Akademik

Trier
Trier:
Stadt an der Mosel.

* * *

I
Trier,
 
1) kreisfreie Stadt, Hauptstadt des Regierungsbezirks Trier und Verwaltungssitz des Landkreises Trier-Saarburg, Rheinland-Pfalz, 130-150 m über dem Meeresspiegel, zwischen Hunsrück und Eifel in einer Talweitung der Mosel gelegen, 99 900 Einwohner; katholischer Bischofssitz; Sitz der Deutschen Richterakademie, der Europäischen Rechtsakademie und der Europäischen Akademie für Bildende Kunst; Universität (1970 wieder gegründet); katholische Theologische Fakultät; Fachhochschule; Studienzentrum Karl-Marx-Haus; Universitätsbibliothek; Stadtbibliothek (mit karolingischem Ada-Evangeliar um 800 und ottonischem Codex Egberti von 980-993, Gutenbergbibel); Bibliothek des Priesterseminars; Rheinisches Landesmuseum Trier (v. a. provinzialrömische archäologische Sammlung, Gläser), Bischöfliches Dom- und Diözesanmuseum (u. a. Funde der Domgrabungen), Domschatz (u. a. ottonischer Andreastragaltar von 977-993), Karl-Marx-Geburtshaus, Städtisches Museum, Spielzeugmuseum, Stadttheater, alternatives Kulturzentrum Tuchfabrik. Trier ist Weinbau- und Weinhandelszentrum mit Sektkellereien, Standort von Tabakverarbeitung, feinmechanischer und Metall verarbeitender Industrie sowie einer Schiffswerft; Fremdenverkehrs- und Tagungsstadt; Moselhafen, Eisenbahn- und Straßenknotenpunkt in Grenznähe (10 km von der luxemburgischen, 50 km von der französischen Grenze entfernt).
 
Stadtbild:
 
