Ma|ri|en|dich|tung 〈f. 20〉 Dichtung zu Ehren der Muttergottes, z. B. Marienlieder
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Ma|ri|en|dich|tung, die (Literaturwiss.):
Dichtung, die in legendärer Form das Leben Marias darstellt od. in der Maria verherrlicht u. angerufen wird.
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Mariendichtung,
poetische Darstellung um Maria, die Mutter Jesu, in allen epischen, lyrischen und dramatischen Gattungen, Stilen und Tendenzen. Die Stoffe entstammen hauptsächlich den Apokryphen des Neuen Testaments, die Bilder und Symbole der mariologischen Dogmenauslegung (Augustinus, 5. Jahrhundert), der Marienpredigt und -mystik (insbesondere seit dem 12. Jahrhundert). - Früheste Mariendichtung ist aus dem byzantinischen Raum bezeugt; im Abendland setzt sie nach Vorläufern (Sedulius, Ennodius, 5. Jahrhundert) mit der Einrichtung der Marienfeste (7. Jahrhundert) ein, zunächst mit lateinischen Hymnen (Hrabanus Maurus) und Sequenzen (Notker Balbulus, Hermann von Reichenau), von denen einige bis heute lebendig geblieben sind, z. B. »Ave maris stella«, »Salve Regina« oder »Stabat Mater«, auch mit lateinischen epischen Marienviten (Hrotsvith von Gandersheim). Die Voraussetzung für eine volkssprachliche Mariendichtung schuf im 12. Jahrhundert die kluniazensische Reform durch die Erweiterung der Marienverehrung. Zur epischen Mariendichtung zählen neben den zahlreichen Marienwundern und -legenden in Reim und Prosa seit dem Anfang des 13. Jahrhunderts v. a. die Marienleben (Walter von Rheinau, Konrad von Heimesfurt u. a.), die unter dem Einfluss lateinischer Quellen (z. B. »Vita beate virginis Marie et Salvatoris rhythmica«; Anfang des 13. Jahrhunderts) von Leben, Tod und Himmelfahrt Marias berichten.
Auch die Marienlyrik ist eng an lateinischen Vorbildern orientiert, von den zahlreichen Sequenzen, Leiche und Hymnen des 12. Jahrhunderts sind das »Melker Marienlied«, die Mariensequenzen aus Muri und Walther von der Vogelweides Marienleich hervorzuheben. Seit dem 13. Jahrhundert entstanden im Gefolge religiöser Bewegungen (Marienbruderschaften, Geißler) volkstümliche Marienlieder, oft Eindeutschungen lateinischer Hymnen oder Kontrafakturen; daneben vom späthöfischen Minnesang beeinflusste, spekulative mariologische Spruchlyrik (Reinmar von Zweter, der Marner, Friedrich von Sonnenburg, Ende 13. Jahrhundert) vielfach im geblümten Stil (Frauenlob, Heinrich von Mügeln); sie wird im Meistersang allegorisch bis ins 16. Jahrhundert weitergepflegt (Muskatplüt, H. Folz, H. Sachs). Kunstvolle Reihungen des mariologischen, insbesondere mystischen Formel- und Bilderschatzes, wie z. B. die »Goldene Schmiede« (1275) Konrads von Würzburg, oder die aus den Ave-Maria-Gebeten (Marienpsalter, Rosarien) entwickelten Mariengrüße wurden noch von den Humanisten in antiken Strophen gepflegt. - Eine Sonderform zwischen den Gattungsgrenzen ist die Marienklage. Die bedeutendsten lateinischen Vorbilder für die seit dem frühen 13. Jahrhundert deutschsprachigen Marienklagen sind Gottfried von Breteuils (* 1198) »Planctus ante nescia« und der »Bernhardstraktat« des Oglerius von Trino (* 1214); sie fanden Eingang in das geistliche Drama, wie auch die mittelalterlichen Legenden- und Mirakelspiele Wundertaten Marias dramatisch gestalteten, eine Tradition, die bis ins Barock (Jesuitentheater) lebendig blieb. - Mit dem Ausklang des Mittelalters endet zugleich die Blütezeit der Mariendichtung, deren Entwicklung in den anderen westeuropäischen Kulturen ähnlich verlief: In Frankreich ragen u. a. die epischen Marienviten des Anglonormannen R. Wace, die Legendensammlungen Gautiers de Coinci (»Les miracles de la sainte Vierge«, um 1220), die Mirakelspiele Rutebeufs sowie die Marienlyrik der Troubadours (Peire Cardenal) und der Trouvères heraus, in Spanien die bedeutenden, von König Alfons X. von Kastilien u. a. verfassten »Cantigas de Santa María« (um 1250) und die Legendensammlung G. de Berceos »Milagros de Nuestra Señora« (13. Jahrhundert); in den Niederlanden entstanden im 13. Jahrhundert die schönsten Gestaltungen der weit verbreiteten Marienlegenden »Theophilus« und »Beatrijs«. Nach der Reformation wurde die Mariendichtung, abgesehen von volkstümlichen Überlieferungen (Volksbücher), vorwiegend als Marienlyrik im Kirchenlied und in den barocken Kunstliedformen der Jesuiten F. von Spee, Angelus Silesius sowie (neulateinisch) von J. Balde und N. Avancini fortgeführt. Erst seit dem Ende des 18. Jahrhunderts erfuhr die Mariendichtung eine auch von Protestanten getragene Neubelebung durch die frühromantische Rückwendung zum Mittelalter (J. G. Herder, F. und A. W. Schlegel, Novalis, C. Brentano, J. von Eichendorff). Bei Annette von Droste-Hülshoff, R. M. Rilke, R. A. Schröder, R. J. Sorge, Ruth Schaumann, Gertrud von Le Fort, R. Schneider, F. Werfel und im Rahmen des Renouveau catholique bei P. Claudel erscheint Mariendichtung als Ausdruck individueller Glaubenserfahrung.
H. Fromm: M., in: Reallex. der dt. Literaturgesch., begr. v. P. Merker u. a., hg. v. W. Kohlschmidt u. a., Bd. 2 (21965);
G. M. Schäfer: Unters. zur deutschsprachigen Marienlyrik des 12. u. 13. Jh. (1971);
A. Edelmann-Ginkel: Das Loblied auf Maria im Meistersang (1978).
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Ma|ri|en|dich|tung, die (Literaturw.): Dichtung, die in legendärer Form das Leben Marias darstellt od. in der Maria verherrlicht u. angerufen wird.
Universal-Lexikon. 2012.