischen Komitee (IOK) entgegengenommen wurden und die sich unter der fachlichen Leitung der internationalen Sportverbände miteinander messen.
Auf dem Internationalen Leibeserzieherischen Kongress in Paris 1894, zu dem P. de Coubertin eingeladen hatte, wurde die Wiederbegründung der OS beschlossen und das Internationale Olympische Komitee (IOK) gegründet. Neben den Ausgrabungen in Olympia gaben J. C. F. GutsMuths, J. J. Winckelmann und die in England durchgeführten Wettkämpfe mit olympischer Bezeichnung den Anstoß zu dieser Initiative Coubertins. Seine Grundvorstellungen und Entwürfe bestimmen trotz inhaltlicher Veränderungen die Zeremonien und den Ablauf der OS. Die Regeln und Bestimmungen über Durchführung, Teilnahme und Programm der OS sind in den olympischen Regeln festgelegt. Gegen den Widerstand Coubertins nehmen seit 1900 (Golf und Tennis) auch Frauen an den OS teil.
Die 1896 erstmals in Athen durchgeführten OS (Sommerspiele) werden seit 1924 durch Olympische Winterspiele ergänzt. Nach zweimaliger Verbindung mit Weltausstellungen 1900 in Paris und 1904 in Saint Louis (Miss.) haben sich seit 1908 (London) die OS als eigene Veranstaltungen emanzipiert, die heute das herausragende Sportereignis darstellen. Die OS sind das Vorbild für andere weltweite (Universiade, Commonwealth-Spiele) und kontinentale Spiele.
Zu den erfolgreichsten Teilnehmern an OS zählen L. Latynina (UdSSR) im Turnen mit 9 Gold-, 5 Silber- und 4 Bronzemedaillen, P. Nurmi (Finnland) in der Leichtathletik (9-3-0) und M. Spitz (USA) im Schwimmen (9-1-1). (olympische Idee)
H. Lenk: Werte, Ziele, Wirklichkeit der modernen O. S. (21972);
K. Lennartz: Kenntnisse u. Vorstellungen von Olympia u. den O. S. in der Zeit von 393-1896 (1974);
K.-H. Frenzen: O. S. Gesch., Regeln, Einrichtungen (1988);
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Olympische Spiele der Neuzeit
griechische Spiele und Orakelstätten
Universal-Lexikon. 2012.