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Ruhrgebiet
Pott (umgangssprachlich); Kohlenpott (umgangssprachlich); Revier (umgangssprachlich); Ruhrpott (umgangssprachlich); Pütt (umgangssprachlich)

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Ruhr|ge|biet, das; -[e]s [zu 2Ruhr]:
Gebiet in Nordrhein-Westfalen.
Dazu:
Ruhr|ge|biet|ler, der; -, -;
Ruhr|ge|biet|le|rin, die; -, -nen.

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Ruhrgebiet,
 
bergbaulich Ruhr-Revier genannt, der bedeutendste deutsche und europäische Industriebezirk, Teil von Rhein-Ruhr, Nordrhein-Westfalen, ein wichtiges Glied im europäischen Industriegürtel nördlich der Mittelgebirge von Nordfrankreich bis Krakau (Polen). In den Grenzen des Kommunalverbandes Ruhrgebiet (KVR) umfasst das Ruhrgebiet (die kreisfreien Städte Duisburg, Essen, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen, Bottrop, Gelsenkirchen, Bochum, Dortmund, Hagen, Hamm und Herne sowie die Kreise Wesel, Recklinghausen Ennepe-Ruhr-Kreis und Unna) mit (1996) 4 434 km2 13 % der Fläche und mit (1996) 5,429 Mio. Einwohnern 30,2 % der Bevölkerung von Nordrhein-Westfalen. Gegenüber 1961 ist die Einwohnerzahl um rd. 274 000 zurückgegangen. Rd. 11,4 % der Einwohner sind Ausländer.
 
Die wirtschaftliche Bedeutung des Ruhrgebiets beruhte auf bedeutenden Steinkohlenvorräten. Die Kohle führenden Schichten treten im Süden (Ruhrzone) unmittelbar zutage, nach Norden zu sind sie von Kreideschichten, im westlichen Teil auch von Tertiär bedeckt. Die Flözobergrenze liegt an der Lippe bereits 500-800 m tief und fällt bis Münster auf 1 800 m ab. Parallel zum Bergbau entwickelte sich eine bedeutende Industrie, besonders Großbetriebe der Eisen- und Stahlerzeugung und -verarbeitung sowie der chemischen (Grundstoff-)Industrie, Schwermaschinenbau und Elektrizitätserzeugung.
 
Die historische Entwicklung des Ruhrgebiets von Süden nach Norden (entsprechend der Schichtenabfolge) hat eine Gliederung in Zonen ergeben, die noch heute in der Wirtschaftsstruktur spürbar ist: im Süden die Ruhrzone (Kettwig, Hattingen, Witten), die sich zu einer Wohn- und Erholungslandschaft des Ruhrgebiets entwickelt hat (älteste Bergbauzone, kleine Bergbaubetriebe, die alle stillgelegt sind), die Hellwegzone (Essen, Bochum, Dortmund), durch Bergbau (bis in die 1960er-Jahre) und Eisen schaffende und verarbeitende Industrie geprägt, die Emscherzone (Duisburg-Hamborn, Oberhausen, Gelsenkirchen, Herne) mit fördernden Großzechen, Elektrizitätserzeugung, Eisen-, Stahl- und chemische Industrie, die Lippezone (Dorsten, Recklinghausen, Marl) mit Großzechen und chemische Großindustrie sowie auf der linken Rheinseite das niederrheinische Revier zwischen Rheinhausen, Moers und Borth mit Salz- und Steinkohle-Großzechen, Eisenhüttenwerken und Schwerchemie. Die Steinkohlenförderung ist von 1955 bis 1996 von 121,1 Mio. t auf 38,0 Mio. t zurückgegangen. Die Planungen für die nächsten Jahrzehnte beinhalten, dass entsprechend den Kohlevereinbarungen vom März 1997 der Zugang auf die wichtigsten Lagerstätten erhalten bleibt. Bis 2005 ist eine starke Reduzierung der Förderung von 50 Mio. t (bundesweit) auf 30 Mio. t vorgesehen. Die Zahl der Bergwerke wird von 17 - davon (1997) 13 im Ruhrgebiet - auf 10-11 in Deutschland verringert. Die Konzentration des Bergbaus auf die 1968 gegründete Ruhrkohle AG (RAG Aktiengesellschaft) wurde 1991 abgeschlossen. Der zweite wichtige Wirtschaftszweig, die Eisenhüttenindustrie, hat sich trotz weltweiter Konkurrenz auf eine Rohstahlproduktion von 17,8 Mio. t im Jahr 1996 (1955: 16,4 Mio. t) einigermaßen stabilisiert; damit steht das Ruhrgebiet an 2. Stelle in der EG nach Italien und an 12. Stelle in der Welt. Nach der Zahl der Beschäftigten und nach Umsatz haben andere Branchengruppen (Maschinenbau, Automobilbau, Elektrotechnik, Feinmechanik, Chemie, Petrochemie, Glaserzeugung sowie Elektronik) den Bergbau und die Eisen schaffende Industrie überholt.
 
