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Wind
Luftdruckausgleich; Luftstrom

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Wind [vɪnt], der; -[e]s, -e:
spürbar stärker bewegte Luft:
ein leichter Wind erhob sich; auf den Bergen wehte ein heftiger Wind; der Wind kommt von Osten; der Wind blähte die Segel und zerrte an den Kleidern.
Syn.: , Brise, Orkan, Sturm.
Zus.: Abendwind, Fahrtwind, Föhnwind, Gegenwind, Herbstwind, Monsunwind, Nordwind, Ostwind, Seewind, Seitenwind, Südwind, Westwind.

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Wịnd 〈m. 1
1. (stärkere) Luftbewegung, Luftzug
2. Darmwind, Blähung, Darmgas
3. 〈bei der Orgel〉 die durch den Blasebalg den Pfeifen zugeführte Luft
● das Spiel von Wasser und \Wind, Wolken und \Wind; \Wind und Wetter ausgesetzt den Unbilden des Wetters ausgesetzt ● \Winde abgehen lassen Blähungen; ein leichter \Wind ist aufgekommen, hat sich aufgemacht; das Wild hat \Wind bekommen hat den Jäger gewittert; er hat \Wind davon bekommen 〈fig.; umg.〉 er hat etwas darüber gehört, davon erfahren; der \Wind bläst, braust, heult, pfeift, weht; der \Wind dreht sich, nimmt zu, lässt nach, nimmt ab, springt um; mach nicht so viel \Wind! 〈fig.; umg.〉 mach dich nicht so wichtig, gib nicht so an; wer \Wind sät, wird Sturm ernten 〈Sprichw.〉 wer eine kleine Schlechtigkeit begeht, wird durch ein größeres Übel bestrafteisiger, frischer, kalter, kühler, lauer, scharfer, warmer \Wind; frischen \Wind in eine Abteilung, Gesellschaft bringen 〈fig.〉 neuen Schwung; auf günstigen \Wind warten (beim Segeln); der Jäger hat guten, schlechten \Wind der J. steht so, dass das Wild ihn nicht wittern bzw. ihn wittern kann; leichter, sanfter, starker \Wind; hier weht ein scharfer \Wind 〈fig.〉 der Umgangston ist scharf, streng, hier herrscht strenge Disziplin ● jmdm. den \Wind aus den Segeln nehmen 〈fig.〉 jmds. Absicht vereiteln; jmdm. den Vorteil nehmen; jmdm. so entgegnen, dass er nichts mehr sagen kann; bei \Wind und Wetter bei jedem Wetter; 〈bes.〉 bei schlechtem Wetter; daher weht der \Wind! 〈fig.; umg.〉 so war es also gemeint!; durch den \Wind sein 〈umg.〉 zerstreut, leicht verwirrt sein; gegen den \Wind fahren, gehen, laufen, fliegen; in den \Wind reden 〈fig.〉 reden, ohne beachtet zu werden, ohne dass Rede od. Rat befolgt werden; eine Warnung in den \Wind schlagen 〈fig.〉 unbeachtet lassen; die Familie ist in alle \Winde zerstreut 〈fig.〉 jedes Familienmitglied wohnt in einem anderen Ort od. in einem anderen Land; die Fahne nach dem \Wind drehen 〈fig.; umg.〉 seine Meinung ändern, so wie es für die augenblickl. Lage am günstigsten ist; sich den \Wind um die Nase, Ohren wehen lassen 〈fig.; umg.〉 Lebenserfahrung gewinnen, etwas erleben; er kann laufen wie der \Wind 〈fig.〉 sehr schnell; und wie der \Wind war er fort 〈fig.〉 sehr schnell; merken, woher der \Wind weht 〈fig.; umg.〉 merken, was zu geschehen droht; wissen, woher der \Wind weht wissen, was los ist, was geschieht [<mhd. wint <ahd. wind <got. winds <lat. ventus „Wind“ <idg. *ue- „blasen“; → wehen]

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wịnd <indekl. Adj.> [viell. zu landsch. veraltet Winde, mhd. winde = Schmerz]:
in der Fügung w. und weh (südwestd., schweiz.; höchst unbehaglich, elend: bei dem Gedanken wird ihm w. und weh).

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I
Wind,
 
1) Hüttentechnik: die unter erhöhtem Druck zugeführte Luft (Blaswind) zum Betrieb metallurgischer Öfen.
 
