1. nach altem Volksbrauch am Nikolaustag erscheinende Gestalt, die den Kindern Äpfel, Nüsse u. Süßigkeiten bringt
2. 〈Kurzw. für〉 Nikolaustag
● morgen kommt der \Nikolaus
* * *
Nị|ko|laus [auch: 'ni:ko…], der; -[es], -e, ugs. oft scherzh. auch: …läuse [nach einem als Heiliger verehrten Bischof von Myra (wohl 4. Jh.)]:
1.
a) volkstümliche Gestalt mit großer Mütze, langem Gewand u. wallendem Bart, die nach einem alten Brauch den Kindern am 6. Dezember Geschenke bringt;
b) den Nikolaus (1 a) darstellende Figur aus Schokolade o. Ä.
2. Nikolaustag.
* * *
I Nịkolaus
[auch 'niː-], Herrscher:
1)Nịkolaus I., Nịkola I. Petrović Njegoš [- 'pɛtrɔvitɕ 'njɛgɔʃ], genannt Nịkita, Fürst (1860 bis 1910) und König (1910-18), * Njeguši 7. 10. 1841, ✝ Antibes 1. 3. 1921; Neffe Danilos I.; regierte trotz der Verfassung von 1905 autoritär. An Russland angelehnt, erreichte er durch die Teilnahme am Türkenkrieg 1876-78 dank russischer Unterstützung auf dem Berliner Kongress 1878 die Unabhängigkeit für sein Land. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er aufseiten Serbiens, musste 1916 kapitulieren und ging ins Exil; 1918 abgesetzt.
2) Nịkolaus I., russisch Nikolạj I. Pạwlowitsch, Kaiser (seit 1825), * Zarskoje Selo (heute Puschkin) 6. 7. 1796, ✝ Sankt Petersburg 2. 3. 1855; dritter Sohn Pauls I.; seit 1817 Ȋ mit Charlotte von Preußen (in Russland Alexandra Fjodorowna; * 1798, ✝ 1860), Tochter Friedrich Wilhelms III. Nikolaus folgte nach dem Thronverzicht seines älteren Bruders Konstantin 1825 seinem ältesten Bruder Alexander I. Nach der Niederwerfung des Aufstandes der Dekabristen fühlte sich der Selbstherrscher als Hüter des monarch. Prinzips, das er mit polizeistaatlichen Methoden (Gründung der Dritten Abteilung) auch im Innern verteidigte. Die von ihm eingesetzten Kommissionen zur Vorberatung über eine russische Agrarreform kamen über kleine gesetzgeberische Einzelmaßnahmen nicht hinaus. Die Kriege gegen Persien (1826-28) und die Türkei (1828/29) brachten dem Russischen Reich Landgewinn. Als »Gendarm Europas« unterdrückte Nikolaus den polnischen Aufstand 1830/31 (danach Beseitigung der halbstaatlichen Sonderstellung Kongresspolens) und - in einer von Österreich erbetenen Invasion - 1849 auch die nationale Revolution in Ungarn. Seine Orientpolitik scheiterte im Krimkrieg (1853/54-56).
W. B. Lincoln: N. I. von Rußland. (a. d. Engl., 1981).
3) Nịkolaus II., russisch Nikolạj II. Alexạndrowitsch, Kaiser (1894-1917), * Zarskoje Selo (heute Puschkin) 18. 5. 1868, ✝ (ermordet) Jekaterinburg 16./17. 7. 1918; letzter russischer Monarch (zugleich letzter Herrscher aus der Dynastie Romanow[-Holstein-Gottorp]); seit 1894 Ȋ mit Alice von Hessen-Darmstadt (in Russland Alexandra Fjodorowna). Nikolaus führte zunächst das autokratische Regiment seines Vaters Alexander III. fort, ohne die sozialen und politischen Konsequenzen aus der von S. J. Witte betriebenen Industrialisierungspolitik zu ziehen. Allerdings veranlassten ihn die Niederlage im Russisch-Japanischen Krieg (1904-05) und v. a. die Revolution von 1905, im Oktobermanifest vom 30. 10. 1905 wesentliche Grundrechte, das allgemeine Wahlrecht und die Schaffung einer gesetzgebenden Volksvertretung (Duma) zu gewähren. Jedoch sorgte er durch den so genannten Staatsstreich vom 16. 6. 1907 (Dumaauflösung, neues Wahlrecht) für eine konservative Mehrheit in der Duma. Durch seine Frau geriet Nikolaus unter den Einfluss von Mystikern und Scharlatanen (besonders G. J. Rasputin), was zum Prestigeverlust der Monarchie beitrug.
