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Bio|gra|fie [biogra'fi:], die; -, Biografien [biogra'fi:ən], Biographie:1. Beschreibung des Lebens einer bekannten Person:
die Biografie eines Dichters.
2. das Leben eines Menschen als Abfolge von Entwicklungen, Erlebnissen usw.:
die Biografie dieses Menschen ist abenteuerlich.
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Bio|gra|phie 〈f. 19〉 = Biografie
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Biographie
[griechisch »Lebensbeschreibung«] die, -/...'phi |en, Darstellung der Lebensgeschichte eines Menschen sowohl hinsichtlich der äußeren Lebensumstände und Ereignisse - besonders der Verflochtenheit mit den historischen und sozialen Verhältnissen der Zeit - als auch der geistig-seelischen Entwicklung.
Die Biographik befasst sich mit dem Leben historischer Persönlichkeiten und ist ein Zweig der Geschichtsschreibung. Anspruchsvolle literarische Formung kann Biographie literarischen Rang geben. Genaue Wiedergabe der Fakten, Objektivität in der Wertung sowie Verzicht auf romanhafte Ausschmückung gelten erst seit der Neuzeit als wesentliche Merkmale der Gattung.
In der Autobiographie stellt der Verfasser das eigene Leben dar; Lebenserinnerungen, die v. a. äußere Ereignisse und Begegnungen mit anderen Menschen schildern, nennt man meist Memoiren. Der Nekrolog würdigt Leben und Werk eines kürzlich Verstorbenen; er fand eine besondere Ausprägung in den Leichenpredigten des 16.-18. Jahrhunderts (z. B. den »Oraisons funèbres« des J. B. Bossuet, 1662-87), die oft wichtige genealogische, sozial- und geistesgeschichtliche Hinweise geben.
Mythische, religiöse und geschichtliche Zeugnisse der alten Kulturvölker sowie Inschriften enthalten vielfach biographische Bestandteile. Als literarische Gattung entstand die Biographie in der Antike (Vita). Plutarch stellte in seinen »Bioi paralleloi« (zwischen 100 und 115 n. Chr.) typisierend berühmte Griechen und Römer nebeneinander; ähnlich verfuhr später Cornelius Nepos. Tacitus verfasste eine Biographie des Iulius Agricola (98), Sueton beschrieb in »De vita Caesarum« (um 120) das Leben römischer Kaiser.
Das Mittelalter entwickelte vornehmlich die legendenhafte Heiligenbiographie (Hagiographie), aber auch Biographie geistlicher und weltlicher Fürsten, z. B. Kaiserbiographien (Einhard, »Vita Caroli Magni«, um 830). In der italienischen Renaissance erwachte zuerst der neuzeitliche Sinn für das Individuelle und den Ruhm der Persönlichkeit (Boccaccio, »Vita di Dante«, um 1360; G. Vasaris Sammelbiographie der bildenden Künstler Italiens, 1550). In England ragt als Biograph im 17. Jahrhundert I. Walton, im 18. Jahrhundert J. Boswell (»Life of Samuel Johnson«, 1791) hervor, in Frankreich Voltaire (»Histoire de Charles XII.«, 1731), im 19. Jahrhundert in den USA W. Irving, u. a. mit seiner Biographie Washingtons (1855-59). Der Engländer T. Carlyle gab mit seiner Geschichte Friedrichs des Großen (1858-65) eine Biographie im Geist der Heldenverehrung. In ihrer wissenschaftlichen Bedeutung und Zielsetzung bis heute nachwirkend, entstand zu dieser Zeit v. a. in Deutschland die auf breiter Quellengrundlage aufgebaute historisch-kritische Biographie mit zeit- und geistesgeschichtlichem Hintergrund, z. B. J. G. Droysens »Leben des Grafen York« (1851/52), H. Grimms Michelangelo-Biographie (1860-63), C. Justis »Winckelmann« (1866-72) und »Velázquez« (1888), W. Diltheys »Leben Schleiermachers« (1870), die Herder-Biographie von R. Haym (1880-85) und die Lessing-Biographie von E. Schmidt (1884-92). Im 20. Jahrhundert folgt die Biographie verschiedener Methoden. Von S. George beeinflusst sind die geistesgeschichtlich heroisierenden Biographien von F. Gundolf (»Goethe«, 1916, u. a.). L. Strachey (»Queen Victoria«, 1921) fand mit dem Typ der witzig-ironischen Biographie viele Nachfolger. R. Rolland feierte das sittliche Heldentum großer Künstler (Michelangelo-Biographie, Beethoven-Biographie u.a.), S. Zweig gab psychologisch einfühlsam literarische und historische Porträts. E. Ludwig, A. Maurois u. a. pflegten erfolgreich eine dem Roman verwandte biographische Belletristik (biographischer Roman).
