Brịtische Ịnseln,
englisch British Isles ['brɪtɪʃ'aɪlz], dem nordwesteuropäischen Kontinentalschelf aufsitzende Inselgruppe im Atlantischen Ozean mit den Hauptinseln Großbritannien und Irland, den Shetland- und Orkneyinseln, den Hebriden, den Inseln Man, Anglesey und Wight sowie vielen kleineren Inseln mit 59,2 Mio. Einwohner auf einer Fläche von mehr als 315 000 km2. Die Britischen Inseln erstrecken sich über fast 1 300 km in Nord-Südrichtung, über rd. 850 km in West-Ostrichtung.
Landesnatur
Die geologisch älteren Teile der beiden erst Ende des Tertiärs endgültig getrennten Hauptinseln Großbritannien und Irland liegen im Norden und Nordwesten, wo West-, Nord- und Südostirland, die schottischen Gebirge, die Cumbrian Mountains in Nordwestengland sowie Nord- und Mittelwales die Reste des altpaläozoischen kaledonischen Gebirges (Silur/Devon) mit Südwest-Nordost-Struktur bilden. Nach Abtragung und Sedimentation wurde im Süden der jungpaläozoische armorikanische Bogen (Karbon/Perm) mit West-Ost-Struktur angefügt; er bestimmt den Bau von Südirland, Südwales und der südwestlichen Halbinsel von England. Eine besondere Stellung nimmt die Nord-Süd-streichende Aufwölbung des Penninischen Gebirges ein. Sie besteht vorwiegend aus Schichten des Karbons, die auf älteren, stärker gefalteten Schichten des kaledonischen Systems liegen. - Abtragung, Absenkung mit weitgehender Meeresüberflutung in der Jura- und Kreidezeit und die Sedimentation von Deckschichten kennzeichnen das Mesozoikum. Die mesozoischen Schichten (Trias bis Kreide) haben in der alpidischen Faltungsära eine Schrägstellung und im Südosten, im Bereich des Weald, eine schwache Aufwölbung erfahren. Südöstlich einer Linie von der Exe- bis zur Teesmündung hat sich in England aufgrund der Aufeinanderfolge unterschiedlich widerstandsfähiger Sedimente ein ausgeprägtes Schichtstufenrelief herausgebildet.
Im Eiszeitalter (Pleistozän) blieb die Insel Großbritannien im Süden eisfrei, nördlich einer Linie vom Severn zur Themsemündung erhielt das Tiefland eine glaziale Überprägung durch eine unterschiedlich mächtige Geschiebelehmdecke und das nördliche Bergland durch glaziale Erosionsformen (Trogtäler, Kare, Seen). Bedingt durch wechselndes Großrelief, Gesteinsunterschiede, eiszeitlicher Einwirkungen (z. B. Fjorde im Nordwesten) und nacheiszeitlicher Meeresspiegelschwankungen sind auch die Küsten der Hauptinsel Großbritannien sehr vielgestaltig. - In Irland wurde das auf drei Seiten von Bergländern umrahmte zentrale, aus unterkarbonischen Kalken bestehende Flachland von eiszeitlichen Ablagerungen (Moränen, Drumlins, Oser) überformt, auf denen sich neben für die Landwirtschaft günstigen Böden auch ausgedehnte Hochmoore (Bog of Allen) entwickelt haben. Die aus paläozoischen Gesteinen aufgebauten Bergländer Irlands, die im Südwesten durch tief ins Landesinnere vordringende Meeresbuchten (Riaküste) stark gegliedert sind, erhielten durch glaziale Erosion (Kare, Trogtäler, Seen) ihre Feinmodellierung. - Dem Nordwesten Irlands geben weit gespannte Verebnungen mit einzelnen als Härtlinge herausragenden Bergkuppen aus Quarzit (Twelve Bens in Connemara) ihr Gepräge. Mesozoische Schichten sind weitgehend abgetragen, Tertiär findet sich in Form ausgedehnter Basaltdecken in Nordirland im Distrikt Antrim.
