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Matisse
Matisse
 
[ma'tis], Henri Émile Benoît, französischer Maler, Zeichner und Bildhauer, * Le Cateau-Cambrésis 31. 12. 1869, ✝ Cimiez (heute zu Nizza) 3. 11. 1954; wandte sich 1890 der Malerei zu und wurde 1893 Schüler von G. Moreau, lebte seit 1917 meist in Nizza. Angeregt besonders von P. Cézanne, überwand Matisse den Impressionismus seiner Frühzeit und entwickelte unter dem Einfluss der Neoimpressionisten (P. Signac) um 1905 die Grundlagen seines Stils, indem er leuchtende reine Farbflächen in scharfer Abgrenzung gegeneinander stellte (»Luxe, calme et volupté«, 1904; Paris, Privatsammlung). Damit stand die Farbe nicht mehr im Dienst stofflicher Oberflächencharakterisierung, sondern machte die Gegenstände zu Farbträgern. Zugleich gewann das flächig-dekorative, arabeskenhafte Element an Bedeutung (»Der Tanz«, 1909/10; Sankt Petersburg, Eremitage). Die Steigerung der Lokalfarben führte wohl dazu, dass Matisse und die sich um ihn gruppierenden Maler Fauves (Wilde) genannt wurden. Das Stillleben, das Matisses Vorliebe für flächig-ornamentale Aufteilung entgegenkam, durchzieht das gesamte Werk. Seine Figurenkompositionen stellen v. a. nackte oder bekleidete Frauengestalten (häufig Odalisken) dar, daneben auch Landschaften und Porträts. Im Gegensatz zu P. Picasso und den Kubisten war für ihn nicht in erster Linie der Bildaufbau Konzept, sondern die Farbe. Alles Körperliche und Räumliche setzte er in Farbflächen um, mit denen er rhythmisch ausgewogene Kompositionen von dekorativer Wirkung schuf. Er blieb dabei gegenständlich und abstrahierte nur zugunsten des Ausdrucks.
 
In den 1920er-Jahren steigerte Matisse seine Malweise durch weitere Reduktion des Körperlichen bis zu ornamentalen Strukturprinzipien, Verwendung nur weniger Farben und rhythmisch-linearer Abgrenzung der Farbfelder. In den Zeichnungen wurde eine immer konsequentere Vereinfachung der die Form erfassenden Linienführung erreicht.
 
Der flächig-farbige Stil führte Matisse zur Wandmalerei, 1930-34 entstand die dreiteilige große Dekoration »Der Tanz« (Merion, Pennsylvania, Barnes Foundation) aus einfarbigen Flächen, die aus Papier ausgeschnitten und aneinander geklebt wurden. Seit 1941 entstanden auch reine Scherenschnittcollagen (»Papiers découpés«; Zyklus »Jazz«, 1947). - 1948-50 widmete er sich der Ausgestaltung (Wandbilder, Glasfenster, liturgische Gefäße und Gewänder) der Klosterkapelle Notre-Dame du Rosaire in Vence bei Nizza. Matisses malerisches und zeichnerisches Schaffen, das zu den Epoche machenden künstlerischen Leistungen des 20. Jahrhunderts gehört, wird durch Skulpturen (Figuren- und Porträtplastiken) abgerundet. Für den deutschen Expressionismus war sein Werk von großer Bedeutung.
 
Weitere Werke: Luxus I (1907; Paris, Musée National d'Art Moderne im Centre Pompidou); Luxus II (1907; Kopenhagen, Statens Museum for Kunst); Harmonie in Rot (1908; Petersburg, Eremitage); Das rote Atelier (1911; New York, Museum of Modern Art); Akt in Rosa (1935; Baltimore, Museum of Art); Die rumänische Bluse (1940; Paris, Musée National d'Art Moderne im Centre Pompidou).
 
Literatur:
 
J. u. M. Guillaud: M., Rhythmus u. Linie (a. d. Frz., 1987);
 M. Hahnloser: M. (Zürich 1988);
 
M. u. seine dt. Schüler, Ausst.-Kat. (1988);
 J. Jacobus: H. M. (a. d. Amerikan., 1989);
 
H. M. Zeichnungen u. Skulpturen, hg. v. E.-G. Güse, Ausst.-Kat. Saarland Museum, Saarbrücken (1991);
 
H. M. 1904-1917, hg. v. D. Fourcade, Ausst.-Kat. Centre Pompidou, Paris (Neuausg. Paris 1993);
 S. Liessegang: H. M. Gegenstand u. Bildrealität. Dargestellt an Beispielen der Malerei zw. 1908 u. 1918 (1994);
 
H. M., hg. v. J. Flam u. a. (1994);
 
M., hg. v. J. Faerna (a. d. Span., 1995);
 O. Schütz: H. M., die blauen Akte. Eine Kunstmonographie (1996).

Universal-Lexikon. 2012.