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Waage
Libra (fachsprachlich)

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Waa|ge ['va:gə], die; -, -n:
Gerät zum Feststellen des Gewichts:
etwas auf die Waage legen; sich auf die Waage stellen.
Zus.: Apothekerwaage, Briefwaage, Dezimalwaage, Federwaage, Feinwaage, Goldwaage, Haushaltswaage, Küchenwaage, Personenwaage, Präzisionswaage, Säuglingswaage.

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Waa|ge 〈f. 19
1. Gerät zur Gewichtsbestimmung
2. Gerät zur Bestimmung der Waagerechten (Wasser\Waage)
3. ein Sternbild
4. 〈fig.〉 Gleichgewicht
● beides hält sich die \Waage 〈fig.〉 beides gleicht sich aus, beides ist gleich oft vorhanden, ist gleich viel wert; →a. Goldwaage [<mhd. wage <ahd. waga; zu idg. *uegh- „bewegen“; verwandt mit wiegen, Weg, Wagen]

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Waa|ge: Gerät zur Bestimmung von Massen (Wägung), charakterisierbar nach Bauart, Wägebereich oder Höchstlast, Ablesbarkeit u. Reproduzierbarkeit. In chem. Laboratorien viel benutzte, unterschiedlich abgrenzende Bez. für eichfähige W. sind Präzisions-, Fein-, Analysen-, Halbmikro- oder Semimikro-, Mikro- u. Ultramikrowaage.

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Waa|ge , die; -, -n [mhd. wāge, ahd. wāga, eigtl. = das (auf u. ab, hin u. her) Schwingende, verw. mit 2bewegen]:
1. Gerät, mit dem das Gewicht von etw. bestimmt wird:
eine zuverlässige, gute, genaue, exakt anzeigende W.;
diese W. wiegt genau;
eine W. eichen;
etw. auf die W. legen, auf/mit der W. wiegen;
sich auf die W. stellen;
er bringt 80 kg auf die W. (ugs.; wiegt 80 kg);
sich/(geh.:) einander die W. halten (sich im Ausmaß, in der Intensität, in der Bedeutung o. Ä. gleichkommen: Vor- und Nachteile hielten sich [in etwa] die W.).
2. (Astrol.)
a) <o. Pl.> Tierkreiszeichen für die Zeit vom 24. 9. bis 23. 10.;
b) jmd., der im Zeichen Waage (2 a) geboren ist:
sie, er ist [eine] W.
3. <o. Pl.> Sternbild am südlichen Sternenhimmel.
4. (Turnen, Eis-, Rollkunstlauf) Figur, Übung, bei der der Körper waagerecht im Gleichgewicht gehalten wird:
eine eingesprungene W.

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I
Waage,
 
1) Astronomie: Libra, Abkürzung Lib, ein unauffälliges, zum Tierkreis gehörendes Sternbild der Äquatorzone, in unseren Breiten im Frühjahr am Abendhimmel sichtbar, Zeichen. Sein hellster Stern β Librae (scheinbare visuelle Helligkeit 2m,61) heißt Zuben-el-schemali. Der Stern α Librae (Zuben-el-genubi) ist auch mit kleinen Feldstechern als optischer Doppelstern sichtbar (Komponentenabstand fast 4' ). Die Sonne durchläuft die Waage von Anfang November bis in dessen zweite Hälfte.
 
 
 2) Einheiten: Wage, frühere deutsche Masseneinheit für Eisen. In Sachsen galt 1 Waage = 44 Pfund = 20,575 kg (Leipzig), in Frankfurt am Main war 1 Waage = 120 Pfund = 56,149 kg, in Bremen 59,82 kg.
 