Aus römischer Zeit stammen die Porta Nigra (2. Jahrhundert n. Chr.), die als das besterhaltene antike Baudenkmal nördlich der Alpen gilt, die Barbara- (2. Jahrhundert n. Chr.) und die teilweise restaurierten Kaiserthermen (4. Jahrhundert n. Chr.), das 20 000 Zuschauer fassende Amphitheater (um 100 n. Chr.) und die »Basilika« (Palastaula Kaiser Konstantins I., der Große, um 305 n. Chr.). 1987 wurden als dritte Thermenanlage bei Tiefbauarbeiten die Thermen unter dem Viehmarkt (1. und 4. Jahrhundert n. Chr.) entdeckt und konserviert. Die römischen Bauten von Trier - wie auch der Dom und die Liebfrauenkirche - wurden von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Der Dom Sankt Peter ist der älteste Kirchenbau in Deutschland (333 begonnen über dem kaiserlichen Palast; der Vierstützenraum, vollendet 378-83, ist als Kern erhalten; 1028 ff. romanische Erweiterungsbauten mit dem frühsalischen Westbau, vollendet 1074; drei romanische Krypten des 11./12. Jahrhundert; Ost-Chor 1196 geweiht, Langhauswölbung 1235 vollendet); seit dem Umbau im 18. Jahrhundert eine dreischiffige Basilika mit Querhaus; zur Ausstattung gehören u. a. die Ostchorschranken (um 1190), das Ivograb (Mitte 12. Jahrhundert), die Kanzel (1570-72) und zahlreiche Grabaltäre (16.-18. Jahrhundert); frühgotischer Kreuzgang (um 1245-70). Südlich neben dem Dom steht an der Stelle einer von Konstantin I. noch vor Sankt Peter errichteten frühchristlichen Kirche die Liebfrauenkirche (um 1235 begonnen, vor 1265 vollendet), einer der wenigen gotischen Zentralbauten. Gut erhalten ist die Benediktinerabtei Sankt Matthias (vor 707 gegründet) mit gotischen Konventsgebäuden und Kreuzgang (1237-57); die Kirche ist eine romanische Pfeilerbasilika (1127-60). Die Kirche der um 660 gegründeten Benediktinerabtei Sankt Maximin wurde Ende des 17. Jahrhunderts im Barockstil errichtet (Sanierung und Restaurierung 1995 abgeschlossen). Im ehemaligen Simeonstift (1034 gegründet) das Städtische Museum (Sammlungen zur Stadtgeschichte). Am Markt die Stadtpfarrkirche Sankt Gangolf (958 gegründet, spätgotischer Neubau 1410-59) mit Westturm des frühen 16. Jahrhunderts. In der spätgotischen Antoniuskirche (zwischen 1458 und 1514) prächtige Rokokokanzel (1762). Über römischen Getreidespeichern entstand die ehemalige Benediktinerinnenabtei Sankt Irminen (gegründet 7. Jahrhundert); barocke Abteikirche (1768-71). Neben dem barocken Jesuitenkolleg (1610-14, Ostflügel 1773-75 von J. Seitz) die gotische Dreifaltigkeitskirche (13. Jahrhundert). Unter Beteiligung von B. Neumann entstand Sankt Paulin (1734-54; Hochaltar von F. Dietz, 1755). Mittelalterliche Profanbauten sind der Frankenturm, ein romanischer festungsartiger Wohnturm (wohl um 1100), das romanische Dreikönigenhaus mit palastartiger Straßenfront (um 1230) und die »Steipe« (1481/83), das repräsentative Festhaus der Bürgerschaft. Das ehemalige Kurfürstliche Schloss besteht aus zwei Flügeln einer Renaissanceanlage (1615 begonnen) mit der Palastaula als Westflügel sowie dem spätbarocken Südflügel (1756-61 von Seitz); im Treppenhaus Geländer und Brüstungen aus Sandstein in lebhaften Rocailleformen von Dietz. Bedeutendster Adelspalast ist das barocke Palais Kesselstatt (1740-45) mit einer dem Straßenknick angepassten Fassade. Zahlreiche Domherrenkurien (17./18. Jahrhundert) und Bürgerhäuser (14.-19. Jahrhundert). - Im Stadtteil Quint Rokokoschloss (um 1760); im Stadtteil Pfalzel römische Palastanlage, in ein Chorherrenstift einbezogen. - Am südöstlichen Stadtrand von Trier im Altbachtal liegt die Ausgrabungsstätte eines großen provinzialrömischen Tempelbezirks (1.-4. Jahrhundert n. Chr.; 337 von Christen zerstört); westlich von Trier, an der Mosel, befindet sich das klassizistische Lustschloss Monaise (1779-83; Restaurierung 1997 abgeschlossen).
 
Geschichte:
 
