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Stamm
Stammesverband; Sippe; Volksstamm; Geschlecht; Geblüt; Blutsbande; Haus; Familienbande; Familie; Baumstamm; Stiel; Volksgruppe; Ethnizität; ethnische Gruppe; Volk; Ethnie

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Stamm [ʃtam], der; -[e]s, Stämme ['ʃtɛmə]:
1. fester, verholzter Teil des Baumes, der in die verästelte Krone übergeht:
der Stamm der Eiche.
Zus.: Baumstamm, Fichtenstamm.
2. Gruppe von Menschen mit gemeinsamer Abstammung, Sprache, Kultur und gemeinsamem Siedlungsgebiet:
die germanischen Stämme.
Syn.: Nation, Volk.
Zus.: Hirtenstamm, Indianerstamm, Nomadenstamm.
3. <ohne Plural> Gruppe von Personen als fester Bestandteil von etwas:
die Spielerin gehört zum Stamm der Mannschaft.
Syn.: Kern.
Zus.: Abonnentenstamm, Besucherstamm, Gästestamm, Kundenstamm.

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Stạmm 〈m. 1u
1. 〈Bot.〉 das Astwerk tragender Holzkörper des Baumes (Baum\Stamm)
2. 〈biolog. Systematik〉 höchste der obligator. Kategorienstufen oberhalb der Klasse; →a. Art
3. 〈Tierzucht〉 kleinste züchterisch bearbeitete Gruppe gleicher Rasse (Bakterien\Stamm)
4. 〈Völkerk.〉 größere Gruppe von Familien, Sippen od. Clans, die sich durch sprachl. u. kulturelle Gemeinsamkeiten von anderen unterscheiden, in der modernen Ethnologie durch den Begriff Ethnie ersetzt (Volks\Stamm, Indianer\Stamm)
5. Geschlecht, Familie
6. 〈Gramm.; kurz für〉 Wortstamm
7. 〈Mil.〉 altgediente Mannschaft
8. fester Bestand von Personen (z. B. Kunden, Mitarbeitern)
● aus dem \Stamme Davids; er gehört noch zum alten \Stamm; einen festen \Stamm von Kunden, Arbeitern haben; aus königlichem \Stamm; der letzte seines \Stammes; er ist vom \Stamme Nimm 〈umg.; scherzh.〉 er ist habgierig [<ahd. stam <germ. *stamma-; zu idg. *sta- „stehen“]

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Stạmm:
1) Syn.: Namensstamm: in der chem. Nomenklatur Bez. für ein zur Konstruktion systematischer Namen (insbes. der Stammnamen) notwendiges Wortbildungselement, das den Charakter eines Grundworts trägt. Solche Wortstämme leiten sich ab von den Namen der Elemente (Argent-, Az-, Carb-, Ox-, Ferr-, Phosph-, Silic-), von Naturstoff- u. a. Stoffnamen (Trivialstämme wie Mal-, Laur-, Vanill-, Oxal-, Chol-, Ino-, Benz-, Phthal-, Phen-, Prop-, Meth-) u. von lat. oder griech. Zahlwörtern (Zahlwortstämme wie Pent-, Dodec-, Tetracos-, Unnil-);
2) als S. werden auch die Stammendungen der Hantzsch-Widman-Namen bezeichnet, die sich aus – von Zahlwörtern abgeleiteten – Kürzeln u. Suffixen zusammensetzen.

