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Konzentrationslager
KZ; Schutzhaftlager (veraltet); KL; Vernichtungslager

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Kon|zen|tra|ti|ons|la|ger 〈n. 13; Abk.: KZ; 1933-1945〉 Arbeits- u. Massenvernichtungslager für Juden u. Gegner des Nationalsozialismus
Die Buchstabenfolge kon|zen|tr... kann in Fremdwörtern auch kon|zent|r... getrennt werden.

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Kon|zen|t|ra|ti|ons|la|ger, das <Pl. -> [wohl von engl. concentration camp, Bez. für die erstmals 1901 vom brit. Feldmarschall H. H. Kitchener (1850–1916) eingerichteten Internierungslager im Burenkrieg (1899–1902)]:
1. (nationalsoz.) (zur Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft) Lager, in dem Gegner des nationalsozialistischen Regimes sowie Angehörige der als minderwertig erachteten Völker u. andere nicht erwünschte Personengruppen in grausamer Weise unter menschenunwürdigen Bedingungen gefangen gehalten [und in großer Zahl ermordet] werden:
ins K. kommen;
jmdn. in ein K. einweisen;
jmdm. mit K. drohen.
2. (gegen die Genfer Konvention verstoßendes) Massenlager, das Elemente des Arbeits-, Internierungs- u. Kriegsgefangenenlagers sowie des Gefängnisses u. Gettos vereinigt (im 20. Jh. vor allem in Diktaturen zur Unterdrückung der Opposition benutzt):
er bewachte ein K. im Burenkrieg.

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Konzentrationslager,
 
Abkürzung KZ, Massenlager, die Elemente des Arbeits-, Internierungs- und Kriegsgefangenenlagers sowie des Gefängnisses und Gettos vereinigen; dienten seit dem 20. Jahrhundert in diktatorischen Staaten der Unterdrückung und Ausschaltung politischer Gegner. Vorläufer waren die u. a. von der spanischen Kolonialmacht während der Revolution auf Kuba (1895) und von der britischen Armee unter Lord Kitchener im Burenkrieg (1899-1902) errichteten Massenlager für Gefangene. Ab 1917/23 richtete das bolschewistische Russland in seinem Herrschaftsgebiet Zwangsarbeitslager zur Verfolgung der politischen Opposition ein (seit Beginn der 1930er-Jahre im Rahmen des GULAG).
 
Während der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland (1933-45) hatten die Konzentrationslager (offizielle Abkürzung KL) unter der Herrschaft der SS unterschiedliche Funktionen: zunächst Sonderlager für politische Gegner, dann zusätzlich Zwangsarbeitslager (seit 1941/42 auch im Rahmen der Kriegswirtschaft) und nach 1939 Stätten der Massenvernichtung besonders von Juden, Sinti und Roma sowie anderen missliebigen Personengruppen (Vernichtungslager).
 
Nach dem Reichstagsbrand (27. 2. 1933 wurden auf der Grundlage der »VO zum Schutz von Volk und Staat« (28. 2.), die Hitler besonders zur Außerkraftsetzung der Grundrechte in Deutschland diente, politischer Gegner (Kommunisten, Sozialdemokraten u. a.) in polizeiliche »Schutzhaft« genommen oder von der SA und SS willkürlich verhaftet. Erste Konzentrationslager errichteten der damalige kommissarische Polizeipräsident von München, H. Himmler, bei Dachau (20. 3. 1933) sowie SA und SS in Berlin und Umgebung (Columbia-Gefängnis, Oranienburg). Zwischen 1934 und 1937 wurden die »wilden« Lager, z. B. in verlassenen Fabrikgebäuden, in entlegenen Magazinen oder Kasernen, wieder aufgelöst. Die verbliebenen Konzentrationslager Dachau, Oranienburg (später Sachsenhausen), Börgermoor und Esterwegen (»Emslandlager«, 1935/36 beziehungsweise 1936 aufgelöst) sowie Lichtenburg (bei Torgau; 1937 aufgelöst), ingesamt in dieser Zeit etwa 6 000 Inhaftierte, wurden 1934 dem Reichsführer SS, Himmler, unterstellt. Dieser richtete das Amt des »Inspekteurs der Konzentrationslager« ein, der zugleich Befehlshaber der bei den Konzentrationslagern kasernierten SS-Wach- und SS-Totenkopfverbände war (Theodor Eicke, * 1892, ✝ 1943). Nach dem Vorbild von Dachau errichtete die SS neue Konzentrationslager: 1937 in Buchenwald (bei Weimar), 1938 in Flossenbürg (bei Weiden, Oberpfalz) und Mauthausen (bei Linz, nach dem gewaltsamen »Anschluss« Österreichs an das Deutsche Reich) sowie 1939 in Ravensbrück (heute zu Fürstenberg/Havel; Frauenkonzentrationslager). Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 1939 wurde die »Inspektion der Konzentrationslager« (Richard Glücks, * 1889, ✝ 1945) dem neuen SS-Führungsamt, 1942 dem SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamt (WVHA; Owald Pohl, * 1892, ✝ 1951) unterstellt. Das Netz von Haupt- und Nebenlagern wurde ab 1939/40 zunehmend ausgebaut: Neuerrichtung von Konzentrationslagern u. a. in Bergen-Belsen (bei Celle), Neuengamme (bei Hamburg), Groß-Rosen (Regierungsbezirk Breslau), Stutthof (bei Danzig), Natzweiler (in den Vogesen), Auschwitz (bei Krakau; später größtes Vernichtungslager), Majdanek (bei Lublin; später ebenfalls zugleich Vernichtungslager), Theresienstadt (Nordböhmen) und Riga. Im März 1944 gab es 22 Konzentrationslager mit 165 angeschlossenen Arbeitslagern (Außenkommandos; oft Zwangsarbeitslager), zu denen nun durch den Kriegsverlauf (u. a. Luftangriffe) eine Vielzahl von provosorischen Kleinstlagern kamen. Mit Außenstellen, Arbeitserziehungslagern, Jugend- und Polizeihafthaftlagern, in denen die Haftbedingungen denen in Konzentrationslagern stark ähnelten, sowie den vielen Kleinstlagern existierten zeitweise bis über 23 000 Lager im Deutschen Reich und seinem Einflussgebiet.
 