Erst infolge des nacheiszeitlichen Meeresspiegelanstiegs wurde die Insel Großbritannien vom Kontinent getrennt. Der Gang der Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung seit der Steinzeit wurde beeinflusst durch den naturräumlichen Gegensatz von Hochbritannien im Westen und Norden (bis 1 085 m über dem Meeresspiegel in den Cambrian Mountains von Wales, bis 978 m über dem Meeresspiegel in den Cumbrian Mountains von Nordwestengland, bis 1 343 m über dem Meeresspiegel in den Highlands von Schottland) und Tieflandbritannien im Zentrum und im Südosten Das das südliche Penninische Gebirge umrahmende, durch Schichtstufen gegliederte Tiefland ist Kerngebiet der Besiedlung und Wirtschaft.
Das Klima ist ausgeprägt ozeanisch; es zeichnet sich aus durch milde Winter und kühle, im Süden und Südosten warme Sommer bei vorherrschend westlichen Winden, ziemlich gleichmäßige Verteilung der Niederschläge über das Jahr bei relativ trockenem Frühjahr. Das Meerwasser, auch im Winter durch Ausläufer des Golfstroms erwärmt, hat bis in den Herbst hinein Temperaturen von 11-14 ºC, besonders begünstigt sind Südwestirland und die südwestliche Halbinsel von England. Fröste sind im Flachland selten. Schnee bleibt nur in den höheren Bergländern (in Irland auch dort nicht) länger liegen (auf dem Ben Nevis in Schottland von November bis Juni). Die lange Nord-Süderstreckung bedingt Temperaturgefälle von Süden nach Norden und Verzögerung des Frühlingseinzugs um sechs und mehr Wochen zwischen Südwestengland und den schottischen Highlands. Dieses Gefälle wird gekreuzt von dem noch stärkeren West-Ostgefälle in der Ozeanität. 1 000 bis 3 000 mm Regen empfangen das sehr feuchte Hinterland der irischen Westküste, bis 5 000 mm Niederschläge Teile der schottischen Highlands bei rd. 250-270 Regentagen im Jahr, gegenüber 700 mm bei Dublin (Ostirland) und nur 500 mm in Ostengland, dessen Klima schon kontinentalere Merkmale zeigt. Weitere Kennzeichen sind die von Westen nach Osten zunehmende Sonnenscheindauer sowie hohe Luftfeuchtigkeit, die Küsten-, Berg-, Wiesen- und Stadtnebelbildung begünstigt.
Das natürliche Pflanzenkleid der Britischen Inseln gehört zum atlantischen Bezirk des europäischen Laubwaldgebietes mit Marschen (am ausgedehntesten in den Fens), mit Hoch- und Niederungsmooren. Unter- und oberhalb der natürlichen Waldgrenze (in etwa 300-600 m über dem Meeresspiegel je nach Lage) erstrecken sich Bergheiden (englisch moorlands), zu deren Ausbreitung der Mensch durch Waldvernichtung wesentlich beigetragen hat. Deckenmoore (englisch blanket bogs), eine in Mitteleuropa nicht vorkommende Art des Moores, überziehen Gebirgsregionen mit hohen Niederschlägen und hoher Luftfeuchtigkeit. In den Gipfelregionen und an den nördlichsten Standorten treten arktisch alpine Pflanzengesellschaften auf. Bis auf Reliktstandorte ist der natürliche Wald zerstört. Mit Parks und Niederwald verzeichnet die Hauptinsel Großbritannien einen Waldanteil von 10,1 %, Irland einen von 5,1 %. Im Zusammenhang mit erheblichen Aufforstungen seit 1919 wurden besonders ausländische Nadelhölzer eingebürgert.
Die Britischen Inseln (außer Irland) waren schon in der Altsteinzeit bewohnt, als diese noch den nordwestlichen Teil des Kontinents bildeten. Die kulturelle Entwicklung dieser Zeit entspricht deshalb weitgehend den Verhältnissen in Nordwesteuropa. Die ältesten Funde stammen aus der frühen Altsteinzeit (Abschläge und »pebble tools« in Clactontechnik sowie Acheuléenfaustkeile). Wichtige Fundplätze liegen im Tal der Themse (Swanscombe), in East Anglia (Hoxne) und an der Kanalküste (Clacton on Sea). Aus dem frühen Abschnitt der mittleren Altsteinzeit sind besonders die Funde von High Lodge (Mildenhall) wichtig. Funde der jüngeren Altsteinzeit zeigen Ähnlichkeit mit dem kontinentalen Solutréen, aber auch mit der Hamburger Kultur (Creswellien). In der Mittelsteinzeit gehörte England über die Landbrücke der heutigen Nordsee zum Bereich der südskandinavischen Maglemosekultur. Wichtiger Fundplatz ist Star Carr. Für die Mittelsteinzeit Irlands ist der Fundplatz Mount Sandel (nahe der Stadt Coleraine) bedeutend, wo u. a. breite Klingen und kleine Beile aus Feuerstein sowie Mikrolithen gefunden wurden.
