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Kult
Kult [kʊlt], der; -[e]s, -e:
1. an feste Formen, Riten, Orte, Zeiten gebundene religiöse Verehrung einer Gottheit durch eine Gemeinschaft:
der christliche Kult; der Kult des Dionysos; jmdn. in einen Kult einweihen.
Zus.: Ahnenkult, Marienkult, Sonnenkult, Totenkult.
2. übertriebene Verehrung, die jmdm., einer Sache zuteilwird:
mit diesem Star wird ein richtiger Kult getrieben.
Zus.: Personenkult.

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Kụlt 〈m. 1
1. öffentlicher, geregelter Gottesdienst
2. 〈fig.〉
2.1 übertrieben sorgfältige Behandlung
2.2 übertriebene Verehrung
2.3 Trend, Mode, kultisch gepflegte aktuelle Stilrichtung
● der \Kult hat jetzt auch die Deutschen erfasst; dieser Film ist \Kult sehr beliebt, ist in, liegt im Trend; daraus ist ein richtiger \Kult geworden; einen \Kult pflegen; einen \Kult mit etwas treiben [<lat. cultus „Pflege, Bildung, Verehrung (einer Gottheit)“]

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Kụlt , der; -[e]s, -e [lat. cultus = Pflege; Bildung; Verehrung (einer Gottheit), zu: cultum, 2. Part. von: colere = bebauen, pflegen]:
1. an feste Formen, Riten, Orte, Zeiten gebundene religiöse Verehrung einer Gottheit durch eine Gemeinschaft:
ein heidnischer, der christliche K.;
der K. des Dionysos;
jmdn. in einen K. einweihen.
2.
a) übertriebene Verehrung, die jmdm., einer Sache zuteilwird:
der K. mit dem Star ist geradezu lächerlich;
K. sein (ugs.; bei einer bestimmten Anhängerschaft ein hohes Ansehen, Kultstatus erlangt haben u. deshalb verehrt werden, beliebt sein: der Film, das Buch, die Band ist K.);
b) besondere, übertrieben sorgfältige Form des Umgangs mit einer Sache:
ein K. um die Schönheit;
der K. mit Krawatten, Hemden;
aus etw. einen K. machen.

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Kụlt
 
[lateinisch cultus »Pflege«; »Bildung«; »Verehrung (einer Gottheit)«] der, -(e)s/-e,  
 1) allgemein: übertriebene Verehrung einer Person (Personenkult) oder Sache.
 
 2) Religionswissenschaft und Theologie: Kụltus, der Versuch, in gemeinschaftlichem, durch gewachsene Überlieferung oder Festsetzung rituell geregeltem Handeln sich das Heilige und das Heil an »heiligen Orten« und zu »heiligen Zeiten« anzueignen, sich der religiösen Erfahrung zu vergewissern und Gefahren, die von übermenschlichen Kräften oder von einem zürnenden Gott drohen könnten, durch Tabu- und Abwehrriten oder Bußrituale abzuwehren. In frühen Formen von Religion, oft auch noch in Universalreligionen, können der Kult, der einen ehrfurchtsvollen Umgang mit dem Heiligen voraussetzt, und die Magie, in der das Heilige manipuliert werden soll, nicht immer exakt voneinander abgegrenzt werden. Religionen bilden Kultgemeinschaften, in deren Auftrag die Riten vollzogen werden. Je nach gesellschaftlicher Entwicklung wird der Kult durchgeführt von Familien- oder Sippenoberhäuptern, Stammesführern, Königen, Medizinmännern, Schamanen, Priesterschaften oder anderen autorisierten Personengruppen. Die Beauftragung zur Durchführung des Kults kann durch Anerkennung gewachsener Autorität oder durch amtliche Einsetzung (z. B. Ordination) erfolgen. Kult besteht immer in Handlungen, die von Worten (mythischen Erzählungen, Legenden, Deuteworten) begleitet sind. Gelegentlich gewinnt der Kult dabei den Charakter eines heiligen Dramas (kulturelles Theater).
 
Allgemein kann Kult verstanden werden als ehrfurchtsvolle Reaktion auf die Erfahrung des Heiligen, als Hingabe. Diese Hingabe drückt sich in frühen religiösen Traditionen v. a. in Opfern aus, durch die den übermenschlichen Kräften, Göttern oder Gott eine wertvolle - oft symbolische - Gabe dargebracht wird, auf die in der Regel eine positive Reaktion erwartet wird; Opfergaben können - häufig im Kontext heiliger Mahlzeiten - Pflanzen, Tiere, wertvolle Gegenstände oder auch Menschen sein. Die Universalreligionen kennen grundsätzlich keinen Opferkult mehr. An seine Stelle treten andere Zeichenhandlungen: Worte, Lieder, Gebete gewinnen zentrale Bedeutung. Dies gilt auch für das Christentum, dessen grundlegende kulturelle Feier des Erlösungswerkes (»Kreuzesopfers«) Christi in Abendmahl, Eucharistiefeier oder Messe ein gemeinschaftliches Gedächtnismahl ist. Der Opferkult lebt v. a. in den Vorstellungen der Volksreligiosität weiter.
 
