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Weihnachten
Weihnachtsfest; Fest der Liebe; Heiligabend; Heiliger Abend; Weihnacht

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Weih|nach|ten ['vai̮naxtn̩], das; -, - <meist ohne Artikel>:
Fest der Geburt Christi:
Weihnachten war verregnet; [(bes. nordd.:) zu/(bes. südd.:) an] Weihnachten verreisen; wir hatten ein schönes Weihnachten; <landschaftlich und in bestimmten Wunschformeln und Fügungen auch im Plural:> wir hatten schöne Weihnachten; fröhliche Weihnachten!
Syn.: Heiligabend.

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weih|nach|ten 〈V. intr.; hat; unpersönl.〉 es weihnachtet es geht auf Weihnachten zu, weihnachtl. Stimmung verbreitet sich

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weih|nach|ten <sw. V.; hat; unpers.>:
auf Weihnachten zugehen [u. eine weihnachtliche Atmosphäre verbreiten]:
es weihnachtet bereits.

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I
Weihnachten
 
[zu mittelhochdeutsch ze wīhen nahten »in den heiligen Nächten«], Weihnachtsfest, Chrịstfest, lateinisch Nativitatis Dọmini, Natalis Dọmini, das Fest der Geburt Jesu Christi; eines der Hauptfeste im Kirchenjahr. Seit dem 4. Jahrhundert (erstmals 336 in Rom) am 25. 12. gefeiert. Die Gründe für die Festlegung auf diesen Tag sind nicht eindeutig. Einige Quellen des 3. Jahrhunderts »errechneten« den 25. 12. als tatsächlichen Geburtstag Jesu unter Annahme des 25. 3. (Zeit des Frühlingsanfangs) als Tag seiner Empfängnis. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Weihnachten dem am gleichen Tag begangenen römischen Staatsfest der Geburt des unbesiegbaren Sonnengottes Sol invictus - dieses im christlichen Sinne umdeutend - gegenübergestellt wurde, sodass die Tradition von Weihnachten wohl in die 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts zurückreicht. V. a. im Westen löste Weihnachten schon bald das ältere Fest Epiphanie ab (als Geburtsfest Jesu heute nur noch in der armenischen Kirche begangen) und verbreitete sich rasch. Seit dem 5. Jahrhundert wurde Weihnachten mit einer Zeit der Vorbereitung verbunden (Advent). Im 6./7. Jahrhundert entstand im Westen die seither in der katholischen Kirche bewahrte Tradition, Weihnachten mit drei Messen zu feiern: in der Nacht vor dem Weihnachtstag mit der Christmette (»Missa in nocte«), am Morgen des Weihnachtstages mit der »Hirtenmesse« (»Missa in aurora«) und am Weihnachtstag selbst mit der eigentlichen Festmesse (»Missa in die«). Im Brauchtum verlagerte sich die Weihnachtsfeier zunehmend auf die Weihnachtsvigil, den Abend des 24. 12. (Christnacht, Heiliger Abend, Heilige Nacht).
 
Kulturgeschichte
 
und Brauchtum: Der Besuch der mitternächtlichen Christmette, der Gang durch die Dunkelheit zu der vom Licht der Weihnachtskerzen erfüllten Kirche, ist alte Tradition. Sie wurde auch im evangelischen Bereich beibehalten oder wieder aufgenommen. In ländlichen Gebieten pflegte früher jede Hausgemeinschaft die Christnacht in der großen Stube zu verbringen. Man hatte einen Weihnachts- oder Christblock eingeholt, der auf der offenen Herdstelle abbrannte. Vielerorts war der Boden mit Weihnachtsstroh (zum Gedenken an das Strohlager im Stall zu Bethlehem) belegt, auf dem alle nach der Christmette bis zum ersten Feiertagsamt (»Hirtenamt«) schliefen (z. B. im Salzburger Land und im Burgenland). Zum kirchlichen wie häuslichen Brauchtum gehört bis heute das Aufstellen einer Weihnachtskrippe (Krippe).
 
Das außerkirchliche Brauchwesen ist davon bestimmt, dass der 25. 12. von 1310 bis zur Einführung des gregorianischen Kalenders 1582 in Deutschland als Jahresanfang galt (Nativitätsstil, Jahr); die vorangegangene Christnacht blieb jedoch als Erste der Zwölf Nächte für heidnische Glaubensvorstellungen und Bräuche weiterhin bedeutsam, und außerdem wirkten Relikte von Wintersonnwendfeiern (Jul) nach. Erst im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit entwickelten sich aus überkommenem Brauchgemisch besondere, auf das Fest der Geburt Christi bezogene Brauchformen zu neuen volkstümlichen Traditionen (Weihnachtsbrauch), die den heutigen überregionalen Charakter von Weihnachten prägten.
 
