Hardenberg
['hardənbɛrx], Gemeinde in der Provinz Overijssel, Niederlande, an der Vechte, nahe der Grenze zu Deutschland, 33 500 Einwohner.
Hạrdenberg,
2) Karl August Freiherr von, Fürst (seit 1814), preußischer Staatsmann, * Essenrode (heute zu Lehre, Landkreis Helmstedt) 31. 5. 1750, ✝ Genua 26. 11. 1822. Hardenberg war bis 1782 im hannoverschen Staatsdienst, dann Präsident des Klosterrates beim Herzog von Braunschweig, wo er für die Reform des Schulwesens im Sinne Pestalozzis und die Trennung von Schule und Landeskirche eintrat. 1790 wurde er Minister des Markgrafen von Ansbach-Bayreuth. 1791 zum preußischen Minister ernannt, leitete er die Eingliederung von Ansbach und Bayreuth in den preußischen Staat und verwaltete sie fortan als selbstständige Provinz; 1798 wurde er nach Berlin berufen und erhielt einen Teil der Geschäfte des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten (1804-06 Außenminister; Oktober 1805 bis April 1806 mit C. Graf von Haugwitz). Er nutzte auch nach der Ernennung zum Leiter der magdeburgisch-halberstädtischen Provinz seinen steigenden außenpolitischen Einfluss, um als Preis für die preußische Neutralität bei der napoleonischen Expansionspolitik Gebietszuwachs in Westfalen und Mitteldeutschland zu erzielen.
Noch vor der preußischen Niederlage von Jena und Auerstedt 1806 auf Wunsch Napoleons I. entlassen, wurde Hardenberg im April 1807 erneut zum Minister berufen, jedoch nach dem Tilsiter Frieden im Juli (wiederum auf Befehl Napoleons) abermals des Amtes enthoben. Im Auftrag König Friedrich Wilhelms III. verfasste er eine Denkschrift zur Neuordnung des preußischen Staats mit Reformvorschlägen nach französischem Vorbild (Rechtsgleichheit und Wirtschaftsfreiheit). Er trug entscheidend zur Berufung (10. 7. 1807 und Entlassung (24. 11. 1808) von H. F. K. Reichsfreiherr vom und zum Stein bei. Am 4. 6. 1810 zum preußischen Staatskanzler ernannt, übernahm er die Leitung der Finanzen, des Inneren und der Außenpolitik und setzte die preußischen Reformen Steins fort (stein-hardenbergsche Reformen).
Seine Politik war von dem Bemühen gekennzeichnet, den preußischen Staat vom aufgeklärten Absolutismus zum Liberalismus zu führen. Diesem Ziel dienten die Aufhebung der ständischen Zunftverfassungen und die Hinwendung zur Gewerbefreiheit (1810) ebenso wie die Säkularisierung des Kirchenguts und die Judenemanzipation von 1812. In der Steuergesetzgebung misslang der Plan völliger Gleichbesteuerung gegenüber dem widerstrebenden Grund besitzenden Adel. Diesem musste Hardenberg auch im Regulierungsedikt zur Ablösung der Grundherrschaft (Bauernbefreiung) 1811 und in der Deklaration von 1816 entgegenkommen. Danach wurde die Ablösung für die Bauern begrenzt und mit Landabgaben erkauft.
Außenpolitisch begründete seine abwägend wartende, die Niederlage der napoleonischen Truppen einbeziehende Politik seinen Ruf als Staatsmann von europäischem Rang. Auf dem Wiener Kongress sicherte er 1814/15 für Preußen erheblichen Gebietszuwachs. Im vergrößerten Preußen nach 1815 schuf er eine mustergültige Verwaltung. Sein Ziel, über die Provinzialstände zu einer Gesamtständevertretung im Königreich zu kommen (Verfassungsentwurf 1819), konnte er nicht durchsetzen. Mit der Teilnahme Preußens am metternichschen System der Restauration schwand Hardenbergs politischer Einfluss, besonders nach den Karlsbader Beschlüssen (1819).
W. Hubatsch: Die Stein-Hardenbergschen Reformen (1977);
B. Vogel: Allg. Gewerbefreiheit. Die Reformpolitik des preuß. Staatskanzlers H. (1983).
Universal-Lexikon. 2012.