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Au|ßen|wirt|schaft 〈f. 20; unz.〉 alle wirtschaftl. Beziehungen mit dem Ausland
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Au|ßen|wirt|schaft, die:
Gesamtheit der wirtschaftlichen Beziehungen zum Ausland; internationale Wirtschaft.
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Außenwirtschaft,
die Gesamtheit aller Wirtschaftsbeziehungen zwischen Staatsräumen. Ihre Bestandteile sind der Waren-, Dienstleistungs-, Kapital-, Zahlungs- und sonstiger Wirtschaftsverkehr des Inlands mit dem Ausland.
Die Außenwirtschaftstheorie als Teilgebiet der allgemeinen Wirtschaftstheorie beschäftigt sich mit der Analyse der Bestimmungsgründe und Auswirkungen außenwirtschaftlicher Transaktionen, wobei reale (reine) und monetäre Außenwirtschafttheorie unterschieden werden.
Die reale Außenwirtschaftstheorie (reine Theorie des internationalen Handels, Außenhandelstheorie) befasst sich v. a. mit Ursachen, Struktur, Richtung und Umfang der zwischenstaatlichen Warenströme (Außenhandel) aus realwirtschaftlicher Sicht, d. h. ohne die Bewertung der Handelsströme mit Geldpreisen, sodass Aspekte des internationalen Zahlungsverkehrs unberücksichtigt bleiben. Außenhandel wird demnach zum einen erklärt mit dauerhafter oder zeitweiser (so genannte technologische Lücke) Nichtverfügbarkeit von im Inland nachgefragten Gütern und Dienstleistungen und zum anderen mit relativen Preisunterschieden zwischen In- und Ausland, die wiederum auf relativen Nachfrageunterschieden und komparativen Kostenunterschieden beruhen.
Diese Erklärungsansätze für die Entstehung von Außenhandel sind v. a. dogmengeschichtlich bedeutsam. Werden z. B. die Nachfrageunterschiede in der theoretischen Analyse isoliert betrachtet, müssen die Preise derjenigen Güter im Inland relativ höher sein, die auch vergleichsweise stark nachgefragt werden. Diese Güter würde das Inland importieren und die übrigen inländischen Produkte exportieren. Auf der Angebotsseite sind komparative Kostenunterschiede ein wesentlicher Bestimmungsgrund des Außenhandels. Die von D. Ricardo aus dessen Arbeitswertlehre entwickelte und von F. W. Taussig und G. von Haberler erweiterte Theorie der komparativen Kosten zeigt, dass nicht nur absolute - wie A. Smith annahm -, sondern auch relative Kostenunterschiede in verschiedenen Ländern den Außenhandel lohnend machen. Selbst wenn ein Land bei der Produktion aller Güter absolute Kostennachteile aufweist, kann es seinen Wohlstand durch die Aufnahme von Außenhandel erhöhen, wenn es die Produktion und Ausfuhr auf diejenigen Güter konzentriert, bei denen die Unterlegenheit zum Ausland verhältnismäßig am geringsten ist (komparativer Vorteil) und im Gegenzug die Produktion der Güter mit verhältnismäßig höheren Kostendifferenzen (komparativer Nachteil) dem Ausland überlässt und diese einführt. Komparative Kostenunterschiede werden bei D. Ricardo mit Produktivitätsunterschieden (z. B. gut ausgebildete Arbeitskräfte, besonderes Klima) begründet (Ricardo-Theorem, Ricardo-Güter).
Ein weiterer Bestimmungsgrund komparativer Kostenunterschiede sind steigende Skalenerträge (»economies of scale«), wonach bei Produktionsausdehnung die Grenz- und Durchschnittskosten sinken. Ist z. B. ein relativ großer Binnenmarkt vorhanden, können inländische Unternehmen aufgrund steigender Skalenerträge im Vergleich zum Ausland kostengünstiger produzieren und diese Güter deshalb auch am Weltmarkt absetzen.
Ebenfalls von Bedeutung ist das Faktorproportionentheorem, mit dem E. Heckscher (1919) und B. Ohlin (1933) den Außenhandel auf die relativ unterschiedliche Ausstattung mit Produktionsfaktoren (z. B. Kapital, Arbeitskräfte, Boden) zurückführen. Demnach wird ein Land diejenigen Güter exportieren, zu deren Produktion derjenige Produktionsfaktor relativ intensiv eingesetzt wird, der im Land relativ reichlich vorhanden und deshalb relativ preiswert ist (Heckscher-Ohlin-Güter).
Neben Nichtverfügbarkeiten und relativen Preisdifferenzen spielen für die Erklärung des Außenhandels marktstrategischen Überlegungen von Unternehmen (Erschließung von Auslandsmärkten zur Erweiterung der Absatzmöglichkeiten), die Vielfalt der Nachfragepräferenzen, z. B. bezüglich Aufmachung, Qualität, Image (»Made in Germany«), und die Produktdifferenzierung auf Anbieterseite eine Rolle. Der Außenhandel der Industrieländer untereinander lässt sich zum Großteil hierauf zurückführen (»intra-industrieller Handel«).
