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Turm
Turm [tʊrm], der; -[e]s, Türme ['tʏrmə]:
1. frei stehendes oder als Teil eines Gebäudes existierendes, hoch aufragendes Bauwerk, bei dem besonders der obere Teil bestimmten Zwecken dient:
der Turm der Kirche; ein Turm mit Aussichtsplattform; einen Turm besteigen.
Zus.: Aussichtsturm, Bohrturm, Glockenturm, Kirchturm, Kontrollturm, Kühlturm, Wachtturm, Wasserturm.
2. Figur im Schachspiel, die beliebig weit gerade zieht.

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Tụrm 〈m. 1u
1. oberer, schmaler, emporragender Teil von Gebäuden, z. B. an Kirchen, Rathäusern, Festungen, Burgen (Kirch\Turm)
2. alleinstehendes, hohes, schmales Bauwerk (Aussichts\Turm)
3. 〈früher kurz für〉 Schuldturm, Schuldgefängnis
4. 〈Schwimmsp.〉 Gerüst für das Kunstspringen
5. Figur des Schachspiels in Form eines Turmes
● in der Ferne kann man schon die Türme der Stadt erkennen, sehen; einen \Turm besteigen; jmdn. in den \Turm werfen (lassen) 〈früher〉 einsperren (lassen); vom \Turm springen 〈Schwimmsp.〉 [<mhd., mnddt. torn, turn <spätahd. torn <lat. turrem, Akk. zu turris „Turm“]

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Tụrm , der; -[e]s, Türme [mhd. turn, turm, spätahd., torn, über das Afrz. < lat. turris]:
1.
a) hoch aufragendes, auf verhältnismäßig kleiner Grundfläche stehendes Bauwerk, das oft Teil eines größeren Bauwerks ist:
der T. einer Kirche;
ein frei stehender T.;
einen T. besteigen;
auf einen T. steigen;
eine Kathedrale mit zwei gotischen Türmen;
Ü auf ihrem Schreibtisch stapeln sich Akten zu Türmen;
elfenbeinerner T. (bildungsspr.; Elfenbeinturm);
b) (früher) Schuldturm; Hungerturm; in einem Turm gelegenes Verlies, Gefängnis:
jmdn. in den T. werfen, stecken.
2. Schachfigur, die (beliebig weit) gerade zieht.
3. (Fachspr.) frei stehende Felsnadel.
4. Geschützturm:
der T. eines Panzers.
5. turmartiger Aufbau eines Unterseebootes.
6. Kurzf. von Sprungturm.
7. (Technik) senkrechter Teil eines Turmdrehkrans, in dem sich das Führerhaus befindet u. an dem der Ausleger befestigt ist.
8. Kurzf. von Stereoturm.

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Turm
 
[mittelhochdeutsch turn, turm, über das Altfranzösische von lateinisch turris],
 
 1) Bautechnik: hohes Bauwerk, dessen Grundfläche im Verhältnis zur Höhe gering ist und in dem es im Unterschied zum Hochhaus in der Regel keine Wohn- oder Gewerberäume gibt. Die meisten Türme dienen technischen Zwecken, z. B. als Fernmeldeturm (Funkturm), Förderturm, Kühlturm, Leuchtturm, Bohrturm oder Wasserturm, aber auch als Aussichtsturm oder als Bestandteil militärischer Anlagen (Wachturm, Festungsturm). In vielen Religionen haben Türme (z. B. Kirchturm, Glockenturm) durch ihre aufstrebende Form eine symbolische Bedeutung für die Bindung zwischen Himmel und Erde beziehungsweise zwischen Gott und Mensch.
 