 2) Meteorologie: Luftbewegung relativ zur Erdoberfläche, im Wesentlichen in horizontaler Richtung; Wetter- und Klimaelement; wird zur Unterscheidung von Relativwind wie dem Fahrtwind auch als »wahrer Wind« bezeichnet. Durch Windmesser ermittelt, erfolgen die Richtungsangabe, aus der der Wind kommt, in Grad (O = 90º, S = 180º, W = 270º, N = 360º) und die Geschwindigkeitsangabe in Meter pro Sekunde (m/s). Bei Schätzungen dagegen wird die Richtung in Strichen der Windrose, die Windstärke in Grad Beaufort angegeben. Wind entsteht als Folge des Ausgleichs von Luftdruckunterschieden in der Atmosphäre, v. a. durch ungleichmäßige Erwärmung der Erdoberfläche durch die Sonneneinstrahlung. Die Luft strömt jedoch nicht in Richtung des Druckgefälles, sie wird infolge der ablenkenden Kraft der Erdrotation (Coriolis-Kraft) auf der Nordhalbkugel nach rechts abgelenkt und bewegt sich in der freien Atmosphäre parallel zu den Isobaren, den Linien gleichen Luftdrucks (geostrophischer Wind). In Bodennähe bewirkt die Reibung an der Erdoberfläche, dass der Wind (Bodenwind) nicht isobarenparallel, sondern aus einem Hochdruckgebiet heraus- und in ein Tiefdruckgebiet hineinweht. In der unteren bodennahen Schicht (Prandtl-Schicht, bis etwa 100 m Höhe) bleibt die Windrichtung nahezu gleich, in der oberen (Ekman-Schicht, bis etwa 1 000 m Höhe) dreht der Wind (auf der Nordhalbkugel) nach rechts (Ekman-Spirale), wobei seine Geschwindigkeit mit der Höhe zunimmt. Infolge der Ablenkung nach rechts auf der Nordhalbkugel umströmen die Winde ein Hochdruckgebiet im Uhrzeigersinn, ein Tiefdruckgebiet entgegen dem Uhrzeigersinn (auf der Südhalbkugel umgekehrt). Der Winkel zwischen Isobaren und Windvektor (Windrichtung) hängt von der Rauigkeit der Geländeoberfläche ab; er beträgt über See 0º bis 10º, über Land zwischen 30º und 45º. Folge der Veränderungen der Windgeschwindigkeiten und -Richtungen mit der Höhe, aber auch von horizontalen Temperaturunterschieden, die das Druckgefälle und dadurch den Wind mit der Höhe beeinflussen (barometrische Höhenformel), ist die vertikale Änderung des Winds oder Windscherung, die Turbulenz, erzeugt. Die durch großräumige Luftdruckgradienten verursachten planetarischen Winde (Zirkulation der Atmosphäre) transportieren Wärme und Wasserdampf aus äquatorialen in polare Breiten. Auch die Sensibilität der Atmosphäre ist vom Wind abhängig; so ist in den mittleren Breiten die Niederschlagswahrscheinlichkeit bei Ostwind etwas geringer als bei Westwind. In Gegenden geringer Luftdruckgegensätze und hoher Einstrahlung, wie in Hochdruckgebieten oder in den Tropen, sind die lokalen Winde (Land- und Seewind, Berg- und Talwind, Bora, Föhn, Mistral u. a.) von besonderer Bedeutung für das Wetter. (Bodenwind, Höhenwind)
 
In der gesamten Atmosphäre übertrifft im Mittel die horizontale Komponente des Winds mit einigen m/s die vertikale erheblich, die über einem größeren Gebiet durchschnittlich nur cm/s erreicht. Kleinräumig kann der Aufwind, z. B. in einer Gewitterwolke, bis 50 m/s betragen. Höchste Windgeschwindigkeiten in Bodennähe mit Mittelwerten um 25 m/s treten am Rand der Antarktis auf (katabatischer Wind). In der freien Atmosphäre werden im Bereich der Jetstreams 60 m/s häufig überschritten.
 
Über die Nutzung des Winds zur Erzeugung elektrischer Energie Windkraftwerk.
 
Auf Pflanzen wirkt der Wind unmittelbar ein bei der Bestäubung von Windblütern und in der Samenverbreitung. Größere Früchte und Samen haben zur besseren Flugfähigkeit oft flügelartige Verbreiterungen (Ahorn, Kiefer) oder haar- und federartige Anhängsel (Weide, Löwenzahn). Bei Sturmstärke kommt es zu Windbruch. Äste, Zweige und Kronenspitzen von Holzgewächsen, die ständig oder häufig Wind aus einer Richtung ausgesetzt sind, zeigen in die Richtung, in die der Wind weht. Kronendeformation der Bäume entsteht durch starke Windeinwirkung (Windschur). Durch Förderung der Transpiration verändert der Wind stark die Wasserbindung der Pflanzen; hierbei kann es besonders im Winter zu Vertrocknungsschäden (Frosttrocknis) kommen.
 