Auf seine persönliche Initiative wurde die Erste Haager Friedenskonferenz (1899) einberufen. Im Übrigen folgte er den traditionellen Zielen der russischen Außenpolitik, die 1914 für die Erhaltung des russischen Einflusses auf dem Balkan auch den Krieg riskierte. Gegen den Rat der Minister übernahm Nikolaus im Ersten Weltkrieg 1915 als Höchstkommandierender den Oberbefehl. Im Hauptquartier ohne Kenntnis der Lage im Inneren, abhängig von unverantwortlichen Ratgebern und zum Teil unfähigen Ministern, dankte Nikolaus angesichts der Februarrevolution am 15. 3. 1917 ab. Zunächst in Zarskoje Selo interniert und (nachdem Bemühungen um ein Asyl in Großbritannien gescheitert waren) im August 1917 nach Tobolsk (Sibirien), anschließend im April 1918 nach Jekaterinburg verbannt, wurde er zusammen mit der Kaiserin, dem Thronfolger Aleksej Nikolajewitsch und den vier Töchtern (Anastasia) - kurz vor der Besetzung Jekaterinburgs durch weißgardistische Truppen - von Bolschewiki ermordet (auf Beschluss des Uraler Gebietssowjets, offenbar auf Anordnung der bolschewistischen Führung). Erst 1991 entdeckte man das wahrscheinliche Grab der Zarenfamilie in einem Wald bei Jekaterinburg wieder; Ende Februar 1998 beschloss die russische Regierung die Beisetzung der Gebeine (zunächst nicht zweifelsfrei identifiziert, Echtheit von Expertenkommission im Januar 1998 erklärt) für den 17. 7. 1998 in Sankt Petersburg. - Die russisch-orthodoxe Kirche hat Nikolaus und seine Familie am 20. 8. 2000 heilig gesprochen (Tag: 25. 1.; zugleich Gedenktag für alle in den nachrevolutionären Verfolgungen umgekommenen orthodoxen Christen).
H. Troyat: N. II. (a. d. Frz., 1992);
M. Ferro: N. II. (a. d. Frz., Neuausg. 1993);
D. Lieven: Nicholas II. Emperor of all the Russias (London 1993);
E. Heresch: N. II. (Neuausg. 1994);
E. Radsinski: N. II. Der letzte Zar u. seine Zeit (a. d. Russ., Neuausg. 1994).
II
Nịkolaus
[auchː 'niː-], Päpste:
1) Nịkolaus I. (858-867), * Rom um 800, ✝ ebenda 13. 11. 867; Theologe und Jurist; in Anwesenheit Kaiser Ludwigs II. gewählt und als erster Papst mit der Tiara gekrönt. Unter Berufung auf die pseudoisidorischen Dekretalen kämpfte er um den päpstlichen Primat in der Gesamtkirche, wobei er in Konflikt geriet mit Hinkmar von Reims und dem byzantinischen Patriarchen Photios, den Nikolaus 863 absetzte und exkommunizierte. Sein Versuch, die ursprünglich von Byzanz aus missionierten Bulgaren für die lateinische Kirche zu gewinnen, verschärfte den Streit mit der byzantinischen Kirche und führte 867 zur Absetzung Nikolaus' durch den byzantinischen Kaiser Michael III. Im Ehestreit des fränkischen Königs Lothar II. setzte Nikolaus das kanonische Eherecht durch. - Heiliger (Tag: 13. 11.).
2) Nịkolaus II. (1058-61), früher Gerhard, * in Lothringen oder Burgund, ✝ Florenz 27. 7. 1061; seit 1045 Bischof von Florenz, auf Betreiben Hildebrands (später Gregor VII.) und Humberts von Silva Candida gegen den vom römischen Adel erhobenen Benedikt X. gewählt. Auf einer 1059 in den Lateran einberufenen Synode verurteilte Nikolaus Berengar von Tours, verbot Priesterehe und Simonie, schränkte das Eigenkirchenrecht ein und erließ ein Papstwahldekret, das die Wahl den Kardinälen übertrug; doch erwähnt es noch ein kaiserliches Bestätigungsrecht.
