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Binnenschifffahrt
Bịn|nen|schiff|fahrt 〈f. 20; unz.〉 Schifffahrt auf Binnenwasserstraßen

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Bịn|nen|schiff|fahrt, die:
Schifffahrt auf Binnengewässern.

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Binnenschifffahrt,
 
die Schifffahrt auf Binnengewässern (Flüssen, Binnenseen, Kanälen). Indem die Binnenschifffahrt die weitgehend von der Natur bereitgestellten (heute meist ausgebauten) Wasserwege nutzt, verfügt sie über den Vorteil niedriger Kosten, denen allerdings die relative Langsamkeit der Beförderung und eine Abhängigkeit von Wasserstand, Strömungsgeschwindigkeit, Eis u. a. gegenüberstehen. Die Binnenschifffahrt eignet sich daher besonders für die Beförderung geringwertiger, nicht unbedingt termingebundener Güter, insbesondere Massengüter. Daneben dient die Binnenschifffahrt auch der Beförderung von Personen (besonders Ausflugsverkehr).
 
In Deutschland wurden von der Binnenschifffahrt (1999) 228,9 Mio. t Güter befördert, darunter mit deutschen Schiffen rd. 92 Mio. t. Die Transportleistung erreichte rd. 63 Mrd. Tonnenkilometer (tkm), darunter mit deutschen Schiffen rd. 23 Mrd. tkm. Am gesamten Verkehrsaufkommen in Deutschland (ohne Straßengüternahverkehr) beträgt der Anteil der Binnenschifffahrt konstant etwa 25 %. Die Länge der Wasserstraßen in Deutschland betrug 1999: 7 467 km. Bedeutende Häfen sind Duisburg, Köln, Hamburg (nur Binnenverkehr), Mannheim, Ludwigshafen am Rhein, Karlsruhe, Heilbronn, Berlin, Frankfurt am Main, Neuss, Bremen (nur Binnenverkehr), Hamm, Gelsenkirchen, Mainz, Saarlouis-Dillingen, Dortmund, Kehl, Düsseldorf, Krefeld-Uerdingen, Wesseling, Magdeburg, Marl-Brassert, Brunsbüttel und Andernach.
 
Der Güterumschlag in den Binnenhäfen betrug 1999 (in 1 000 t) für das Rheingebiet 171 872, für das westdeutsche Kanalgebiet 35 260, für das Elbegebiet 21 510, für das Mittellandkanalgebiet 14 034, für das Wesergebiet 11 966, für das Gebiet Berlin 5 180, für das Donaugebiet 6 643, für das Gebiet Brandenburg und das Binnengebiet Mecklenburg-Vorpommern 3 822 sowie für das Küstengebiet Mecklenburg-Vorpommern 194.
 
Insgesamt sind in der deutschen Binnenschifffahrt 1 195 Unternehmen tätig (Mitte 1999). Beschäftigt werden (Mitte 1999) 7 635 Personen, davon 6 014 fahrendes Personal. Die Einnahmen aus den Schifffahrtsleistungen erreichten (1998) 2 043 Mio. DM, darunter aus dem Personenverkehr 286 Mio. DM.
 
Rechtsgrundlagen:
 
Gemäß Art. 74 GG unterliegt die Binnenschifffahrt der konkurrierenden Gesetzgebung von Bund und Ländern. Durch Art. 89 Absatz 2 werden dem Bund jedoch die über den Bereich eines Landes hinausgehenden Aufgaben übertragen.
 