Der tertiäre Sektor ist (1995) mit 61,1 % gegenüber dem sekundären mit 37,4 % und der Land-/Forstwirtschaft mit 1,5 % bestimmend, d. h. von 1,2 Mio. Erwerbstätigen arbeiten über 2,0 Mio. in Handel, Verkehr und sonstigen Dienstleistungsbereichen, in Anlehnung an die seit 1964 entstandenen sechs Universitäten auch verstärkt in Forschung, Entwicklung, nationalem und internationalem Consulting. Durch konzentrierten Mitteleinsatz in der regionalen Strukturpolitik und die Einrichtung von Technologiezentren werden Modernisierung und Innovationen beschleunigt. Allerdings waren (im Oktober 1997) 313 000 Erwerbstätige (=Arbeitslosenquote 14,6 %) ohne Arbeit.
 
Das Ruhrgebiet verfügt über ein dichtes Bahn- und Straßennetz; seine Wasserstraßen (Rhein, Wesel-Datteln-, Datteln-Hamm-, Rhein-Herne- und Dortmund-Ems-Kanal) verbinden es mit der Küste, vielen bedeutenden europäischen Wirtschaftsräumen und v. a. den nordwesteuropäischen Seehäfen.
 
Das volkstümlich »Kohlenpott« genannte Ruhrgebiet gilt heute als das Industriegebiet mit den meisten Grünflächen. Die seit 1920 intensiv betriebene Sicherung und Verbesserung von Grün-, Wasser- und sonstigen Freiflächen - zunächst durch den Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk (SVR), seit 1979 durch den Kommunalverband Ruhrgebiet - hat dazu wesentlich beigetragen: z. B. durch ein System Nord-Süd verlaufender »Grünzüge«, durch Freizeitzentren, Revierparks und große Waldflächen wie die Haard. Landwirtschaftlich genutzte und Wasserflächen machen (1996) 45 %, die Waldflächen 17 % der Gesamtfläche des Ruhrgebiets aus.
 
Das Kulturleben hat sich im Ruhrgebiet innerhalb der letzten Jahrzehnte stark entwickelt; es wird besonders durch den Initiativkreis Ruhrgebiet als Sponsor bei Großveranstaltungen, durch Gewährung gezielter Mittel gefördert. Neue Muster für Landschaftsgestaltung, Industrie- und Wohnungsbau werden von der Internationalen Bauausstellung (IBA) Emscher-Park, einer Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen, aufgezeigt.
 
Geschichte:
 
Die Kohleförderung begann im Süden des Ruhrgebiets bereits im Mittelalter Im 19. Jahrhundert entwickelte sich das Ruhrgebiet zu einem industriellen Ballungsraum mit einer großen Bevölkerungsdichte und einer wachsenden Zahl von Großstädten. 1919-20 war das Ruhrgebiet Schauplatz kommunistischer Umsturzversuche. 1921 besetzten französische und belgische Truppen zunächst Düsseldorf, Duisburg und Ruhrort, um die deutsche Reichsregierung zur Annahme des Londoner Ultimatums (1921) zu zwingen. Wegen geringer Rückstände in den Reparationsleistungen besetzten am 11. 1. 1923 französische und belgische Truppen das ganze Ruhrgebiet. Nach Maßgabe der französischen Regierung unter Ministerpräsident R. Poincaré sollte die »Ruhrbesetzung« im Sinne einer »Politik der produktiven Pfänder« den Reparationsforderungen der Siegermächte des Ersten Weltkriegs Nachdruck verleihen. Die Reichsregierung unter W. Cuno beantwortete das französische-belgische Vorgehen mit einem Aufruf zum passiven Widerstand. Der »Ruhrkampf«, von der Mehrheit der Bevölkerung getragen, musste jedoch von der Regierung des Reichskanzlers G. Stresemann v. a. aus wirtschaftlichen und finanzpolitischen Gründen (Inflation) am 26. 9. 1923 abgebrochen werden. Nach der Einigung über den Dawesplan (August 1924) wurde das Ruhrgebiet bis zum August 1925 geräumt.
 
