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Basel
Ba|sel:
schweizerische Stadt.

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Basel,
 
1) französisch Bâle [baːl], Hauptstadt des Kantons Basel-Stadt, zweitgrößte Stadt der Schweiz, 245-300 m über dem Meeresspiegel, 168 700 Einwohner, Agglomeration 402 400 Einwohner. Basel liegt im deutsch-französisch-schweizerischen »Dreiländereck«, beiderseits des Rheins, rechts Klein-Basel, links das höhergelegene Groß-Basel; beide Stadtteile sind durch fünf Brücken und vier Fähren miteinander verbunden. Dank seiner Lage am Südende des Oberrheinischen Tieflandes und an der Burgundischen Pforte sowie an dem von hier an für größere Schiffe befahrbaren Strom und als wichtiger Verkehrsknotenpunkt gehört Basel seit alters zu den wichtigsten Handelsplätzen Mitteleuropas (Börse).
 
Die Stadt ist Kulturzentrum mit Universität (gegründet 1460, die älteste der Schweiz mit der bedeutendsten Bibliothek des Landes), Musikakademie, Schweizerische Akademie der Medizinschen Wissenschaften, Schweizerisches Tropeninstitut, Biozentrum der Universität und Institut für Immunologie, Schweizerisches Wirtschaftsarchiv, zoologischer Garten, botanischer Garten, naturhistorische, ethnographische u. a. Museen (z. B. Antikenmuseum und Sammlung Ludwig; Kunstmuseum; Museum für Gegenwartskunst; Museum Jean Tinguely, Architekturmuseum, Historisches Museum mit Musikmuseum, Jüdisches Museum), mehreren Theatern und Bibliotheken.
 
Wirtschaft:
 
Basel ist nicht nur Handels- und Dienstleistungszentrum (Sitz der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, des Schweizerischen Seeschifffahrtsamtes; seit 1984 European World Trade and Congress Center; Ort zahlreiche Messen und Ausstellungen, z. B. der Schweizerischen Mustermesse), sondern auch eine der wichtigsten Industriestädte der Schweiz mit Nahrungsmittel-, Metall- und Textilindustrie (Seidenbandweberei) sowie grafischen Betrieben. Aus der Farbenindustrie entwickelte sich die chemisch-pharmazeutische Industrie.
 
Verkehr:
 
Mehr als die Hälfte der schweizerischen Ein- und Ausfuhr geht über Basel. Die Basler Rheinhäfen haben einen Güterumschlag von (1994) 8,21 Mio. t. Wegen der engen Raumverhältnisse im Kanton liegt der internationale Flughafen Basel-Mulhouse auf französischem Gebiet bei Blotzheim.
 
Stadtbild:
 