Die privatrechtlichen Verhältnisse in der Binnenschifffahrt werden durch das Binnenschifffahrtsgesetz vom 15. 6. 1895 (BSchG; mit Änderungen) und das Frachtrecht des HGB (Fracht) geregelt, u. a. das Frachtgeschäft, die Rechtsstellung des Schiffseigners, Befugnisse und Pflichten des Schiffsführers und Grundzüge des Arbeitsrechts der Schiffsbesatzung. Das Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr, das Vereinbarungen über die Verteilung von Frachten und Schleppgut zwischen Schifferverbänden und Schifffahrt Treibenden auf Bundeswasserstraßen der behördlichen Genehmigung unterwarf und Regelungen über Entgelte für Verkehrsleistungen, die durch besondere Frachtenausschüsse festgesetzt wurden, enthielt, wurde zum 1. 1. 1994 aufgehoben. Damit wurde das Binnenschifffahrtsrecht beträchtlich liberalisiert und besonders die privatautonome Aushandlung von Frachten ermöglicht. Im öffentlich-rechtlichen Bereich ist die Zuständigkeit des Bundes im Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschifffahrt in der Fassung vom 4. 8. 1986 geregelt. Danach obliegt es dem Bund, die Binnenschifffahrt zu fördern, durch Rechts-VO für die Verkehrssicherheit zu sorgen, Bescheinigungen über Bau, Ausrüstung und Besatzung von Schiffen sowie über die Befähigung zur Schiffsführung auszustellen, die Schiffseichung zu regeln, die Erlaubnis zur Fahrt für Wasserfahrzeuge auf den Bundeswasserstraßen zu erteilen und von der Schifffahrt ausgehende schädliche Umwelteinwirkungen zu verhüten. Verkehrspolizeiliche Bestimmungen beinhaltet die Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung, wobei für Donau, Mosel und Rhein Sondervorschriften gelten.
 
In Österreich vollzieht sich die Binnenschifffahrt, von den Seen abgesehen, nur auf der Donau. Einziges Binnenschifffahrtsunternehmen ist die staatseigene Erste Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft (DDSG). 1998 wurden auf der Donau in Österreich mit einer Binnenflotte von 170 Güterschiffen 7,2 Mio. t Güter transportiert. Die Haupthäfen sind Linz, Wien und Krems. Die Fahrgastschiffe der DDSG beförderten (1995) 418 717 Personen.
 
Die Schweiz ist durch den Rhein mit dem mitteleuropäischen Binnenwasserstraßennetz und den Nordseehäfen verbunden. Im öffentlichen Wasserverkehr auf den Seen und Flüssen wurden 1997 12,3 Mio. t Güter befördert; ihre Transportleistung erreichte 117,8 Mio. tkm. Durch die Personenschifffahrt wurden 12,0 Mio. Personen befördert.
 
Geschichte:
 
Die Binnenschifffahrt ist wahrscheinlich das älteste Verkehrsmittel von wirtschaftlicher Bedeutung. Auf Euphrat und Tigris, Nil und den chinesischen Flüssen wurde Binnenschifffahrt schon in frühgeschichtlicher Zeit (um 2000 v. Chr.) betrieben. In China und Ägypten wurden bereits vor 1000 v. Chr. Kanäle gebaut. Im Römischen Reich stand die Binnenschifffahrt auf Rhein, Rhône, Loire, Seine und Donau in lebhafter Blüte. Sie diente v. a. militärischen Zwecken. Im Mittelalter nahm die Binnenschifffahrt während der Blütezeit der Hanse einen großen Aufschwung. Zwischen den Städten gab es einen regelmäßigen öffentlichen Personenverkehr (Marktschifffahrt). Haupttransportgüter waren die damaligen Haupthandelsgüter Tuche, Seide, Gewürze, Wein, Waffen und v. a. Salz. Betrieben wurde die Binnenschifffahrt von Schifferzünften oder Gilden, die das alleinige Recht zum Befahren bestimmter Strecken hatten. Die Erfindung der Kammerschleuse Ende des 15. Jahrhunderts machte die Überwindung natürlicher und künstlicher Hindernisse (Mühlenwehre) möglich und war die Voraussetzung für den Bau von Wasserscheidenkanälen. Daraufhin entstanden in Europa leistungsfähige Wasserstraßennetze. Mit der Anwendung der Dampfkraft in der Binnenschifffahrt im 19. Jahrhundert wurde eine neue Stufe erreicht. Neben Dampfschiffen (R. Fulton) kamen nun Dampfschlepper auf, die eine größere Anzahl von Kähnen ziehen konnten (Schleppzug). Im 20. Jahrhundert wurden die Dampfschlepper durch Motorschlepper abgelöst. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Schleppbetrieb weitgehend durch selbstfahrende Motorschiffe und Schubverbände ersetzt.
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Binnenschifffahrt: Auf Kanälen, Flüssen und Seen
 

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Bịn|nen|schiff|fahrt, die: Schifffahrt auf Binnengewässern.

Universal-Lexikon. 2012.