Die häusliche Weihnachtsfeier mit der Bescherung der Kinder bildete sich im 16. Jahrhundert in der sozialen Oberschicht evangelischer Gebiete aus, denn das »Christkind« sollte die Menschen beschenken, nicht ein Heiliger; in katholischen Gebieten blieb der Nikolaus der Gabenbringer für die Kinder. Auf dem Land hat sich die gabenreiche Weihnachtsfeier mit der Übernahme bürgerlicher Bräuche erst um 1900 eingebürgert. Gabenbringer wurde der nun weltliche Weihnachtsmann. Bereichert wurde die evangelische Hausfeier durch den Besuch der Kurrendesänger (Kurrende) und Weihnachtslieder, danach durch Spiele der Einkehr des heiligen Christ (Weihnachtsspiele) und schließlich durch den Weihnachtsbaum, der zum zentralen Sinnbild für Weihnachten wurde. An seine Stelle waren im 18. Jahrhundert in einigen Gegenden Deutschlands auch andere Lichtträger getreten, z. B. figürliche (Engel, Bergmann) oder geometrische aus Holz geschnitzte Kerzenhalter (Schwibbögen im Erzgebirge, reifenförmige Lichtkronen beziehungsweise Hängeleuchter, auch »Weihnachtsspinnen« genannt) sowie unterschiedliche Weihnachtsgestelle aus Holzstäben, immergrünen Zweigen, Papierschnitzeln und Äpfeln, so v. a. die ursprüngliche Weihnachtspyramide; nach vereinzeltem Vorkommen schon um 1860 kam nach 1918 der Adventskranz hinzu. In München wurde 1904 der erste Adventskalender gedruckt.
 
Aus gewöhnlichen Wochenmärkten zu Kirchenfesten sind die Weihnachtsmärkte hervorgegangen; an Weihnachten bereits 1310 in München nachgewiesen, für das 15. Jahrhundert in Dresden (Striezel), Mitte des 16. Jahrhunderts in Nürnberg; sie bieten jedoch erst seit dem 18. Jahrhundert Weihnachtliches an. - Neben dem Schenken bestimmt heute das festliche Essen (Weihnachtsgans, in vielen Ländern Truthahn) das in Deutschland v. a. in der Familie gefeierte Weihnachtsfest, für das besonderes Gebäck bereitet wird, v. a. Weihnachtsplätzchen, die in ihrer (Ausstech-)Form oft noch an die früher weit verbreiteten Gebildbrote erinnern, und Christstollen (Stollen). - Jedes Land hat seine eigenen Weihnachtsbräuche entwickelt. So werden u. a. Geschenke in Nordeuropa am 6. 12. vom Heiligen Nikolaus (»Julbock«), am 25. 12. vom »Jultomte« (Kobold) gebracht, am 6. 1. (Dreikönigstag) in Spanien und Lateinamerika von den Heiligen Drei Königen, in Italien von der Hexe Befana. In der UdSSR feierte man lange das »Jolka«- beziehungsweise Neujahrsfest, wobei »Großväterchen Frost« (russisch Ded Moros) und seine »Enkelin« Snegurotschka (Schneewittchen) Geschenke verteilten. (Advent, Neujahr, Sternsingen)
 
Literatur:
 
I. Weber-Kellermann: Das Weihnachtsfest. Eine Kultur- u. Sozialgesch. der Weihnachtszeit (21987);
 F.-R. Weinert: Der Weihnachtsfestkreis. Liturgie u. Brauchtum (1993);
 R. Vossen: Weihnachtsbräuche in aller Welt (51994).
 
II
Weihnachten
 
Den ursprünglichen Inhalt des Weihnachtsfests bildet das Ereignis der Geburt Jesu. Es gibt jedoch keine gesicherten historischen Zeugnisse von seiner Geburt und die biblischen Erzählungen dienen vor allem der Verkündigung seiner Lehre. Dass die Geburt Jesu am 25. Dezember gefeiert wird, ist wahrscheinlich einem heidnischen Fest zu verdanken: dem Geburtstagsfest des römischen Sonnengottes, das durch das Weihnachtsfest verdrängt werden sollte. Auch andere heidnische Feste und Kulte um die Wintersonnenwende gehören zur Vorgeschichte des Weihnachtsfests.
 
Das Weihnachtsfest breitete sich rasch aus und verschiedene Brauchformen gingen in es ein. Stellte man schon bald Nachbildungen der biblischen Figuren in Weihnachtskrippen auf, so führten später Akteure die biblische Geschichte auch in dramatisierter Form als Krippen-, Weihnachts- oder Hirtenspiele auf. Als die ersten Weihnachtslieder erklangen, war der Widerhall noch recht beschränkt. Weihnachtsbäume wurden aufgestellt, von manchen Geistlichen wegen des Zierrats und Naschwerks als Unsinn abgelehnt, obwohl sie gerade mit dem Naschwerk auf ein Ereignis aus der biblischen Urgeschichte des Menschen zurückverweisen: den Sündenfall. Erst später verwandelte sich der Weihnachtsbaum vom sinnbildhaften Sündenbaum zum schmuckvollen Lichterbaum. Das Weihnachtsgebäck veränderte sich zwar auch äußerlich, verlor aber vor allem seine übernatürliche Bedeutung. Unverändert erhalten hat sich jedoch der Christstollen. Die Weihnachtsgeschenke schließlich gewannen an weltlichem Wert, während sich der Marktanteil der Weihnachtsmärkte verringerte.
 
 Quellen und Elemente der Weihnachtsgeschichte
 
Die beiden Hauptquellen der Weihnachtsgeschichte, die Evangelien nach Lukas und nach Matthäus, sind weniger biografische Berichte des Lebens Jesu Christi als vielmehr Darstellungen seiner Lehre: der »frohen Botschaft« vom nahen Reich Gottes. Beide wurden etwa 50 bis 60 Jahre nach Jesu Tod verfasst und beruhen ihrerseits, nach der weitgehend akzeptierten Zweiquellentheorie, zum einen auf dem älteren Markusevangelium, zum anderen auf der Logienquelle, einer Sammlung von Jesu Worten, sowie auf Sonderquellen.
 