Frühere Türme bestanden v. a. aus Holz oder Mauerwerk, heute haben Stahl und Stahlbeton Höhen von einigen Hundert Metern ermöglicht. Die durch Wind, aber auch durch Sonneneinstrahlung infolge einseitiger Erwärmung hervorgerufenen horizontalen Verschiebungen können bis zu 0,3 m betragen, die bei der geringen Schwingfrequenz (bei Wind) von 0,1 bis 0,5 Hz von den sich auf dem Turm aufhaltenden Menschen nicht wahrgenommen werden. Für die Fundamentierung hoher Stahlbetontürme haben sich vorgespannte Ringfundamente bewährt, deren Durchmesser je nach Bodenverhältnissen, Kopfaufbauten und Antennenplattformen nur noch etwa ein Zehntel der Höhe des Turms beträgt.
 
Geschichte:
 
Als ältester Turm kann der einst 13,5 m hohe, runde Wachturm von Jericho gelten (um 7000 v. Chr.), Teil der Stadtmauer. Die Bibel berichtet vom aus Hybris errichteten Babylonischen Turm, es handelt sich dabei offensichtlich um einen der in Mesopotamien verbreiteten Tempelturm (Zikkurat). Aus der griechischen Antike sind Türme fast unbekannt, mit Ausnahme v. a. von Signal- und Leuchttürmen (Leuchtturm von Pharos, um 279 v. Chr. vollendet, eines der sieben Weltwunder). Das Lysikratesmonument (334 v. Chr.) in Athen reduziert die Tholos auf eine Turmform. Aus hellenistischer Zeit (1. Jahrhundert v. Chr.) stammt das Athener Gebäude für eine Wasseruhr (Turm der Winde). Auch Mausoleen hatten zum Teil T. Turmgestalt, z. B. römische Grabbauten (Grabmal). Die Aurelianische Mauer von Rom (272 ff.) erhielt über 300 Türme. Byzantinischer Baumeister folgten dieser Bauweise (z. B. Konstantinopel, Diyarbakɪr). Turmbauten flankierten die Tore römischer Kastelle, zum Teil war die Ummauerung auch mit weiteren Türmen verstärkt (z. B. in Köln-Deutz mit Rundturm). Zum Befestigungssystem des römischen Limes gehörten hölzerne und steinerne Wach- und Beobachtungstürme. Auch römische Stadttore konnten Türme erhalten.
 
Mit den Campanile des ravennatischen Kirchenbaus (6. Jahrhundert) beginnt die bis in die Gegenwart reichende Geschichte des Kirchturms als Glockenturm, aber auch als symbolische, überhöhende Architekturform. Bezeichnend für den mittelalterlichen Kirchenbau nördlich der Alpen seit karolingischer Zeit ist die Ausbildung von Turmgruppen. Vierungs- und Treppentürme sowie die Staffelung des Westwerks bis zur Ausbildung der Doppelturmfassade sind bezeichnend für die romanische Epoche. Die für die früh- und hochmittelalterliche Sakralarchitektur nördlich der Alpen kennzeichnende Vieltürmigkeit blieb bis in das 13. Jahrhundert erhalten. Die in Frankreich entwickelte und nördlich der Alpen schon im frühen 11. Jahrhundert (Basel, Trier) aufgegriffene Doppelturmfassade blieb in der Kathedralbaukunst gebräuchlich bis in die Spätgotik. Im deutschen Kirchenbau wurde seit dem 14. Jahrhundert die Einturmfassade bevorzugt, die im 15. Jahrhundert auch im Kathedralbau zur Geltung kam (z. B. Freiburger Münster).
 
In der Festungsbaukunst des Mittelalters hatte der Turm eine zentrale Funktion. Als Bergfried oder Donjon war er Kern der Verteidigungsanlage, die weitere Türme (v. a. Eck- und Tortürme) besaß. Auch die Stadtmauern und -tore wurden mit Türmen verstärkt oder überhöht. Brückentürme wurden besonders auch zur Einziehung von Zoll errichtet. In mittelalterlichen Städten Umbriens, der Toskana und Liguriens wuchsen die Stadtburgen des Patriziats zu Türmen empor (Geschlechterturm). Mit dem Einsatz mauerbrechender Feuerwaffen verlor der Turm im Festungsbauwesen seine Bedeutung.
 
