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Gesang
Choral

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Ge|sang [gə'zaŋ], der; -[e]s, Gesänge [gə'zɛŋə]:
1. <ohne Plural> das Singen:
froher Gesang ertönte; der Gesang der Vögel.
Zus.: Chorgesang, Sologesang, Sprechgesang.
2. das Gesungene in seiner charakteristischen Form; etwas zum Singen Bestimmtes:
geistliche, weltliche Gesänge.
Zus.: Chorgesang, Lobgesang.

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Ge|sạng 〈m. 1u
I 〈unz.〉
1. das Singen
2. Singen als Unterrichtsfach
3. Vortrag eines Liedes
4. 〈poet.〉 das Tönen, Klingen
5. Hervorbringen von Tönen u. rhythmischen Lauten bei Tieren
● der \Gesang der Geige 〈poet.〉; \Gesang der Vögel; singe, wem \Gesang gegeben (Uhland); \Gesang studieren; Unterricht in \Gesang geben, haben, nehmen; er hat in \Gesang eine Drei
II 〈zählb.〉
1. Gedicht, Lied, Preislied (Helden\Gesang, Lob\Gesang, Preis\Gesang)
2. Abschnitt, Kapitel eines Versepos
● erster, zweiter \Gesang der Ilias; die Gesänge der Schwarzen; geistliche Gesänge; der Gesang der Zikaden Kirchenlieder
[→ Sang]

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Ge|sạng , der; -[e]s, Gesänge [mhd. gesanc, ahd. gisang, zu Sang]:
1. <o. Pl.>
a) das Singen des Menschen:
jmds. G. [auf dem Klavier] begleiten;
sie zogen mit/(veraltend:) unter G. durch die Straßen;
sie will G. (Singen als künstlerisches Unterrichtsfach) studieren;
Ü (dichter.:) der G. des Windes;
b) Gesamtheit der klingenden od. rhythmischen Lautäußerungen bestimmter Tiere:
der G. der Vögel, Zikaden.
2. das Gesungene in seiner charakteristischen Form; etw. zum Singen Bestimmtes; Lied:
geistliche, weltliche Gesänge (Lieder);
gregorianischer G. (einstimmiger, rhythmisch freier, unbegleiteter liturgischer Gesang der katholischen Kirche; gregorianischer Choral; benannt nach Papst Gregor I., um 540–604).
3.
a) <o. Pl.> (dichter. veraltet) das Dichten; Dichtkunst;
b) (Literaturwiss.) Abschnitt einer Versdichtung; Unterteilung des Epos.

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Gesang,
 
1) Literatur: längerer Abschnitt in Versdichtungen, z. B. in F. G. Klopstocks Epos »Der Messias« (1748-73, 20 Gesänge).
 
 2) Musik: Bezeichnung sowohl für die Tätigkeit des Singens wie auch für eine abgeschlossene und wiederholbare musikalische Einheit (Gesangsstück, Lied). Gesang kann sowohl von mehreren Singenden gemeinsam (Chorgesang) als auch von einem Einzelnen (Sologesang) ausgeübt werden. In der Regel ist Gesang an Worte oder Texte mit deutlich geprägtem Sinnzusammenhang gebunden; es ist aber auch möglich, auf für sich genommen sinnleere Laute oder Silben zu singen (Jodeln, Vokalise, Scat). Geschichtsepochen, Völker und Kulturen sowie soziale Schichten haben verschiedene Vorstellungen und Praktiken des Singens; ebenso erfordern musikalische Gattungen und Formen jeweils besondere Weisen des Gesangs (z. B. Volks- oder Kunstlied, Belcantooper, Chanson). Von der Deklamation unterscheidet sich Gesang durch die Bevorzugung reproduzierbarer Tonhöhen und Intervalle, vielfach auch durch Einteilung der Melodie in rhythmische Werte von bestimmten Verhältnissen.
 
Gesang ist eine der ältesten kulturellen Leistungen des Menschen. Ob er älter ist als Instrumentalmusik, gilt als zweifelhaft. Jedoch wird Gesang als Arbeits-, Tanz- oder Kultgesang auch von denen ausgeführt, die unmittelbar in jenen Situationen tätig sind, während Instrumentalmusik in der Regel eigene spezialisierte Ausführende verlangt.
 
Der europäische Kunstgesang beginnt in der griechischen Antike. Ein Neuansatz im frühen Mittelalter ist die Pflege des gregorianischen Gesangs (u. a. auch in Sängerschulen) mit einer Entfaltung kunstreicher Melismen (Jubilus) und der Entwicklung von Notation und Mehrstimmigkeit (Organum). Ein zweiter Strang des Kunstgesangs ist der Vortrag volkssprachlicher Dichtung (häufiger Lyrik als Epik), u. a. durch Troubadours, Trouvères und Minnesänger (Minnesang), in Spätmittelalter und Frührenaissance mit Zentren an Höfen in der Provence und Italien (Trecento-Madrigal); eine bürgerliche Fortsetzung des Minnesangs war der Meistersang. Die neuzeitliche Gesangskunst entfaltete sich im Spannungsverhältnis von schriftlich festgelegter Komposition und Aufführung, von Werk und Vortrag: Im Augenblick des Erklingens ergänzt der Sänger den Notentext durch Abwandlungen der Melodie, Verzierungen u. Ä. und deutet den Gehalt subjektiv aus. Dabei verlagert sich der Schwerpunkt der Gesangskunst historisch immer mehr von improvisatorischer Hinzufügung zu werkgebundener schöpferischer, ausdrucksvoller Interpretation.
 