3) Nịkolaus III. (1277-80), früher Giovanni Gaetano Orsini, * Rom zwischen 1210 und 1220, ✝ Soriano (Kalabrien) 22. 8. 1280; seit 1244 einflussreicher Kurienkardinal, wurde nach halbjähriger Sedisvakanz gewählt. Bemüht um die Unabhängigkeit des Apostolischen Stuhles, zwang er Karl I. von Anjou zum Verzicht auf das Reichsvikariat Tuszien und das Senatorenamt in Rom. Eine von Nikolaus 1278 erlassene Konstitution machte zukünftig die Senatorenwahl in Rom für Nichtrömer von der Zustimmung des Papstes abhängig. Von Kaiser Rudolf I. von Habsburg erreichte Nikolaus die Rückgabe der Herrschaft über die Romagna. Innerkirchlich förderte Nikolaus die Franziskaner und Dominikaner und griff 1279 durch die Bulle »Exiit qui seminat« in den Armutsstreit ein.
4) Nịkolaus IV. (1288-92), früher Girolamo Mạsci [-ʃi], * Lisciano (heute zu Ascoli Piceno) um 1230, ✝ Rom 4. 4. 1292; Franziskaner, seit 1274 Ordensgeneral, seit 1278 Kardinal. Nach dem Fall von Akko (1291) setzte er sich erfolglos für einen neuen Kreuzzug ein. Er sandte Missionare in den Vorderen Orient und zu den Mongolen (u. a. Johannes von Montecorvino) und beauftragte den Franziskanerorden mit der katholischen Mission in Albanien, Bosnien und Serbien.
5) Nịkolaus (V.), Gegenpapst (1328-30), früher Pietro Rainaldụcci [-tʃi], * Corvaro (heute zu Borgorose, Provinz Rieti), ✝ Avignon 16. 10. 1333; nach fünfjähriger Ehe Franziskaner, den Kaiser Ludwig IV., der Bayer, 1328 in Rom vom Volk gegen Johannes XXII wählen ließ. Er folgte dem Kaiser nach Pisa, unterwarf sich aber 1330 Johannes XXII. Bis zu seinem Tod blieb er in Avignon in Haft.
6) Nịkolaus V. (1447-55), früher Tommaso Parentucelli [-'tʃelli], * Sarzana (bei La Spezia) 15. 11. 1397, ✝ Rom 24. 3. 1455; seit 1444 Bischof von Bologna, dann Kardinal (1446), hatte Nikolaus als Legat in Deutschland erfolgreich für Eugen IV. gewirkt. 1448 schloss er mit Friedrich III. das Wiener Konkordat und krönte ihn 1452 zum Kaiser (letzte Kaiserkrönung in Rom). 1449 erreichte er den Verzicht des Gegenpapstes Felix V. und die Selbstauflösung des Basler Konzils. Nikolaus gilt als erster Renaissancepapst, als gelehrt (Gründer der Vatikanischen Bibliothek) und kunstsinnig. Er berief Wissenschaftler und Künstler nach Rom und ließ an den Kirchen der Stadt Rom umfangreiche Restaurierungsarbeiten durchführen.
Nịkolaus
[auchː 'niː-], Nikolaus Dybinus, Nikolaus von Dybin, Lehrer der Ars Dictandi (Briefkunst) und Rhetorik, * Bad Düben (Kreis Delitzsch) um 1330, ✝ Dresden vor 1387; lehrte als Magister an der Universität Prag und wurde spätestens 1369 Rektor der Kreuzschule in Dresden. Seine lateinischen Lehrbücher, u. a. Kommentare zu den Schulautoren Alexander de Villa Dei, Eberhard der Deutsche und Galfred von Vinsauf, die Dichtung »Oracio de beata Dorothea« mit Prosaerklärung, das Rhythmik-Traktat und v. a. der »Viaticus dictandi« (»Wegweiser zum Schreiben«), wurden in Mitteleuropa weit verbreitet und wirkten auf deutsche Autoren (z. B. Niklas von Wyle) bis zum Meistersang.
