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Schottland
Schọtt|land; -s:
Teil von Großbritannien.

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Schọttland,
 
englisch Scotland ['skɔtlənd], Landesteil von Großbritannien und Nordirland, 79 826 km2, davon 1 692 km2 Binnengewässer; (1995) 5,137 Mio. Einwohner; Hauptstadt ist Edinburgh.
 
Landesnatur:
 
Schottland umfasst den Nordteil der Insel Großbritannien (Britische Inseln), außerdem die Hebriden (im Westen), die Orkney- und Shetlandinseln (im Norden). Es ist ein vorwiegend aus metamorphen und magmatischen Gesteinen aufgebautes Gebirgsland (Reste des altpaläozoischen Kaledonischen Gebirges), das infolge seiner nördlichen Breitenlage weithin die Höhengrenze lohnender Bodenkultur überragt. Zu den hohen Niederschlägen treten im Bergland niedrige Temperaturen (Januarmittel im zentralen Hochland: —2 ºC, Westküste: 4-5 ºC); im Sommer hat der Südosten die höchsten Monatsmittel (15 ºC), die Westküste 13,5 ºC. Oberhalb der Waldgrenze (meist bei 300-600 m oder tiefer) erstrecken sich Gras- und Heideflächen sowie Moore. Der Anteil des Waldes hat sich durch Aufforstungen auf 11 % der Bodenfläche erhöht. - Das zentralschottische Tiefland (Lowlands) erstreckt sich auf der Hauptinsel zwischen dem Hochland (Highlands) und dem südschottischen Bergland (Southern Uplands). Das von Bergkuppen durchsetzte Senkungsgebiet der Lowlands hat fruchtbare Grundmoränenböden; Firth of Clyde (im Westen) und Firth of Forth (im Osten) nähern sich hier auf 50 km. Die Southern Uplands (bis 843 m über dem Meeresspiegel) reichen bis zur englisch-schottischen Grenze. Die ausgedehnten Highlands im Norden werden durch den rd. 95 km langen Grabenbruch des Glen More (mit einer Seenkette, u. a. Loch Ness) in die Grampian Mountains (Ben Nevis 1 343 m über dem Meeresspiegel) und in die Northern Highlands (bis 1 183 m über dem Meeresspiegel) unterteilt. Im Westen der Highlands sind der stark gegliederten Steilküste Inseln vorgelagert (Innere Hebriden). Die Ostküste ist dagegen wenig gegliedert und insellos; ein schmaler Tieflandstreifen im Nordosten und Osten der Grampian Mountains hat fruchtbare Lehmböden.
 
Bevölkerung:
 
Die Berglandgebiete im Norden und Süden sind nur dünn besiedelt. Die Bevölkerung konzentriert sich im Tiefland der Mittelschottischen Senke mit der Hauptstadt Edinburgh und der Industriestadt Glasgow - hier leben knapp 68 % der Schotten - sowie an der Ostküste mit den Zentren Aberdeen und Dundee. Nur noch etwa 1,5 % der Bevölkerung spricht Gälisch, vorwiegend in den Highlands und auf den Inseln.
 
Wirtschaft:
 
Weidewirtschaft, an der trockeneren Ostküste auch etwas stärker Ackerbau, bestimmen die Landwirtschaft. Knapp 25 % der Gesamtfläche werden landwirtschaftlich genutzt. Relief, Böden und das kühle und feuchte Klima erlauben in den Bergländern und auf den Inseln zumeist nur Wildweiden als Landnutzung. Sie nehmen 69 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche ein, weitere 20 % sind intensiver genutzte Wiesen- und Weideflächen, 11 % entfallen auf Ackerland. Nur etwa 36 % der Betriebe bewirtschaften über 50 ha, an den westlichen und nördlichen Küsten herrscht Kleinbetriebswirtschaft vor, zum Teil in Verbindung mit Küstenfischerei. Die ehemalige bedeutende schottische Industrie (Kohlebergbau, Schiffbau, Stahl- und Textilindustrie) erlebt seit 1950 einen starken Niedergang. Als Folge regionalplanerischer Förderung wird die Industriestruktur heute von Fahrzeugbau, Fahrzeugzubehör-, Elektro-, Elektronik- und seit der Erschließung der Erdölfelder in der Nordsee in den 70er-Jahren durch Erdöl- und petrochemische Industrie bestimmt. 75 % der Beschäftigten sind inzwischen im Dienstleistungssektor tätig.
 