Daneben hat die Kultpraxis eine Fülle von Formen hervorgebracht: Anbetung und Verehrung (Adoration), Reinigungsriten, Salbungen, Besprengen oder Übergießen mit Wasser, Blut oder Öl, heilige Mahlzeiten, Beschneidungen, Prozessionen, Umgänge, Singen, Tanzen, Spiel, Handauflegungen, Verbrennen von Duftstoffen, Tempelprostitution und heilige Hochzeit (Hieros Gamos). Weil der Kult als sakral empfunden wird, ist er von einer Reihe von Tabuvorschriften umgeben, die auf die kulturelle Handlung vorbereiten, z. B. rituelle Reinigung, Fasten, sexuelle Enthaltsamkeit oder Buße. Entsprechend dem Kreislauf der Jahreszeiten ergab sich die Vorstellung von bestimmten heiligen Zeiten (Festkalender, Kirchenjahr). Ein täglicher Kult, der sich am Wechsel von Tag und Nacht orientiert, scheint sich erst später ausgebildet zu haben. In manchen religiösen Traditionen führte er zu einer kulturellen Begehung des ganzen Tages (z. B. das Stundengebet in den christlichen Ordensgemeinschaften). Daneben findet sich eine kulturelle Begleitung der großen Zäsuren im menschlichen Leben (Geburt, Pubertät, Ehe, Krankheit, Tod), der Aufnahme in eine Religions- oder Berufsgruppe und weitere für die Gemeinschaft wichtige Ereignisse (z. B. Kriege, Friedensschlüsse).
 
Vereinfacht lassen sich zwei Typen von Kult unterscheiden: ein sich am Ablauf der Natur und ein sich an der Geschichte (Heilsgeschichte) orientierender Kult. Im ersten Fall geht es grundsätzlich um die Begehung des immer wiederkehrenden Naturzyklus, wobei aber je nach ökonomischen und kulturellen Voraussetzungen verschiedene Inhalte im Vordergrund stehen (in der Prähistorie: Verehrung der »göttlichen« Natur, die Nahrung spendet und den Tod bringt; in Ackerbaukulturen: Feier von Frühjahrs- und Erntefesten). In dieser Linie kommt es später zur Ausbildung einer (monistischen) kosmischen Religiosität, in der Kult die Funktion hat, an bestimmten Raum-Zeit-Punkten den Einbruch des sakralen Göttlichen (aus der Vertikale, »von oben«) in diese zerrissene und profane Welt zu gewährleisten. V. a. der Kult monotheistischer Religionen stellt demgegenüber die Heilsgeschichte in den Mittelpunkt (im Judentum z. B. den Auszug aus Ägypten; im Christentum Geburt, Tod und Auferstehung Jesu); auch die aus der Tradition übernommenen jahreszeitlichen Feste (im Christentum z. B. Weihnachten, Pfingsten) werden heilsgeschichtlich gedeutet. Zum christlichen Kult Liturgie.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Gebet · Gottesdienst · Magie · Opfer · Rites de Passage · Ritus
 
Literatur:
 
K. Goldammer: Formenwelt des Religiösen (1960);
 K. Goldammer: K.-Symbolik des Protestantismus (1960);
 
Anthropologie des K. Beitr. v. A. Hahn u. a. (1977);
 
K. u. Erfahrung, hg. v. H. Behnken (1985);
 W. Jetter: Symbol u. Ritual. Anthropolog. Elemente im Gottesdienst (21986);
 
Kulte, Kulturen, Gottesdienste. Öffentl. Inszenierung des Lebens, hg. v. P. Stolt u. a. (1996).

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Kụlt, der; -[e]s, -e [lat. cultus = Pflege; Bildung; Verehrung (einer Gottheit), zu: cultum, 2. Part. von: colere = bebauen, pflegen]: 1. an feste Formen, Riten, Orte, Zeiten gebundene religiöse Verehrung einer Gottheit durch eine Gemeinschaft: ein heidnischer, der christliche K.; der K. des Dionysos; Ich studierte die -e der Indianer, um mich abzulenken (Drewitz, Eingeschlossen 178); jmdn. in einen K. einweihen; Ü Die Qual des Zöpfeflechtens ... erschien mir nötig, war ein Opfer, gehörte zum K. (Rinser, Jan Lobel 4). 2. a) übertriebene Verehrung, die jmdm., einer Sache zuteil wird: der K. mit dem Star ist geradezu lächerlich; Wenngleich der K., den sie mit ihrem Einzigen treibt, leer ist (Strauß, Niemand 114); *K. sein (ugs.; bei einer bestimmten Anhängerschaft ein hohes Ansehen, Kultstatus erlangt haben u. deshalb verehrt werden, beliebt sein; dem Zeitgeschmack einer bestimmten Gruppe entsprechen): Heinz Erhardt, die Rocky Horror Picture Show ist K.; Rothaarig ist nämlich K. (Woche 18. 4. 97, 34); b) besondere, übertrieben sorgfältige Form des Umgangs mit einer Sache: ein K. der Schönheit; der K. mit Krawatten, Hemden; der K. um Beaujolais Primeur (Stuttg. Zeitung 17. 11. 89, 19); aus etw. einen K. machen.

Universal-Lexikon. 2012.