Seit 1935 wurden neben tatsächlichen oder vermeintlichen politischen Gegnern Personengruppen inhaftiert, die aus rassischen, religiösen oder »sozialen« Gründen zu »(Volks-)Gemeinschaftsfremden« und »Volksschädlingen« erklärt wurden (Juden, Sinti und Roma, Geistliche, Bibelforscher, »Arbeitsscheue« und »Asoziale«, Gewohnheitsverbrecher, Homosexuelle). Der gewaltsame »Anschluss« Österreichs an das Deutsche Reich und die Novemberpogrome 1938 (Reichspogromnacht) führten zu einer neuen Verhaftungswelle. Im Zweiten Weltkrieg wurden Widerstandskämpfer aus den besetzten Gebieten inhaftiert. Hinzu kamen Verhaftungen aufgrund des Nacht-und-Nebel-Erlasses. Im Krieg kam die Mehrzahl der Häftlinge in den Konzentrationslagern aus den besetzten Gebieten, bei Kriegsende waren nur noch etwa 5-10 % der Konzentrationslagerinsassen Deutsche. Im März 1942 betrug die Zahl der Häftlinge etwa 100 000, im Januar 1945 etwa 715 000, bewacht von 40 000 SS-Männern, seit 1944 in den Außenlagern auch von Soldaten der Wehrmacht.
 
Seit 1938 wurde der Zwangseinsatz für Unternehmen der SS und später für die Rüstungsindustrie (u. a. IG Farbenindustrie AG) ein wesentlicher Zweck der Konzentrationslager; Zwangsarbeit unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen, Hunger, Seuchen, drakonischen Strafen und sadistischen Quälereien führten dazu, dass viele Häftlinge starben oder schwere gesundheitlichen Schäden davontrugen. In den meisten Konzentrationslagern wurden in Isolierblocks »wissenschaftliche« Experimente an Menschen von SS-Ärzten durchgeführt (u. a. Fleckfieber-, Malaria-, Höhendruck- und Unterkühlungs-, ferner Sulfonamid- und Sterilisationsversuche). Besonders seit 1943 kam es zu Massenvernichtungen von Geisteskranken, kranken Häftlingen, Polen und sowjetischen Kriegsgefangenen (u. a. Euthanasie). Als im Frühjahr 1945 die Lager von Ost nach West verlegt wurden, starben zahllose Menschen auf mörderischen Fußmärschen (»Todesmärsche«).
 
Nach der grundsätzlichen Entscheidung zur Ermordung der europäischen Juden (»Endlösung der Judenfrage«) während der Vorbereitungen des Angriffs auf die Sowjetunion (Sommer 1941) errichtete die SS u. a. bei den Konzentrationslagern in Auschwitz und Majdanek sowie in Culm (polnisch Chełmno), Bełżec, Sobibór und Treblinka technisch-fabrikmäßige Vernichtungslager (Holocaust). Insgesamt befanden sich während der nationalsozialistischen Herrschaft - nach Schätzungen - zwischen etwa 1,6 Mio. (u. a. E. Kogon) und - unter Einbeziehung der Vernichtungslager - 7,2 Mio. Häftlinge in den Konzentrationslagern; die Gesamtanzahl der Opfer wird ebenfalls unterschiedlich angegeben.
 
Möglichkeiten, von der Existenz der Konzentrationslager und den Zuständen in ihnen Kenntnis zu nehmen, bestanden bis zum Ausbruch des Krieges für einen beträchtlichen Teil der deutschen Bevölkerung; Einzelheiten konnten der Bevölkerung durch Verschleierung und Geheimhaltung verborgen bleiben. Was sie tatsächlich wahrnahm, hing vom Ausmaß der ideologischen Vorurteile, der Angst vor dem nationalsozialistischen Terror und der Verdrängung sowie später von den Belastungen des Krieges ab. - In einer Reihe von Prozessen (u. a. Nürnberger Prozesse), die teilweise sehr spät stattfanden, wurden Verantwortliche nach 1945 zur Rechenschaft gezogen.
 
