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Kreuzzug
Kreuz|zug 〈m. 1u
1. 〈12./13. Jh.〉 Kriegszug zur Eroberung Jerusalems aus den Händen der Muslime; Sy Kreuzfahrt (1)
2. 〈fig.〉 Unternehmung für eine als gut erachtete Sache

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Kreuz|zug, der:
1.
a) im MA. von der Kirche propagierter od. unterstützter Krieg gegen Ungläubige u. Häretiker;
b) bes. im Hochmittelalter unternommener Kriegszug (christlicher Ritter) in den Vorderen Orient zur Befreiung heiliger Stätten von islamischer Herrschaft:
zum K. aufrufen.
2. mit großem Eifer geführte Kampagne für od. gegen etw.:
einen K. für, gegen etw. starten, führen.

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Kreuzzug,
 
Kreuzfahrt, allgemein ein von der Kirche im Mittelalter geförderter Kriegszug gegen »Ungläubige« (z. B. die heidnischen Prußen und Wenden) und Ketzer (z. B. die Albigenser, Stedinger) zur Ausbreitung beziehungsweise Wiederherstellung des katholischen Glaubens; im engeren Sinn die kriegerischen Unternehmungen der abendländischen Christenheit zur Rückeroberung des Heiligen Landes (Palästina) vom Ende des 11. bis zum Ende des 13. Jahrhunderts.
 
In den Kreuzzügen verband sich der Gedanke der Pilgerfahrt und der zeitgenössischen Auslegung von Augustinus' »gerechtem Krieg«, den man v. a. als Kampf gegen die Heiden verstand, mit mannigfachen politischen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen. Vorstufen waren die Kämpfe gegen die Araber in Spanien und Sizilien. Auf der Synode von Clermont (heute Clermont-Ferrand) rief Papst Urban II. am 27. 11. 1095 die Christenheit zum »heiligen Krieg« gegen den Islam auf, als Antwort auf Hilferufe des byzantinischen Kaisers Alexios I. Komnenos gegen die türkische Seldschuken. Die Kreuzpredigt des Papstes fand begeisterten Widerhall (»Gott will es«). Die Kampfbereiten hefteten ein rotes Kreuz auf die Schulter, leisteten den Kreuzfahrereid und erhielten Nachlass der kanonischen Bußstrafen. Es entstand eine breite Kreuzzugbewegung, die mit der Gründung neuer Orden (Ritterorden, Kreuzherren) und einer allgemeinen Aufwertung der Kreuzesfrömmigkeit verbunden war.
 
Verlauf:
 