Eine neue Entwicklung in der Gesangskunst brachte die von Italien seit etwa 1600 ausgehende Ausbreitung der Oper (Monodie, Arie). Hier wie in den neuen Vokalgattungen Oratorium und Kantate wurde der Widerspruch zwischen enger Bindung an Wort und Sinn und verselbstständigter Entfaltung des Gesangs (Belcanto, Koloratur) wirksam; dazu zählt u. a. die Differenzierung von Rezitativ und Arie. Im Kastratenwesen der höfischen Oper im 17./18. Jahrhundert erreichte die Künstlichkeit des Gesangs einen extremen Höhepunkt, der dann das Ideal der »Natürlichkeit« in Spätaufklärung und Klassik folgte. Neue Anforderungen (lyrische Vertiefung, Genauigkeit in Textdeklamation und Ausdrucksdeutung) stellte das deutschsprachige Kunstlied seit Beginn des 19. Jahrhunderts (F. Schubert, R. Schumann, J. Brahms). Ein weiterer Traditionsstrang von Kunstgesang und Gesangskunst ist der dem Ideal der Leichtigkeit verpflichtete Vortrag des französischen Chansons und Couplets, der bis in die Gegenwart weiterlebt.
 
In der Neuen Musik des 20. Jahrhunderts wurde die Vielfalt der Gesangsformen erweitert und das Spektrum von Typen zwischen Sprechen und Singen stark differenziert: Sprechgesang, Singen mit nur angedeuteten Tonhöhen bei festen rhythmischen Werten u. a. (A. Berg, Oper »Wozzeck«, 1925; A. Honegger, Oratorium »Johanna auf dem Scheiterhaufen«, 1938). Die Musik nach 1950 verzichtet zugunsten eines unmittelbaren Affektausdrucks oft auf Worte und Textzusammenhänge und verwendet Sprach- und Lautelemente primär als Klänge (B. Blacher, »Abstrakte Oper Nummer 1«, 1953; G. Ligeti, »Aventures«, 1962-65; D. Schnebel, »Maulwerke«, 1968-74). Auch in der angloamerikanischen Pop- und Rockmusik werden unter dem Einfluss von afroamerikanischem Blues und Jazz unstilisierte Ausdruckswerte des Gesangs betont verwendet.
 
Literatur:
 
J. Stockhausen: G.-Methode (1884);
 H. Goldschmidt: Die ital. G.-Methode des 17. Jh.. .. (21892, Nachdr. Leipzig 1978);
 W. J. Henderson: Early history of singing (New York 1921, Nachdr. ebd. 1969);
 E. Ross: Dt. u. ital. G.-Methode,. .. (1928);
 F. Herzfeld: Magie der Stimme (1961);
 F. Martiensen-Lohmann: Der wissende Sänger (Zürich 21963);
 W. Rosenberg: Die Krise der G.-Kunst (1968);
 S. Prosser-Bitterlich: G.-Schule (1979);
 D. Fischer-Dieskau: Töne sprechen, Worte klingen. Zur Gesch. u. Interpretation des G. (1985);
 R. Brünner: Gesangstechnik (21993).
 
 3) Zoologie: Bezeichnung für tierische Lautäußerungen, die eine bestimmte Zeit andauern und einen komplexen Aufbau aufweisen, der entweder durch eine bestimmte Abfolge verschiedener Töne oder durch eine bestimmte zeitliche Abfolge des gleichen Tones charakterisiert ist. Gesang kommt v. a. bei Vögeln vor (wobei in der Regel durch Pausen getrennte, aus Motiven bestehende Strophen unterschieden werden) sowie u. a. bei Insekten (Zikaden, Grillen), Amphibien (Unken, Frösche), Säugetieren (Kojoten, Brüllaffen). Funktion des Gesangs ist z. B. die Revierabgrenzung oder -verteidigung, Drohverhalten sowie häufig das Anlocken des Geschlechtspartners (meist des Weibchens, da in der Regel nur die Männchen singen).
 

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Ge|sạng, der; -[e]s, Gesänge [mhd. gesanc, ahd. gisang, zu ↑Sang]: 1. <o. Pl.> a) das Singen des Menschen: wobei eine von ihnen (= den Mädchen) den G. auf der Mandoline begleitete (Hildesheimer, Legenden 79); sie zogen mit/(veraltend:) unter G. durch die Straßen; sie will G. (Singen als künstlerisches Unterrichtsfach) studieren; Ü (dichter.:) der G. des Windes; Aber statt ... mit Krachen erging sich der nachfolgende Donner in einem gewaltigen G. (Döblin, Märchen 39); b) klingende od. rhythmische Lautäußerungen bestimmter Tiere: der G. der Vögel, Zikaden. 2. das Gesungene in seiner charakteristischen Form, etw. zum Singen Bestimmtes, Lied: geistliche, weltliche Gesänge (Lieder); Sie (= die Kalifen in Spanien) hinterließen ... den langen arabischen G., den man zuweilen ... in einer Schenke der Altstadt hört (Koeppen, Rußland 9); Und sie fuhren fort in den trunkenen Gesängen des Mysterienspiels (Th. Mann, Tod 89); Die Burschen ... führten ihn (= den Zahlmeister) unter Gesängen durchs Zimmer (Gaiser, Jagd 112); *gregorianischer G. (einstimmiger, rhythmisch freier, unbegleiteter liturgischer Gesang der kath. Kirche, gregorianischer Choral; benannt nach Papst Gregor I., um 540-604). 3. a) <o. Pl.> (dichter. veraltet) das Dichten, Dichtkunst; b) (Literaturw.) Abschnitt einer Versdichtung; Unterteilung des Epos: der letzte G. von Homers „Ilias“.

Universal-Lexikon. 2012.