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Regenwald
Re|gen|wald 〈m. 2uimmergrüner tropischer Urwald mit üppigem Pflanzenwuchs

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Re|gen|wald, der (Geogr.):
durch üppige Vegetation gekennzeichneter immergrüner Wald in den regenreichen Gebieten der Tropen.

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Regenwald,
 
immergrüner Wald in ganzjährig feuchten Gebieten der Tropen (tropischer Regenwald), der Subtropen (subtropischer Regenwald) und der frostfreien Außertropen (temperierter Regenwald). Der tropische Tieflandregenwald ist sehr artenreich (mehr als 100 Baumarten pro Hektar), meist mit drei (selten fünf) Baumstockwerken: Das oberste besteht aus 50-60 m hohen Baumriesen, das mittlere aus 30-40 m hohen Bäumen, deren Kronen ein geschlossenes Dach bilden, das untere erreicht 15 m Höhe (zum Teil Jungwuchs); eine Krautschicht fehlt weitgehend. Der tropische Gebirgsregenwald in 1 000 bis 2 000 m über dem Meeresspiegel ist die höher gelegene Entsprechung des Tieflandregenwald, mit nur zwei Stockwerken, bis 30 m hohen Bäumen und großem Anteil (über 50 % der Blütenpflanzen) an Sträuchern und Kräutern sowie vielen Epiphyten (v. a. Orchideen und Bromelien). Der subtropische Regenwald ähnelt physiognomisch dem tropischen Tieflandregenwald, weist wenig Kletterpflanzen und Epiphyten auf; Baumfarne sind häufiger, auch Nadelhölzer (z. B. Kopalfichte) treten auf. Der temperierte Regenwald wird nur von wenigen Arten gebildet (Scheinbuchen; Baumfarne als Strauchstockwerk; manchmal, nach weitgehender Vernichtung durch Waldbrände, wird er von Eukalyptusarten überragt); er tritt v. a. in Südchile und am südlichsten Ostfuß der Anden sowie in Süd-Victoria (Australien), auf Tasmanien und Neuseeland auf. Eine lückenlose Abfolge aller Typen des Regenwalds findet sich an der Ostküste Australiens, nach Süden über Tasmanien bis Neuseeland fortgesetzt.
 
Ökologie:
 
Die tropischen Regenwald - zu diesem Vegetationstyp gehören u. a. die Wälder des Amazonasbeckens, des Kongobeckens und der indomalaiischen Inselwelt - sind Gebiete mit der größten Artenzahl und der größten Diversität. Mindestens 50 % aller auf der Erde vorkommenden Pflanzen- und Tierarten leben hier. Sie sind noch nicht alle bekannt, und es ist davon auszugehen, dass mit dem schon vernichteten Regenwald auch Millionen von noch unbekannten Arten ausgerottet worden sind. Die Stabilität des Regenwalds beruht auf einem komplexen Zusammenwirken vieler verschiedener Tiere und Pflanzen. Schon eng begrenzte Eingriffe führen zu einer gravierenden Veränderung des Ökosystems und größere Kahlschläge, z. B. durch Holzeinschlag, sehr schnell zur Bodenerosion. Die pflanzliche Bruttoprimärproduktion ist mit rd. 70 t/ha sehr hoch, verglichen mit 23 t/ha in den Buchenwäldern Mitteleuropas. Die Nettoprimärproduktion, der Zuwachs an Biomasse der Pflanzen nach Abzug der Atmungsverluste, beträgt für den Buchenwald etwa 13,5 t/ha, für den tropischen Regenwald zwischen 13,5 und 30 t/ha. Die Böden sind im Gegensatz zu denen in Mitteleuropa extrem mineralstoffarm. Wird der Boden nicht durch Vegetation festgehalten, wird er durch die kurzen, heftigen Regenschauer sofort abgeschwemmt. Die sauren Bestandteile des Bodens werden vielfach ausgewaschen, zurück bleiben Aluminium- und Eisenoxide, die dem Boden die typische braunrote Farbe geben. Die hohe Produktivität der Pflanzen resultiert aus den in ihren Organen gespeicherten Nährstoffen, die unmittelbar in den Kreislauf zurückgeführt werden. Der tropische Regenwald lebt also aus sich selbst.
 
Nach Rodung, v. a. Brandrodung, besteht zwar kein Mangel an Licht mehr, aber dafür sind die Pflanzen intensiver Sonneneinstrahlung und starken Temperaturschwankungen ausgesetzt. Das größte Problem ist dann die Auswaschung des Bodens und der Nährstoffverlust. Kulturpflanzen können daher nur so lange angebaut werden, wie mineralische Nährstoffe aus dem verbrauchten Wald zur Verfügung stehen. Die Böden werden innerhalb weniger (meist zwei bis vier) Jahre unfruchtbar, sodass neues Land gerodet werden muss. Es entwickelt sich, sich selbst überlassen, eine artenärmere Sekundärvegetation. Nach etwa sechs bis acht Jahren kann auf dieser Fläche der Zyklus von neuem beginnen. Bei dieser Wald-Feld-Wechselwirtschaft (Shifting Cultivation) rodet jede Familie pro Jahr etwa 1 ha Fläche, d. h., die schätzungsweise 140 Mio. Menschen, die als Waldbauern leben, benötigen jährlich 200 000 km2 Land, ungefähr die Hälfte davon ist Primärwald. Eine nachhaltige, permanente landwirtschaftliche Nutzung ist aufgrund der Bodenstruktur nur in wenigen Regenwaldgebieten (v. a. in Südostasien) überhaupt möglich.
 