Nịkolaus
[auchː 'niː-], Nikolaus Trevet, Nikolaus Treveth, englischer Gelehrter und Historiker, * Grafschaft Somerset um 1258, ✝ London nach 1334; wurde vor 1297 Dominikaner, studierte und lehrte in Oxford 1303-07 und (unterbrochen von Studienreisen nach Italien und Paris) wieder nach 1314. Seine Schulkommentare, z. B. zu Büchern des Alten Testaments, Augustinus' »De civitate Dei«, Boethius' »Trost der Philosophie«, W. Maps Anti-Ehetraktat, zu klassischen Autoren, v. a. erstmals zu Seneca dem Älteren (Deklamationen) und Seneca der Jüngere (Tragödien) sowie zu Livius' Geschichtswerk (um 1318 im Auftrag Papst Johannes' XXII.), waren in ganz Europa verbreitet, ebenso die nach 1320 in London verfassten historischen Schriften, besonders die wertvollen »Annales« über die Zeit der englischen Könige von 1135-1307.
A. B. Emden: A biographical register of the University of Oxford to a. d. 1500, Bd. 3 (Oxford 1959; Nachdr. ebd. 1989);
Catalogus translationum et commentariorum. Mediaeval and Renaissance Latin translations and commentaries, hg. v. P. O. Kristeller u. a., Bde. 2 u. 3 (Washington, D. C., 1971-76).
Nịkolaus
[auchː 'niː-], Nikolaus von Autrecourt [- oːtrə'kuːr], spätscholastischer Theologe und Philosoph, ✝ nach 1350; Mitglied der Pariser Universität. Übte im Anschluss an W. von Ockham und den Nominalismus radikale Kritik an den Grundlagen der aristotelischen Metaphysik. Sein ausgeprägter Empirismus ließ als Erkenntnisquelle außer dem Widerspruchsprinzip nur die Erfahrung der Sinne zu. Substanz und Kausalität hielt er nur für Wahrscheinlichkeiten und wandte sich so gegen die traditionelle Form der Gottesbeweise. Nach kirchlicher Verurteilung verlor er die Magisterwürde und musste seine Schriften öffentlich verbrennen, wurde aber trotzdem 1350 Domdekan in Metz.
Nịkolaus
[auchː 'niː-], Nikolaus von Bibra, Nikolaus von Bibera, mittellateinischer Dichter des 13./14. Jahrhunderts; studierte um 1260 Jura in Padua und war später vielleicht Kustos der Kirche in Bibra, dann Geistlicher in Erfurt. Er gilt als mutmaßlicher Verfasser des um 1281-84 entstandenen »Carmen satiricum« (2 441 gereimte Hexameter). Ausgehend von dem 1279-82 vom Mainzer Erzbischof über Erfurt verhängten Interdikt, geißelt Nikolaus in seiner fünf Teile umfassenden Dichtung Übelstände der Geistlichkeit, zeichnet ein an Genreszenen reiches Bild vom Leben in Erfurt und schließt mit Gedichten an einzelne Persönlichkeiten aus seinem Umkreis. Die in mehreren Handschriften überlieferte Dichtung wurde auch als Schultext verwendet.
F. J. Worstbrock in: Die dt. Lit. des MA. Verfasserlex., begr. von W. Stammler, hg. v. K. Ruh u. a., Bd. 6 (21987).
Nịkolaus
[auchː 'niː-], Nikolaus von Clémanges [-kle'mãʒ], Humanist und Theologe, * Clémanges (Marne) 1363/64, ✝ Paris 1437; Schüler von J. Gerson und Peter von Ailly; ab 1393 Rektor der Universität Paris; 1397-1408 Sekretär Benedikts XIII. (Gegenpapst). Nikolaus bemühte sich in mehreren Schriften um die Beilegung des Abendländischen Schismas und die Reform der Kirche (besonders in »De corrupto Ecclesiae statu«).