Bei Tieren beeinflusst die Windwirkung häufig die Orientierungsweise (Anemotaxis). Manche Vögel und Säuger verharren in Ruhestellung mit dem Kopf gegen den Wind; Wanderheuschrecken z. B. fliegen immer gegen den Wind, manche Käfer und Pflanzensauger mit dem Wind. Viele Vögel nutzen Aufwind zum Segelflug aus, andere können durch Wind passiv getragen werden und gehören daher oft zu den ersten Besiedlern neu entstandener Inseln. Viele kleine Tiere werden vom Wind passiv verbreitet; manche, die auf eine solche Verdriftung angewiesen sind, bilden dafür besondere Hilfsstrukturen aus; z. B. besitzen die Eiräupchen des Schwammspinners lange Haare, die es ermöglichen, in der Luft zu schweben; oder es werden Spinnfäden als Transportmittel benutzt, so bei jungen Spinnen (»Altweibersommer«), bei ungeflügelten Blattläusen (Wachsfäden) oder manchen Raupen. Leicht schwebende Organismen können vom Wind bis in über 4 000 m Höhe und 1 000 km weit getragen werden; man bezeichnet sie in ihrer Gesamtheit als Luftplankton.
 
Für die Gestaltung der Erdoberfläche ist der Wind besonders in Wüsten u. a. Trockengebieten der Erde (auch in den Periglazialgebieten der Eiszeiten) von erheblicher Bedeutung, sowohl bei der Abtragung (Winderosion: Bodenerosion, Deflation, Korrasion, Pilzfelsen, Windkanter, Yardang) als auch bei der Ablagerung (Dünen, Flugsand, Löss). Verwitterung, Wüste
 
 
Literatur:
 
H. Schamp: Die W. der Erde u. ihre Namen (1964);
 R. Greeley u. J. D. Iversen: W. as a geological process on earth, Mars, Venus and Titan (Cambridge 1985);
 X. Fielding: Das Buch der W. (a. d. Engl., 1988).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Atmosphäre: Aufbau, Zusammensetzung, Energiehaushalt
 
 
 3) Musik: bei der Orgel Bezeichnung für verdichtete Luft von konstantem Druck (Windlade).
 
II
Wịnd,
 
Edgar, Kunsthistoriker, * Berlin 14. 5. 1900, ✝ London 12. 9. 1971; studierte Altertumswissenschaft, Geschichte, Philosophie und Kunstgeschichte (A. Goldschmidt, E. Cassirer, E. Panofsky). Nach Aufenthalten in Berlin, den USA (1924) und Hamburg (1927 Begegnung mit A. Warburg, 1930-33 Privatdozent) emigrierte er 1933 nach London, wo er am Warburg Institute tätig war (Mitbegründer des »Journal of the Warburg Institute«). Nach einem weiteren USA-Aufenthalt wurde er 1955 Professor in Oxford.
 
Werke: Pagan mysteries in the Renaissance (1958, erweitert 1967; deutsch Heidnische Mysterien in der Renaissance); Art and anarchy (1963, erweitert 1968; deutsch Kunst und Anarchie); Giorgione's »Tempesta« (1969); The eloquence of symbols (herausgegeben 1983); Hume and the heroic portrait (herausgegeben 1986).