Es gibt keine gesicherten historischen Zeugnisse von den wenigen Einzelheiten, die in den beiden jüngeren synoptischen Evangelien über die Geburt Jesu erzählt werden: von Maria und Joseph, der Krippe in Bethlehem, dem in Windeln gewickelten Kind; ferner von den Hirten auf dem Felde, denen ein Engel des Herrn das Ereignis der Geburt des Erlösers verkündet und die sich daraufhin zur Krippe begeben (vgl. Lk. 2, 4-20); ebenso wenig von den Weisen aus dem Morgenland, den später so genannten Heiligen Drei Königen, die von einem Stern nach Bethlehem zur Krippe geleitet werden und dort das Kind beschenken (vgl. Matth. 2, 1-12).
 
 Probleme und Theorien der Datierung des Weihnachtsfests
 
Der Zeitpunkt, zu dem Jesus, historisch gesehen, zur Welt gekommen ist, liegt weitgehend im Dunkeln. Schon in frühchristlicher Zeit gab es verschiedene Datierungen, besonders was den Tag von Jesu Geburt betrifft.
 
Seit wann die Geburt Jesu am 25. Dezember gefeiert wird, ist nicht genau zu bestimmen. In dem Chronographen aus dem Jahre 354, einem Staatshandbuch für den Bereich der Stadt Rom, findet sich der erste Beleg für dieses Datum, wobei es bereits für das Jahr 336 vorausgesetzt wird. Daraus ist zu schließen, dass in Rom schon vor 336 ein christliches Fest zur Geburt Jesu am 25. Dezember begangen wurde.
 
Aus welchen Gründen der 25. Dezember als Jesu Geburtsdatum festgesetzt wurde, ist in der Forschung umstritten. Hauptsächlich zwei Hypothesen werden ins Feld geführt: Nach der Berechnungshypothese habe der 25. März nicht nur als Jesu Todestag, sondern auch als der Tag seiner Empfängnis gegolten; und von diesem Termin aus sei der 25. Dezember als Jesu Geburtsdatum berechnet worden. Nach der Verdrängungshypothese sei das christliche Fest zur Geburt Jesu deshalb auf den 25. Dezember gelegt worden, weil an diesem Tag im Römischen Reich der Geburtstag des Gottes Sol invictus, der »unbesiegten Sonne«, gefeiert wurde; das heidnische Fest zur Geburt des Sonnengottes sollte also durch das Fest zur Geburt des Gottessohnes Jesus, gleichsam als der wahren Lichtquelle, verdrängt werden. Im Gegensatz zur ersten Hypothese lassen sich für die zweite historische Belege finden.
 
 Heidnische Feste und Kulte um die Wintersonnenwende
 
Als der römische Kaiser Aurelian ab 274 den Geburtstag des Sonnen- und Reichsgottes Sol invictus am 25. Dezember offiziell feiern ließ, fiel die Wintersonnenwende infolge der Abweichung des Kalenderjahrs vom Sonnenjahr auf diesen Tag: Mit dem Kult des Sonnengottes wurde im Römischen Reich offensichtlich das Phänomen gefeiert, dass die Sonne, von der Nordhalbkugel aus gesehen, scheinbar an ihrem Tiefstand ankommt und umkehrt, also nun auf der Nordhalbkugel die Tageslichtdauer wieder zunimmt.
 
Schon zuvor hatten die Anhänger des Mithraskultes an diesem Tag den Geburtstag ihres Gottes Mithras gefeiert, eines ursprünglich persischen Gottes des Rechts und der Ordnung, der später auch als Sonnengott verehrt, von den Griechen mit ihrem Sonnengott Helios identifiziert und schließlich im 1. Jahrhundert n. Chr. von den Römern importiert wurde. Darstellungen aus römischer Zeit zeigen Mithras denn auch nicht nur dem Kult gemäß einen Stier tötend, sondern auch dem griechischen Sonnengott gleich den Sonnenwagen lenkend.
 
Ein weiteres wichtiges römisches Fest um die Zeit der Wintersonnenwende waren die Saturnalien, die ab dem 17. Dezember mehrere Tage lang zu Ehren des römischen Gottes Saturn gefeiert wurden. Nach der römischen Mythologie hatten die Menschen der Vorzeit unter seiner Herrschaft im goldenen Zeitalter gelebt, das durch einen paradiesischen Idealzustand gekennzeichnet ist: durch Fülle oder gar Überfluss an Gütern sowie Eintracht und Zufriedenheit unter den Menschen. Und an eben dieses goldene Zeitalter sollten die Saturnalien durch ausgiebiges Essen und Trinken sowie gegenseitige Geschenke erinnern.
 
In nördlicheren Gefilden feierten die Germanen wohl vor der Wintersonnenwende das Julfest. Da die Germanen im hohen Norden die Zeit der Finsternis und Kälte als Bedrohung empfanden, errichteten sie zur Wintersonnenwende an hervorgehobenen Stellen große Holzstöße und entfachten Feuer, um die Sonne gleichsam zur Wiederkehr zu veranlassen sowie die Finsternis samt all ihren bösen Geistern zu vertreiben. Im Weihnachtsbrauchtum fanden die mit lodernder Flamme brennenden Holzstöße in verkleinerter Form und veränderter Bedeutung ihre Fortsetzung als Jul- oder Christblöcke, die ursprünglich mit Fruchtbarkeitskulten verknüpft waren: Insbesondere in Skandinavien und Britannien schleifte man große Holzblöcke aus dem Wald nach Hause und umwand sie mit immergrünen Zweigen, bevor man sie am ersten Weihnachtstag dem Feuer anheim gab. Dem brennenden Julblock bzw. seinen Überbleibseln schrieb man Unheil abwehrende oder die Fruchtbarkeit steigernde Kraft zu.
 