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Stạmm , der; -[e]s, Stämme [mhd., ahd. stam, wohl im Sinne von »Ständer«, verw. mit stehen]:
1. Baumstamm:
ein dünner, starker, knorriger, bemooster S.;
die Stämme zersägen, ins Sägewerk transportieren.
2. (bes. bei Naturvölkern) größere Gruppe von Menschen, die sich bes. im Hinblick auf Sprache, Kultur, wirtschaftliche o. Ä. Gemeinsamkeiten, gemeinsames Siedlungsgebiet o. Ä. von anderen Gruppen unterscheidet:
nomadisierende, rivalisierende Stämme;
die germanischen Stämme;
ein westafrikanischer S.;
(bibl.:) die zwölf Stämme Israels;
(bibl.:) der S. Ephraim;
der Letzte seines -es;
sie sind vom, gehören zum selben S. (haben gemeinsame Vorfahren);
vom -e Nimm sein (ugs. scherzh.; stets auf seinen Vorteil, auf Gewinn bedacht sein; immer alles nehmen, was man bekommen kann).
3. (Biol.)
a) (im System der Lebewesen, bes. der Tiere) Kategorie mit gemeinsamen, sich von anderen unterscheidenden Merkmalen (zwischen Reich, Unterreich od. Stammesgruppe u. Klasse); Phylum:
der S. der Ringelwürmer umfasst über 8 000 Arten;
diese Klasse gehört zum S. der Chordatiere;
b) (in der Mikrobiologie) kleinste Einheit von Mikroorganismen:
ein resistenter S.;
c) (in der Pflanzenzucht) aus einer einzelnen Pflanze hervorgegangene Nachkommenschaft;
d) (in der Tierzucht) Gruppe von enger verwandten Tieren eines ↑ Schlages (15 b), die sich durch typische Merkmale wie Größe, Farbe, Zeichnung von den anderen unterscheiden;
e) (in der Tierhaltung) zusammengehörender Bestand von bestimmten Tieren:
ein S. Bienen (ein Bienenvolk);
ein S. Hühner (Hennen u. Hahn).
4.
a) <o. Pl.> Gruppe von Personen als fester Bestand von etw.:
das Haus hat einen [festen] S. von Mitarbeitern, Kunden, Gästen;
b) größere Einheit einer Jugendorganisation:
ein S. der Pfadfinder;
(nationalsoz.:) drei bis fünf Fähnlein bildeten einen S.
5. (Sprachwiss.) zentraler Teil eines Wortes, dem andere Bestandteile (wie Vor-, Nachsilben, Flexionsendungen) zugesetzt, angehängt werden.
6. (ugs.) Stammgericht.

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I
Stamm,
 
1) biologische Systematik: Phylum, Bezeichnung für die zweithöchste Kategorie der zoologischen Systematik, zwischen Reich und Klasse, jedoch nicht einheitlich verwendet. Dem Stamm entspricht in der botanischen Systematik die Abteilung.
 
 2) Botanik: Bezeichnung für die verdickte und verholzte Sprossachse von Bäumen und Sträuchern. Die Verdickung erfolgt bei Baumfarnen, Palmfarnen und Palmen durch primäres Dickenwachstum am terminalen Vegetationskegel, bei den übrigen Nackt- und Bedecktsamern über die gesamte Stammlänge durch Bildung von sekundärem Dauergewebe mittels des Kambiums während der gesamten Lebensdauer (sekundäres Dickenwachstum).
 
 3) Ethnosoziologie: eine ethnische Einheit, die sich durch sprachliche und kulturelle Homogenität auszeichnet, gemeinsam siedelt (oder wandert) und ein ausgesprochenes Zusammengehörigkeitsgefühl besitzt. Symbol. Ausdruck dieses Stammbewusstseins sind Namen und Zeichen (z. B. Stammnarben, Schmuck, Tracht), Verhaltensweisen (z. B. Einhalten bestimmter Tabus), Brauchtum sowie Mythen von gemeinsamer Abstammung (Totemismus). Insgesamt wird auf kultischem und politischem Gebiet gemeinschaftlich gehandelt (auch die rechtliche Autorität liegt beim Stamm), sodass sich gemeinsame Schicksale und Traditionen ergeben. Nicht bei allen Stämmen gibt es eine Zentralgewalt (Häuptling). - Stamm wird häufig mit Ethnie gleichgesetzt. - Stammesgesellschaften sind bis heute sehr stark in Schwarzafrika lebendig. Vielfach bestimmen sie dort die Realpolitik der modernen Staaten. (Tribalismus)
 
Literatur:
 
R. Thurnwald: Die menschl. Gesellschaft in ihren ethnosoziolog. Grundlagen, Bd. 4 (1935);
 M. H. Fried: The evolution of political society (New York 51967);
 W. E. Mühlmann: Gesch. der Anthropologie (41986);
 H. Göttner-Abendroth: Das Matriarchat, auf mehrere Bde. ber. (Neuausg. 1-31991 ff.).
 