Die Jungsteinzeit beginnt auf den Britischen Inseln, die im 4. Jahrtausend v. Chr. möglicherweise noch mit dem Kontinent verbunden waren, mit der Einwanderung neolithischer Bauern aus Westeuropa. Sie bauten Weizen und Gerste an und hielten Rinder, Schafe und Ziegen als Haustiere. Keramik ist aus wenigen Gebieten Südenglands, z.B. Cornwall, bekannt. Nebeneinander bestanden während der gesamten Jungsteinzeit verschiedene Typen oberirdischer Grabbauten (»Long Barrows«, Barrow; Megalithgräber) sowie einfacher Erdgräber; ebenso treten verschiedene Formen der Totenbestattung gleichzeitig auf. In Irland bezeugen die Gräber der Boynekultur (Newgrange) einen direkten Einfluss aus der Bretagne. In England lassen besonders die großen Erdwerke (z. B. Avebury, Windmill-Hill-Kultur) auf Gesellschaftsstrukturen schließen, die Gemeinschaftsleistungen bewältigen konnten.Von der Mitte des 3. Jahrtausends an (späte Jungsteinzeit) ist die »Peterboroughkultur« nachweisbar, u. a. mit Bergbau auf Feuerstein (Grime's Graves). In dieser Zeit beginnt der Bau von Hengemonumenten. Die Periode der endneolithischen Glockenbecherkultur des späten 3. Jahrtausends leitet zur Frühbronzezeit (erste Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr.) über (Wessexkultur). Über Metallformen und -technik, v. a. aber über die zahlreichen auf den Britischen Inseln gefundenen Fayenceperlen lassen sich deutlich Verbindungen mit dem Mittelmeerraum (Mykene) nachweisen. Die folgende (spätbronzezeitliche) »Deverel-Rimbury-Kultur« erscheint wiederum gänzlich bodenständig geprägt.
Für die frühe Hallstattzeit des 8. und 7. Jahrhunderts v. Chr. sind wechselseitige Kontakte mit dem »Nord Kreis« und dem Kontinent bezeugt, jeweils erkennbar an bronzenem Gerät auswärtigen Ursprungs. Um die Mitte des letzten Jahrtausends v. Chr. bildeten sich in Ost- und Südengland eigene Gruppen der La-Tène-Kultur (u. a. »Arras«), die später durch die Einwanderung vom Kontinent her zunehmend keltisch geprägt wurden; besonders in Südostengland schloss man sich im 1. Jahrhundert v. Chr., letztlich bedingt durch die Invasion der Belgen, der fast städtischen Oppidumszivilisation Galliens an. Wichtige Einsichten zur Gesellschaftsordnung, zum Siedelwesen und zu den Kampfesweisen der britannischen Stämme liefern Caesars Schriften über den Gallischen Krieg (»De bello Gallico«).
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
Achillinsel · Anglesey · Britannien · England · Großbritannien und Nordirland · Hebriden · Irland · Man · Nordirland · Orkneyinseln · Schottland · Scilly-Inseln · Shetlandinseln · Wales · Wight
Landesnatur:
Weitere Literatur: Großbritannien und Nordirland, Irland.
C. Burgess: Bronze Age metalwork in Northern England, c. 1000 to 700 B. C. (Newcastle upon Tyne 1968);
B. W. Cunliffe: Iron Age communities in Britain (London 1974);
J. B. Campbell: The Upper Palaeolithic of Britain, 2 Bde. (Oxford 1977);
S. Palmer: Mesolithic cultures of Britain (Poole 1977);
D. A. Roe: The Lower and Middle Palaeolithic periods in Britain (London 1981);
G. Eogan: The hoards of the Irish later Bronze Age (Dublin 1983);
Universal-Lexikon. 2012.