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Wịnd, der; -[e]s, -e [mhd. wint, ahd. wind, verw. mit ↑wehen u. eigtl. = der Wehende]: 1. spürbar stärker bewegte Luft im Freien: ein sanfter, lauer, warmer, frischer, stürmischer, heftiger, starker, böiger, kalter, eisiger, schneidender W.; günstige, ungünstige, widrige -e; auffrischende -e aus Ost; W. und Wetter; ein leichter W. erhob sich, kam auf, wehte, kam von Osten; der W. bläst, pfeift, braust, weht ums Haus; der W. dreht sich, schlägt um, legt sich, flaut ab, hat aufgehört; der W. brachte Regen, blähte die Segel, zerrte an ihren Kleidern; der heiße trockene W. strich über sein Gesicht; Scharfer W. beugte die Pappeln (Springer, Was 98); Der W. kann hier die Humusschicht ungehindert abtragen (Gruhl, Planet 87); Weiter oben sirrte der W., in einem sehr hohen Ton, der fast den Ohren wehtat (Handke, Frau 103); beim Gehen den W. im Rücken haben; den W., die Kräfte des -es für etw. nutzen; der Jäger hat schlechten, guten W. (Jägerspr.; steht so, dass das Wild Witterung, keine Witterung von ihm bekommt); auf günstigen W. warten; gegen den W. ankämpfen; in der zweiten Halbzeit spielte die Mannschaft mit dem W., hatte die Mannschaft den W. im Rücken (wehte der Wind in Richtung des Gegners, des gegnerischen Tors); (Seemannsspr., bes. Segeln:) [hart] am W., gegen den W., mit halbem, vollem W., vor dem W. segeln; R daher weht [also] der W. (so verhält es sich also unerfreulicherweise); Spr wer W. sät, wird Sturm ernten (wer etw. Böses tut, wird durch ein weit größeres Übel bestraft; nach Hosea 8, 7 ); Ü seine Erzählungen sind nicht ernst zu nehmen, das ist alles nur W.; ein glücklicher W. (Umstand) habe sie an den Rand von Rom getrieben (Loest, Pistole 103); Der Juni-Aufstand in Posen hat bestimmt seine Nachwirkungen. Wir könnten's gerade schaffen, ehe der W. umschlägt (die Umstände ungünstig werden; Bieler, Bär 333); *[schnell] wie der W. (↑Blitz 1); irgendwo weht [jetzt] ein anderer, scharfer, schärferer o. ä. W.; der W. pfeift [jetzt] aus einem anderen Loch (ugs.; irgendwo werden [jetzt] andere, strengere o. ä. Methoden angewandt, Maßstäbe angelegt): seit der neue Chef da ist, weht in der Firma ein anderer W.; wissen/erkennen/spüren/merken o. Ä., woher der W. weht (ugs.; wissen, merken, wie sich etw. unerfreulicherweise wirklich verhält); [in den beiden folgenden Wendungen steht »Wind« als Bild für das Ungreifbare, Leere:] W. machen (ugs.; sehr übertreiben; angeben): Mit diesem Extrablatt ließ sich schon W. machen (Muschg, Gegenzauber 253); viel W. um etw. machen (ugs.; viel Aufhebens von etw. machen; etw. sehr aufbauschen); W. von etw. bekommen/kriegen/haben (ugs.; von etw., was eigentlich unbemerkt bleiben, nicht bekannt werden sollte, auf irgendeine Weise doch Kenntnis erhalten; aus der Jägerspr., Wind = Witterung): Die Kripo hatte schon vor geraumer Zeit von der Existenz des Spielclubs W. bekommen (MM 20. 5. 75, 17); Wie hatte Lehnau davon W. gekriegt? (Springer, Was 135); jmdm. den W. aus den Segeln nehmen (ugs.; jmdm. den Grund für sein Vorgehen, die Voraussetzungen für seine Argumente nehmen; aus der Seemannsspr., v. a. bei Seegefechten kam es früher darauf an, durch geschickte Manöver das gegnerische Schiff in den Windschatten zu bringen); sich <Dativ> den W. um die Nase wehen, um die Ohren wehen/pfeifen lassen (ugs.; sich in der Welt umsehen; das Leben kennen lernen); bei/in W. und Wetter (bei jedem, auch bei schlechtestem Wetter): er ist bei W. und Wetter draußen bei seinen Tieren; Der Mantel ist sehr praktisch und wird in jedem W. und Wetter gute Dienste leisten (Schädlich, Nähe 107); gegen den W., mit dem W. segeln (sich der herrschenden Meinung widersetzen, anschließen; sich [nicht] anpassen); [»Wind« steht in den drei folgenden Wendungen als Bild für Leere, Vergeblichkeit, Verlust, auch als Ausdruck der Geringschätzigkeit, die einer Sache gegenüber deutlich wird:] etw. in den W. schlagen (dem [gut gemeinten] Rat eines andern keine Beachtung schenken): er hat alle Warnungen, Ratschläge des Freundes in den Wind geschlagen; ein so arger Theoretiker war er nun doch nicht, dass er alle Erfahrung in den W. geschlagen hätte (Loest, Pistole 52); in den W. reden/sprechen (mit seinen Worten kein Gehör finden): Doch alle Resolutionen und Appelle waren in den W. gesprochen (Berliner Zeitung 25. 3. 78, 11); etw. in den W. schreiben (ugs.; ↑Schornstein): das Geld kannst du in den W. schreiben, er hat seine Schulden noch nie bezahlt; Jetzt konnte er den Frühschoppen in den W. schreiben (Bieler, Bär 162); in alle -e (überallhin, in alle Himmelsrichtungen): die Geschwister sind in alle -e zerstreut. 2. a) (bei der Orgel) durch ein elektrisches Gebläse od. einen Blasebalg in Bewegung versetzte Luft, die den Pfeifen zugeführt wird; b) (Hüttenw.) bei bestimmten Prozessen (z. B. der Eisengewinnung im Hochofen) zugeführte, meist vorgewärmte und mit Sauerstoff angereicherte Luft. 3. kurz für ↑Darmwind.

Universal-Lexikon. 2012.