 Ausbreitung des kirchlichen Weihnachtsfests
 
Von Rom aus hat sich das Weihnachtsfest in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts rasch nach Nordafrika, Oberitalien, Spanien sowie in den Orient verbreitet. Es entwickelte sich bald zum beliebtesten christlichen Fest. In Deutschland dürfte es sich im 7./8. Jahrhundert durchgesetzt haben. Das Weihnachtsfest wurde in Deutschland zunächst unter verschiedenen Namen begangen wie »Christfest« oder »Lichtfest«. Die Bezeichnung »Weihnachten« ist erst seit dem 12. Jahrhundert belegt; die Zusammensetzung enthält das untergegangene mittelhochdeutsche Adjektiv »wîch« mit der Bedeutung »heilig« und geht zurück auf die Zeitbestimmung »ze wîhen nahten«, was also »in den heiligen Nächten« bedeutet.
 
Dass man das Weihnachtsfest bereits an Heiligabend, am 24. Dezember, beginnen lässt, ist eine jüngere Entwicklung, die mit der Vorverlegung der Christmette auf den vorhergehenden Abend oder gar Nachmittag zusammenhängt. Die Christmette hat ihren Ursprung in der liturgischen Regel, dass den großen kirchlichen Festen eine Vigil (wörtlich »Nachtwache«), d. h. eine ursprünglich nächtliche Vorbereitungsfeier vorauszugehen habe. Heutzutage veranstalten die Kirchen zwar wieder regelrechte Mitternachtsmetten, bieten aber auch Christvespern sowie andere Abend- oder Nachmittagsgottesdienste an, sodass den Kirchenbesuchern bei der Gestaltung des Weihnachtsfests im Familienkreis ein annehmbarer Spielraum gewährt wird.
 
 Darstellungen der Weihnachtskrippe
 
Um 360 ließ Papst Liberius in Rom über den vermeintlichen Resten der Krippe Jesu eine Basilika mit einer Krippenkapelle errichten. Da das lateinische Wort für Krippe, »praesepe«, auch Stall bedeutet, wurde im Bereich der römischen Kirche meist ein Stall als Umgebung der Krippe dargestellt, während die Ostkirche, sich auf eine Stelle des apokryphen Jakobusevangeliums berufend, als Ort von Jesu Geburt eine Felsenhöhle annahm. Die Krippe wurde zunächst als schlichter Futtertrog abgebildet, erst später als Kreuzkrippe ausgeformt.
 
Jesus sieht meist älter als ein Säugling aus, liegt aber gemäß dem biblischen Wortlaut in Windeln gewickelt in der Krippe. Maria sitzt oder liegt in den älteren Darstellungen oft abseits von ihrem Kind auf einem Ruhebett. Erst in späteren Darstellungen rücken Mutter und Kind in ein innigeres Verhältnis und schließlich dominiert der Typ der Madonna, die das heilige Kind anbetet. Joseph ist stets als alter Mann gezeigt - ein Verweis auf die Jungfräulichkeit Marias; auf späteren Darstellungen tritt er meist in Marias oder Jesu Dienst, indem er etwa Wasser schöpft oder Feuer entfacht.
 
Neben dem kleinen Jesus, Maria und Joseph treten seit Anfang des 11. Jahrhunderts die beiden vernunftlosen Tiere Ochs und Esel als Staffage auf. Sie verdanken ihren Auftritt wahrscheinlich dem Pseudomatthäusevangelium aus dem 8. Jahrhundert: In ihm erscheinen sie zum ersten Mal um das Jesuskind an der Krippe stehend, es sogar anbetend. Die beiden Tierfiguren haben verschiedene Auslegungen erfahren; so wurden sie als Repräsentanten aller nicht menschlichen Kreaturen gedeutet oder als Symbole der Stier- bzw. Eselskulte, die die Unterwerfung der heidnischen Kulte unter das Christentum signalisieren sollen.
 
Die Hirten mit ihren Tieren, meist weißen Schafen und schwarzen Ziegen, werden zunächst vor allem in der weiteren Umgebung der Krippe zum Zeitpunkt der Verkündigung des Engels dargestellt, der seine Botschaft fast immer von einem Berg herab verbreitet; später wird eher der Augenblick der Anbetung der Hirten bevorzugt oder beide Szenen werden verbunden.
 
Die Figuren der Magier, der drei Weisen aus dem Morgenland, traten zunächst vor allem in Darstellungen östlicher Herkunft auf, konnten sich aber in westlichen Darstellungen ansiedeln. Prunkvoll gekleidet, reisen sie geleitet von einem Stern nach Bethlehem oder beten, an der Krippe kniend, das heilige Kind an.
 
Im Laufe der Zeit wurde die Krippenlandschaft immer reicher ausgestattet und genauer den örtlichen Gegebenheiten angepasst: Im Zentrum stand zunächst die Krippe mit dem Jesuskind, Maria und Joseph, Ochs und Esel, der Stall mit dem Stern; dann kamen die Hirten mit Tieren hinzu sowie der Engel auf einem aufragenden Krippenberg, später auch die Magier mit Geschenken; auf dem Berg wurde oft noch eine heilige Stadt aufgebaut, die Bethlehem oder Jerusalem, seltener Nazareth darstellen sollte. Mehr und mehr wurden die Hirten und Könige in der Landestracht gekleidet.
 
