Ka|ro|lin|ger 〈m. 3〉 Angehöriger eines nach Karl dem Großen benannten fränkischen Herrschergeschlechtes (bis 911 in Dtschld., bis 987 in Frankreich)
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I Karolinger
Die Karolinger sind aus einer Verbindung der austrischen Adelsgeschlechter der Arnulfinger und der Pippiniden hervorgegangen. Sie waren im Maas-Mosel-Raum begütert. Die Vormachtstellung begründete der austrische Hausmeier Pippin (der Mittlere), der 687 durch seinen Sieg über den neustrischen Hausmeier bei Tertry das Fränkische Reich wieder vereinte und anstelle des schwachen Merowingerkönigs, der weiterhin in Neustrien residierte, die Regierung führte. Pippins Sohn Karl erkämpfte sich nach seinem Tod (714) die Regentschaft über das Gesamtreich. 732 schlug er mit einem fränkischen Heer die Araber, die das Westgotenreich vernichtet hatten und nach Südgallien vorgedrungen waren, bei Poitiers und drängte sie endgültig über die Pyrenäen zurück. Dieser Sieg hatte für die weitere Geschichte Europas entscheidende Bedeutung. Man hat Karl später den Beinamen Martell (Hammer) gegeben. In zahlreichen Kämpfen stellte er - mit unterschiedlichem Erfolg - die Autorität der Reichsgewalt in den sich verselbstständigenden Reichsteilen (Aquitanien, Burgund, Provence, Alemannien, Thüringen, Bayern, Friesland) wieder her. Auch unterstützte er die angelsächsische Mission, in der er ebenfalls eine Stärkung der Reichsgewalt sah. Als 737 der Merowinger Theuderich IV. starb, setzte Karl Martell keinen neuen König ein, nahm selber jedoch nicht den Königstitel an. Wie ein König aber teilte er bei seinem Tod 741 das Fränkische Reich unter seine Söhne und ließ sich in Saint-Denis, der Grablege der Merowinger, beisetzen.
Karls Söhne Karlmann und Pippin (der Jüngere) regierten in Austrien und Neustrien, wobei Aquitanien und Bayern relativ selbstständige Herzogtümer blieben. 743 setzten sie wieder einen merowingischen König, Childerich III., ein. Bereits 747 zog sich Karlmann ins Kloster zurück, während sein Bruder als Alleinherrscher eine höchst bedeutsame politische Neuorientierung vollzog: 750 ließ er Papst Zacharias die Frage vorlegen, ob es gut sei, dass es im Fränkischen Reich Könige ohne königliche Gewalt gebe. Als der Papst antwortete, es sei besser, der tatsächliche Herrscher heiße König, »damit die naturgemäße Ordnung nicht gestört werde«, verbannte Pippin 751 Childerich III. ins Kloster und ließ sich von den fränkischen Großen in Soissons zum König erheben. Hinzu kam jedoch eine kirchliche Salbung, die dem neuen karolingischen Königtum eine dem germanisch geprägten Königtum der Merowinger bewusst entgegengesetzte christliche Legitimation verlieh und das für das ganze Mittelalter folgenreiche Bündnis zwischen dem Papsttum und dem fränkischen Königtum (bzw. später dem auf die deutschen Könige übergehenden Kaisertum) begründete. Für den Papst bedeutete die neue Konstellation zunächst in erster Linie einen Rückhalt gegen die Langobarden, die Pippin erfolgreich bekämpfte. Die den Langobarden abgenommenen Gebiete übertrug er dem Papst als Besitz der Kirche. Diese Pippinsche Schenkung begründete den Kirchenstaat.
Karolinger,
Kạrlinger, fränkisches Hochadelsgeschlecht aus dem Raum Metz-Verdun-Namur, benannt nach seinem bedeutendsten Mitglied, Kaiser Karl dem Großen; hervorgegangen aus einer Verbindung der Nachkommen Arnulfs von Metz (Arnulfinger) und Pippins I., dem Älteren (Pippiniden). Pippins Sohn Grimoald, Hausmeier in Austrasien, büßte sein Streben nach der Königswürde für seinen Sohn Childebert mit dem Leben. Trotz des gescheiterten »Staatsstreichs« erlangten die Karolinger mit Pippin II., dem Mittleren, 687 das Hausmeieramt im gesamten Fränkischen Reich, mit Pippin III., dem Jüngerenen, 751 das Königtum. Durch die Enkel Karls des Großen teilte sich das Geschlecht in drei Linien, die in direkter Nachfolge in Italien bis 875, in Deutschland bis 911 und in Frankreich bis 987 als Könige regierten. Eine Seitenlinie der Karolinger waren die Grafen von Vermandois. Der Aufstieg der Karolinger überwand den drohenden Verfall des Merowingerreiches; dessen politische Vereinigung und die Erneuerung des weströmischen Kaisertums brachten die bedeutsame Verlagerung des Machtzentrums Westeuropas vom Mittelmeer nach Frankreich und Deutschland.
E. Hlawitschka: Die Vorfahren Karls d. Gr., in: Karl d. Gr. Lebenswerk u. Nachleben, hg. v. W. Braunfels, Bd. 1 (1965);
K. F. Werner: Die Nachkommen Karls d. Gr., in: ebd., Bd. 4 (1967);
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Frankenreich als Hegemonialmacht des Abendlandes: Karolingerreich
Universal-Lexikon. 2012.