In der SBZ bestanden 1945-50 in den Konzentrationslagern Buchenwald und Sachsenhausen Sonderlager des NKWD für deutsche Zivilpersonen (Speziallager). - Konzentrationslager wurden auch von den Militärjunten in Griechenland (1967-74) und Chile (1973-89) eingerichtet, ebenso von Serben beziehungsweise Kroaten im Krieg in Kroatien sowie in Bosnien und Herzegowina (1992-95).
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Arbeitserziehungslager · Euthanasie · Kommissarbefehl · Kriegsverbrecherprozesse · Nationalsozialismus · SS · Völkermord · Waffen-SS · Zwangsarbeit
 
Literatur:
 
Natsoz. K. im Dienst der totalen Kriegsführung, hg. v. H. Vorländer (1978);
 F. Pingel: Häftlinge unter SS-Herrschaft (1978);
 A. J. Kaminski: K. 1896 bis heute. Eine Analyse (1982);
 W. Grode: Die »Sonderbehandlung 14 f 13« in den K. des Dritten Reiches (1987);
 A. J. Kamiński: K. 1896 bis heute. Gesch., Funktion, Typologie (1990);
 J. Tuchel: K. Organisationsgesch. u. Funktion der »Inspektion der K.« 1934-1938 (1991);
 K. Drobisch u. G. Wieland: System der NS-K. 1933-1939 (1993);
 W. Sofsky: Die Ordnung des Terrors. Das K. (41993);
 
Anatomie des SS-Staates, Beitrr. v. H. Buchheim u. a. (Neuausg. 61994);
 J. Tuchel: Die Inspektion der K. 1938-1945. Das System des Terrors (1994);
 E. Kogon: Der SS-Staat. Das System der dt. K. (Neuausg. 311995);
 H. Langbein: ... nicht wie die Schafe zur Schlachtbank. Widerstand in den natsoz. K.n 1938-1945 (22.-23. Tsd. 1995);
 
K.-Dokument F 321 für den Internat. Militärgerichtshof Nürnberg, hg. v. P. Neitzke u. M. Weinmann (a. d. Frz., 121996);
 T. Segev: Die Soldaten des Bösen. Die Gesch. der KZ-Kommandanten (1997);
 
Das natsoz. Lagersystem, hg. v. M. Weinmann (31998);
 
Die natsoz. K. Entwicklung u. Struktur, hg. v. U. Herbert u. a., 2 Bde. (1998);
 Karin Orth: Das System der natsoz. K. Eine politische Organisationsgeschichte (1999);
 Karin Orth: Die K.-SS. Sozialstrukturelle Analysen und biographische Studien (2000).

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Kon|zen|tra|ti|ons|la|ger, das <Pl. -> [wohl LÜ von engl. concentration camp, Bez. für die erstmals 1901 vom brit. Feldmarschall H. H. Kitchener (1850-1916) eingerichteten Internierungslager im Burenkrieg (1899-1902)]: 1. (nationalsoz.) (zur Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft) Lager, in dem Gegner des nationalsozialistischen Regimes sowie Angehörige der als minderwertig erachteten Völker und andere nicht erwünschte Personengruppen in grausamer Weise unter menschenunwürdigen Bedingungen gefangen gehalten [und in großer Zahl ermordet] werden: dass sie sich gelegentlich bei ihrem Gatten für Juden aus der guten Gesellschaft einsetze - die Juden kamen trotzdem ins K. (K. Mann, Mephisto 27); 1933 wurden die ersten Schwulen in K. gebracht (Schwamborn, Schwulenbuch 104); Schutzhaftbefehle, Einweisungen in K., Vermögensbeschlagnahmen ... und alle sonstigen Maßnahmen der Gestapo waren hierdurch jeglicher Kontrolle entzogen (Fraenkel, Staat 289); Der ... Mann soll am 3. November 1943 an einer Massenmordaktion im K. Majdanek teilgenommen haben (taz 5. 2. 99, 5); Sein (= des Feindsenders) Abhören wurde mit K. bestraft (Lentz, Muckefuck 218); Abk.: KZ. 2. (gegen die Genfer Konvention verstoßendes) Massenlager, das Elemente des Arbeits-, Internierungs- u. Kriegsgefangenenlagers sowie des Gefängnisses u. Gettos vereinigt (im 20. Jh. vor allem in Diktaturen zur Unterdrückung der Opposition benutzt): er bewachte ein K. im Burenkrieg; Die herrschende Clique sei in Serbien unanfechtbar: »Sie haben versucht, ein K. zu bauen, mitten in Europa. Es ist ihnen gelungen ...« (Spiegel 11, 1999, 210).

Universal-Lexikon. 2012.