 3) Metrologie: Messgerät zur Ermittlung der Masse eines Körpers. Da die Masse selbst nicht direkt gemessen werden kann, wird sie durch ihre Auswirkung in Form von Kräften (vorzugsweise der Gewichtskraft) bestimmt. Die Gewichtskraft als Produkt aus Masse und Fallbeschleunigung wird mit messbaren beziehungsweise bekannten Kräften verglichen (Wägung), entweder mit der Gewichtskraft von Gewichtsstücken, deren Masse auf die des Internationalen Kilogrammprototyps zurückgeführt ist, oder mit Kräften (meist Federkräften), die mit der Gewichtskraft von Gewichtsstücken kalibriert beziehungsweise geeicht werden. Besondere Waagenbauarten nutzen auch elektromagnetische (seltener elektrostatische) Kräfte zum Vergleich; die Messung erfolgt bei diesen Waagen über elektrische Größen, d. h. über die Messung des Stroms, der eine Spule durchfließen muss, um ein für den Kräfteausgleich ausreichendes Magnetfeld (magnetische Anziehungskraft) zu erzeugen, beziehungsweise über die Messung der Ladungsmenge von Kondensatoren, die ausschlaggebend für die Anziehungskraft zwischen den Platten ist. Außerdem gibt es Waagen, die die Präzession eines Kreisels (gyrometrischer Waagen) oder die Auftriebskraft eines Körpers in einer Flüssigkeit (hydrostatische Waagen) als Vergleichskraft nutzen. Bei mechanischen Waagen erfolgt der Ausgleich der Gewichtskraft und die Anzeige auf rein mechanischem Weg. Bei elektromechanischen Waagen erfolgt der Ausgleich mechanisch und elektrisch; das elektrische Signal des eingebauten Messumformers steuert die Gewichtsanzeige.
 
Waagenausführungen:
 
Hebelwaagen (Balkenwaage) und Brückenwaagen besitzen einen horizontalen Waagbalken, der um eine Achse waagerecht drehbar gelagert ist und zwei Waagschalen zur Aufnahme von Wägegut und Gewichtsstücken. Das Gleichgewicht wird mit abgestuften Gewichtsstücken und/oder Änderung der Hebellänge nach den Hebelgesetzen erreicht. Zu diesen Waagen gehören Labor-, Tafel-, Plattformwaagen mit ebener Lastaufnahme, Dezimalwaagen mit Hebeluntersetzung 1 : 10 und Wägebereich bis 1 000 kg, Laufgewichtswaagen, Gleis- und Fahrzeugwaagen mit veränderlichem Hebelverhältnis bis 400 t Tragkraft, Schaltgewichtswaagen mit zuschaltbaren Gewichtsstücken zur Erweiterung des Wägebereiches sowie Neigungswaagen, bei denen die Gewichtskraft des Wägegutes einen Kniehebel mit einem festen Neigungs- oder Hubgewicht auslenkt und das Gleichgewicht sich durch die dabei ändernde Hebellänge von selbst einstellt. Das Gewicht (bis 25 kg) kann an einer Skala direkt abgelesen werden (z. B. bei Brief-, Fächer-, Kreiszeiger-, Leuchtbildwaagen). Bei der Federwaage dehnt oder biegt die zu bestimmende Masse eine Feder nach dem hookeschen Gesetz proportional zur Gewichtskraft. Bei einfachen Federwaagen wird das Gewicht mechanisch direkt angezeigt (Fisch-, Badezimmerwaage).
 
Die elastische Verformung von Biege- und Spiralfedern mit und ohne vorgeschaltetem Hebelwerk ist Grundlage moderner Waagen. Die dabei als Grundbauteil verwendeten Wägezellen, die im Prinzip Kraftmessdosen sind, wandeln zunächst an sehr steifen Messfedern die Gewichtskraft in eine sehr kleine Längenänderung, die dann mit Dehnungsmessstreifen, schwingenden Saiten, Differenzialtransformatoren, Hall-Generatoren oder Kondensatoren elektrisch gemessen wird. Dadurch ist eine weiter gehende elektronische Messwertverarbeitung möglich.
 
Waagengruppen:
 
Abfüll- und Dosierwaagen sind selbsttätige Waagen zum diskontinuierlichen Einwiegen voreingestellter Füllmengen. Bandwaagen haben ein Förderband als Lastträger für kontinuierliche Wägen von Schüttgütern. Kranwaagen für hängende Lasten arbeiten mit Großanzeige und Funkübertragung des Gewichtswertes in einen Rechner. Bei Behälterwaagen dient ein Behälter zur Aufnahme von Schüttgütern oder Flüssigkeiten. Chargenwaagen werden zur Wägung mehrerer Komponenten in Folge für Mischanlagen verwendet, Kontrollwaagen (englisch check weighter) zur Gewichtskontrolle von Packungen gleicher Füllmenge mit Waagenband, Statistikrechner und Drucker.
 