 Weihnachts-, Krippen- und Hirtenspiele
 
Im 12. Jahrhundert begann man damit, die biblische Weihnachtsgeschichte um die Krippe szenisch in der Kirche aufzuführen. Ein solches Krippenspiel bildete den Introitus, den Eingang, zur Messe des ersten Weihnachtstages und beinhaltete einen »Tropus«, eine textliche und musikalische Erweiterung des liturgischen Gesangs.
 
Dass das Krippenspiel bald auch außerhalb der Kirche populär wurde, ist wohl in erster Linie Franz von Assisi zu verdanken. Zumindest ist besonders die von ihm inszenierte Krippenfeier von Greccio in der Nacht zum 25. Dezember 1223 bekannt geworden: Franz von Assisi ließ dort im Wald eine Krippe mit Heu aufstellen und Akteure als biblische Figuren sowie Ochs und Esel als Staffage auftreten; er wollte damit vor allem die erbärmliche Not, die Jesus schon bei seiner Geburt erleiden musste, leibhaftig vor Augen führen.
 
Während der Reformator Martin Luther die Weihnachts- und Krippenspiele zunächst entschieden abgelehnt hatte, stimmte er solchen verweltlichten Formen der Glaubensvermittlung später zu. Die reformatorisch-protestantischen Weihnachtsspiele hielten sich in der Regel streng an den Bibeltext in lutherischer Übersetzung und verhehlten nicht ihren lehrhaft-erzieherischen Charakter. Weite Verbreitung fand das Weihnachtsspiel des Nürnberger Meistersingers Hans Sachs von 1557. Aus dem 17. Jahrhundert überlieferte evangelische Weihnachtsspiele, in denen gespielte Szenen mit gesungenen Liedern wechseln, wurden vereinzelt noch oder wieder im 20. Jahrhundert aufgeführt, so die Weihnachtsspiele aus Oberufen bei Preßburg (1693 als Druck veröffentlicht) und aus Steinheim an der Murr (1688 verfasst).
 
Im zweiten Drittel des 16. Jahrhunderts brachten die Jesuiten Hirtenspiele auf, die zunächst als Dialoge angelegt und den »Eklogen«, den vor allem romanischen Hirtengedichten, nachgebildet waren. Solche Hirtenspiele jesuitischer Herkunft sind im deutschen Sprachraum erstmals 1566 belegt, so eine »Ecloga pastoralis« für die Jesuitenkirche in Prag. Auch jesuitische Oppositionelle, die Begleiterscheinungen bei den Aufführungen wie Massenaufläufe, Lärm und Zerstreuung beklagten, konnten die rasche Verbreitung der Hirtenspiele nicht verhindern. Anfang des 16. Jahrhunderts wurden sie auch von den Benediktinern aufgegriffen und in der Folgezeit zu immer größeren Spielen ausgebaut. Schließlich gingen die Hirtenspiele meist weit über die Einzelheiten hinaus, die in den Evangelien über die Hirten erzählt werden, und bezogen auch außerbiblische Ereignisse aus dem Alltagsleben mit ein. Manchmal wurde ihnen ein »Paradeisspiel« vorausgeschickt, in dem der Sündenfall des ersten Menschenpaares als alttestamentliche Vorgeschichte der Erscheinung des Erlösers Jesus nachgespielt wurde. Vereinzelt wurden Hirtenspiele aus jesuitischer Tradition noch im 20. Jahrhundert aufgeführt, so das Illertisser und das Bad Ischler Krippenspiel.
 
 Weihnachtslieder
 
Weihnachtslieder sind seit Ende des 11., Anfang des 12. Jahrhunderts vor allem als Krippen- und Hirtenlieder bezeugt. Das älteste überlieferte Weihnachtslied »Sei uns willkommen Herre Christ« wird in einem Aachener Evangelienbuch um 1100 erwähnt. Sofern die frühen Weihnachtslieder zur Liturgie gehörten, blieb ihr Vortrag den Priestern oder kirchlichen Sängern vorbehalten; die Gemeinde durfte dann nur mit refrainartigen Formeln antworten. Die nicht liturgischen Weihnachtslieder sind meist den Weihnachtsspielen entsprungen; bekannte volkstümliche Weihnachtslieder aus dem 13. bis 15. Jahrhundert wie »Gelobt seist du, Jesu Christ« werden noch heute gesungen. Im Zuge der lutherischen Reformation wurde der Gesang der Gemeinde aufgewertet und in die Liturgie einbezogen. Martin Luther verfasste auch selbst einige Weihnachtslieder wie »Vom Himmel hoch, da komm' ich her«.
 
Die meisten heute gebräuchlichen Weihnachtslieder entstammen dem 18. oder 19. Jahrhundert; so »Ihr Kinderlein kommet« (1796 geschrieben von Christoph von Schmid, vertont von Johann Abraham Schub), »O du fröhliche, o du selige« (1806 von Johannes Daniel Falk geschrieben zur Melodie eines alten sizilianischen Seemannslieds) und »Stille Nacht, heilige Nacht« (1818 geschrieben von Joseph Mohr, vertont von Franz Xaver Gruber). Unterdessen verlagerte sich das Weihnachtsfest von der Kirche mehr in die Häuser und die Weihnachtslieder wurden verstärkt im Kreis der Familie gesungen.
 
