Akademik

Kunsthochschulen
Kunsthochschulen,
 
im weiteren Sinn zusammenfassende Bezeichnungen für staatliche Hochschulen für bildende Kunst, Musik und darstellende Kunst, im engeren Sinn die Hochschulen für bildende Künste. Diese sind v. a. unter den Bezeichnungen Akademie der Bildenden Künste (ABK) oder Hochschule für Bildende Künste (HfBK, HBK) die staatlichen Hochschulen zur Pflege der freien Kunst in den klassischen Fächern Malerei (und freie Grafik), Bildhauerei und zum Teil Architektur. Den Kunsthochschulen und in einigen Ländern Gesamthochschulen und Universitäten mit entsprechenden Studiengängen obliegt die Ausbildung des Künstlernachwuchses und meist der Kunsterzieher an allgemein bildenden Schulen. Aufnahmeprüfungen sind seit Bestehen der Kunsthochschulen bis heute üblich. Je nach Struktur der Kunsthochschule ist der Fächerkanon auch auf angewandte Bereiche (z. B. Industriedesign, Bühnenbild, Innenarchitektur, neue Medien) erweitert. Staatliche Kunsthochschulen befinden sich in Berlin-Charlottenburg, die älteste staatliche deutsche Kunsthochschule (gegründet 1696; heute Hochschule der Künste), und Berlin-Weißensee (gegründet 1946 als Hochschule für angewandte Kunst; heute Hochschule für Gestaltung), Braunschweig (HBK, 1963), Bremen (gegründet 1873, seit 1988 Hochschule für Künste), Dresden (HfBK, 1764), Düsseldorf (Kunstakademie, 1773), Frankfurt am Main (HBK/Städelschule, 1817), Halle (Saale) (1915 als Kunstgewerbeschule gegründet, heute Burg Giebichenstein - Hochschule für Kunst und Design), Hamburg (HfBK, 1767), Karlsruhe (ABK, 1854; Hochschule für Gestaltung, 1991), Köln (Kunsthochschule für Medien, 1990), Leipzig (Hochschule für Grafik und Buchkunst, 1764), München (ABK, 1808), Münster (Kunstakademie/HBK, 1987), Nürnberg (gegründet 1662; ABK, 1940), Offenbach am Main (Hochschule für Gestaltung, 1970), Saarbrücken (HBK, 1989) und Stuttgart (ABK, 1761).
 
Geschichte:
 