In der Diskussion zwischen den Hauptgegnern Deutschlands im Zweiten Weltkrieg über die Behandlung Deutschlands in der Nachkriegszeit spielte das Ruhrgebiet als deutsche »Waffenschmiede« eine erhebliche Rolle. Nach dem deutschen Zusammenbruch (Mai 1945) wurde es Teil der britischen Besatzungszone. Im Hinblick auf seine Sicherheitsinteressen forderte Frankreich eine Internationalisierung des Ruhrgebiets. Die britische Regierung bezog das Ruhrgebiet in die Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen (23. 8. 1946) ein. Gemeinsam mit den USA schlug sie die Bildung einer internationalen, die Ruhrindustrie kontrollierenden Behörde vor. Die UdSSR forderte ihrerseits die Beteiligung an diesem vorgeschlagenen Aufsichtsgremium. Auf der Londoner Sechsmächtekonferenz wurde mit dem Ruhrstatut die Internationale Ruhrbehörde beschlossen.
 
Die strukturelle Einseitigkeit der Industrie an der Ruhr führte gegen Ende der 50er-Jahre zu einer Krise im Bergbau und in der Stahlindustrie. Mit Rationalisierungsmaßnahmen (z. B. Gründung der Ruhrkohle AG) und der Ansiedlung von Wachstumsindustrien (Elektrizitätswirtschaft, Fahrzeugbau, Apparatebau) konnte die Industriestruktur verbessert werden.
 
Literatur:
 
H. Spethmann: Das R., 3 Bde. (1933-38, Nachdr. 1995);
 P. Kukuk u. C. Hahne: Die Geologie des Niederrheinisch-Westfäl. Steinkohlengebietes (Neuausg. 1962);
 C. Jarecki: Der neuzeitl. Strukturwandel an der Ruhr (1967);
 
Dt. Planungsatlas, Bd. 1, Lfg. 21: Steinkohle, Kohlenwirtschaft im R. u. im Aachener Steinkohlenrevier, bearb. v. K. Hottes u. a. (1979);
 
Politik u. Gesellschaft im R., hg. v. K. Rohe u. a. (1979);
 T. Rommelspacher: Die Krise des R.s. Ursachen, Auswirkungen u. staatl. Reaktionen (Diss. Berlin 1981);
 A. Lau: Revier-Lex. Das R. von A-Z (1983);
 J. Birkenhauer: Das rheinisch-westfäl. Industriegebiet (1984);
 K. Rohe: Vom Revier zum R. Wahlen, Parteien, polit. Kultur (1986);
 J. Huske: Die Steinkohlenzechen im Ruhrrevier. Daten u. Fakten von den Anfängen bis 1986 (1987);
 D. Steinhoff: Unbekanntes R. (51988);
 D. Hallenberger: Das R. in der Lit. Annotierte Bibliogr.. .. (1990);
 P. Klemmer: Strukturprobleme der neuen Bundesländer u. ökonom. Auswirkungen der Wiedervereinigung auf NRW (1991);
 
R. Städte- u. Kreisstatistik, bearb. v. P. Lessing (1991);
 
Erneuerung des R.s - regionales Erbe u. Gestaltung für die Zukunft, hg. v. H. Dürr u. a. (1993);
 
Baustile im R. Vom MA. bis heute, bearb. v. J. Bicker u. a. (1997).

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Ruhr|ge|biet, das; -[e]s [zu 2Ruhr]: Gebiet in Nordrhein-Westfalen, in dem Steinkohlenbergbau u. Schwerindustrie konzentriert sind.

Universal-Lexikon. 2012.