Die Analyse der Bestimmungsgründe des Außenhandels führt zur Erkenntnis, dass die Aufnahme des internationalen Güteraustauschs (internationale Arbeitsteilung) für die beteiligten Länder im Gegensatz zur Situation bei Autarkie vorteilhaft ist. Wie sich dieser Wohlfahrtsgewinn auf einzelne Staaten verteilt, hängt v. a. vom realen Austauschverhältnis der Güter am Weltmarkt ab (Terms of Trade).
Die monetäre Außenwirtschaftstheorie untersucht im Gegensatz zur realen Außenwirtschaftstheorie die Beziehungen zwischen den in der Zahlungsbilanz erfassten außenwirtschaftlichen Transaktionen (neben Waren- z. B. auch Kapital- und Zahlungsverkehr) und wichtigen gesamtwirtschaftlichen Größen wie Wechselkursen, Preisniveau, Volkseinkommen und Zins. Schwerpunkte der monetären Außenwirtschaftstheorie sind u. a. die Analyse der Bedingungen, die zu einem Zahlungsbilanzausgleich führen. Demnach ergibt sich ein Zahlungsbilanzausgleich durch Änderungen des Preisniveaus (Geldmengen-Preis-Mechanismus), der Zinssätze (Zins-Kredit-Mechanismus) oder des Volkseinkommens (Einkommensmechanismus). Im Rahmen der Elastizitätstheorie werden die Bedingungen genannt, unter denen durch Variationen des Wechselkurses (Abwertung, Aufwertung) ein Zahlungsbilanz- beziehungsweise Leistungsbilanzgleichgewicht erreicht werden kann. Neben dem Zahlungsbilanzausgleich werden auch Zahlungsbilanzeffekte untersucht im Sinne des Einflusses außenwirtschaftlicher Transaktionen auf Wechselkurse (Kaufkraftparität), Preise und Volkseinkommen (z. B. Export- und Importmultiplikator). Die Absorptionstheorie versucht, die Erkenntnisse der Elastizitätstheorie (direkte Leistungsbilanzwirkungen einer Wechselkursänderung) mit der Multiplikatoranalyse zu verknüpfen (indirekte multiplikative Einkommenswirkungen).
Konzentrierte sich die Außenwirtschaft lange auf den grenzüberschreitenden Güterverkehr, werden heute ihrer Bedeutung gemäß die internationalen Kapitalströme in die Analyse einbezogen. Damit rücken Zins, Arbitrage, Spekulation und Terminmärkte (z. B. Waren- und Devisenterminmärkte) stärker ins Blickfeld (Finanzmarkttheorie) und auch die realwirtschaftlichen Auswirkungen internationaler Kapitalbewegungen (Transfer).
Im Rahmen der Theorie des Wechselkurses werden Funktionsweisen, Vor- und Nachteile alternativer Formen der Wechselkursbildung untersucht, deren Erkenntnisse in der internationalen Währungspolitik (Währung) Anwendung finden. In neuerer Zeit hat insbesondere die Forschung über die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Wechselkurssystemen und wirtschaftspolitischen Maßnahmen in ihrer Wirkung auf die Zahlungsbilanz Bedeutung erlangt: zum einen die Frage nach der Übertragung von Störungen zwischen den wirtschaftlich verflochtenen Volkswirtschaften (z. B. internationaler Preiszusammenhang und Konjunkturverbund), zum anderen das Problem der Vereinbarkeit von binnenwirtschaftlichem (»internem«) und außenwirtschaftlichem (»externem«) Gleichgewicht sowie die Frage der relativen Wirksamkeit von Geld- und Fiskalpolitik in einer offenen Volkswirtschaft.
Die Außenwirtschaftspolitik kann mit der Gesamtheit aller staatlichen Handlungen und Maßnahmen zur Beeinflussung der Außenwirtschaft gekennzeichnet werden. In diesem Sinne ist die Außenwirtschaftspolitik Bestandteil der allgemeinen Wirtschaftspolitik und auch der Außenpolitik. Die Maßnahmen der Außenwirtschaftspolitik richten sich in der Regel auf ökonomische (z. B. Wohlstand), aber auch außerökonomische Ziele (z. B. militärische Sicherheitsbedürfnisse) und sind in ihrer Art und in ihrem Umfang sowohl von der herrschenden Wirtschaftsauffassung (Freihandel, Protektionismus, Autarkie) als auch der bestehenden Weltwährungsordnung (z. B. bei festen oder freien Wechselkursen) und Welthandelsordnung (z. B. GATT, WTO) abhängig.