 4) Genealogie: Bezeichnung für die Gesamtheit der Blutsverwandten gleichen Namens, die nur über männliche (agnatische) Ahnen von einem gemeinsamen Elternpaar (Stammeltern) abstammen; oft auch synonym zu Geschlecht gebraucht. In der Darstellung der Filiationen wird Stamm für eine nur die Männer (Väter, Söhne usw.) erfassende, die Bezeichnung Linie für alle entweder nur die Männer oder nur die Frauen erfassende Darstellung verwendet, die Bezeichnung Kette für alle Mischformen aus Väter- und Mütterlinien. (Ahnenstamm)
 
 5) Geschichtswissenschaft: in der Völkerwanderungszeit entstandene germanische Siedlungseinheiten, die im 3.-6. Jahrhundert politische Strukturen schufen (Herzogtum, Königtum). Sie waren weniger ethnische Gemeinschaften als Verbände, die gemeinsame politische Traditionen ausbildeten und von diesen zusammengehalten wurden. - Im deutschen Geschichtsverständnis besonders des 18. und 19. Jahrhunderts galten sie noch als Grundeinheiten bei der Ethnogenese der Deutschen (Friesen, Sachsen, Franken, Thüringer, Alemannen/Schwaben, Baiern; im Unterschied zu den mit der deutschen Ostsiedlung entstandenen Neustämmen auch Altstämme genannt); ihre angeblich historisch durchgängigen Konstanten ethnischer, sprachlicher und kultureller Art suchte die frühere »Stammeskunde« zu erhellen. Seit den 1970er-Jahren wird jedoch dieses Verständnis von konstanten Stämmen und ihre Bedeutung für die Verfassungs-Geschichte des Mittelalters, z. B. bezüglich der ostfränkisch-deutschen Stammesherzogtümer, kritischer hinterfragt sowie die Spuren deutschen Volksbewusstseins in den Quellen und das von der Völkerwanderungszeit bis zum Hochmittelalter jeweilige zeitspezifische Verständnis in seinem Wandel schärfer berücksichtigt. So entsprechen früh- und hochmittelalterliche Quellenbezeichnungen (»gens«, verwandt: »regnum«, »natio« und »patria«) in ihren Begriffsinhalten eben nicht dem Begriff Stamm; dieser wird inzwischen nur noch als Produkt der Romantik des 19. Jahrhunderts angesehen. Denn vertiefte Forschungen zur Ethnogenese frühmittelalterlicher S und Völker wie zur Nationenbildung der europäischen Staaten ließen S, Völker und Nationen stärker als allmählich gewachsene sowie historisch veränderliche Phänomene erkennen. Mit der Charakterisierung frühmittelalterlicher Volksbildung und ethnischer Identität auch als Ergebnis politischer Formierungsprozesse im Fränkischen und werdenden Heiligen Röm. Reich verbietet es sich, regionale Kulturbesonderheiten der Gegenwart unmittelbar an einstige Stämme zu binden.
 
 6) Mikrobiologie: systematische Untereinheit der Art (Spezies), die sich durch besondere physiologische, biochemische oder ähnliche Merkmale von anderen Stämmen derselben Art unterscheidet. Bestimmte Bakterienstämme sind von Bedeutung für die biotechnologische Herstellung von Wein- und Sektsorten, Vitaminen, Antibiotika, Enzymen, Milchprodukten u. a.
 
 7) Pflanzenzüchtung: Bezeichnung für die getrennt aufgezogene, aus einer Einzelpflanze hervorgegangene Nachkommenschaft, von der einzelne Pflanzen wiederum den Ausgang für einen neuen Stamm bilden können.
 
 8) Sprachwissenschaft: Wortstamm.
 
II
Stạmm,
 
1) Karl, schweizerischer Schriftsteller, * Wädenswil 29. 3. 1890, ✝ Zürich 21. 3. 1919; Lehrer; während er in dem Sonettzyklus »Das Hohelied« (1913) den Natur-, Liebes- und Schöpfungsmythos besang, kommen im expressionistischen Aufschrei seines zweiten Gedichtbandes (»Der Aufbruch des Herzens«, 1919) und in den postum erschienenen »Legenden« (1920) zunehmend Verzweiflung an der Welt und am Leben zum Ausdruck. Hierzu trug v. a. auch das Erlebnis des Ersten Weltkrieges bei, mit dem Stamm 1914-17 im Grenzdienst der schweizerischen Armee konfrontiert wurde. Stamms Werk übte auf die neuere schweizerische Literatur nachhaltigen Einfluss aus.
 
Ausgaben: Dichtungen. Gesamtausgabe, herausgegeben von E. Gubler, 2 Bände (1920); Briefe, herausgegeben von demselben (1931).
 
 2) Rudolph, schweizerischer Anglist und Amerikanist, * Basel 12. 4. 1909, ✝ ebenda 2. 2. 1991; ab 1950 Professor in Sankt Gallen, ab 1956 in Bern, ab 1959 in Basel; 1965-76 Präs. der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft (West) und Mitherausgeber des »Shakespearejahrbuches« (1950-80) sowie der Zeitschrift »English studies« (1962-85).
 
