kommunịstische Parteien,
nach dem Ersten Weltkrieg unter dem Eindruck der russischen Oktoberrevolution gebildete Parteien, die sich nach dem Vorbild der russischen Bolschewiki (später der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, Abkürzung KPdSU) zu organisieren suchten. Seit 1919 als nationale Sektionen in der Kommunistischen Internationale (Komintern) zusammengefasst, erstrebten sie auf der Linie des Marxismus-Leninismus die Verwirklichung des Kommunismus. Zahlreiche kommunistische Parteien entwickelten sich zu Massenorganisationen (u. a. die Kommunistische Partei Deutschlands), andere blieben - gemessen an der Zahl ihrer Mitglieder - ohne großen Einfluss (z. B. die Kommunistische Partei Österreichs bis 1945). Im Zuge der immer größeren Abhängigkeit der kommunistischen Parteien von der Komintern und der gleichzeitig wachsenden Abhängigkeit der Komintern von der KPdSU wurden die kommunistischen Parteien besonders unter Stalin zu einem Instrument der Außenpolitik der UdSSR. Im Organisationsaufbau wurde der demokratische Zentralismus verbindlich, in der Praxis bestand die völlige Unterordnung unter den Willen Stalins (Stalinismus). Zahlreiche Mitglieder kommunistischer Parteien fielen im Spanischen Bürgerkrieg 1936-39 in den Internationalen Brigaden. Nach dem deutschen Angriff auf die UdSSR (1941) entwickelten sich im Zweiten Weltkrieg die kommunistischen Parteien insbesondere in Europa zu aktiven Widerstandsorganisationen gegen die Achsenmächte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen die Kommunisten und die von ihnen geschaffenen Einheitsparteien in Bulgarien, Polen, Rumänien, der Tschechoslowakei und Ungarn mit sowjetischer Hilfe, zum Teil gegen Widerstände, die Macht, ebenso in der SBZ/DDR und in Nord-Korea (1945-48). Der (spätere) Bund der Kommunisten Jugoslawiens (Juni 1948 Ausschluss aus dem Kommunistischen Informationsbüro) und die Kommunistische Partei Chinas setzten sich aus eigener Kraft gewaltsam durch und schlugen jeweils einen eigenen Weg (Titoismus, Maoismus) zum Sozialismus ein. Mit Repressionen (v. a. gegen frühere »Westemigranten«, gegen »Titoisten« u. a.), Schauprozessen und Disziplinierungsmaßnahmen wurden die kommunistischen Parteien des unmittelbaren sowjetischen Einflussbereiches ab 1948 einer durchgehenden Stalinisierung unterworfen, mit der v. a. die Herrschaft der Parteibürokratie abgesichert und die innenparteiliche Dissidenz ausgeschaltet wurden. Dank einer größeren Verwurzelung in der Bevölkerung entwickelten sich die italienische und französische KP zu Massenorganisationen; sie waren an den ersten Nachkriegsregierungen beteiligt, in den 60er-/70er-Jahren versuchten sie, mit dem Konzept des Eurokommunismus ihr politisches Gewicht zu verstärken (Parti Communiste Français).
In den Ländern der Dritten Welt entstand mit der Entkolonialisierung eine Vielzahl kommunistischer Parteien, die oft zum Motor der Unabhängigkeitsbewegungen wurden, z. B. in Vietnam und später in einigen Ländern Afrikas.
Nach dem Tod Stalins (1953) und der von N. S. Chruschtschow 1956 eingeleiteten Entstalinisierung war die Einheit des Weltkommunismus (der »kommunistischen Weltbewegung«) zunehmend infrage gestellt; hier wirkte sich die Forderung nach stärkerem Eigengewicht der nationalen kommunistischen Parteien beziehungsweise nach bedingter Demokratisierung (Reformkommunismus) ebenso aus wie v. a. der ideologisch-machtpolitische Streit zwischen der KPdSU und der KP Chinas, der sich u. a. auch an der sowjetischen Politik stärkerer wirtschaftlicher Kontakte mit dem Westen (unter der Devise »friedliche Koexistenz«) entzündete. Unter dem Begriff Juche (Chuch'e) entwickelte Kim Il Sung in Nord-Korea eine eigenständige kommunistische Ideologie.
Mit der Unterdrückung des Prager Frühlings (1968) und einer Politik (versteckter) militärischer Drohungen gegenüber Polen (1980/81) konnte L. I. Breschnew die sowjetische Linie noch einmal gewaltsam im Ostblock durchsetzen. Insgesamt vermochten aber die KP-Führer und ihr Apparat - trotz allen Einsatzes ihrer Repressionsorgane - in den meisten Ostblockländern seit Ende der 70er-Jahre die Etablierung einer immer ernster zu nehmenden Gegenkraft nicht zu verhindern, die sich v. a. in der Gegnerschaft zu den herrschenden kommunistischen Parteien und in der Bekämpfung von deren Macht-, Politik- und Informationsmonopol einig war (Bürgerbewegung).
Unter dem Eindruck der immer deutlicher werdenden Systemkrise des Kommunismus und unter Preisgabe der Breschnew-Doktrin leitete M. S. Gorbatschow, seit 1985 Generalsekretär der KPdSU, gesellschaftliche Reformen ein, die starke Wirkungen v. a. auf die regierenden kommunistischen Parteien im Ostblock erlangten: Reformkommunistische Kräfte (z. B. in Ungarn und Polen) erhielten Auftrieb, das Beharren orthodoxer Führungskräfte auf alten ideologischen Positionen und ihre zumeist ablehnende Haltung gegenüber Gorbatschows »neuem Denken« verschärften die innergesellschaftlichen und innenparteilichen Konflikte. So begünstigte die sowjetische Reformpolitik in ihrem Endergebnis ungewollt Entwicklungen, die in ihrer Dynamik schließlich 1989-91/92 vom Verlust des Machtmonopols der kommunistischen Parteien bis zur völligen Auflösung der kommunistischen Herrschaftssysteme in Mittel- und Osteuropa führten (Europa, Geschichte). In der Volksrepublik China sicherte dagegen die KP im Juni 1989 ihren alleinigen Herrschaftsanspruch durch die blutige Unterdrückung der Bürgerrechts- und Demokratiebewegung (Peking). Auch in Kuba wurden von Fidel Castro Ruz (Fidelismus) und der dortigen KP trotz vorsichtiger wirtschaftlicher Liberalisierung noch keine politischen Reformen eingeleitet.
Viele ehemals staatstragende kommunistische Parteien gerieten mit dem Zusammenbruch der »staatssozialistischen« Regime in krisenhafte Entwicklungen. Häufig in die politische Opposition gedrängt, suchten sie sich unter der Devise eines »demokratischen Sozialismus« den veränderten Verhältnissen anzupassen (zum Teil nur bloße Umbenennungen in sozialistischen Parteien); einige behielten jedoch die Bezeichnung »kommunistisch« in ihrem Namen bei (z. B. in Russland, in der Tschechischen Republik). Die Prozesse schwieriger innenparteilicher Neuprofilierungen beziehungsweise die Transformationen in sozialdemokratischen Parteien, z. B. in Ungarn, sind (1996) jedoch noch nicht abgeschlossen. In den westlichen Industriegesellschaften gerieten die kommunistischen Parteien seit 1989 unter verstärkten Rechtfertigungsdruck; entsprechend wurden, soweit erforderlich, programmatische Veränderungen in Richtung auf einen demokratischen, der Marktwirtschaft gegenüber offenen Sozialismus vorgenommen (u. a. Partito Democratico della Sinistra).
Universal-Lexikon. 2012.