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Genealogie
Sippenforschung (veraltet); Ahnenforschung; Familienforschung; Familiengeschichtsforschung

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Ge|ne|alo|gie 〈f. 19; unz.〉
1. Lehre von den Geschlechtern bezüglich ihrer Abstammung u. den sich daraus ergebenden gesellschaftl., rechtl. usw. Beziehungen; Sy Ahnen-, Familien-, Sippen-, Stammbaumforschung, Familienkunde, Geschlechterkunde
2. historische Hilfswissenschaft von der Herkunft u. Zusammensetzung (bes. geschichtlich bedeutender) Geschlechtsverbände
[<grch. genealogia „Aufstellung des Stammbaumes, Stammbaum“; zu genea „Abstammung“ + logos „Rede, Kunde“]

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Ge|nea|lo|gie, die; -, -n:
1. <o. Pl.> Forschungsgebiet, das sich mit der Herkunft u. den Verwandtschaftsverhältnissen bestimmter Personen, Familien, Sippen, mit Ursprung, Folge u. Verwandtschaft der Geschlechter befasst; Geschlechterkunde.
2. [lat. genealogia < griech. genealogi̓a, zu: geneá = Geburt, Abstammung u. -logie] [Darstellung der] Abstammung einer Person, Geschlechterfolge einer Familie, Sippe.

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Genealogie
 
[griechisch, zu geneá »Geburt«, »Abstammung«] die, -/...'gi |en,  
 1) Ahnenforschung, Familienkunde, Geschlechterkunde, Lehre von der Herkunft (Abstammung) und den Verwandtschaftsverhältnissen von Personen oder Familien in der Abfolge der Generationen; nach Inhalt und Arbeitsweise eine historische Hilfswissenschaft. Die theoretische Genealogie (allgemeine Genealogie) beschäftigt sich mit grundsätzlichen Fragen, z. B. der Erforschung von Gesetzmäßigkeiten genealogischen Zusammenhänge; Gegenstand der darstellenden Genealogie (auch praktische, angewandte oder spezielle Genealogie) ist die Erforschung und - meist grafisch-tabellarische - Aufbereitung von Abstammungsverhältnissen und verwandschaftlichen Gruppierungen einzelner Individuen oder Reihen von Individuen; die von Laien betriebene darstellende Genealogie wird mitunter auch Familienforschung beziehungsweise (genealogische) Familiengeschichtsforschung genannt. Die Ergebnisse der darstellenden Genealogie erscheinen in der Regel in Form »genealogische Tafeln«. Die Darstellung ist möglich in aufsteigender (Aszendenz) oder absteigender Linie (Deszendenz). Vorfahren- oder Ahnentafeln (auch Aszendenztafeln) umfassen grundsätzlich alle nachweisbaren Vorfahren (Aszendenten) einer bestimmten Person (Proband) in aufsteigender Linie. Nachfahren- oder Enkeltafeln (Deszendenztafeln) zeigen die unmittelbaren männlichen und weiblichen Nachkommen (Deszendenten) eines Probanden in absteigender Linie auf. Stammtafeln enthalten nur die (männliche) Nachkommen einer Person, die den gleichen Familiennamen tragen. Verwandtschafts- oder Sippschaftstafeln (Konsanguinitätstafeln) entstehen aus der Verbindung von Vorfahren- und Nachfahrentafeln; sie enthalten alle Blutsverwandten einer Person. Abstammungsreihen weisen die unmittelbare Abstammung (Filiation) eines Probanden von einem bestimmten Ahnen nach. - Hauptformen genealogischer Forschung sind Aszendenz und Deszendenz; die wichtigsten Quellen für die Genealogie sind die in kirchlichen oder kommunalen Archiven liegenden Kirchenbücher und (seit 1876) Personenstandsregister.
 
Geschichte:
 
Bereits Ägypter, Juden, Griechen, Römer und Germanen führten Register v. a. der Götter-, Königs- und Heldengeschlechter. Die angenommene Abstammung von einem Gott oder einem Götter- beziehungsweise Heroengeschlecht, die häufig durch sagenhafte Geschlechtsregister bezeugt wurde, verlieh der Macht von Priestern und Herrscherhäusern gegenüber dem Volk Legitimität und Anerkennung. - Das Alte Testament führt die Abstammung Abrahams, des Stammvaters von Israel, über sagenhafte Geschlechterfolgen bis auf Adam zurück; im Neuen Testament wird mithilfe von Geschlechtsregistern Jesus mit dem Hause David verknüpft. Darstellungen des Stammbaums Jesu und Marias finden sich in der mittelalterlichen Kunst seit dem 9. Jahrhundert, seit dem 12. Jahrhundert meist als Wurzel Jesse. Im Mittelalter mussten sich die Angehörigen des Adels aus praktisch-rechtlichen Gründen (Nachweis von Erbrechten oder der ständischen Zugehörigkeit, Heiratsbeschränkungen) mit Fragen der Abstammung beschäftigen. Der Sachsen- und der Schwabenspiegel (13. Jahrhundert) verlangten für die Anerkennung der Vollberechtigung des freien Mannes den Nachweis von vier frei geborenen Ahnen. Für die Zulassung zu einem Ritterorden oder die Aufnahme in ein Dom- oder Stiftskapitel musste mittels der »Aufschwörung« (Ahnenprobe) der Nachweis adliger Abkunft erbracht werden.
 