Tropischer Regenwald bedeckte 1990 rd. 7 Mio. km2 der Erdoberfläche. Die gleiche Menge wurde in den letzten 30 Jahren vernichtet. Nur etwa 3-5 % dieser Waldfläche stehen heute unter Schutz, denn für die Menschen in den Ländern des Tropengürtels stellen die Regenwälder natürliche Ressourcen dar, die sie nutzen müssen, da landwirtschaftliche Nutzfläche fehlt oder von Großgrundbesitzern und Plantagen beansprucht wird.
 
Die Ursachen der Vernichtung tropischer Wälder sind vielschichtig. Neben dem Bevölkerungswachstum ist der internationale Tropenholzhandel eine Hauptursache für die Degradierung, d. h. Verarmung der Wälder. Der Holzhandel öffnet mit seinen Straßen oft als Erster die sonst unzugänglichen Wälder und schafft die Infrastruktur für Plantagen, Brandrodung, Viehzucht und Landspekulation. Vorreiter bei der Waldvernichtung sind oft auch Erdöl- und Minengesellschaften, die zusätzlich den Wald durch Abfälle belasten. Brennholzbedarf spielt vor allem in dicht besiedelten Gebieten eine große Rolle.
 
Die Auswirkungen der Vernichtung tropischer Regenwälder sind genauso vielfältig wie die Ursachen. Etwa 20 % der anthropogen verursachten Kohlendioxidemissionen gehen auf die Zerstörung der tropischen Wälder zurück. - Von globaler Bedeutung ist das Regenwaldgebiet als Kohlendioxidsenke, d. h., Kohlendioxid wird hier zu einem großen Teil von den Pflanzen aufgenommen, Sauerstoff dann abgegeben. Werden diese Flächen abgebrannt und fehlt die photosynthetisch aktive Vegetation, so kann es zu einem weiteren, verstärkten Anstieg des Kohlendioxidgehaltes der Erdatmosphäre kommen, und ein globaler Temperaturanstieg wird gefördert. Moderne Technologien, verstärkte Nachfrage aus den Industrieländern nach billigem und hochwertigem Tropenholz und Kredite für technische Großprojekte tragen in hohem Maße zur Beschleunigung der Zerstörung bei. Die Regenerationsfähigkeit des Regenwalds, die jahrhundertelang im Gleichgewicht von Wanderfeldbau auf kleinen Flächen und Wiederbewaldung noch erhalten war, ist heute nicht mehr gegeben. Schätzungen gehen von der Vernichtung von 20 ha pro Minute aus, möglicherweise sind es sogar 40 ha, sodass in etwa 20 Jahren die meisten tropischen Regenwälder zerstört sein werden, falls keine Änderungen eintreten.
 
Seit 1986 gibt es den Tropenwaldaktionsplan (TFAB = Tropical Foresty Action Plan), der von der FAO, dem World Resources Institute und dem Entwicklungsprogramm der UN zusammen mit der Weltbank erarbeitet wurde. Er sieht vor, nationale Aktionspläne zu erstellen und umzusetzen. Auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 konnte keine Einigung über eine rechtsverbindliche Walderklärung u. a. zum Schutz des Regenwalds erzielt werden. 1994 wurde von rd. 50 Staaten das Tropenholzabkommen zur Kontrolle des Handels mit Tropenhölzern beschlossen. Ziel des Abkommens ist es, dass sowohl die Exportländer als auch die Importländer darauf achten, nur mit Holz aus forstwirtschaftlich kontrollierten Wäldern zu handeln. Diese Aktivitäten konnten allerdings nur einen leichten Rückgang bewirken; nach Angaben der FAO gehen jährlich noch etwa 12,9 Mio ha natürliche Tropenwaldfläche verloren. Umweltorganisationen fordern deshalb die Aufnahme von Tropenbäumen in das Washingtoner Artenschutzübereinkommen und verstärkten Schutz durch die Konvention zum Schutz der Biodiversität sowie eine demokratische Kontrolle der Waldnutzung durch Naturvölker und Umweltorganisationen in den Tropen.
 
Literatur:
 
C. Caufield: Der R. Ein schwindendes Paradies (a. d. Engl., 1987);
 C. Mendes: Rettet den R. (a. d. Engl., 21990);
 J. H. Reichholf: Der trop. R. Die Ökobiologie des artenreichsten Naturraums der Erde (21990);
 J. H. Reichholf: Der unersetzbare Dschungel. Leben, Gefährdung u. Rettung des trop. R. (1990);
 R. Behrend u. W. Paczian: Raubmord am R. Vom Kampf gegen das Sterben der Erde (21.-24. Tsd. 1991);
 
Rain forest regeneration and management, hg. v. A. Gómez-Pompa (Paris 1991);
 
Das R.-Buch, hg. v. C. Niemitz u. a. (1991);
 J. Terborgh: Lebensraum R. Zentrum biolog. Vielfalt (a. d. Engl., 1993).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Vegetationszonen: Vom Klima bestimmt
 
Regenwald: Beispiel für eine großräumige Waldzerstörung
 

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Re|gen|wald, der (Geogr.): durch üppige Vegetation gekennzeichneter immergrüner Wald in den regenreichen Gebieten der Tropen.

Universal-Lexikon. 2012.