Auf dem Münsterberg über dem Rhein liegt das an der Stelle eines romanischen Vorgängerbaues (1006-19) 1185-1205 errichtete fünfschiffige Münster, nach dem Brand von 1258 und dem Erdbeben von 1356 gotisch verändert (1306-46 Kapellenreihen der Seitenschiffe, die das 4. und 5. Schiff bilden; 1356-63 Chorneubau). Die romanische Galluspforte am Nordquerhaus ist eines der ältesten Figurenportale im deutschsprachigen Raum (1185); bedeutend auch die spätromanischen Kapitelle im Langhaus und Chorumgang, das gotische Westportal des 13. Jahrhunderts mit den Stifterfiguren (Kaiser Heinrich II. und Kaiserin Kunigunde) und das reich geschnitzte Chorgestühl (1432). Ebenfalls auf dem Münsterhügel befindet sich die Martinskirche (1356-98 und bis Mitte 15. Jahrhundert), älteste Pfarrkirche der Stadt. Die Predigerkirche verfügt über einen frühgotischen Chor (1261-69), das dreischiffige Langhaus ist von 1356. Die ehemalige Barfüßerkirche (erste Hälfte 14. Jahrhundert) mit dem hochgotischen Chor war die monumentalste Franziskanerkirche der Schweiz, sie ist heute Teil des Historischen Museums von Basel. Die St.-Leonhards-Kirche ist eine spätgotische Hallenkirche (neben erhaltenen Teilen des 1356 zerstörten Vorgängerbaus im Wesentlichen 1356-88 und 1480 ff.) mit romanischer Hallenkrypta. Bemerkenswert auch die spätgotische Peterskirche (auf Vorgängerbauten des 9. Jahrhunderts, 14./15. Jahrhundert) und Saint Alban (ursprünglich 11. Jahrhundert, heutiger Bau 13./15. Jahrhundert mit Umbauten von 1845), die einschiffige Kirche des 1083 gegründete Kluniazenserklosters. In Klein-Basel befinden sich die Theodorskirche (ursprünglich 13. Jahrhundert, im Wesentlichen 14./15. Jahrhundert), Sankta Clara (14. und 19. Jahrhundert), Reste der ehemaligen Kartause Sankt Margarethental (15./16. Jahrhundert, seit 1669 Waisenhaus) und des Klosters Klingental. Die Elisabethkirche (1857-64) zählt zu den Inkunabeln der Neugotik in der Schweiz. Die Antoniuskirche (1925-27) ist ein Pionierwerk der Sichtbetonbauweise. Unter den Profanbauten ist v. a. das Rathaus (älteste Teile 1504-14) von kunsthistorischer Bedeutung, im Wesentlichen eine aus dem 16.-19. Jahrhundert stammende Baugruppe um einen Innenhof mit illusionistischer Fassadenmalerei (v. a. 1608/09); Ratssaal mit geschnitzter Decke (1512-14) und Tür (1595). Die linksrheinische Altstadt hat v. a. um den Münsterplatz, am Nadelberg, Heuberg und Spalenberg ihr seit dem Mittelalter gewachsenes Bild bewahrt, dasselbe gilt für drei der fünf in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts in den Mauerring einbezogenen Vorstädte (St.-Alban-, Spalen-, St.-Johann-Vorstadt) sowie für die rechtsrheinische Rheingasse. Die Hauptgeschäfts- und Verkehrsstraßen erhielten ihr Gesicht dagegen überwiegend bei Korrekturmaßnahmen des 19./20. Jahrhunderts. Die jüngeren, ab 1860 entstandenen Quartiere werden besonders durch Blockrandbebauung geprägt, wobei zunächst Einfamilienreihenhäuser mit reichlichen Grünflächen entstanden, seit Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend Miethausblocks. Herausragende Profanbauten: Spalentor (Ende 14. und Ende 15. Jahrhundert), Geltenzunft, Spießhof (16. Jahrhundert), Ramsteinerhof, Markgräflerhof, Weißes und Blaues Haus, Wildt'sches Haus, Sandgrube, Zum Kirschgarten, Zum Raben (18. Jahrhundert), Lesegesellschaft, Domhof, Naturhistorisches Museum, Hauptpost, Rathauserweiterung (19. Jahrhundert), Badischer Bahnhof, Mustermesse (20. Jahrhundert). Zu den modernen Akzenten zählen das Kunstmuseum (1932-1936), Kantonsspital (1938-1945), das Stadttheater (1963-1975) mit dem nahe gelegenen Fastnachtsbrunnen (J. Tinguely, 1977), sowie verschiedene Bauten von P. Artaria, H. Schmidt, H. Baur, O. Meier, E. Mumenthaler, O. Senn, O. R. Salvisberg; die zeitgenössische Avantgarde vertreten u. a. Bauwerke von M. Botta, R. Piano, Herzog & de Meuron, Diener & Diener (»Basler Schule«).
 
Geschichte:
 