Die römische Stadt Augụsta Treverorum (Trẹveri, Ende des 3. Jahrhunderts Trẹveris, später bereits Trier genannt) wurde wahrscheinlich 16 v. Chr. von Augustus im Gebiet der Treverer gegründet, um die Rheinfront mit Nachschub zu versorgen. Dank ihrer verkehrsgünstigen Lage an wichtigen Straßen nach Köln und Mainz wurde sie als Umschlagplatz für Waren aller Art rasch wirtschaftlicher Mittelpunkt der Umgebung. Trier war Hauptort der Provinz Gallia Belgica, unter Claudius zur Colonia erhoben, 260-274 Residenz der gallischen Gegenkaiser, wurde 275/276 von Franken und Alemannen zerstört; unter Constantius I. Chlorus wurde die Stadt Kaiserresidenz und Verwaltungssitz der gallischen Präfektur. Mit etwa 70 000 Einwohner war Trier für ein Jahrhundert die größte Stadt nördlich der Alpen; sie erlebte eine außerordentliche Blüte, besonders unter Kaiser Konstantin I., dem Großen Bereits ab etwa 200 n. Chr. gab es in der Stadt eine Christengemeinde, ein Bischof ist seit dem 3. Jahrhundert nachweisbar. Mit der Verlegung des Kaiserhofs nach Mediolanum (heute Mailand) und der Präfektur nach Arelate (heute Arles) am Ende des 4. Jahrhunderts verlor die Stadt ihre politische Bedeutung; 485 fiel sie an die Franken. Ihre Bedeutung sank, sie blieb jedoch weiterhin Mittelpunkt des christlichen Lebens (Erzbistum Trier). 882 wurde Trier von den Normannen verwüstet. 902 erlangte der Erzbischof die Herrschaftsrechte über die Stadt. Nachdem ab 940 der Wiederaufbau Triers begonnen und mit Verlegung des Marktes von der Römerbrücke in den Bereich des Dombezirks sowie der Errichtung des Marktkreuzes 958 die Entwicklung zur mittelalterlichen Stadt eingesetzt hatte, erfolgte bald nach 1100 die Anlage eines Palisadenwalls - unter Verkleinerung des römischen Areals -, der bis 1248 durch eine Mauer ersetzt war. Triers Stadtrecht wurde um 1190 kodifiziert. Als Mittelpunkt und Sitz eines Kurfürstentums (seit dem 13. Jahrhundert) erlebte es eine neue Blüte, daneben hatte es Bedeutung als Umschlagplatz für Wein, Vieh, Holz, Getreide, Fische und Rohstoffe. Im 15. Jahrhundert war Trier, das ab 1473 eine Universität besaß (bis 1798), auf dem Weg zur Freien Reichsstadt, um 1580 wurde jedoch die Reichsunmittelbarkeit abgesprochen, und es wurde zur kurfürstlichen Landstadt erklärt. 1559 war der Reformationsversuch des Caspar Olevianus unterdrückt worden. Um 1590 war Trier ein Zentrum der Hexenprozesse. Durch den Dreißigjährigen Krieg sowie die Kriege Ludwigs XIV. erlitten Handel und Wirtschaft einen bis ins 18. Jahrhundert dauernden Rückschlag, die Bevölkerungszahl sank. Ende des 18. Jahrhunderts wurde die erzbischöfliche Residenz erneut nach Koblenz verlegt. 1803 wurde das Erzbistum säkularisiert, nach mehreren Besitzwechseln fielen die Gebiete des Erzstifts Trier mit der Stadt, die 1798-1814 Hauptstadt des französischen Saardepartements war, 1815 an Preußen (Rheinprovinz).
 
 
Literatur:
 
G. Kentenich: Gesch. der Stadt T. (1915, Nachdr. 1979);
 
Die kirchl. Denkmäler der Stadt T.. .., bearb. v. H. Bunjes u. a. (1938, Nachdr. 1981);
 
Kurtrier. Jb. (1961 ff.);
 E. Zenz: Gesch. der Stadt T. im 19. Jh., 2 Bde. (1979-80);
 E. Zenz: Die Stadt T. im 20. Jh. (1981);
 E. Zenz: T. im 18. Jh. 1700-1794 (1981);
 
Der Trierer Dom, Beitrr. v. G. Bereths u. a. (1980);
 W. Reusch: Augusta Treverorum. Rundgang durch das röm. T. (121982);
 M. Matheus: T. am Ende des MA. (1984);
 
2000 Jahre T., hg. v. der Univ. T., 2 Bde. (1-31993-96);
 H. Heinen: Frühchristl. T. Von den Anfängen bis zur Völkerwanderung (1996).
 
 2) Regierungsbezirk in Rheinland-Pfalz, 4 923 km2, 511 500 Einwohner; umfasst die kreisfreie Stadt Trier sowie die Landkreise Bernkastel-Wittlich, Bitburg-Prüm, Daun und Trier-Saarburg.
 
