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Wüste
Öde; Einöde; Pampa (umgangssprachlich); Ödland; Wüstenei

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Wüs|te ['vy:stə], die; -, -n:
a) durch Trockenheit, Hitze und oft gänzlich fehlende Vegetation gekennzeichnetes Gebiet der Erde, das ganz von Sand und Steinen bedeckt ist:
die heißen Wüsten der Tropen und Subtropen; über 60 Prozent des Landes sind Wüste; die Wüste mit Kamelen durchqueren; eine Oase in der Wüste.
Zus.: Sandwüste.
b) ödes, verlassenes oder verwüstetes Gebiet:
das Land zur Wüste machen, in eine Wüste verwandeln.
Syn.: Einöde.

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Wüs|te 〈f. 19
1. 〈i. w. S.〉 Gebiet der Erde ohne Pflanzenwuchs (Sand\Wüste, Eis\Wüste)
2. 〈i. e. S.〉 trockenes, pflanzenloses Sandgebiet
3. 〈fig.〉 Einöde, unbebautes Land
● das Schiff der \Wüste 〈fig.〉 das Kamel; jmdn. in die \Wüste schicken 〈umg.〉 jmdn. wegschicken, entlassen, nichts mehr mit jmdm. zu tun haben wollen; ein Land zur \Wüste machen 〈fig.〉 es verwüsten [→ wüst]

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Wüs|te, die; -, -n [mhd. wüeste, ahd. wuostī]:
a) durch Trockenheit, Hitze u. oft gänzlich fehlende Vegetation gekennzeichnetes Gebiet der Erde, das über weite Strecken mit Sand u. Steinen bedeckt ist:
über 60 Prozent des Landes sind W.;
mit Kamelen die W. durchqueren;
eine Oase in der W.;
große Teile der Steppe sind schon zu W. geworden;
jmdn. in die W. schicken (ugs.; jmdn. hinauswerfen, fortschicken, entlassen; der Wendung liegen alttestamentliche Vorstellungen zugrunde: nach 3. Mos. 16, 21 ff. wurde ein mit den Sünden des jüd. Volkes beladener Bock am großen Versöhnungstag in die Wüste gejagt);
b) ödes, verlassenes od. verwüstetes Gebiet:
die Innenstadt war nach dem Luftangriff eine W.;
Ü eine soziale W.

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Wüste,
 
im weiteren Sinn jedes vegetationslose oder sehr vegetationsarme (Bodenbedeckung unter 50 %) Gebiet der Erde. Wüsten sind entweder verursacht durch fehlende Wärme (Kältewüsten der subpolaren und subnivalen Regionen, Eiswüsten), oder sie entstehen durch Mangel an Wasser (Trockenwüsten, auch Hitzewüsten genannt, obwohl ihre Temperaturen nachts bis —10 ºC absinken können). Die Hitzewüsten sind die Wüsten im engeren Sinn.
 
 Allgemeines
 
Hitzewüsten sind gekennzeichnet durch geringe Bewölkung, starke Einstrahlung (Insolation), eine Verdunstung, die größer als die Niederschläge ist (daher Abflusslosigkeit); die Niederschläge betragen in voll ariden Wüsten unter 100 mm, in semiariden Wüsten bis 200 mm jährlich bei 11-12 niederschlagsfreien Monaten; die mittlere Tagestemperatur übersteigt im wärmsten Monat 26 ºC, im kältesten beträgt sie 10-22 ºC; das Jahresmittel liegt über 18 ºC. Die täglichen Temperaturschwankungen sind erheblich (von +58 ºC bis —10 ºC). Nach diesen Kriterien, v. a. nach Trockenheit und der Dürftigkeit der Vegetation, unterscheidet man von den Kernwüsten (oder Vollwüsten) die Randwüsten, die zu den Halbwüsten überleiten, auch als Wüstensteppen und Wüstensavannen bezeichnet, weil sie für kurze Zeit den Charakter von Steppen oder Savannen annehmen.
 
Das in der Wüste herrschende Klima, besonders die extremen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht, bewirken eine starke physikalische Verwitterung. Es kommt zu Abschuppung 1) und Kernsprüngen des Gesteins, das in Schutt zerfällt, in dem die Erhebungen zu ertrinken scheinen. Die chemische Verwitterung in den Wüsten ist auf Feuchtigkeitsspuren zurückzuführen, die in das Gestein eindringen und dort lösliche Bestandteile aufnehmen. Infolge der Insolation gelangt der größte Teil dieser Verwitterungslösungen wieder an die Gesteins- oder Erdoberfläche, wo sie verdunsten und sich die gelösten Stoffe als Kruste (Krustenbildung, Wüstenlack, Wüstenböden) wieder absetzen. Unter dieser harten Oberfläche ist oft das Gestein durch innere Auslaugung völlig zersetzt.
 
