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obszön
schweinisch (umgangssprachlich); vulgär; schlüpfrig; unzüchtig; derb; frivol; unter der Gürtellinie (umgangssprachlich); anstößig; schmierig; schmutzig; geschmacklos

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obs|zön [ɔps'ts̮ø:n] <Adj.>:
(besonders den Sexualbereich betreffend) von einem Mangel an Schamgefühl zeugend:
obszöne Bilder; obszöne Witze; einige Stellen des Buches sind sehr obszön; er redet immer so obszön.
Syn.: anstößig, schamlos, schlüpfrig (abwertend), schmutzig (abwertend), schweinisch (ugs. abwertend), unanständig, zweideutig.

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ob|szön auch: obs|zön 〈Adj.〉 unanständig, schamlos, anstößig [<lat. obscoenus, obscenus <ob scaenum „außerhalb der Szene, Bühne“ (was nicht gezeigt werden darf)]

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ob|s|zön <Adj.> [lat. obscoenus, obscenus, H. u.]:
1. (bildungsspr.) in das Schamgefühl verletzender Weise auf den Sexual-, Fäkalbereich bezogen; unanständig, schlüpfrig:
-e Witze;
ein -es Foto;
etw. o. darstellen;
o. reden.
2. (Jargon) [moralisch-sittliche] Entrüstung hervorrufend:
der Laden hat -e Preise.

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I
obszön,
 
einerseits ein Begriff, mit dem überwiegend Sexuelles oder Körperliches (vor allem mit den Ausscheidungsorganen in Beziehung Stehendes) als anstößig, unanständig, schamlos oder ekelhaft bezeichnet wird; andererseits eine an sich neutrale Bezeichnung für solche Worte oder Darstellungen, die Sexualität oder Körperlichkeit in einer abwertenden oder unangemessenen Form zeigen. Der Maßstab für Obszönes ist von Kultur zu Kultur verschieden und unterliegt außerdem der individuellen Bewertung.
 
Siehe auch: Scham, Schamgefühl.
II
obszön
 
[lateinisch], anstößig, unanständig, schamlos, ekelhaft; Bewertung für Scham- wie Sittlichkeitsempfinden verletzende Äußerungen und Handlungen, die sich auf die Körpersphäre, insbesondere die sexuellen und exkrementellen Vorgänge, beziehen. Die Scham- beziehungsweise Toleranzschwelle gegenüber den Ausdrucksformen des Obszönen ist von einer Kulturregion und einer historischen Epoche zur anderen höchst unterschiedlich und kann auch innerhalb ein und derselben Epoche erheblich schwanken.
 
Trotz vereinzelter Definitionsansätze wie z. B. von P. Bayle in »Sur les obscénités« (1697) wird das Obszöne als ästhetisches und ethisches Phänomen eigener Art erst seit dem 19. Jahrhundert problematisiert. Ein erster Versuch zur begrifflichen Bestimmung des Obszönen als Kategorie des ästhetischen Bewusstseins geht auf J. K. F. Rosenkranz zurück. In seiner »Ästhetik des Häßlichen« (1853, Nachdruck 1989) definiert er das Obszöne als das sexuell Hässliche, das auf die »absichtliche Verletzung der Scham« und des »ästhetischen Gefühls« zielt. Hässlich und in seiner Wirkung obszön sei v. a. die isolierende Zurschaustellung einzelner Körperteile und -funktionen. Häufig wurde das Obszöne zur begrifflichen Bestimmung von Pornographie verwendet. Im Gegensatz dazu wird heute allgemein von einem qualitativen Unterschied zwischen obszönen Kunstwerken und Pornographie ausgegangen. Die Abgrenzung des Obszönen vom Pornographischen findet sich in nahezu allen neueren Theorien über das Obszöne, so bei J.-P. Sartre, H. Miller, D. H. Lawrence und in wissenschaftlichen Spezialuntersuchungen. Während Pornographie primär sexuell stimulieren will, kann dem Obszönen ein darüber hinausgehendes kritisch-polemisches Potenzial eigen sein, das gegen herrschende gesellschaftliche Normen und Tabus zielt. Die gegen die Sublimierung und Sentimentalisierung des Erotischen gerichtete Deformationsästhetik der modernen Avantgarde (Surrealismus, Dadaismus, Happening, Body-Art) fand in G. Bataille ihren wichtigsten Theoretiker. Bataille sah in der obszönen Profanierung der Schamhaftigkeit und Schönheit einen Teilaspekt des integralen, jede menschliche Lebensäußerung einbeziehenden dialektischen Zusammenhangs zwischen Verbot (französisch interdit) und Überschreitung (transgression).
 