Nịkolaus
[auchː 'niː-], Nikolaus von Flüe, genannt Bruder Klaus, schweizerischer Mystiker und Einsiedler, * Flüeli 1417, ✝ im Ranft (am Eingang des Melchtals) 21. 3. 1487; trennte sich 1467 von seiner Frau und seinen zehn Kindern und lebte als Einsiedler im Ranft in der Nähe seines Hofes. Er wurde schon bald als Heiliger verehrt und als Ratgeber aufgesucht. Mit zwei (diktierten) Briefen an die Stadt Konstanz und den Rat von Bern griff er in politische Ereignisse ein und hatte 1481 entscheidenden Anteil daran, dass die Einheit der Eidgenossenschaft erhalten blieb (Stans). Seine Visionen wurden erst nach seinem Tod aufgezeichnet. - Heiliger, Patron der Schweiz (Tag: 25. 9.).
Ausgabe: Bruder Klaus. Die ältesten Quellen über den seligen Nikolaus von F.. .., herausgegeben von R. Durrer, 2 Bände (1917-21, Nachdruck 1981), Ergänzungsband, herausgegeben von R. Amschwand (1987).
R. Gröbli: Die Sehnsucht nach dem »einig Wesen«. Leben u. Lehre des Bruder Klaus von Flüe (Zürich 31995).
Nịkolaus
Nịkolaus
[auchː 'niː-], Nikolaus von Jeroschin, preußischer Chronist der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts; Deutschordensgeistlicher, der die lateinische Geschichte des Deutschen Ordens von Peter von Dusburg (»Chronicon terrae Prussiae«, nach 1330) unter dem Titel »Kronike von Prûzinlant« um 1340 ins Ostmitteldeutsche übertrug. Die Chronik, die lebendig geschrieben ist und Frömmigkeit und Humor miteinander verbindet, stellt einen Höhepunkt der Deutschordensdichtung dar.
Ausgabe: Die kronike von Pruzinlant des Nicolaus von Jeroschin, herausgegeben von E. Strehlke (1861).
Nịkolaus
[auchː 'niː-], Nikolaus von Kues [-kuːs], Nikolaus von Cusa, Nikolaus Cusanus, eigentlich Nikolaus Chrỵpffs oder Nikolaus Krebs, Theologe und Philosoph, * Kues (heute zu Bernkastel-Kues) 1401, ✝ Todi (Umbrien) 11. 8. 1464; vermutlich bei den Brüdern vom gemeinsamen Leben in Deventer erzogen und in die Geisteshaltung der Devotio moderna eingeführt, studierte Nikolaus 1416/17 Philosophie in Heidelberg, bis 1423 in Padua kanonisches Recht (Promotion) und Mathematik; seit 1425 beschäftigte er sich mit Theologie in Köln, wobei er besonders mit dem Werk des R. Lullus in Berührung kam. 1427 wurde er Stiftsdekan in Koblenz, 1435 Propst von Münstermaifeld, 1448 Kardinal und 1450 Fürstbischof von Brixen. Er bemühte sich intensiv um die Reform von Kirche und Reich; so nahm er seit 1432 am Basler Konzil teil, beteiligte sich 1439 am Unionskonzil von Florenz sowie an den Verhandlungen zum Wiener Konkordat (1448). 1450-52 bemühte er sich in ausgedehnten Reisen um eine Reform des Ordenslebens in Deutschland und bereitete als Generalvikar durch ein umfassendes Gutachten (»Reformatio generalis«) die Reform des römischen Klerus vor.