Neuere Beispiele großer historischer Biographien sind F. Rachfahls »Wilhelm von Oranien« (1906-24), H. von Srbiks »Metternich« (1925-54), C. Sandburgs »Life of Abraham Lincoln« (1926-39), W. Churchills »Marlborough« (1933-38), C. J. Burckhardts »Richelieu« (1935-66), H. Nicolsons »King George V.« (1952), G. Manns »Wallenstein« (1971), J. Fests »Hitler« (1973), W. Hildesheimers »Mozart« (1977), L. Galls »Bismarck. Der weiße Revolutionär« (1980), Christian Meiers »Caesar« (1982), T. Schieders »Friedrich der Große« (1983), E. Engelbergs »Bismarck. Urpreuße und Reichsgründer« (1985), H.-P. Schwarz' »Adenauer. Der Aufstieg: 1876-1952« (1986). Weitere umfangreiche Biographien: F. Sengle, »Wieland« (1949); E. Staiger, »Goethe« (1952-59); Biographie von Wiese, »Schiller« (1959); J.-P. Sartre, »Der Idiot der Familie. G. Flaubert« (1971-72); P. de Mendelssohn, »Der Zauberer« (1975, unvollendet; über T. Mann); C. P. Janz, »F. Nietzsche« (1978-93); M. Gregor-Dellin, »R. Wagner« (1980); P. Ackroyd, »Dickens« (1990). Biographien kleineren Umfangs erscheinen in großer Anzahl.
Als Biographie bezeichnet man auch biographische Sammellexika (Allgemeinbiographie), die in alphabetischer Ordnung die Namen berühmter, verdienstvoller oder sonstwie herausragender Persönlichkeiten nebst Lebensbeschreibung aufführen. Fast alle großen Kulturnationen besitzen eine repräsentative Allgemeinbiographie. Zu diesen zum Teil sehr umfangreichen Werken gesellt sich eine Reihe biographischer Kurzlexika, z. B. Who's who, Wer ist's. Neben den Allgemeinbiographien gibt es fachlich orientierte biographische Nachschlagewerke (Fachbiographie), meist für einzelne Berufsgruppen.
Nationale Allgemein-B.:
Deutschland: Allgemeine Dt. B. (ADB), hg. durch die Histor. Commission bei der Königl. Akad. der Wiss.en, 55 Bde. u. Register-Bd. (1875-1912, Nachdr. 1967),
Dt. biograph. Jb., hg. vom Verbande der Dt. Akademien, Bd. 1-5, 10, 11 (1925-32, m. n. e.);
Neue Dt. B. (NDB), hg. v. der Histor. Kommission bei der Bayerischen Akad. der Wiss.en, auf 25 Bde. ber. (1953 ff.);
Dt. Biograph. Archiv. Eine Kumulation aus 264 der wichtigsten biograph. Nachschlagewerke für den dt. Bereich bis zum Ausgang des 19. Jh., hg. v. B. Fabian, bearb. v. W. Gorzny u. a., 1447 Mikrofiches (1982-85); als Register dient:
Dt. Biograph. Index, hg. v. W. Gorzny, bearb. v. H.-A. Koch u. a., 4 Bde. (1986; als CD-ROM u. d. T. Internat. Biograph. Index, 1994);
Dt. Biograph. Archiv, N. F. bis zur Mitte des 20. Jh., bearb. v. W. Gorzny u. a., 1457 Mikrofiches (1989-93).
Großbritannien: The dictionary of national biography (1885 ff.).
Frankreich: Dictionnaire biographie française (1933 ff.).
Italien: Dizionario biografico degli Italiani (1960 ff.).
Österreich: C. von Wurzbach: Biograph. Lex. des Kaiserthums Österreich, 61 Bde. (1856-1923);
Neue Österr. B. 1815-1918 (1923 ff.);
Österr. biograph. Lex., 1815-1950, hg. v. L. Sautifalles (1957 ff.).
Schweiz: Neue Schweizer B. = Nouvelle biographie suisse = Nuova biografia svizzera, bearb. v. A. Bruckner (1938; Nachtrag 1942);
Schweizer biograph. Archiv (1952-58).
USA: The national cyclopaedia of American biography (1892 ff.).
Laufende internationale Allgemein-B.: IBA. Internat. biograph. Archiv (1966 ff.).
Bibliographie der B.: IBN. Index bio-bibliographicus notorum hominum (1973 ff.).
A. Maurois: Aspects de la biographie (Neuausg. Paris 1930);
E. Ludwig: Die Kunst der B. (Paris 1936);
J. Romein: Die B. (a. d. Niederländ., Bern 1948);
H. G. Nicolson: Die Kunst der B. u. a. Essays (a. d. Engl., 1958);
J. L. Clifford: Biography as an art (London 1962);
P. de Mendelssohn: Von dt. Repräsentanz (1972);
H. Scheuer: B. (1979);
P. M. Kendall: The art of biography (Neuausg. New York 1985);
Bibliogr. zu den biograph. Archiven, mit einem Essay v. H. Wollschläger (1994).
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Bio|gra|fie, (auch:) Biographie, die [spätgriech. biographía, zu: gráphein = schreiben]: 1. Beschreibung der Lebensgeschichte einer Person: Lest ... nur Biographien, denn sie sind Leben ohne Theorie (Spiegel 32, 1987, 56). 2. Lebenslauf, Lebensgeschichte eines Menschen: Der berühmte Brief an den Dekan der philosophischen Fakultät der Bonner Universität gilt - und nicht zu Unrecht - als Wendepunkt in Thomas Manns Biographie (Reich-Ranicki, Th. Mann 60).
Universal-Lexikon. 2012.