Geschichte:
 
Spuren von Besiedlung - die frühesten Menschen im Gebiet des späteren Schottland waren mittelsteinzeitliche Jäger und Fischer - gehen bis ins 3. Jahrtausend v. Chr. zurück. Bronzezeitliche Funde von beachtlicher Reife zeigen Beziehungen zum Festland. Im 1. Jahrhundert v. Chr. breiteten sich keltische Einwanderer über Schottland aus. Die Römer, die Nordschottland (Kaledonien) und die dort lebenden vorkeltischen oder keltischen Stämme (u. a. Kaledonier, Maiaten) später zusammenfassend Pikten nannten, wehrten diese durch den Hadrianswall und den Antoninuswall ab. Die Südgrenze ihres Reiches, die im 6. Jahrhundert historisch greifbar wird, bildete der Firth of Forth. Seit dem 3. Jahrhundert fielen Iren (Skoten) in Britannien ein und fassten im frühen 5. Jahrhundert in Schottland Fuß (im Gebiet von Argyll, Königreich Dalriada); später bildeten vor den Angelsachsen nach Norden ausweichende Briten in Südwestschottland das Königreich von Strathclyde mit der Hauptstadt Alcluith (heute Dumbarton) und Angeln das Königreich von Lothian (Nordgrenze: Firth of Forth). Das Christentum verbreitete im 6. Jahrhundert Columban der Ältere von dem an der schottischen Westküste gelegenen Inselkloster Iona aus.
 
Das um 850 von Kenneth I. errichtete Königtum von Alba (Alban) schloss erstmals Pikten und Skoten in einem Reich zusammen; ihm wurden nach und nach die übrigen Teile Schottlands angegliedert, bis es unter Malcolm II. (1005-34) im Umfang etwa dem heutigen Schottland entsprach. Im Lauf des 11. Jahrhunderts gewann Schottland Anschluss an die Kultur Englands und des Kontinents. Die bisherigen, auf der Sippe beruhenden Formen der Thronfolge, Hintergrund etwa für den Kampf zwischen Duncan I. und Macbeth, machte der linearen männlichen Sukzession (Primogenitur) Platz. David I. (1124-53) brachte normannische Vasallen ins Land, führte das normannische Lehnssystem ein, folgte in der Verwaltung dem englischen Vorbild und schuf eine eigenständige Bischofskirche. Sein Enkel Wilhelm I., der Löwe (1165-1214), drängte die Macht der keltischen Häuptlinge zurück, musste zunächst im Abkommen von Falaise bei Caen (1174) die Lehnsherrschaft des englischen Königs Heinrich II. anerkennen, konnte aber 1189 in einem Vertrag mit Richard I. Löwenherz die Unabhängigkeit seines Landes wiederherstellen. 1237 wurden im Abkommen von York auch die dauernden Grenzkriege mit England beigelegt, sodass die Epoche der Könige Alexander II. (1214-49) und Alexander III. (1249-86), die sich nun ganz der inneren Entwicklung des Landes widmen konnten, auch als das »goldene Zeitalter« der schottischen Geschichte gilt.
 