 3) katholisches Bistum und ehemaliges geistliches Kurfürstentum. Das seit dem 3. Jahrhundert bezeugte Bistum ist schon im 6. Jahrhundert als Erzbistum nachweisbar. Mit der Wiederherstellung der Metropolitanverfassung durch Karl den Großen wurde auch Trier wieder Metropolitansitz, dem die Bistümer Metz, Toul und Verdun als Suffraganbistümer unterstellt wurden. 843 wurde die Diözese Teil des fränkischen Mittelreiches, 870/879 des Ostfränkischen Reiches. Bald darauf begann der Aufbau eines Territoriums an der mittleren Mosel, das 1018 durch kaiserliche Schenkung um Koblenz und Besitzungen im Westerwald vergrößert wurde. In der Auseinandersetzung um die Spitzenstellung im deutschen Episkopat traten die Erzbischöfe von Trier zwar hinter Mainz und Köln zurück, fanden aber Aufnahme in das Kurfürstenkollegium und erhielten 1308/14 die Würde eines Erzkanzlers für Burgund. Der eigentliche Begründer des Trierer Kurstaats war Erzbischof Balduin von Luxemburg. Kurfürst Richard von Greiffenclau sicherte den Bestand Triers in der Sickingenschen Fehde (1522/23). Die Einführung der Reformation scheiterte, die Protestanten wurden 1559 vertrieben. 1801 ging der linksrheinische Hauptteil des Erzstifts an Frankreich verloren, die rechtsrheinischen Teile kamen 1803 an Nassau-Weilburg. Unter der französischen Herrschaft wurde das Erzbistum Trier als Bistum dem Erzbistum Mecheln unterstellt. Die verbliebenen rechtsrheinischen Gebiete wurden von einem Apostolischen Vikar mit Sitz in Ehrenbreitstein verwaltet. Seit 1821 gehört Trier als Suffraganbistum zur Kirchenprovinz Köln. - Bischof ist seit Dezember 2001 Reinhard Marx (* 1953). (katholische Kirche, Übersicht)
 
II
Trier,
 
1) Hann, Maler und Grafiker, * Kaiserswerth (heute zu Düsseldorf) 1. 8. 1915, ✝ Castiglione della Pescaia 14. 6. 1999; studierte 1934-38 an der Kunstakademie in Düsseldorf; 1952-55 hielt er sich in Südamerika auf; 1957-80 Lehrtätigkeit an der Hochschule der Künste in Berlin-Charlottenburg. Seine Bilder stehen dem Actionpainting und der informellen Kunst nahe, sind jedoch durch einen netzartigen Aufbau stärker strukturiert (Deckenmalerei in Schloss Charlottenburg, Berlin, 1972).
 
Literatur:
 
H. T. Retrospektive, Bilder 1949-1989, Ausst.-Kat. Von-der-Heydt-Museum, Wuppertal (1990);
 
H. T. Monographie u. Werkverz., hg. v. S. Fehlemann (1990);
 
H. T. Werkverz. der Druckgraphik, bearb. v. U. Gerlach-Laxner, Ausst.-Kat. Märk. Museum, Witten (1994);
 
H. T. Werkverz. der Gemälde 1990-1995, hg. v. M. Euler-Schmidt, Ausst.-Kat. Kölnisches Stadtmuseum (1995).
 
 2) Lars von, dänischer Filmregisseur, * Kopenhagen 30. (nach anderen Angaben 13.) 4. 1956; nach kommerziellen Filmen drehte er 1984 den Spielfilm »The Element of Crime«; seine Werke, in denen er seine Visionen radikal umsetzt, stehen oft filmischen Erzähl- und bildästhetischen Konventionen entgegen; daraus resultierte 1995 die Idee des Dogma-Films. Nicht zuletzt seit dem Melodram »Breaking the Waves« (1996) gehört er zu den innovativsten europäischen Filmregisseuren.
 
Weitere Filme: Europa (1991); Gespenster (1994; als Serie unter dem Titel Geister, 1994); Idioten (1998); Dancer in the Dark (2000).
 
 3) Walter, Maler, Illustrator und Karikaturist, * Prag 25. 6. 1890, ✝ Collingwood (Ontario) 7. 8. 1951; war als Zeichner für den »Simplicissimus«, die »Jugend« und die »Lustigen Blätter« tätig, bevor er 1932 nach Großbritannien, 1947 nach Kanada emigrierte. Trier schuf auch Mappenwerke und Buchillustrationen, v. a. für Kinderbücher von E. Kästner.

* * *

Trier: Stadt an der Mosel.

Universal-Lexikon. 2012.