Auf dem Hügel zwischen Rhein und Birsig siedelten die keltischen Rauriker (wohl nach 58 v. Chr.). Ein römischer Lagerposten Basilia wird zuerst 374 n. Chr. erwähnt. Wohl im 6. Jahrhundert begann die alemannische Besiedlung unter dem Schutz des Fränkischen Reiches, Ende des 7. Jahrhunderts wurde Basel Bischofssitz und übernahm später alle Funktionen der Schwestersiedlung Augusta Raurica (Augst). 912 kam die Stadt an Burgund, wurde 917/918 durch die Ungarn zerstört und gehörte seit 1006/33 zum (Heiligen Römischen) Reich. Die unter der weltlichen Herrschaft der Bischöfe (ab 999/1000 bis etwa 1362, endgültig abgelöst 1521/85) erblühende Stadt dehnte sich rasch aus (erste Rheinbrücke Anfang des 13. Jahrhunderts), erlebte jedoch 1356 ein schweres Erdbeben. Die durch den Bischof vollzogene Verpfändung des rechtsrheinisch gelegenen »Klein-Basel« (gegründet nach 1220) an die Herzöge von Österreich löste der Rat 1386 ab und erwarb das Gebiet 1392. Zwischen 1400 und 1540 erwarb die Stadt außerdem ein ländliches Untertanengebiet im Baselbiet (»Landschaft«), das Birseck blieb unter fürstbischöflicher Herrschaft. Im Kampf zwischen Bischof und Bürgerschaft siegten im 15. Jahrhundert die Zünfte, die seither die Stadt regierten. Seit dem 14. Jahrhundert Reichsstadt, erlebte Basel seine Glanz- und Blütezeit im 15./16. Jahrhundert, deren Gepräge die Innenstadt noch heute zeigt. 1431-49 tagte in Basel das Basler Konzil; 1460 wurde die Universität gegründet. Von den Habsburgern bedroht, näherte sich die Reichsstadt mit ihrem Untertanengebiet den Eidgenossen (u. a. Beteiligung an der Schlacht bei Sankt Jakob an der Birs, 1444 [seit 1822 Sankt-Jakobs-Fest, heute nur alle fünf Jahre begangen], sowie an den Burgunderkriegen); nach dem Schwabenkrieg (1499, Schlacht bei Dornach) trat sie 1501 der Eidgenossenschaft bei.
 
Um 1500 erlangte Basel europäische Bedeutung durch den Buchdruck (J. Froben, J. Amerbach) und zog bedeutende Humanisten (Erasmus von Rotterdam) und Künstler an (H. Holbein der Jüngere); S. Münster kam 1529 nach Basel. Nach der unter Oekolampad1528/29 in der Stadt und im Untertanengebiet durchgesetzten Reformation wurde der Bischof der Stadt verwiesen; in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts fanden viele protestantische Glaubensflüchtlinge aus Frankreich (Hugenotten), Italien und den Niederlanden in Basel Aufnahme. Neben den Basler Mathematikern (die Familie Bernoulli, L. Euler) vertrat I. Iselin im 18. Jahrhundert die Ideen der Aufklärung. Unter dem Einfluss der Französischen Revolution bestand von Dezember 1792 bis Februar 1793 die Raurakische Republik; März 1793 wurde die fürstbischöfliche Herrschaft im Birseck (heute Bezirk Arlesheim) Frankreich angeschlossen, kam aber im Dezember 1815 (nach dem Wiener Kongress) zum 1803 gebildeten Kanton Basel. Im Einvernehmen mit dem französischen Direktorium hatte der Oberzunftmeister P. Ochs 1798 innerhalb der Helvetischen Republik die rechtliche Gleichstellung der »Landschaft« mit der Stadt Basel erreicht; da die Gleichstellung in der Verfassung vom 4. 3. 1814 wieder aufgehoben wurde, kam es 1830 im Gefolge der französischen Julirevolution zu einem blutigen Aufstand der Landschaft gegen die Stadt. Im März 1832 bildete sich der Kanton Basel-Landschaft. Nach dem Gefecht an der Hülftenschanze (Pratteln, 3. 8. 1833) bestätigte die eidgenössische Tagsatzung vom 17. 8. 1833 die Teilung in die zwei Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft (vorbehaltlich einer freiwilligen Wiedervereinigung). Die Stadt hielt an der aristrokratischen Verfassung (Ratsherrenregiment) fest; 1875 führte sie eine demokratische Verfassung ein.
 
Das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts war durch eine neue kulturelle Blüte (J. Burckhardt, F. Nietzsche, J. J. Bachofen), das 20. Jahrhundert durch den wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt (Stadterweiterungen, Industrieanlagen, Rheinhafen, Mustermesse, Flughafen) und des Baselbiets gekennzeichnet.
 