Handelswaagen ist eine Sammelbezeichnung für Waagen des Handelsgebrauches, wie Ladentischwaagen mit Preisrechner, Speicher für Warenkennzeichnung und Grundpreise, Preissummierwerke und Streifen- oder Etikettendrucker mit maschinenlesbarem EAN-Strichcode (EAN-System) sowie für Preisauszeichner mit Taktband und Etikettiervorrichtung für die gewichtsabhängige Auszeichnung vorverpackter Waren ungleicher Füllmenge (Höchstlast bis 25 kg, Teilung ab 1 g).
 
Die Analysen-, Mikro-, Fein- und Präzisionswaagen sind hochauflösende Waagen für den Laborgebrauch und die Eichung von Wägestücken. Waagen, bei denen ein auf dem Gewicht basierender, anderer Messwert angezeigt wird oder die eine gewichtsabhängige Sortierung vornehmen, sind: Gebühren-, Butterwasser-, Drehmoment-, Eiersortier-, Garnsortier-, Geldzähl-, Dichtewaagen (z. B. mohrsche Waage, jollysche Federwaage), Kartoffelstärke-, Textilfeuchte-, Schmutzgehaltwaage.
 
Waagen und ihre Zusatzeinrichtungen unterliegen der Eichpflicht, wenn sie im geschäftlichen oder amtlichen Verkehr oder im Bereich von Heilkunde oder Pharmazie verwendet oder bereitgehalten werden (Eichen).
 
Geschichtliches:
 
Der Ursprung der Waage ist unbekannt. Die älteste Waage, eine gleicharmige Balkenwaage, wurde im ägyptischen Naqada (bei Kus) aus der Zeit um 5000 v. Chr. gefunden. Der Waagbalken besteht aus rötlichem Kalkstein mit Bohrungen in der Mitte und an beiden Enden zum Aufhängen des Balkens und der Schalen. Da dort auch Gewichtsstücke gefunden wurden, die auf 9000 v. Chr. datiert werden, wird es Waagen schon früher gegeben haben. Die ungleicharmige Waage (Balance romaine) ist seit 1400 v. Chr. bekannt. Im europäischen Raum kann aus dem Fund von Bleigewichten in Pfahlbauten aus der Zeit um 1400 v. Chr. auf Waagen geschlossen werden. In der Antike wurde auch die ungleicharmige Waage mit veränderlichem Drehpunkt zur Erweiterung des Wägebereiches verwendet (dänische Schnellwaage, Besemer oder Bismer). Aristoteles entwickelte um 330 v. Chr. eine Theorie der Waage.
 
Erst im 17. Jahrhundert n. Chr. erfuhr die Waage eine wesentliche Weiterentwicklung. Die Tafel- oder oberschalige Waage, von G. P. de Roberval 1669 erfunden, hat als bahnbrechende Neuerung ein als Parallelogramm wirkendes Hebelsystem, das die Wägung unabhängig von dem Auflagepunkt des Wägegutes auf der Waagschale macht. Eine theoretische Bestätigung hierfür gab L. Poinsot. J. Leupold verfasste 1726 ein umfangreiches Werk (»Theatrum staticum«) über den Waagenbau. Hier finden sich auch Kran- und Personenwaagen sowie die Darstellung einer Federwaage von 1709. Die erste Brückenwaage für Fuhrwerke mit ebenerdiger Plattform und einem Unterflur-Hebelwerk zur Kraftuntersetzung (1 : 20) baute John Wyatt 1741 und stellte sie am Picadilly, London, auf. Neigungswaagen wurden 1765 von G. S. Brandes und 1775 von P. M. Hahn gebaut, ihre Weiterentwicklung waren die Fächerwaage 1922 und die Leuchtbildwaage 1924. Die Dezimalwaage wurde 1821/22 von A. Quintez und J. B. Schwilgué (* 1776, ✝ 1856) erfunden, die Torsionswaage 1784 von C. A. de Coulomb. Eine erste Abdruckvorrichtung für Gewichtswerte, am Laufgewicht befestigt, entwickelte Chameroy 1877. Selbsttätige Waagen für Schüttgüter fanden mit der fortschreitenden industriellen Entwicklung im 19. Jahrhundert breite Verwendung. Mit der Entwicklung elektrischer (ab 1951) und elektronischer (1959) Messwertwandler und Kompensatoren begann die moderne Waagentechnik. Die Einführung des Mikroprozessors (ab 1975) schuf die Voraussetzung für Waagen als Basis von Messwertverarbeitungsanlagen mit Preis-, Statistik- und Datendruckern, Füllmengensteuerungen und fernwirkenden Regel- und Kontrollfunktionen.
 
