Akademik

Kirchenmusik
Sakralmusik

* * *

Kịr|chen|mu|sik 〈f. 20instrumentale od. vokale Musik für den Gottesdienst

* * *

Kịr|chen|mu|sik, die:
1. <o. Pl.> für den Gottesdienst bestimmte Musik.
2. der Kirchenmusik (1) zuzurechnendes Musikstück.

* * *

Kirchenmusik,
 
die für den christlichen Gottesdienst bestimmte liturgische und außerliturgische Musik in ihrer Bindung an den Kirchenraum (im Unterschied zur geistlichen Musik). Sie bekundet sich in den Formen liturgischen Gesanges, des Kirchenlieds, vokaler und vokal-instrumentaler Mehrstimmigkeit wie auch reiner Instrumentalmusik (v. a. Orgelmusik).
 
Nach der Epoche der frühchristlichen Musik wurde mit der Ausbildung des einstimmigen Kirchengesangs im 4. bis 6. Jahrhundert der gregorianische Gesang als Grundlage der katholischen Kirchenmusik geschaffen. Mit dem Organum beginnt um 900 die Geschichte der mehrstimmigen Kirchenmusik, die zunächst nur für einzelne Stücke der Liturgie (Sequenzen, Gradualien) und bei besonderen Anlässen gepflegt wurde. Hoch ausgebildet sind die Organa der Notre-Dame-Schule (um 1200); durch syllabische Textunterlegung entstand in der Ars antiqua des 13. Jahrhunderts die Motette als eine der wichtigsten Gattungen der Kirchenmusik. Den musikalischen Neuerungen der Ars nova nach 1300 stellte Papst Johannes XXII. 1324/25 die älteren Mehrstimmigkeitsarten als verbindlich gegenüber. Nach den früheren mehrstimmigen Vertonungen einzelner Messteile brachte das 14. Jahrhundert die ersten vollständigen Kompositionen des Ordinarium Missae. Messe und Motette blieben die dominierenden kirchenmusikalischen Formen des 15. Jahrhunderts, wobei sich das Schwergewicht des Schaffens von Frankreich und Italien in den burgundisch-niederländischen Kulturraum verschob. Bei den führenden Komponisten (u. a. J. Dunstable, G. Dufay, J. Ockeghem, J. Obrecht, Josquin Desprez) stehen an Zahl wie an Bedeutung die Werke der Kirchenmusik an erster Stelle. Mit dem Wirken A. Willaerts in Venedig kündigte sich eine Schwerpunktverlagerung nach Italien an (A. und G. Gabrieli, O. di Lassos Tätigkeit in Italien und im nach Süden orientierten München). Als vorbildlich für die mehrstimmige katholische Kirchenmusik wurde der Stil G. P. da Palestrinas erklärt.
 
Die evangelische Kirchenmusik ist geprägt durch den hohen gottesdienstlichen Rang, den M. Luther der Musik eingeräumt hat. Im Mittelpunkt stehen hier der deutschsprachige Choral und der Gemeindegesang. Mit J. Walters »Geystlich gesangk Buchleyn« von 1524 und dessen Kompositionen über protestantische Kirchenliedmelodien begann die besonders für Deutschland bedeutende Tradition der evangelischen Kirchenmusik, die durch Luther ihre Wesensprägung erhielt. In ihren wechselnden Formen und Stilen stand das Kirchenlied im Mittelpunkt. Neben die traditionellen Formen (besonders die Motette) traten im neuen Generalbassstil des 17. Jahrhunderts die Formen von Kantate, geistliches Konzert, Oratorium und Passion. Während sie im katholischen Süden zum Gegenstand prächtiger Klangentfaltung einer zunehmend konzertanten Kirchenmusik wurden, stand im protestantischen Deutschland (H. Schütz, D. Buxtehude, J. S. Bach) wie auch in Frankreich (besonders bei M.-R. Delalande) eine bewusste Bindung an das Wort im Vordergrund.
 
Das Vordringen von Elementen aus Oper und Instrumentalmusik kennzeichnet die Kirchenmusik des 18. Jahrhunderts und der Klassik ebenso wie die Werke des 19. Jahrhunderts, in denen (wie etwa bei A. Bruckner) das Orchester einen beherrschenden Part einnahm. Demgegenüber haben C. Ett, Franz Xaver Haberl, Franz Xaver Witt und auf evangelischer Seite besonders C. von Winterfeld auf die eigentlichen Aufgaben und die Vorbilder der Kirchenmusik im 16. Jahrhundert hingewiesen und eine Restauration einzuleiten versucht (Caecilianismus).
 
Die Publikation von Gesamtausgaben (besonders J. S. Bach, Schütz, Palestrina) und die Bemühungen der Benediktiner von Solesmes um die Urgestalt des gregorianischen Gesangs schufen Voraussetzungen für die Erneuerungsbestrebungen seit dem beginnenden 20. Jahrhundert Auf evangelischer Seite führten sie zu einer Orientierung der Kirchenmusik an der Reformation und zu einer Erneuerung des kirchenmusikalischen Amtes. Neben der Hinwendung zu den alten Meistern zeigen sich in beiden Konfessionen Bemühungen um eine den liturgischen Ansprüchen entsprechende zeitgenössische Kirchenmusik, die neben gottesdienstlicher Gebrauchsmusik auch Werke von künstlerischem Rang hervorgebracht haben (I. Strawinsky, D. Milhaud, L. Dallapiccola, H.-W. Fortner, O. Messiaen, K. Huber, H. W. Zimmermann, K. Penderecki u. a.). Im Mittelpunkt der zeitgenössischen evangelischen Kirchenmusik steht nach wie vor der Choral. Die Einführung von Jazz, elektronischer Musik, Rock- und Popmusik in den Kirchenraum wird diskutiert und erprobt.
 
Literatur:
 
F. Blume: Die ev. K. (1931, Nachdr. 1979);
 
Hb. der dt. ev. K., hg. v. K. Ameln, auf mehrere Bde. ber. (1941 ff.);
 
Hb. der kath. K., hg. v. H. Lemacher u. a. (1949);
 H. Moser: Die ev. K. in Dtl. (1954);
 
Gesch. der kath. K., hg. v. K. G. Fellerer, 2 Bde. (1972-76);
 O. Ursprung: Die kath. K. (Neuausg. 1979);
 C. Bensdorff-Engelbrecht, Gesch. der ev. K., 2 Bde. (1980);
 A. Scharnagl: Einf. in die kath. K. (1980);
 
Musik im Gottesdienst. Ein Hb. zur Grundausbildung in der kath. K., hg. v. H. Musch, 2 Bde. (4-51994).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Kirchenmusik nach dem Konzil von Trient
 
Kirchenmusik zur Zeit Luthers
 
Schütz und die evangelische Kirchenmusik
 

* * *

Kịr|chen|mu|sik, die <o. Pl.>: für den Gottesdienst bestimmte Musik.

Universal-Lexikon. 2012.