Nach der Wiedervereinigungsabstimmung 1969 (mehrheitlich angenommen in Basel-Stadt, abgelehnt in Basel-Landschaft) nahmen die Kantone 1974 einen Partnerschaftsartikel in ihre Verfassung auf. Basel-Landschaft bemüht sich um die Anerkennung als Vollkanton (Volksabstimmung 1988); nach Volksabstimmungen (1983 und 1990) ging der Bezirk Laufen (Laufental) mit 13 Gemeinden zum 1. 1. 1994 vom Kanton Bern zum Kanton Basel-Landschaft über. Basel-Stadt lehnte 1994 in einer Volksinitiative den Beitritt zu Basel-Landschaft ab.
 
Literatur:
 
Basler Chroniken, hg. v. W. Vischer u. a., 8 Bde. (1872-1945);
 
Urkundenb. der Landschaft B., hg. v. H. Boos, 2 Bde. (Basel 1881-84);
 
Urkundenb. der Stadt B., hg. v. R. Wackernagel u. a., 11 Bde. (ebd. 1890-1910);
 R. Wackernagel: Gesch. der Stadt B., 3 Bde. u. Register-Bd. (ebd. 1907-54, Nachdr. ebd. 1968);
 K. Weber: Die Revolution im Kanton B. 1830-33 (Liestal 1907);
 
Aktensamml. zur Gesch. der Basler Reformation. .., hg. v. E. Dürr u. P. Roth, 6 Bde. (Basel 1921-50);
 G. Burckhardt: Basler Heimatkunde, 3 Bde. (ebd. 1925-33);
 
Die Kunstdenkmäler des Kantons B.-Stadt, hg. v. der Gesellschaft für schweizer. Kunstgesch., 3 Bde. (ebd. 1932-41);
 P. Burckhardt: Gesch. der Stadt B. Von der Zeit der Reformation bis zur Gegenwart (Basel 21957);
 H. Reinhardt: Das Basler Münster (ebd. 31961);
 U. Eichenberger: Die Agglomeration B. in ihrer raumzeitl. Struktur (ebd. 1968);
 A. Heusler: Gesch. der Stadt B. (ebd. 61969);
 E. Bonjour: Die Univ. B. von den Anfängen bis zur Gegenwart. 1460-1960 (ebd. 21971);
 W. Laschinger u. L. Loetscher: B. als urbaner Lebensraum (ebd. 1978);
 H. Bauer: B. gestern, heute, morgen. 100 Jahre Basler Wirtschaftsgesch. (ebd. 1981);
 
Inventar der neueren Schweizer Architektur 1850-1920, Bd. 2, Städte: B., Bellinzona, Bern, hg. v. der Gesellschaft für schweizer. Kunstgesch. (Bern 1986);
 G. Kreis: Die Univ. B. 1960-1985 (Basel 1986);
 D. Huber: Architekturführer B. (Basel 1993).
 
Periodika: Basler Neujahrsblatt (Basel 1821 ff.);
 
Basler Jb. (ebd. 1879-1955; N. F. u. d. T.: Basler Stadtbuch, ebd. 1960 ff.);
 
Basler Ztschr. für Gesch. u. Altertumskunde (ebd. 1901 ff.);
 
Regio Basiliensis (ebd. 1960 ff.).
 
 2) Bistum, in römischer Zeit in Augusta Raurica (heute Augst) gegründet, im 7. Jahrhundert in die Stadt Basel verlegt. Es gehörte zur Kirchenprovinz Besançon und umfasste elf Landdekanate links und rechts des Rheins: fünf in der Schweiz, sechs im Elsass. Mit der Reformation wurden Stadt und Landschaft protestantisch; die Residenz des Bischofs wurde nach Pruntrut verlegt. Das Domkapitel residierte seit 1529 in Freiburg im Breisgau, seit 1678 in Arlesheim. 1801 wurden die elsässischen Dekanate dem Bistum Straßburg zugeschlagen. 1828-30 wurde das Bistum neu organisiert und um die auf schweizerischem Gebiet liegenden Teile des Bistums Konstanz erweitert. Sitz des Bischofs wurde Solothurn. Das exemte Bistum umfasst neun Kantone (Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Bern, Luzern, Schaffhausen, Solothurn, Thurgau, Zug). Bischof ist seit 1995 Kurt Koch (* 1950). katholische Kirche, Übersicht.
 

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Ba|sel: schweizerische Stadt.

Universal-Lexikon. 2012.