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Rheinbund
I
Rheinbund,
 
1) französisch Alliance du Rhin [aljãsdy'rɛ̃], das aus der Rheinischen Allianz hervorgegangene, am 15. 8. 1658 in Frankfurt am Main auf Betreiben des Mainzer Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn (* 1605, ✝ 1673) geschlossene Bündnis zwischen den Rheinkreisen, mehreren westdeutschen Fürsten sowie Braunschweig-Lüneburg und dem schwedischen Bremen-Verden; ihm trat auch Frankreich bei. Der Rheinbund, dreimal erneuert und erweitert, v. a. gegen Österreich gerichtet, bezweckte die Aufrechterhaltung des Westfälischen Friedens und blieb bis zu seiner Auflösung (15. 8. 1668 ein Instrument der französischen Politik im Heiligen Römischen Reich.
 
 2) französisch Confédération du Rhin [kɔ̃federasjɔ̃dy'rɛ̃], Konföderation von zunächst 16 süd- und westdeutschen Fürsten unter dem Protektorat Napoleons I., sollte der französischen Beherrschung Westdeutschlands und der Beseitigung der Reichsgewalt dienen. Am 12. 7. 1806 wurde der Rheinbund auf Betreiben Napoleons gegründet (»Rheinbundakte«) schlossen sich bis 1811 schlossen sich alle deutschen Staaten außer Preußen, Österreich, Braunschweig und Kurhessen an.
 
Die wichtigsten Gründungsmitglieder waren der Staat (Fürstentum Regensburg) des ehemaligen Erzkanzlers und Mainzer Kurfürsten Karl Theodor, Reichsfreiherr von Dalberg, der Fürstprimas des Rheinbunds wurde, sowie die neu erhobenen Königreiche Bayern und Württemberg, die neu erhobenen Großherzogtümer Baden, Hessen-Darmstadt, Kleve, Berg und das zum Herzogtum aufgewertete Nassau. Die Rheinbundfürsten erklärten sich für souverän und sagten sich am 1. 8. 1806 förmlich vom Heiligen Römischen Reich los; Franz II. legte daraufhin am 6. 8. die Kaiserwürde nieder. Die Verfassung des Rheinbunds (Rheinbundakte) wurde insoweit verwirklicht, als die Rheinbundfürsten als Bundesgenossen Frankreichs starke Heereskontingente für die Feldzüge Napoleons stellen mussten. Dafür erhielten sie Standeserhöhungen, ihre Staaten wurden zum Teil auf Kosten der kleineren Reichsstände vergrößert (Mediatisierung). Mehrere Rheinbundstaaten übernahmen den Code civil (Code Napoléon; Code). - Nach der Niederlage Preußens (1806) traten bis 1808 Würzburg, Sachsen und weitere mittel- und norddeutsche Kleinstaaten dem Rheinbund bei; das neu geschaffene Königreich Westfalen wurde 1807 zum Rheinbundstaat erklärt. 1808 umfasste der Rheinbund 325 800 km2 mit 14,61 Mio. Einwohnern, 1811 vier Königreiche, fünf Großherzogtümer, elf Herzogtümer, 16 Fürstentümer mit 283 100 km2 und 13,3 Mio. Einwohnern - Nach rechtzeitigem Anschluss der meisten Mitgliedstaaten des Rheinbunds an das preußisch-russisch-österreichische Bündnis löste sich der Rheinbund während der Befreiungskriege im Oktober 1813 auf.
 
Literatur:
 
G. Walter: Der Zusammenbruch des Heiligen Röm. Reichs Dt. Nation u. die Problematik seiner Restauration in den Jahren 1814/15 (1980);
 E. Fehrenbach: Traditionale Gesellschaft u. revolutionäres Recht (31983);
 P. Sauer: Napoleons Adler über Württemberg, Baden u. Hohenzollern (1987);
 
Revolution u. konservatives Beharren. Das alte Reich u. die Frz. Revolution, hg. v. K. O. von Aretin u. a. (1990);
 K. O. von Aretin: Das Alte Reich 1648-1806, Bd. 3: Das Reich u. der österr.-preuß. Dualismus 1745-1806 (1997).
 
II
Rheinbund
 
Auf Betreiben Frankreichs hatte der Reichsdeputationshauptschluss neben Preußen vor allem den süddeutschen Staaten Bayern, Baden und Württemberg Gebietsgewinne gebracht. Diese hatten sich im 3. Koalitionskrieg 1805 (siehe auch Napoleonische Kriege) auf die Seite Frankreichs gestellt und waren im Frieden von Preßburg auf Kosten Österreichs mit Landgewinn und Rangerhöhungen belohnt worden. Napoleons Bemühungen, die süddeutschen Staaten beziehungsweise alle deutschen Mittelstaaten stärker an Frankreich zu binden, führten im Juli 1806 zur Errichtung des Rheinbundes. 16 süd- und westdeutsche Reichsstände unter Führung der Könige von Bayern und Württemberg sowie des Großherzogs von Baden und des Mainzer Kurfürsten Karl Theodor von Dalberg, der zum Fürstprimas des Rheinbundes erhoben wurde, unterzeichneten mit Napoleon die Rheinbundsakte, durch die sie sich von Kaiser und Reich lossagten, ihre Souveränität erklärten und sich dem Protektorat des französischen Kaisers unterstellten. Die zentrale Bestimmung der Rheinbundsakte war die Errichtung einer Offensiv- und Defensivallianz, wonach Napoleon für seine Feldzüge auf die Truppen der Rheinbundstaaten zurückgreifen konnte. Diese wiederum profitierten von der nun weitergeführten Mediatisierung (siehe auch Reichsdeputationshauptschluss) vor allem der Territorien der Reichsritterschaft; zahlreiche Fürsten erhielten Standeserhöhungen. Im August 1806 erklärten die Rheinbundstaaten ihren Austritt aus dem Heiligen Römischen Reich, das kurz darauf mit der Niederlegung der Kaiserwürde durch Franz II. und dessen Erklärung der Auflösung des Reiches sein förmliches Ende fand. Nach der Niederlage Preußens 1807 (siehe auch Tilsit: Frieden von Tilsit) traten bis 1808 zahlreiche weitere Staaten dem Rheinbund bei, darunter das zum Königreich erhobene Sachsen und das neuentstandene Königreich Westfalen (unter der Herrschaft von Napoleons Bruder Jérôme).
 
Innenpolitisch führte die Gründung des Rheinbunds nach dem Vorbild Frankreichs zur Zurückdrängung ständischer, provinzialer, lokaler und feudaler Sonderrechte und zu Reformen im Bereich von Verfassung und Verwaltung, Wirtschaft und Finanzen. Als »Revolution von oben« erfolgte eine - regional allerdings höchst unterschiedlich ausgeprägte - Modernisierung der deutschen Staaten. Der Rheinbund fand im Oktober 1813 durch den Anschluss der meisten Mitgliedstaaten an das preußisch-russisch-österreichische Bündnis in den Befreiungskriegen sein Ende.
 

Universal-Lexikon. 2012.