Lehre und Werk:
Beeinflusst durch Meister Eckhart und den Nominalismus W. von Ockhams, steht Nikolaus in seinem theologisch-philosophischen Denken in der Tradition des christlichen Neuplatonismus, den er durch die Vermittlung des Johannes Scotus Eriugena kennen lernte. In seinem 1440 erschienenen philosophischen Hauptwerk (»De docta ignorantia«, Von der gelehrten Unwissenheit) sucht er Bedingungen und Möglichkeiten menschlichen Erkennens durch seine Vorstellung vom Zusammenfallen der Gegensätze in Gott (»Coincidentia oppositorum«) zu erweitern, wobei er konsequent die Methoden der negativen Theologie anwendet. Zwischen der geschaffenen Welt als der Entfaltung Gottes ins Nichts und Gott selbst, der als das All-Eine alle Gegensätzlichkeit in sich aufhebt, vermittelt Christus als der verkörperte Logos. Welt und Mensch (Mikrokosmos) werden so zum Abbild eines Universums, in dem alles Seiende hierarchisch gegliedert ist. In seinem gesamten Werk bedient sich Nikolaus bevorzugt mathematischer Denkweisen, die er auch auf theologisch-philosophische Sachverhalte anzuwenden versteht. So wendet er mathematische Verfahren und Begriffe wie Extrapolation und Limes auf das Verhältnis von Gott und Welt an, um Einheit und Vielheit gleichzeitig aussagen zu können; mithilfe der Unendlichkeitsvorstellung erarbeitet er neue Hypothesen in der Theologie, Anthropologie und Kosmologie. Über theologische und mathematische Spekulationen hinaus bemühte sich Nikolaus intensiv um das Studium der Natur und eine neue Methodologie der Naturforschung, die auf Einsichtigkeit und Nützlichkeit gerichtet war. Gegenstand seiner naturwissenschaftlichen Überlegungen waren u. a. die Kalenderreform und die Achsendrehung der Erde. Als einer der ersten deutschen Humanisten befasste sich Nikolaus mit der historisch-philologischen Untersuchung antiker Handschriften und erwies die Konstantinische Schenkung als Fälschung. Als Mathematiker beschäftigte sich Nikolaus v. a. mit der Quadratur des Kreises (»De circuli quadratura«, 1450), wobei er einen gegenüber Archimedes verbesserten Näherungswert für π angab, mit dem Problem der Kontingenzwinkel und mit dem Status der Zwischenwerteigenschaft. Seine »Perfectio mathematica« (1458) antizipiert infinitesimale Methoden.
Zu seinen theologischen Hauptwerken gehören seine Reformschrift »De concordantia catholica« (1434) sowie »De visione Dei« (»Über die Schauung Gottes«, 1453), »De principio« (»Über den Ursprung«, 1459), »De possest« (»Über das Können-Ist, das heißt Gott«, 1460), »De cribratione Alchoran« (»Sichtung des Koran«, 1461).
Ausgaben: Opera omnia, auf zahlreiche Bände berechnet (1932 folgende).
Schriften in deutscher Übersetzung, herausgegeben von E. Hoffmann, auf zahlreiche Bände berechnet (1936 folgende); Philosophisch-theologische Schriften, herausgegeben von L. Gabriel, 3 Bände (1964-67, Nachdruck 1982).
G. Schneider: Gott, das Nichtandere (1970);
W. Schwarz: Das Problem der Seinsvermittlung bei N. v. Cues (Leiden 1970);
H. Schnarr: Modi essendi. Interpretationen zu den Schr.. .. von N. v. K. (1973);
N. Herold: Menschl. Perspektive u. Wahrheit. Zur Deutung der Subjektivität in den philosoph. Schr. des N. v. K. (1975);
N. v. K. in der Gesch. des Erkenntnisproblems, hg. v. R. Haubst (1975);
Acta Cusana, hg. v. E. Meuthen, 2 Tle. (1976-83);
J. Hopkins: Nicholas of Cusa's dialectical mysticism (Minneapolis, Minn., 1985);
K. Jaspers: N. Cusanus (Neuausg. 1987);
J. Stallmach: Ineinsfall der Gegensätze u. Weisheit des Nichtwissens. Grundzüge der Philosophie des N. v. K. (1989);
E. Meuthen: N. v. K. 1401-1464 (71992);
K. Flasch: Nicolaus Cusanus (2001);
N. Winkler: N. v. K. zur Einführung.(2001).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Nikolaus von Kues: An der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit
Nịkolaus
[auchː 'niː-], Nikolaus von Lyra, Franziskanertheologe und Bibelwissenschaftler, * Lyre (Normandie) um 1270, ✝ Paris Oktober 1349; bedeutender Exeget des Spätmittelalters. Sein Hauptwerk »Postillae perpetuae in universam Sanctam Scripturam«, ein Handbuch, das über den Literalsinn (Schriftsinn) jeder Stelle Auskunft gab, war weit verbreitet und wurde als erster Bibelkommentar gedruckt (»Postilla litteralis«, 5 Bände, 1471/72).