Werke: Geschichte des englischen Theaters (1951); Shakespeare's word-scenery (1954); The shaping powers at work (1967); Shakespeare's theatrical notation (1989).
 
Spiegelungen (1991, Auswahl).
 
Literatur:
 
Festschr. R. S., hg. v. E. Kolb u. a. (Bern 1969);
 J. Hasler: R. S., in: Shakespeare-Jb., Jg. 128 (1992).

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Stạmm, der; -[e]s, Stämme [mhd., ahd. stam, wohl im Sinne von „Ständer“, verw. mit ↑stehen]: 1. Baumstamm: ein dünner, schlanker, dicker, starker, knorriger, bemooster S.; die gewaltigen Stämme und Kronen, die hier in lichten Gruppen beieinander standen (Schröder, Wanderer 21); die Stämme schälen, zersägen, ins Sägewerk transportieren; In einem kleinen Birkengehölz stand eine Hütte aus rohen Stämmen (Hesse, Narziß 277); Bäume mit hohen, kerzengeraden Stämmen. 2. (bes. bei Naturvölkern) größere Gruppe von Menschen, die sich bes. im Hinblick auf Sprache, Kultur, wirtschaftliche o. ä. Gemeinsamkeiten, gemeinsames Siedlungsgebiet o. Ä. von anderen Gruppen unterscheidet: nomadisierende, sesshafte, rivalisierende Stämme; die germanischen Stämme; ein indianischer, westafrikanischer S.; (bibl.:) die zwölf Stämme Israels; (bibl.:) der S. Ephraim, Benjamin; Diese Gebiete sind soziologisch dadurch charakterisiert, dass ... die Loyalität des Arabers bei der Familie und dem S. liegt und der Staat ihm nicht viel bedeutet (Dönhoff, Ära 164); der Letzte seines -es (seiner Sippe, seines Geschlechts; nach Fr. Schiller, Wilhelm Tell II, 1); sie sind vom, gehören zum selben S. (haben gemeinsame Vorfahren); *vom -e Nimm sein (ugs. scherzh.; stets auf seinen Vorteil, auf Gewinn bedacht sein; immer alles nehmen, was man bekommen kann). 3. (Biol.) a) (im System der Lebewesen, bes. der Tiere) Kategorie mit gemeinsamen, sich von anderen unterscheidenden Merkmalen (zwischen Reich, Unterreich od. Stammesgruppe u. Klasse); Phylum: der S. der Ringelwürmer umfasst über 8 000 Arten; diese Klasse gehört, die Wirbeltiere gehören zum S. der Chordatiere; b) (in der Mikrobiologie) kleinste Einheit von Mikroorganismen: ein resistenter S. [des Erregers, von Staphylokokken]; bei den Bierhefen unterscheidet man obergärige und untergärige Stämme; c) (in der Pflanzenzucht) aus einer einzelnen Pflanze hervorgegangene Nachkommenschaft; d) (in der Tierzucht) Gruppe von enger verwandten Tieren eines Schlages (15 b), die sich durch typische Merkmale wie Größe, Farbe, Zeichnung von den anderen unterscheiden; e) (in der Tierhaltung) zusammengehörender Bestand von bestimmten Tieren: ein S. Bienen (ein Bienenvolk); ein S. Hühner (Hennen u. Hahn). 4. a) <o. Pl.> Gruppe von Personen als fester Bestand von etw.: Ein ständig wachsender S. von Jugendlichen hofft mit uns, endlich einen Zentralpunkt zu erhalten (Ossowski, Bewährung 95); das Haus hat einen [festen] S. von Gästen, Besuchern, Kunden; ... wird BP einen S. von 6 000 Mitarbeitern beschäftigen (Hamburger Abendblatt 24.5.85, 21); Er gehörte zum S. der Belegschaft (Innerhofer, Schattseite 252); b) größere Einheit einer Jugendorganisation: ein S. der Pfadfinder; Auch aus Mannheim waren die dort ansässigen amerikanischen Scouts, die seit langem freundschaftliche Bande zum Bürstädter S. pflegen, erschienen (MM 6.11.69, 9); (nationalsoz.:) drei bis fünf Fähnlein bildeten einen S. 5. (Sprachw.) zentraler Teil eines Wortes, dem andere Bestandteile (wie Vor-, Nachsilben, Flexionsendungen) zugesetzt, angehängt werden (z. B. leb-en, ge-leb-t, leb-endig). 6. (ugs.) Stammgericht: ich nehme meistens den S.

Universal-Lexikon. 2012.