Nach Erlöschen der schottischen Dynastie Canmore 1286 trugen die Magnaten die Entscheidung über die Thronfolge König Eduard I. von England an, der John de Balliol, einen Abkömmling Davids I., zum König bestimmte (1292) und danach dessen Lehnshuldigung für ganz Schottland entgegennahm. Schott. Widerstand wurde 1296 bei Dunbar (östlich von Edinburgh) gebrochen. John de Balliol übergab sein Reich dem englischen König und ging ins Exil. Eduard I. betrachtete sich nun als König von Schottland. Dagegen erhob sich zunächst der als schottischer Nationalheld gefeierte Sir William Wallace, der am 11. 9. 1297 in der Schlacht von Sterling die Engländer besiegte, später aber gefangen genommen und 1305 hingerichtet wurde, dann der 1306 gekrönte Robert (I.) Bruce, der durch seinen Sieg bei Bannockburn (24. 6. 1314 die schottische Unabhängigkeit wiederherstellte. Er hinterließ das Königreich seinem unmündigen Sohn David II. (1329-71), gegen den der Sohn John de Balliols, Edward (✝ 1364), als vom englischen König lehnsabhängiger Gegenkönig auftrat. Der schließlich errungene Sieg Davids II., der 1346 in englischer Gefangenschaft geriet und erst 1357 nach Zahlung eines hohen Lösegelds befreit wurde, brachte ihn zugleich in starke Abhängigkeit vom schottischen Adel. Nach dem Erlöschen des Hauses Bruce 1371 gelangte mit Robert II. (1371-90) der erste König des Hauses Stuart auf den Thron. Auch in der Folgezeit litt die Macht der Krone unter dem Streit mit den sich auch untereinander befehdenden einheimischen Baronen. Dazu kam der Gegensatz zwischen den wirtschaftlich emporstrebenden, anglisierten Lowlands und den in altertümlichen Formen (z. B. starke Bedeutung der Clans) verharrenden Highlands, weiter die Unbotmäßigkeit der Hebriden, deren Lord Beziehungen zu England knüpfte. Ein Erfolg war nur der Erwerb der bisher dänischen Orkney- und Shetlandinseln (1472). Erst Jakob IV. (1488-1513), der durch seine Ehe mit Margarete Tudor (* 1489, ✝ 1541) seinen Nachkommen den Anspruch auf die Nachfolge in England verschaffte, sicherte der Krone wieder Autorität gegenüber Adel und Parlament. Jakob V. (1513-42) betrieb eine profranzösische Politik und suchte selbstherrlich zu regieren. Das trieb die Barone in das Lager der in England bereits siegreichen Reformation, die sich unter der Führung von J. Knox nach kalvinistischem Vorbild entwickelte; die Bischofskirche wurde abgeschafft, eine presbyterianische Kirchenverfassung eingeführt. Jakobs Tochter Maria Stuart setzte seit 1561 (bis dahin Regentschaft ihrer Mutter) die katholische Politik fort, wurde 1568 vom Adel bei Langside (heute zu Glasgow) besiegt, floh nach England, wo Elisabeth I. sie wegen des von ihr geführten Titels »Königin von England« gefangen setzen ließ; 1587 wurde Maria Stuart hingerichtet. Ihr Sohn Jakob VI. hatte 1578 die Regierung in Schottland übernommen. Er war ein auf die Stützung seiner Autorität bedachter, sehr gebildeter Fürst, der sich nicht gegen England wandte und daher 1603 als Jakob I. von England das Erbe Elisabeths antrat.
 
Entgegen Jakobs Versuchen blieb es bei einer reinen Personalunion; Karl I. (1625-49) setzte die episkopalistische Bestrebungen seines Vaters fort; im Bund mit dem englischen Parlament kämpften die im »Covenant« von 1638 vereinigten schottischen Presbyterianer erfolgreich gegen König Karl I., unterlagen aber 1648-51 im Kampf gegen O. Cromwell. 1654-60 war Schottland mit England vereinigt. Nach der Vertreibung Jakobs II. (1688, Glorreiche Revolution) fanden die Stuarts noch in den Hochlanden Rückhalt, wo sich die »Jakobiten« 1715, 1719, letztmals 1745/46 erhoben (am 16. 4. 1746 Niederlage bei Culloden Muir). 1707 wurde Schottland mit England in Realunion zum Königreich Großbritannien vereinigt (Vertretung Schottlands seitdem durch Peers im Oberhaus, durch Abgeordnete im britischen Unterhaus); das schottische Nationalbewusstsein erlosch jedoch nie.
 