Nịkolaus
[auchː 'niː-], Nikolaus von Myra, Bischof von Myra (Lykien), * Patara (Lykien) um 270, ✝ um 342; soll während der Christenverfolgung gefangen genommen worden sein, später jedoch am Konzil von Nicäa (325) teilgenommen haben. Um seine Gestalt ranken sich zahlreiche Legenden, in die auch Züge aus den Lebensgeschichten gleichnamiger Heiliger, z. B. des Abtes Nikolaus von Sion (6. Jahrhundert), eingegangen sind. - Heiliger; Schutzpatron zahlreicher Berufsgruppen (z. B. Bäcker, Bauern, Bierbrauer, Schnapsbrenner, Kaufleute; in der Volksfrömmigkeit der katholischen Kirche und der orthodoxen Kirche (besonders in Russland) einer der am meisten verehrten Heiligen; Tag: 6. 12. (Nikolaustag).
Nikolaus ist der Patron v. a. der Kinder und Schüler, da er drei fahrende Scholaren zum Leben erweckt haben soll, die auf ihrer Reise von einem Wirt ermordet und in einem Fass eingepökelt worden waren. Im Anschluss an diese Legende entwickelte sich das Knabenbischofsfest der spätmittelalterlichen Klosterschulen: Am 6. 12. wurde unter den Schülern ein Kinderbischof gewählt, der für 24 Stunden die Herrschaft übernahm. Dem Nikolaus, Bekämpfer des Bösen, wird beim Einkehrbrauch (ab Mitte des 17. Jahrhunderts), bei dem die Kinder geprüft, anschließend belohnt oder bestraft werden, ein gebändigter Teufel als Knecht beigegeben, der (je nach Landschaft) Ruprecht, Krampus, Kinderfresser, in tierischer Gestalt Klapperbock und Habergeiß genannt wird. Bei den Nikolausspielen des Alpenraumes und den Lärmumzügen (seit Anfang des 15. Jahrhunderts) entwickelten sich weitere Schreckgestalten. Der Einlegebrauch, bei dem Nikolaus seine Gaben in die bereit gestellten Schuhe der Kinder legt, ist seit Beginn des 16. Jahrhunderts bekannt und entwickelte sich aus der Legende von den drei armen Jungfrauen, die durch ein Geschenk des Nikolaus (drei goldene Äpfel) vor der Prostitution bewahrt blieben. In reformatorischen Kreisen wurde der Nikolaus zum »Heiligen Christ« umbenannt. Im 19. Jahrhundert erfuhr der Nikolausbrauch eine wesentliche Veränderung: Züge des Kinderschrecks Ruprecht und des Kinderfreundes Nikolaus wurden in der Autoritätsfigur des Weihnachtsmannes vereint, dessen Vorbild die von M. von Schwind 1847 für den »Münchner Bilderbogen« entworfene Figur des »Herrn Winter« ist. - Nikolaus gilt auch als Patron der Seefahrer, weil er während des Konzils von Nicäa einem in Seenot befindlichen Schiff erschienen sein und es gerettet haben soll.
In der bildenden Kunst des Westens wird Nikolaus anfänglich nach byzantinischem Vorbild als barhäuptiger Greis mit Bischofsmantel und Buch dargestellt, später auch mit Bischofsstab und Mitra. Seit dem 12. Jahrhundert gehört er in der russischen Kunst zu den am häufigsten auf Ikonen dargestellten Heiligen. Im Westen erscheint er vielfach in legendarischen Szenen; sie werden auch zu Zyklen zusammengefasst (Glasfenster im südlichen Seitenschiff des Münsters in Freiburg im Breisgau, 14. Jahrhundert; Predella des Quaratesi-Polyptychons von Gentile da Fabriano, 1425, Rom, Vatikanische Sammlungen). Das 17. Jahrhundert kennt profane Darstellungen wie die des Nikolausfestes (J. Steen u. a.).