Der 1. Kreuzzug (1096-99) begann als ein Volkskreuzzug verbunden mit Judenverfolgungen in Rouen und besonders im Rheinland - unter Führung von Predigern wie Peter von Amiens. An die Spitze der Heere traten dann der Lehnsadel, besonders die französische Ritterschaft, und die süditalienischen Normannen. Nach Kämpfen in Kleinasien und vor Antiochia wurde am 15. 7. 1099 Jerusalem erobert, in dem die Kreuzfahrer unter der muslimischen und jüdischen Bevölkerung ein Blutbad anrichteten. Schon unterwegs hatten politische Sonderinteressen der fürstlichen Kreuzfahrer zu Konflikten und zu eigenen Herrschaftsgründungen (Kreuzfahrerstaaten) geführt. Balduin I. von Boulogne errichtete 1098 die Grafschaft Edessa, nach dem Fall Antiochias im selben Jahr Bohemund I. ein Fürstentum, und Raimund von Toulouse schuf mit Eroberungen an der syrischen Küste die Grundlagen für die spätere Grafschaft Tripolis. Gottfried von Bouillon, Herzog von Niederlothringen, ließ sich nach der Eroberung Jerusalems zum »Vogt (Beschützer) des Heiligen Grabes« wählen; nach seinem Tod (1100) wurde sein Bruder Balduin, vorher Graf von Edessa, erster König von Jerusalem. Die Kreuzfahrerstaaten schwächten einander durch Rivalitäten und Thronwirren, während sich die vorher uneinigen islamischen Kräfte zum Gegenstoß sammelten. Als ihnen 1144 Edessa erlag, rief Bernhard von Clairvaux zum 2. Kreuzzug (1147-49) auf, an dem sich auf sein Drängen der Staufer Konrad III. und Ludwig VII. von Frankreich beteiligten. Der Zug scheiterte aber bereits auf dem Marsch durch Kleinasien; lediglich Lissabon konnte den Sarazenen duch eine Kreuzfahrerflotte 1147 abgerungen werden. Parallel zum 2. Kreuzzug fand 1147 der Wendenkreuzzug statt. Roger II. von Sizilien landete währenddessen 1147 in einem Feldzug gegen Byzanz auf Korfu und eroberte Korinth sowie Theben. Nachdem Sultan Saladin im Juli 1187 das Heer der Kreuzfahrerstaaten bei Hattin (in der Nähe des Sees Genezareth) vernichtend geschlagen und am 2. 10. 1187 Jerusalem eingenommen hatte, kam es zum 3. Kreuzzug (1189-92) unter Führung Kaiser Friedrichs I. Barbarossa, der aber an der Südküste Kleinasiens im Fluss Saleph ertrank (1190). Die ihm nachfolgenden Könige Frankreichs (Philipp II. Augustus) und Englands (Richard I. Löwenherz) brachten durch ihren Zwist nach der Eroberung Akkos (1191) auch diesen Kreuzzug um weitere Erfolge. Zu Beginn des 4. Kreuzzuges (1202-04) besetzten die Kreuzfahrer im Auftrag Venedigs zunächst das istrisch-dalmatinische Küstengebiet (Fall von Zara [Zadar] am 24. 11. 1202), um ihre Überfahrt begleichen zu können. Gegen den Willen seines Initiators Papst Innozenz' III. führte dieser Kreuzzug, nachdem der aus byzantinischer Gefangenschaft geflohene Kronprätendent Alexios IV. Angelos um Hilfe gegen hohe Belohnung gebeten hatte, unter militärischer Führung von Bonifatius II. von Montferrat und auf Betreiben des venezianischen Dogen E. Dandolo zur Eroberung Konstantinopels (erstmals am 5. 7. 1203, nach der Ermordung Alexios' erneut am 13. 4. 1204). Es kam zur Zerschlagung des Byzantinischen Reiches und zur Errichtung des Lateinischen Kaiserreichs unter venezianisch-französischer Führung.
 
Der Kreuzzugseifer soll der Legende nach sogar Kinder in Frankreich (unter Führung eines gewissen Stephan) und am Niederrhein (unter dem Knaben Nikolaus) zu Tausenden ergriffen und ins Verderben geführt haben (Kinderkreuzzug, 1212; die »pueri« der Quellen waren wahrscheinlich Knechte, Landarbeiter und Tagelöhner; für das Gros der Teilnehmer endete er bereits im Herbst 1212 in Italien). Ein gegen die islamische Hauptmacht in Ägypten gerichteter Vorstoß unter Führung eines päpstlichen Legaten scheiterte nach der Eroberung Damiettes (1219) im Nildelta 1221 katastrophal. Kaiser Friedrich II. hatte schon 1215 die Kreuzfahrt gelobt, verzögerte sie jedoch, weshalb ihn Papst Gregor IX. 1227 bannte. Trotzdem brach der Kaiser zum 5. Kreuzzug (1228-29) auf und erreichte kampflos durch Verhandlungen mit dem ägyptischen Sultan, dem Aijubiden Al-Kamil (1218-38), die Freigabe der christlicher Pilgerstätten und krönte sich 1229 selbst zum König von Jerusalem, das aber 1244 wieder verloren ging. Den Weg über Ägypten wählte der 6. Kreuzzug (1248-54), auf dem Ludwig IX. von Frankreich 1250 mit seinem Heer in Gefangenschaft geriet und erst gegen hohe Lösegeldzahlung freigelassen wurde. Auf dem 7. Kreuzzug (1270) starb Ludwig vor Tunis. In Palästina ging 1291 die letzte Bastion Akko verloren. - Der Deutsche Orden führte seit 1230 den Kreuzzug gegen die heidnischen Prußen und - vergeblich - gegen die Litauer.
 