 Der Weihnachtsbaum und sein Schmuck
 
Die ältesten historischen Zeugnisse für das Aufstellen von mit Zierrat behängten Nadelbäumen an Weihnachten stammen aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. So berichtet die Bremer Zunftchronik von 1570 von einem mit Äpfeln, Nüssen, Datteln, Brezeln und Papierblumen behängten Tannenbäumchen, das zu Weihnachten im Zunfthaus aufgestellt wurde und das die Kinder der Zunftgenossen abschütteln durften. Die frühesten in öffentlichen Räumen oder zu Hause aufgestellten Weihnachtsbäume sind im Elsass belegt. Ein Zeugnis aus Straßburg spricht von Tannenbäumen, die in den Stuben aufgerichtet sind und mit bunten Papierrosen, Äpfeln, Oblaten, Rauschgold und Zuckerwerk verziert sind.
 
Die mit solchem Zierrat versehenen Weihnachtsbäume stießen allerdings bei manchen Geistlichen auf entschiedene Ablehnung. Eine berühmte Quelle hierfür findet sich in dem Katechismusbuch des evangelischen Straßburger Predigers Johann Conrad Dannhauer von 1657: Dannhauer rechnet zu den »Lappalien, damit man die alte Weihnachtszeit oft mehr als mit Gottes Wort und heiligen Übungen zubringt«, auch »den Weihnachts- oder Tannenbaum, den man zu Hause aufrichtet, denselben mit Puppen und Zucker behängt und ihn hernach schütteln und abblühen lässt«, und nennt ihn ein »Kinderspiel«.
 
Indessen hat der anscheinend weltliche Baumzierrat selbst einen durchaus ernsthaften biblischen Hintergrund: Das scheinbar bloße Nasch- und Blendwerk verweist auf den Sündenfall. Und der Weihnachtsbaum versinnbildlicht insofern den »Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen« im Garten Eden, von dem zu essen Gott der Herr den beiden ersten Menschen, Adam und Eva, verboten hatte, von dem die beiden aber, verführt von der listigen Schlange, doch aßen. Augenfälliges Sinnbild des Sündenfalls sind die Äpfel, die ursprünglich zum festen Bestandteil des Weihnachtsbaumzierrats gehörten: Die Frucht vom Baum der Erkenntnis, von der Adam und Eva verbotenerweise aßen, wird zwar in der Bibel nicht benannt, sie wurde aber nach alter Tradition aufgrund der Gleichschreibung der lateinischen Wörter »malum« für Übel und »mâlum« für Apfel stets als Apfel dargestellt.
 
So lästig der Sündenfall für die nachfolgenden Menschen auch gewesen sein mag - er war die Voraussetzung für die Menschwerdung Gottes, die Geburt Jesu; denn Jesus ist ja in die Welt gekommen, um die Menschen von ihrer Erbsünde zu erlösen und ihnen die Überwindung des Todes zu ermöglichen. Und insofern versinnbildlicht der Weihnachtsbaum andererseits auch jenen Baum, dessen Früchte ewiges Leben verheißen.
 
Vor diesem Hintergrund erhält der oben angeführte Brauch, das am Weihnachtsbaum angebrachte Naschwerk am ersten Weihnachtstag von den Kindern abschütteln zu lassen, eine sinnfällige Bedeutung: Es geht um die tätige Vergegenwärtigung des Übergangs vom Sündenfall zum Erlösungsgeschehen. Dieser Übergang wurde außerdem auch dadurch in vielen Weihnachtsspielen zum Ausdruck gebracht, dass ihnen ein Paradeisspiel vorausging, in dem eben der Sündenfall nachgespielt wurde; dabei stellte meist ein mit Äpfeln geschmücktes Bäumchen den Paradeis-, d. h. Sündenfallbaum dar.
 
Als frühestes Zeugnis für den Lichterschmuck am Weihnachtsbaum gilt ein Brief Liselottes von der Pfalz (vom 1. 12. 1708), in dem sie von einem Weihnachtserlebnis als Kind am hannoverschen Hof um 1660 berichtet. Der Lichterschmuck am Weihnachtsbaum breitete sich im Zeitalter der Aufklärung, der Herrschaft des Verstandes, nur allmählich aus; durchzusetzen vermochte er sich erst mit dem Anbruch der Romantik gegen Ende des 18. Jahrhunderts, als die Gefühlswelt an Bedeutsamkeit gewann.
 
Der Weihnachtsbaum verbreitete sich im 19. Jahrhundert in deutschen Städten, ausgehend von der Oberschicht, nach und nach auch bis in die Unterschichten. In ländlichen Gebieten gewann er nur langsam an Boden und in evangelischen Häusern fasste er eher Fuß als in katholischen, in denen meist noch die Weihnachtskrippe im Mittelpunkt stand. Wer sich keinen Weihnachtsbaum leisten konnte, musste sich ersatzweise mit einer Weihnachtspyramide begnügen: einem baumähnlichen Holzgestell, das meist mit Wintergrün umwickelt und wie sein Vorbild mit Naschwerk, Kerzen und sonstigem Schmuck bestückt war.
 
Anstelle des Baumes waren im 18. Jahrhundert in einigen Gegenden Deutschlands auch andere Lichtträger getreten. Verschiedene Arten von Kerzenhaltern wurden üblich: figürliche wie Engel und Bergmann, mit geometrischer oder anderer Form, gedrechselt, aus Holz geschnitzt oder zum Teil aus Teig geformt und bemalt, aber auch aus Zinn und Metall. Fast schon zu einem eigenen Weihnachtssymbol geworden sind die Schwibbögen aus dem Erzgebirge.
 