K. Meisen: N.-Kult u. N.-Brauch im Abendlande (1931, Nachdr. 1981);
S. Metken: St. N. in Kunst u. Volksbrauch (1966);
L. Heiser: N. v. M. (1978);
C. Méchin: Sankt N. (a. d. Frz., 1982);
W. Mezger: St. N. zw. Katechese, Klamauk u. Kommerz (I), in: Schweizer. Archiv für Volkskunde, Jg. 86 (Basel 1990).
Nịkolaus
[auchː 'niː-], Nikolaus von Oresme [-ɔ'rɛːm], Orẹsmius, scholastischer Naturphilosoph und Theologe, * in der Normandie 1320, ✝ 11. 7. 1382 als Bischof von Lisieux (seit 1377). An den Skeptizismus W. von Ockhams anknüpfend, wurde er einer der bedeutendsten Vorläufer der neuzeitlichen Wissenschaft. In der Mathematik erarbeitete er Ansätze zum Funktionsbegriff und zur analytischen Geometrie; er beschäftigte sich mit der Mechanik, dem Fallgesetz sowie der Erdbewegung und wurde durch seine Schrift »Über Ursprung, Wesen und Umlauf des Geldes« zum Begründer der modernen Volkswirtschaft. Als Theologe wendete er konsequent die Gesetze der Sprachlogik an, wirkte durch seine Christologie besonders auf Peter von Ailly.
F. Fellmann: Scholastik u. kosmolog. Reform. Studien zu Oresme u. Kopernikus (21988);
B. Schefold: Nicolaus Oresmus - die Geldlehre des Spätmittelalters (1995).
Nịkolaus
[auchː 'niː-], Nikolaus von Salẹrno, Nikolaus Salernitanus, um 1150, bedeutender Vertreter der medizinischen Schule von Salerno im 12. Jahrhundert; bemühte sich in seinem »Antidotarium Nicolai« erfolgreich um die Normierung von Nomenklatur und Herstellung der Arzneimittel. Das Werk hatte eine außerordentliche Nachwirkung bis ins 18. Jahrhundert; es wurde in zahlreichen Abschriften und Exzerpten überliefert und kommentiert sowie oft um neue pharmakologische Anweisungen ergänzt. Seit dem 13. Jahrhundert wurde es in verschiedenen Volkssprachen (mehrfach ins Deutsche) übersetzt.
G. Keil in: Die dt. Lit. des MA. Verfasserlex., begr. v. W. Stammler, hg. v. K. Ruh u. a., Bd. 6 (21987).
Nịkolaus
[auchː 'niː-], Nikolaus von Verdun [-vɛr'dœ̃], lothringischer Goldschmied und Emailmaler, nachweisbar zwischen 1181 und 1205; einer der bedeutendsten Vertreter der Goldschmiedekunst an der Wende von der Romanik zur frühen Gotik. Ihm gelang die Synthese antikenaher und byzantinischer Formen mit naturnaher Darstellung. Nikolaus ist nachweislich Schöpfer der vergoldeten und emaillierten Kupfertafeln des »Verduner Altars« in der Stiftskirche in Klosterneuburg (auch »Klosterneuburger Altar«, 1181). Die 68 Tafeln, die ursprünglich zur Verkleidung eines Ambo gehörten, zeigen Szenen des Alten Testaments und Neuen Testaments in typologischer Anordnung. Als gesichertes Werk gilt auch der Marienschrein in der Kathedrale von Tournai (vollendet 1205), der nach seinem Entwurf von seiner Werkstatt ausgeführt wurde. Auf ihn und seine Werkstatt gehen auch große Teile des Dreikönigsschreins (1181-1230) im Kölner Dom zurück. Zugeschrieben wird ihm ferner der Annoschrein (um 1183; Siegburg, Abtei Sankt Michael).
W. Schulten: Der Schrein der hl. Drei Könige im Kölner Dom (1975);
H. Buschhausen: Der Verduner Altar (Wien 1980).
Nịkolaus
[auchː 'niː-], Paul, eigentlich P. Nikolaus Steiner, Kabarettist, * Mannheim 30. 3. 1894, ✝ (Selbstmord) Zürich 31. 3. 1933; begann 1921 bei der »Wilden Bühne«, ab 1925 beim »Kabarett der Komiker«. Nikolaus gilt als einer der rhetorisch brillantesten und politisch schärfsten Conférenciers der Weimarer Republik.
* * *
Nị|ko|laus [auch: 'ni:ko...], der; -, -e, ugs. oft scherzh. auch: ...läuse [nach einem als Heiliger verehrten Bischof von Myra (wohl 4. Jh.)]: 1. volkstümliche Gestalt mit großer Mütze, langem Gewand u. wallendem Bart, die nach einem alten Brauch den Kindern am 6. Dezember Geschenke bringt: morgen kommt der N. 2. Nikolaustag: morgen ist N.
Universal-Lexikon. 2012.