Seit dem späten Mittelalter waren in wohlhabenden Kaufmanns- und Handelsstädten Rathaustürme, Glockentürme (Belfried) und Uhrtürme Ausdruck bürgerlichen Selbstbewusstseins.
 
In der Schlossbaukunst des späten Mittelalters und der Renaissance hatten Treppentürme neben ihrem eigentlichen Nutzen auch eine ästhetische Funktion in der Gliederung des Baukörpers. In der Sakralarchitektur des Barock war der Turm weiterhin bedeutendes Bauglied, während er in der Profanarchitektur kaum eine Rolle spielte.
 
Mit der Entwicklung der Technik und Industrie im 19. Jahrhundert bekam der Turmbau neue Aufgaben als Wasserturm, Aussichtsturm (Eiffelturm in Paris, 1885-89), Förderturm (Malakoffturm). Als neuer Typ trat im späten 19. Jahrhundert der Denkmalturm hinzu (»Bismarcktürme«). Turmbauten mit Memorialcharakter leben im 20. Jahrhundert weiter (Hochzeitsturm in Darmstadt von J. M. Olbrich; Einstein-Turm in Potsdam von E. Mendelsohn). Mit den neuen Baustoffen (Stahlbeton) verwischen sich die Grenzen zwischen Turmbau und Hochhausbau (Hochhaus), mit dem Fernsehturm entstand eine neue Turmform. - Turmähnliche außereuropäische Bauten sind das Minarett im islamischen Bereich, der indischen Stupa und seine zahlreichen Abwandlungen, einschließlich der Pagode in Ostasien, ferner die zum Teil hohen Versammlungshallen der großen Tempelanlagen in Indien, Kambodscha und Thailand sowie Tortürme (Gopura).
 
 2) Schach: Abkürzung T, Schachfigur, die sich gradlinig (parallel zu den Seiten des Brettes) in alle Richtungen beliebig weit bewegen kann.

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Tụrm, der; -[e]s, Türme [mhd. turn, turm, spätahd., torn, über das Afrz. < lat. turris]: 1. a) hoch aufragendes, auf verhältnismäßig kleiner Grundfläche stehendes Bauwerk, das oft Teil eines größeren Bauwerks ist: der T. einer Kirche; ein frei stehender T.; zwischen dem Laub der Kastanien ragt der grüne T. der Margaretenkirche auf (Remarque, Westen 119); Der T. endete in einer großen Plattform, von der man essend und trinkend in die Gegend hinabsah (Schröder, Wanderer 114); einen T. besteigen; auf einen T. steigen; eine Kathedrale mit zwei gotischen Türmen; Ü auf ihrem Schreibtisch stapeln sich Akten zu Türmen; Carnevale verfehlte ... knapp das Tor, danach wurde Torwart Müller zum T. in der Schlacht (Freie Presse 11. 11. 88, 4); *elfenbeinerner T. (bildungsspr.; ↑Elfenbeinturm);T. des Schweigens (↑Dakhma);b) (früher) Schuldturm; Hungerturm; in einem Turm gelegenes Verlies, Gefängnis: jmdn. in den T. werfen, stecken. 2. Schachfigur, die (beliebig weit) gerade zieht: Übrigens mogelt er beim Schachspiel. Er hat mir einen T. geklaut und es mit eiserner Stirn abgestritten (Fallada, Herr 181). 3. (Fachspr.) frei stehende Felsnadel. 4. Geschützturm: der T. eines Panzers; Es waren zwei Panzer, sie standen hinter dem Bahndamm, und der vorderste drehte jetzt langsam seinen T. auf ihn zu (Böll, Adam 48). 5. turmartiger Aufbau eines Unterseebootes: Er stand neben dem Kommandanten auf dem T. des Bootes (Menzel, Herren 98). 6. kurz für ↑Sprungturm. 7. (Technik) senkrechter Teil eines Turmdrehkrans, in dem sich das Führerhaus befindet u. an dem der Ausleger befestigt ist. 8. kurz für ↑Stereoturm.

Universal-Lexikon. 2012.