Um 1380 wurde in Mailand von Galeazzo Visconti eine Schule für Baumeister gegründet, um 1490 in Florenz von Lorenzo I. de' Medici eine Bildhauerschule, 1494 in Mailand von Leonardo da Vinci eine Malerschule (Accademia Vinciana). Die Mitglieder der 1562 von Cosimo I. de' Medici in Florenz errichteten Accademia di Disegno erhielten 1571 das Privileg der Zunftfreiheit. Die 1577 in Rom gegründete Accademia di San Luca erhielt 1599 feste Statuten. Im Unterschied zur handwerklichen Ausbildung der Zünfte sah man jetzt die Verbindung der Kunst mit den neuen Wissenschaften als Grundvoraussetzung an und lehrte Geometrie, Perspektive, Anatomie und Historie. Die Accademia di San Luca wurde Vorbild für weitere Gründungen, die vielfach Repräsentationszwecken ihrer meist fürstlicher Gründer und Förderer dienten. Die Pariser Académie Royale de Peinture et de Sculpture von 1648 bezweckte den Zusammenschluss von bisher schon zunftfreien Künstlern (Mitglied der königlichen Hofhaltung) mit anderen, sich von der Zunft beengt fühlenden Künstlern. Als kunstpolitisches Machtinstrument des absolutistischen Staates wurden ihr eine Reihe von Privilegien eingeräumt: Modellstudium, öffentlicher Unterricht, Gründung von Schülerkreisen (akademischen Schulen), jährlichen »Salons« (Kunstausstellungen). Nach dem Pariser Vorbild umfasste der Unterricht an der Berliner Kunsthochschule Theorie (Anatomie, Perspektive, Architektur, Geometrie) und Praxis (Zeichnen nach Vorlagen, Gipsabgüssen und Modell). 1790 wurden ihr die Kunstschulen in Halle (Saale), Königsberg (heute Kaliningrad), Breslau, Magdeburg und Danzig unterstellt. Staatliche Gründungen folgten: 1733 Stockholm, 1738 Kopenhagen, 1744 Madrid, 1764 Dresden, 1768 London, 1773 Düsseldorf und Wien, 1796 Prag, 1808 München, 1854 Karlsruhe, 1858 Weimar. Einige gingen aus bereits bestehenden privaten Kunstschulen (Wien ab 1692, München ab 1770, Dresden ab 1705) hervor, andere später aus Kunstgewerbeschulen. Als Protest gegen die Erstarrung des künstlerischen Lebens in den Akademien entwickelte sich seit Beginn des 19. Jahrhunderts, ausgehend von Ideen der Romantik, eine Opposition von Künstlern, die die akademische Laufbahn ablehnten (C. D. Friedrich, J. A. Carstens u. a.), andere gründeten Malerkolonien (Schule von Barbizon), weitere schlossen sich zu antiakademischen Künstlervereinigungen zusammen oder stellten gemeinsam aus. Trotzdem behielten die Kunstakademien weitgehend ihre Machtposition und vertraten eine traditionelle »akademische Kunst«, deren Schwerpunkt das Staffeleibild war. In den 1920er-Jahren unternahm das Bauhaus den Versuch einer Neuorientierung der künstlerischen Ausbildung, indem freie Kunstausübung und Praxisorientierung in Beziehung gebracht wurden. Diese hier entwickelten neuen Formen der Ausbildung haben entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Kunsthochschulen genommen.
 
In Österreich gibt es drei Kunsthochschulen, deren älteste die Akademie der bildenden Künste in Wien ist (gegründet 1696 als Academia für Malerei, Bildhauerei, Architektur, Perspektive und Fortifikation). Sie besitzt noch heute ein eigenes Statut (Akademie-Organisationsgesetz) und hat aus Traditionsgründen ihre Bezeichnung »Akademie« beibehalten. Die Hochschule für angewandte Kunst in Wien ist 1867 aus der Kunstgewerbeschule des Österreichen Museums für Kunst und Industrie hervorgegangen, der Status als Hochschule wurde ihr 1970 durch das Kunsthochschul-Organisationsgesetz verliehen. Die Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz, hervorgegangen aus der 1947 gegründeten Kunstschule der Stadt Linz, bekam 1973 den Rang einer Hochschule.
 
In der Schweiz bestehen eine höhere staatliche Kunstschule in Genf (École supérieure d'art visuel) sowie staatliche höhere Schulen für Gestaltung (mit Abteilungen für bildende Kunst) in Basel, Bern, Genf (École des arts décoratifs), Lausanne (École cantonale d'art), Lugano (Centro scolastico per le industrie artistiche), Luzern und Zürich; in Zürich ferner die private F + F Farbe und Form, Schule für experimentelle Gestaltung. Die staatlichen werden in nächster Zeit zu Hochschulen für Gestaltung und Kunst ausgebaut.
 
Literatur:
 
F. Hufen: Die Freiheit der Kunst in staatl. Institutionen. Dargestellt am Beispiel der Kunst- u. Musikhochschulen (1982);
 N. Pevsner: Die Gesch. der Kunstakademien (a. d. Engl., 1986);
 W. Schmied: Kunst, Kunstgesch., Kunstakademie (1990);
 F. E. Walther: Denkraum - Werkraum. Über Akademie u. Lehre (1993);
 
Akademie, Beitrr. v. P. Buzari u. a., hg. v. S. Dillemuth (1995).

Universal-Lexikon. 2012.