Eigenständige Ziele der Außenwirtschaftspolitik existieren nicht, auch wenn einige Begriffe immer wieder als solche angesehen werden, z. B. Zahlungsbilanzgleichgewicht, stabile Wechselkurse, Förderung der internationalen Arbeitsteilung. Diese dienen vielmehr innerhalb eines umfassenden ökonomischen Zielsystems als Mittel oder Vor- und Unterziele zur Erreichung binnenwirtschaftlicher Ziele (z. B. stetiges Wirtschaftswachstum, Preisniveaustabilität, hoher Beschäftigungsstand). In Deutschland haben Außenwirtschaftsgesetz sowie Stabilitätsgesetz Bedeutung für die Außenwirtschaftspolitik (außenwirtschaftliches Gleichgewicht).
Als Leitbilder der Außenwirtschaftspolitik können die gegensätzlichen Begriffe des Freihandels und des Außenhandelsmonopols unterschieden werden.
Die Instrumente der Außenwirtschaftspolitik werden unterteilt in 1) mengenregulierende Maßnahmen: generelles Verbot oder Kontingentierung der Wareneinfuhr und/oder -ausfuhr, die auf bestimmte Güter oder Länder beschränkt sein können, wie auch des Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs; 2) preisverändernde Eingriffe: Preiserhöhend für importierte Güter wirken u. a. tarifäre Handelshemmnisse (Zoll), preissenkend wirken Steuervergünstigungen, Prämien, Subventionen für den Export von Gütern (Exportförderung, Exportkreditversicherung); 3) währungspolitische Maßnahmen: u. a. Auf- und Abwertungen bei einem System fester Wechselkurse, Interventionen der Zentralbank am Devisenmarkt bei einem System flexibler Wechselkurse sowie Devisenbewirtschaftung und Kapitalverkehrsbeschränkungen (Bardepot); 4) integrationspolitische Maßnahmen: Schaffung international anerkannter Rahmenbedingungen für den Außenhandel und den internationalen Kapitalverkehr durch Abkommen (z. B. GATT, WTO, Internationale Währungsfonds) und Bildung von Freihandelszonen, Zollunionen, Präferenzzonen, Wirtschaftsgemeinschaften, Wirtschafts- und Währungsunionen auf regionaler Ebene (z. B. EG, NAFTA, AFTA). Darüber hinaus werden Maßnahmen in der Entwicklungspolitik (z. B. Entwicklungshilfe mit Lieferbindung) häufig der Außenwirtschaftspolitik zugerechnet. Problematisch ist die Bewertung von binnenwirtschaftlichen Maßnahmen, wenn diese außenwirtschaftliche Wirkungen entfalten, z. B. strenge Normen und Sicherheitsvorschriften sowie neuerdings auch Umweltauflagen als Importhemmnis (nichttarifäre Handelshemmnisse).
Ein Hauptproblem der Außenwirtschaftspolitik ist die Sicherung der Vorteile des Außenhandels und des internationalen Kapitalverkehrs (Wohlfahrtseffekte) unter Beachtung der Risiken: Abhängigkeit von weltwirtschaftlichen Entwicklungen (z. B. Rohstoffpreise, Strukturwandel), stärkere wirtschaftliche Verletzbarkeit (z. B. Schuldenkrisen), Einengung des Handlungsspielraums nationaler Wirtschafts- und Sozialpolitik. Notwendige Voraussetzungen sind deshalb die Schaffung und Einhaltung internationaler Rahmenbedingungen, die Aufrechterhaltung einer hohen Anpassungsflexibilität der nationalen Volkswirtschaften bei möglichst vorhersehbaren Wechselkursentwicklungen.
Für die gegenwärtige Außenwirtschaftspolitik bedeutet dies Fortentwicklung der vorhandenen Integrationsansätze (z. B. Internationale Währungsfonds, WTO, UNCTAD) und Ausbau der internationalen Arbeitsteilung (Ausweitung des Welthandels), wobei besonders die verstärkte Eingliederung der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft von Bedeutung ist.
Zur Geschichte der Außenwirtschaftspolitik Weltwirtschaft.
H. Berg: Internat. Wirtschaftspolitik (1976);
B. Külp: A.-Politik (1978);
W. Glastetter: A.-Politik (21979);
E. Birnstiel: Theorie u. Politik des Außenhandels (1982);
H. Hesse: Außenhandel I: Determinanten, in: Hwb. der Wirtschaftswiss., Bd. 1 (Neuausg. 1988);
J. Schumann: Außenhandel III: Wohlfahrtseffekte, in: Hwb. der Wirtschaftswiss., Bd. 1 (Neuausg. (1988);
H. Berg: A.-Politik, in: Vahlens Kompendium der Wirtschaftstheorie u. Wirtschaftspolitik, Bd. 2 (51992);
M. Borchert: A.-Lehre (41992);
H. H. Glismann u. a.: Weltwirtschaftslehre, Bd. 1: Außenhandels- u. Währungspolitik (41992);
H. Siebert: A. (61996).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Außenwirtschaft: Außenwirtschaftliches Gleichgewicht
Außenwirtschaft: Reale Außenwirtschaftstheorie
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Au|ßen|wirt|schaft, die <o. Pl.>: Gesamtheit der wirtschaftlichen Beziehungen zum Ausland; internationale Wirtschaft.
Universal-Lexikon. 2012.