Durch die Kreuzzüge kamen Hunderttausende von Menschen ums Leben; es wurden keine anhaltenden politischen Erfolge erzielt, und auch die Vereinigung von lateinischer und byzantinischer Kirche konnte nicht erreicht werden. Allerdings sicherten die Kreuzzüge die Handelswege Venedigs und anderer italienischen Stadtstaaten im östlichen Mittelmeer für lange Zeit. Zudem schufen sie durch die Berührung mit Byzanz und der islamischen Welt die Voraussetzung dafür, dass griechisch-orientalische Geistesgut im Abendland bekannt werden konnte.
 
Literatur:
 
Bibliographien: Hans E. Mayer: Bibliogr. zur Gesch. der K. (21965);
 Hans E. Mayer: Lit.-Bericht über die Gesch. der K. Veröff. 1958-1967, in: Histor. Ztschr., Sonder-H. 3 (1969).
 
Quellen: Recueil des historiens des croisades, 16 Bde. (Paris 1841-1906, Nachdr. Amersham 1969-84);
 
Die K. aus arab. Sicht, ausgew. u. übers. v. F. Gabrieli (a. d. Ital., 21976);
 
Die K. in Augenzeugenberichten, hg. v. R. Pernoud (a. d. Frz., 51980).
 
Zeitschriften: Dt. Archiv für Erforschung des MA. (1951 ff.);
 
Bulletin of the Society for the Study of the Crusades and the Latin East (Cardiff 1985 ff.).
 
Darstellungen: A history of the crusades, hg. v. K. M. Setton, 5 Bde. (Madison, Wisc., 21969-85);
 J. Riley-Smith: The crusades (London 1987);
 R. C. Schwinges: Die K.-Bewegung, in: Hb. der europ. Gesch., hg. v. T. Schieder, Bd. 2 (1987);
 
Großer Bildatlas der K., hg. v. J. Riley-Smith (a. d. Engl., 1992);
 F. Winkelmann: Die Kirchen im Zeitalter der K. (1994);
 G. Armanski: Es begann in Clermont. Der erste K. u. die Genese der Gewalt in Europa (1995);
 T. Jones u. A. Ereira: Die K. (a. d. Engl., 1995);
 Hans E. Mayer: Gesch. der K. (81995);
 S. Runciman: Gesch. der K. (a. d. Engl., 1995);
 M. Erbstösser: Die K. Eine Kulturgesch. (31996);
 
Der erste K. 1096 u. seine Folgen. Die Verfolgung von Juden im Rheinland, bearb. v. H.-J. Barkenings u. a. (1996);
 A. Maalouf: Der Hl. Krieg der Barbaren. Die K. aus der Sicht der Araber (a. d. Frz., 1996);
 R. Pernoud: Frauen zur Zeit der K. (a. d. Frz., 21996).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Kreuzzüge: Mit Feuer und Schwert gegen die Heiden
 

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Kreuz|zug, der: 1. a) im MA. von der Kirche propagierter od. unterstützter Krieg gegen Ungläubige u. Häretiker; b) bes. im Hochmittelalter unternommener Kriegszug (christlicher Ritter) in den Vorderen Orient zur Befreiung heiliger Stätten von islamischer Herrschaft: zum K. aufrufen. 2. mit großem Eifer geführte Kampagne für od. gegen etw.: einen K. für, gegen etw. starten, führen; um auf diese Weise einen antikommunistischen K. zu entfachen (Spiegel 42, 1977, 282); der Anwalt und Krimiautor Andrew Vachss nutzt umgekehrt in einem Roman die Figur Batmans, um seinen K. gegen Kindesmissbrauch populär zu unterfüttern (Woche 28. 3. 97, 34).

Universal-Lexikon. 2012.