In Reaktion auf die Depression, die infolge des Ersten Weltkrieges einsetzte und Schottland besonders betraf, erhielten politisch radikalere Strömungen Zulauf. Die Labour Party wurde stärkste Partei; v. a. in der Scottish National Party (SNP, gegründet 1934) entstand eine politische Kraft, die nationales Selbstbewusstsein verkörperte und größere Autonomie forderte. In den 70er-Jahren gewannen Autonomieforderungen durch Ölfunde vor der Ostküste Schottlands neuen Auftrieb, die SNP erlebte kurzzeitige Wahlerfolge (1974: elf Abgeordnete im britischen Unterhaus). Ein daraufhin von der britischen Labourregierung 1977 eingebrachtes, im Unterhaus verabschiedetes Gesetz zur Dezentralisierung (»Devolution«) beziehungsweise Teilautonomie fand bei einer Volksabstimmung in Schottland am 1. 3. 1979 nicht die gesetzliche Mehrheit. Die SNP verlor bei weiteren Wahlen die meisten ihrer Sitze, bekam aber in jüngster Zeit wieder Auftrieb. In einem auf Initiative des britischen Premierministers T. Blair am 11. 9. 1997 durchgeführten Referendum stimmte die schottische Bevölkerung mehrheitlich (74,3 % der Teilnehmer) für die Wiedererrichtung eines schottischen Parlaments mit begrenzten Autonomierechten. Die Wahlen zum schottischen Regionalparlament (129 Abgeordnete) am 6. 5. 1999 entschied die Labour Party für sich (mit 56 Sitzen stärkste Fraktion); die SNP wurde zweitstärkste Partei (35 Abgeordnete). Die Labour Party bildete mit den Liberaldemokraten (17 Mandate) eine Koalitionsregierung unter dem Ersten Minister Donald Dewar (Labour Party); nach seinem Tod trat im Oktober 2000 der Labour-Politiker Henry McLeish die Amtsnachfolge an. Dieser wurde nach seinem Rücktritt im November 2001 vom bisherigen Erziehungsminister Jack McConnell (ebenfalls Labour Party) als Chef der Regionalregierung abgelöst.
 
Literatur:
 
A source book of Scottish history, hg. v. W. C. Dickinson u. a., 3 Bde. (London 21958-61);
 
The Edinburgh history of Scotland, hg. v. G. Donaldson, 4 Bde. (Edinburgh 1965-75);
 
Scottish historical documents, hg. v. G. Donaldson:(ebd. 1970);
 T. G. Smout: A history of the Scottish people, 1560-1830 (London 21970);
 W. C. Dickinson: Scotland from the earliest times to 1603 (Oxford 31977);
 B. Lenman: An economic history of modern Scotland, 1660-1976 (London 1977);
 
Scotland. The economics of self-government, hg. v. D. MacKay (Edinburgh 1977);
 J. D. Mackie: A history of Scotland (Harmondsworth 21978);
 G. Donaldson: Scotland. The shaping of a nation (New Abbot 21980);
 
The new history of Scotland, hg. v. J. Wormald, 8 Bde. (London 1981-87);
 E. G. Grant: Scotland (Oxford 1982);
 F. Maclean: Kleine Gesch. S.s (a. d. Engl., 1986);
 H. Schreiber: S. Gesch. eines Landes am Rande Europas (1990).
 

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Schọtt|land; -s: Teil von Großbritannien.

Universal-Lexikon. 2012.