Obszönität in Literatur und Kunst findet sich in allen geschichtlichen Epochen und Kulturen. Neben Sprachformen wie dem Witz, der Zote, dem Schimpfwort und dem Fluch hat das Obszöne v. a. in den Gattungen der Komik seinen festen Ort, wie etwa in der Komödie der griechischen Antike (Aristophanes), den Scherzgedichten und Epigrammen der römischen Antike, den Gattungen der mittelalterlichen Lachrhetorik wie Versschwank, Satire, Farce und Burleske. Die drastische Betonung des Leiblich-Triebhaften findet sich in der Literatur der Renaissance v. a. bei F. Rabelais und in modifizierter Form bei G. Boccaccio, W. Shakespeare und J. J. C. von Grimmelshausen. In der Malerei ist sie bei H. Bosch und P. Bruegel dem Älteren anzutreffen. Als Element satirischer Sittenschilderung erscheint das Obszöne in den Karikaturen von W. Hogarth und als Waffe der moralisch-politischen Entlarvung in den Karikaturen während der Französischen Revolution.
 
Von staatlicher Seite wurde seit Mitte des 19. Jahrhunderts verschärft durch Zensurmaßnahmen, Indizierung und Strafprozesse gegen obszöne Darstellungen und die ihnen unterstellte sittlich kompromittierende Wirkung vorgegangen. Gesetzgeber. Grundlage zur strafrechtlichen Verfolgung obszöner Publikationen bildeten in Großbritannien seit 1857 die »Obscene publications act«, in den USA seit 1873 das »Comstock Law«, in Deutschland seit 1900 die »Lex Heinze«. Die 1923 vom Genfer Völkerbund beschlossene internationale Konvention zur Kontrolle obszönen Schrifttums überließ die inhaltlichen Festlegungen dessen, was als obszön zu bewerten ist, den beigetretenen 50 Nationen. Die Geschichte der Strafprozesse gegen die als obszön inkriminierten Werke von Schriftstellern und bildenden Künstlern (u. a. C. Baudelaire, G. Flaubert, V. Hugo, G. de Maupassant, O. Wilde, F. Wedekind, A. Schnitzler, J. Joyce, H. Miller, J. Genet, W. Faulkner, G. Grass, G. Klimt, E. Schiele, O. Dix, G. Grosz, G. Baselitz, P. Wunderlich) zeigt die Problematik einer vom Kunstcharakter weitgehend abstrahierenden juristischen Urteilsfindung.
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
erotische Kunst · erotische Literatur · Pornographie
 
Literatur:
 
Henry Miller: Über die Obszönität, in: Umschau, Jg. 2 (1947), H. 5;
 
Die nicht mehr schönen Künste, hg. v. H. R. Jauss (1968, Nachdr. 1983);
 P. Gorsen: Das Prinzip Obszön. Kunst, Pornographie u. Gesellschaft (21970);
 P. Gorsen: Sexualästhetik. Grenzformen der Sinnlichkeit im 20. Jh. (Neuausg. 1987);
 K. Heitmann: Der Immoralismus-Prozeß gegen die frz. Lit. im 19. Jh. (1970);
 E. Mertner u. H. Mainusch: Pornotopia. Das Obszöne u. die Pornographie in der literar. Landschaft (1970);
 Hans Mayer: Obszönität u. Pornographie in Film u. Theater, in: Akzente, Jg. 21 (1974), H. 4;
 
Wollüstige Phantasie. Sexualästhetik der Literatur, hg. v. H. A. Glaser (1974);
 
Der Garten der Lüste. Zur Deutung des Erotischen u. Sexuellen bei Künstlern u. ihren Interpreten, hg. v. R. Berger u. a. (1985);
 G. Bataille: Der hl. Eros (a. d. Frz., Neuausg. 1986);
 W. Beutin: Sexualität u. Obszönität. Eine literaturpsycholog. Studie über epische Dichtungen des MA. u. der Renaissance (1990);
 L. Marcuse: O. Gesch. einer Entrüstung (Neuausg. Zürich 1994).

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obs|zön <Adj.> [lat. obscoenus, obscenus, H. u.]: 1. (bildungsspr.) in das Schamgefühl verletzender Weise auf den Sexual-, Fäkalbereich bezogen; unanständig, schlüpfrig: -e Witze; ein -er Film, Roman; ein -es Foto; K. berichtet von dem Fund einer Menge -er Zeichnungen in des Verstorbenen Schreibtisch (Reich-Ranicki, Th. Mann 166); ..., die Wände mit -en Parolen zu bekritzeln (H. Gerlach, Demission 10); einige Stellen des Buches sind sehr o.; etw. o. darstellen; o. reden. 2. (Jargon) [moralisch-sittliche] Entrüstung hervorrufend: der Laden hat -e Preise; Die -en Bilder, auf denen Saddam sich zeigt, wie er Kinder tätschelt, die er zu seinen Geiseln gemacht hat (Spiegel 6, 1991, 26); dieser Kriegsfilm ist o.

Universal-Lexikon. 2012.