Im Biedermeier kamen versilberte oder vergoldete Nüsse und Kugelschnüre zum Weihnachtsbaumschmuck sowie glitzernde Metallfäden, das Lametta, hinzu; die Äpfel wurden zusehends durch geblasene Glaskugeln, die Christbaumkugeln, ersetzt. Inzwischen hatte sich der Weihnachtsbaum auch in die benachbarten Länder Europas sowie nach Nordamerika verbreitet. Nach vereinzeltem Vorkommen schon um 1860, im Rauhen Haus in Hamburg und in Berlin, wurde nach 1918 der Adventskranz populär. In München soll 1904 der erste Adventskalender gedruckt worden sein.
 
Die Nationalsozialisten versuchten das Weihnachtsfest zu germanisieren und in ihre politische Propaganda einzubeziehen; so tauften sie auch den Weihnachtsbaum um in »Jultanne« oder »deutschen Lichterbaum« und nutzten ihn für ihre arisch orientierte Familienpolitik. In der Nachkriegszeit kam neben anderen technischen Neuerungen auch die kerzenförmige elektrische Beleuchtung am Weihnachtsbaum auf. Die Christbaumkugeln wurden zunehmend bunt.
 
 Weihnachtsgans und Weihnachtsgebäck
 
Wie der Weihnachtsbaum den Mittelpunkt des familiären Weihnachtsfests, so bildet heute in Deutschland die Weihnachtsgans häufig den Hauptbestandteil des opulenten Weihnachtsessens. Dieser Brauch ging von England aus, wo inzwischen der gefüllte Truthahn die gebratene Gans überflügelt hat. Wie der Gans diese Ehre zuteil wurde, an Weihnachten festlich verspeist zu werden, ist nicht gesichert überliefert.
 
Seit dem Mittelalter wurden zu Weihnachten Weihnachts- und Gebildbrote gebacken. Hatten die Weihnachtsbrote eine lang gestreckte, an den Enden abgerundete Form und oft ein außerordentliches Ausmaß (bis 1,5 m), so konnten die Gebildbrote alle möglichen Formen und auch kleinere Ausmaße annehmen. Sie waren meist Tieren nachgebildet; so stellten die schwedischen Julbrote beispielsweise Eber, Ziegenböcke oder Hähne dar, Straßburger Springerle Pferde oder Hirsche. Daneben waren menschliche Figuren sowie geometrische Formen anzutreffen; als menschliche Figuren waren besonders das Christuskind, der Nikolaus, Hirten und Jungfrauen beliebt, als geometrische Formen Ringe, Räder, Spiralen und Kreuze. Dem Weihnachtsbrot wurden übernatürliche Kräfte und vor allem Heilkräfte zugeschrieben: Es sollte vor Unheil schützen und bei verschiedenen Krankheiten helfen. Daher wurde es an Weihnachten auch dem Vieh verabreicht, d. h. meist unter das Futter gemischt, um ihm Gesundheit und Fruchtbarkeit zu verleihen. Die Gebildbrote kamen ferner den künftigen Pflanzen zugute: Das übrig gebliebene Gebäck wurde getrocknet, zerkleinert und zur Saatzeit mit dem Samen vermischt auf den Feldern ausgestreut, um das Wachstum zu fördern. Auch das Gesinde bekam seinen Teil davon ab. Außerdem waren mit dem Weihnachtsgebäck noch mancher Aberglaube sowie allerlei Wahrsagerei verbunden.
 
Unser heutiges Weihnachtsgebäck ist mit dem ehemaligen durchaus verwandt, ohne dass ihm noch besondere Wirkkräfte zugeschrieben werden. Vor allem der ursprünglich aus Sachsen stammende Christstollen, ein Hefekuchen mit Trockenfrüchten, Orangeat, Zitronat und Mandeln oder Marzipan, hat sich nahezu unverändert erhalten und wird heute überall hergestellt, wenngleich der Dresdner Stollen am berühmtesten geblieben ist. Ein Christstollen ist erstmals 1329 in Naumburg/Saale urkundlich erwähnt. Man hat seine Form auch als das in Windeln gewickelte Christuskind gedeutet. Die Formen der Weihnachtsplätzchen als Nachfahren der Gebildbrote haben sich zugunsten der im weitesten Sinne geometrischen Gestaltungen (z. B. Sterne) verschoben. Die ältesten Weihnachtsplätzchen dürften die Spekulatius oder Springerle sein, mit Modeln geformtes Gewürzgebäck.
 
 Weihnachtsgeschenke und Weihnachtsmärkte
 
Die Bescherung der Kinder und Familienmitglieder an Weihnachten lässt sich vor dem biblischen Hintergrund auf die Gaben der drei Weisen aus dem Morgenland zurückführen, darüber hinaus wohl auf die unschätzbare Gabe des Erlösers, den Gott der Welt zuliebe hingab. Als heidnische Ursprünge der Bescherung kommen die bei den Saturnalien und Julfesten üblichen Geschenke in Betracht, die neben Familienmitgliedern und Kindern, wie beim kirchlichen Weihnachtsfest, auch Bedürftige bekommen hatten. Der Brauch, vor allem Kinder und Familienmitglieder zu beschenken, ging im Zuge der lutherischen Reformation vom Nikolaustag auf das Weihnachtsfest über. Fortan brachte nicht mehr der heilige Nikolaus den Kindern die Gaben, sondern der weißbärtige Weihnachtsmann, der stets einen roten, pelzbesetzten Mantel und eine gleichartige Mütze sowie einen üppigen Gabensack trägt und Eigenschaften des Gabenbringers Nikolaus, des Kinderfreunds, mit denen seines Gefolgsmanns, des Kinderschrecks Knecht Ruprecht, vereinigt.
 