Religionsgeschichte:
 
Manche Religionen kennen die Vorstellung einer Waage, auf der die Taten der Menschen beim Eingehen in das Totenreich oder beim Jüngsten Gericht gewogen werden. Im ägyptischen Totenbuch wägen Horus und Anubis das Herz des Toten vor dem Totenrichter Osiris gegen eine Feder (Symbol für Weisheit). Nach griechischen Vorstellungen legt Zeus das Schicksal der Lebenden auf die Waage, die in hellenistischer Zeit zum Symbol der Nemesis (als strafender Gerechtigkeit) wird. In Rom wurde die Waage der Fortuna und Justitia zugeordnet. Auch im Islam spielt die Waage im Gericht eine entscheidende Rolle: Deren Waage schwer ist, denen wird es wohl ergehen (Sure 7, 7 f.).
 
 
Literatur:
 
Hb. des W.-Baues, begr. v. M. Raudnitz, 3 Bde. (1-51955-66);
 
Hb. des Wägens, hg. v. M. Kochsiek (21989);
 
Massebestimmung, hg. v. M. Kochsiek: u. M. Gläser (1997);
 S. Weyhe: Wägetechnik im Labor (1997).
 
 4) Sport: im Eis- und Rollkunstlauf eine Figur des Kürprogramms, Körper und Spielbein nehmen eine horizontale Haltung ein; beim Turnen ein Halteteil, bei dem der Körper waagerecht gehalten wird, z. B. die Knie- oder Standwaage am Boden, die Hangwaage an den Ringen.
II
Waage
 
['voːgə], Peter, norwegischer Chemiker, * Flekkefjord (Provinz Vest-Agder) 29. 6. 1833, ✝ Christiania (heute Oslo) 13. 1. 1900; ab 1862 Professor in Christiania; arbeitete ab 1862 mit seinem Schwager C. M. Guldberg über chemische Affinitäten und stellte mit ihm 1864 das Massenwirkungsgesetz auf.

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Waa|ge, die; -, -n [mhd. wāge, ahd. wāga, eigtl. = das (auf u. ab, hin u. her) Schwingende, verw. mit 2bewegen]: 1. Gerät, mit dem das Gewicht von etw. bestimmt wird: eine zuverlässige, gute, genaue, exakt anzeigende W.; diese W. wiegt genau; eine W. eichen; etw. auf die W. legen, auf/mit der W. wiegen; sich auf die W. stellen; er bringt 80 kg auf die W. (ugs.; wiegt 80 kg); Ü ... die W. habe sich zugunsten des Westens geneigt (der Westen sei nunmehr in der günstigeren Position; Dönhoff, Ära 198); Die W. der Entscheidung hing leise zitternd gleich zu gleich (die Entscheidung konnte ebenso gut in dem einen wie in dem anderen Sinne fallen; A. Zweig, Grischa 178); *einer Sache/(seltener:) sich mit etw. die W. halten (einer Sache im Ausmaß, in der Intensität, in der Bedeutung o. Ä. gleichkommen): die Genugtuung ... hielt seiner Beklommenheit die W. (Th. Mann, Joseph 509); die Skepsis gegen ihre Mitbürger hielt sich immer noch die W. mit dem Vorsatz, ein neues Menschenbild zu formen (Kant, Impressum 251); Vorteile und Nachteile hielten sich [gegenseitig]/(geh.:) einander die W. 2. (Astrol.) a) <o. Pl.> Tierkreiszeichen für die Zeit vom 24. 9. bis 23. 10.; b) jmd., der im Zeichen ↑Waage (2 a) geboren ist: sie, er ist [eine] W. 3. <o. Pl.> Sternbild am südlichen Sternenhimmel. 4. (Turnen, Eis-, Rollkunstlauf) Figur, Übung, bei der der Körper waagrecht im Gleichgewicht gehalten wird: eine eingesprungene W.

Universal-Lexikon. 2012.