Seit dem 16. Jahrhundert wurden erste Regeln der genealogischen Darstellung entwickelt; besonderes Gewicht legte man in einer Reihe von Sammelwerken (v. a. J. Hübners »Genealogische Tabellen. ..«, 6 Bände, 1708-33) auf die Genealogie der Fürsten- und Grafenhäuser. Als moderne methodische Wissenschaft wurde die Genealogie von J. C. Gatterer (»Abriß der Genealogie«, 1788) und O. Lorenz (»Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie«, 1898) begründet. In der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts erfuhr die genealogische Forschung durch den Beginn der systematisch betriebenen Geschichtswissenschaft und das damit verbundene Quellenstudium (Chroniken, Urkunden u. Ä.), in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Entstehung von genealogischen Vereinen eine wesentliche Förderung.
 
Literatur:
 
O. Forst-Battaglia: Wiss. G. (Bern 1948);
 F. von Klocke: Die Entwicklung der G. vom Ende des 19. bis zur Mitte des 20. Jh. (1950);
 E. Wentscher u. H. Mitgau: Einf. in die prakt. G. (41966);
 F. Verdenhalven: Familienkundl. Wb. (21969);
 
Hb. der G., hg. v. E. Henning u. a. (1972);
 W. K. Prinz von Isenburg u. F. Freytag von Loringhoven: Europ. Stammtafeln, 4 Bde. (Neuausg. 1975);
 
Tb. für Familiengeschichtsforschung, bearb. v. W. Ribbe u. E. Henning (111995).
 
Zeitschriften: Der Schlüssel. Gesamtinhaltsverzeichnisse mit Ortsquellennachweisen für genealog., herald. u. histor. Zeitschriftenreihen (1949 ff.);
 
Familienkundl. Nachrichten (1956 ff.);
 
Schrifttumsberichte zur G. u. zu ihren Nachbargebieten (1959-72);
 
Genealog. Jb. (1961 ff.);
 
G. (1962 ff.; 1948-51 u. d. T. »G. u. Heraldik«, 1952-61 u. d. T. »Familie u. Volk«);
 
Familiengeschichtl. Blätter u. Mitt. des Vereins zur Förderung der Zentralstelle für Personen- u. Familiengesch.. .. (1971 ff.; früher unter anderen Titeln);
 
Familie u. Gesch. Hefte für Familiengeschichtsforschung im sächs.-thüring. Raum (1992 ff.);
 
Archiv für Familiengeschichtsforschung (1997 ff.; 1961-92 u. d. T. Archiv für Sippengeschichtsforschung, 1924-60 unter versch. Titeln).
 
 2) in Philosophie und Wissenschaftsgeschichte von F. Nietzsche (»Zur Genealogie der Moral«, 1887) eingeführte Bezeichnung für die Entstehungsgeschichte z. B. eines Begriffs, Sachverhalts, einer Institution. Die Genealogie betreibt keine historische Quellenforschung, sondern achtet vielmehr auf die verschiedenen Diskursformen. In diesem Sinne hat sich in neuerer Zeit M. Foucault der Genealogie zugewandt. Genealogie bildet eine Art der Ideologiekritik; sie zielt mit dem Rückgriff auf die Vergangenheit auf die Klärung der eigenen Identität.
 

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Ge|ne|a|lo|gie, die; -, -n [2: lat. genealogia < griech. genealogía, zu: geneá = Geburt, Abstammung u. ↑-logie]: 1. <o. Pl.> Forschungsgebiet, das sich mit der Herkunft u. den Verwandtschaftsverhältnissen bestimmter Personen, Familien, Sippen, mit Ursprung, Folge u. Verwandtschaft der Geschlechter befasst; Geschlechterkunde. 2. [Darstellung der] Abstammung einer Person, Geschlechterfolge einer Familie, Sippe: die G. eines Adelsgeschlechts; Wer kennt den Menschen ganz? Was ahnt er selbst von seiner unerforschlichen G.? (Herkunft, Abstammung; A. Kolb, Schaukel 117).

Universal-Lexikon. 2012.