Mit der Zeit rückte der christliche Sinn der Bescherung in den Hintergrund und der weltliche Wert der Geschenke in den Vordergrund. Als Vorbilder dafür dürften besonders die weltlichen Herrscher, die Könige und Fürsten, gewirkt haben. Zumindest ist von ihnen bezeugt, dass sie bei ihren Weihnachtsfeiern auf kostbare Geschenke großen Wert legten: Nachdem Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst, 1663 die Bescherung in Brandenburg eingeführt hatte, wurden den zu Bescherenden alsbald Juwelen und Silbergeschirr ausgehändigt. König Friedrich Wilhelm I. »in Preußen« beschenkte am Heiligen Abend 1729 die Königin, die Prinzen und Prinzessinnen mit Silberwaren sowie mit Spielsachen, die er selbst auf dem Weihnachtsmarkt ausgesucht hatte.
 
Aus gewöhnlichen Wochenmärkten zu Kirchenfesten sind die Weihnachtsmärkte hervorgegangen. An W.Weihnachten bereits 1310 in München nachgewiesen, für das 15. Jahrhundert in Dresden (der »Striezelmarkt«), Mitte des 16. Jahrhunderts in Nürnberg, bieten sie jedoch erst seit um 1700 Weihnachtliches an. Diese nun »wirklichen« Weihnachtsmärkte waren zunächst in protestantisch geprägten Städten und Gegenden üblich, so 1697 in Nürnberg. Erst später wurden sie in katholischen Gebieten heimisch. Heutzutage sind Weihnachtsmärkte in der Vorweihnachtszeit zwar fast in allen Städten anzutreffen, aber der Weihnachtsverkauf findet größtenteils in Kaufhäusern und Fachgeschäften statt und stellt oft ein wichtiges Saisongeschäft dar. In der modernen Konsumgesellschaft sind die Geschenke in das Zentrum des Weihnachtsfests gerückt; der eigentliche Inhalt des Festes droht zur Kulisse zu werden.
 
 Häusliche Weihnachtsfeier und Gabenbringer
 
Die häusliche Weihnachtsfeier mit der Bescherung der Kinder bildete sich im 16. Jahrhundert in der sozialen Oberschicht evangelischer Gebiete aus, denn das »Christkind« sollte die Menschen beschenken, nicht ein Heiliger. In katholischen Gebieten blieb der Nikolaus der Gabenbringer für die Kinder. Auf dem Land hat sich die gabenreiche Weihnachtsfeier mit der Übernahme bürgerlicher Bräuche erst um 1900 eingebürgert. Gabenbringer wurde der nun weltliche Weihnachtsmann (englisch Santa Claus, französisch Père Noël). Bereicherung erfuhr die evangelische Hausfeier durch den Besuch der Kurrendesänger.
 
Jedes Land hat seine eigenen Weihnachtsbräuche entwickelt. So werden Geschenke in Nordeuropa am 6. Dezember vom heiligen Nikolaus, dem »Julbock«, am 25. Dezember vom »Jultomte«, einem Kobold, gebracht, in Norwegen vom »Julmann«, in Italien vom Christkind (»Il Bambinello Gesu«). Am 6. Januar, dem Dreikönigstag, geschieht die Bescherung in Spanien und Lateinamerika durch die Heiligen Drei Könige, in Italien nochmals durch die gute Hexe »La Befana«. In Russland wird Weihnachten nach dem julianischen Kalender am 6. Januar gefeiert (entspricht dem 25. Dezember), wobei »Großväterchen Frost«, russisch »Ded Moros« genannt, Geschenke verteilt.
 

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Weih|nach|ten, das; -, - <meist o. Art.; bes. südd., österr. u. schweiz. u. in bestimmten Wunschformeln u. Fügungen auch als Pl.> [mhd. wīhennahten, aus: ze wīhen nahten = in den heiligen Nächten (= die heiligen Mittwinternächte)]: 1. (am 25. Dezember begangenes) Fest der christlichen Kirche, mit dem die Geburt Christi gefeiert wird: W. steht vor der Tür; es ist bald W.; Es war ein stilles, kleines W. gewesen, mit einer Tanne im Topf (Fallada, Mann 136); W. näherten sich (R. Walser, Gehülfe 168); vorige, letzte W. waren wir zu Hause; Dabei hatten Sie zwei W. zuvor seine Tochter geheiratet (Bieler, Bonifaz 14); Hundertfünfzig Mark, mir ist wie W. So viel für nichts (Brot und Salz 161); gesegnete W.!; schöne, frohe, fröhliche W.!; dieses Jahr hatten wir grüne, weiße W. (Weihnachten ohne, mit Schnee); W. feiern; [nächstes Jahr] W./(bes. nordd.:) zu W./(bes. südd.:) an W. wollen sie verreisen; kurz vor, nach W.; jmdm. etw. zu W. schenken. 2. (landsch.) Weihnachtsgeschenk: ein reiches W.; etw. als W. bekommen.

Universal-Lexikon. 2012.