Bei dem starken Temperaturwechsel gerät die Luft tagsüber in kräftige Zirkulation; es kommt zur Wirbelbildung (Staub- und Windhosen, Tromben), und die Winde erreichen - auch wegen des Fehlens der Reibung an einer Vegetationsdecke - hohe Geschwindigkeiten mit oft tagelang anhaltenden Staub- und Sandstürmen, besonders auf großen Ebenen.
 
Die Ausblasung des Sandes (Deflation) führt zur Bildung von großen Becken sowie Wannen und »Pfannen«, zwischen denen Rippen aus härterem Gestein stehen bleiben, oder es kommt nach Auswehung des Sandes zur Bildung von Steinpflaster. Durch den Windschliff (Korrasion) werden (bizarre) Formen modelliert: Felslöcher, wabenartig durchlöcherte Felswände, Felskehlen, Pilzfelsen, Windkanter.
 
Nach der geographischen Lage unterscheidet man: Passatwüsten (tropische Wüsten, Rossbreitenwüsten) im Bereich der Wendekreise, wo ganzjährig die Hochdruckzellen der Rossbreiten mit den trockenen Passatwinden herrschen. Dazu gehören die Wüstenzonen Nordafrikas (Sahara) und Arabiens, die Wüsten im Südwesten der USA und in Nordmexiko, die Wüsten Zentralaustraliens. In Südamerika (Atacama, peruanische Küstenwüste) wie im südlichen Afrika (Namib) beschränken sie sich auf die westlichen Küsten, wo die Passate ablandig und daher trocken sind. Dazu kommen vor den Westküsten kalte Auftriebswasser oder polare Meeresströmungen; sie zwingen die auflandigen Winde zum vorzeitigen Niederschlag, sodass diese das Festland nur als Trockenwinde erreichen und es zur Bildung von Küstenwüsten kommt (z. B. an der Südwest- und an der Nordwestküste Afrikas). An den Ostküsten der Kontinente, wohin der feuchte Meerespassat Niederschläge bringt, fehlen Wüsten, abgesehen von der Wüstensteppe Ostpatagoniens.
 
Die außertropischen Wüsten werden auch als Kontinental-, Binnen- oder orographische Wüsten bezeichnet, weil ihre Trockenheit durch Meeresferne oder Reliefgestaltung verursacht ist (Vorderer Orient, Mittelasien, Zentralasien von Tibet über das Tarimbecken zur Gobi). Dementsprechend haben sie eine deutliche Ausbildung von thermischen Jahreszeiten, im Winterhalbjahr mit regelmäßigen Frosttemperaturen, im Sommerhalbjahr mit regelmäßiger Niederschlagsperiode.
 
Keine Wüste der Erde ist völlig niederschlagslos, doch sind die Niederschläge selten, unregelmäßig und manchmal durch jahrelange Pausen getrennt. Sie fallen meist wolkenbruchartig, dann bilden sich kurzlebige, reißende Gewässer, die sich alsbald mit Schlamm und Schutt füllen, die in breiten Schichtfluten ablaufen oder in Wadis gesammelt werden. Oft enden sie jedoch in abflusslosen Sammelwannen, wo das feinere Material abgelagert wird. Im tiefsten Teil bilden sich Salzpfannen, Salztonebenen sowie Salzseen. Ähnliche Salzausblühungen bewirkt auch schon die Verdunstung von kurzfristig eingesickerten Niederschlägen.
 
In allen Perioden der Erdgeschichte hat es Wüsten gegeben. Wann und wie Lage und Grenzen der heutigen Wüsten sich herausgebildet und in welcher Weise sie sich während der letzten Eiszeit verändert haben, bedarf noch weiterer Untersuchungen. Da fast ein Drittel der festen Erdoberfläche aus Wüsten oder wüstenähnlichen Gebieten besteht und dieser Anteil zuzunehmen droht (Desertifikation), kommt der Wüstenforschung große Bedeutung zu.
 
 Wüstentypen
 
Nach Gesteinsuntergrund und Deckschichten unterscheidet man: Sandwüsten mit großen Flugsandfeldern oder Dünengebieten (in der Sahara: Erg), Kies- oder Geröllwüsten (Serir, Reg), Felswüsten (Hammada; Gebirgswüsten); Mergel- oder Staubwüsten, die eine dünne, aber fest verbackene Staubhaut haben, die den Boden vor weiterer Ausblasung schützt (Libysche Wüste, Atacama); Lehmwüsten (Takyr) mit regelmäßigeren Niederschlägen und harten, rissigen Böden in der Trockenzeit, die die Pflanzen nicht durchdringen können.
 
 Tierwelt
 
Die artenarme Tierwelt ist durch Färbung, Einschränkung des Wasserhaushalts, Fortbewegungsweise (z. B. Grabfähigkeit), nächtliche oder unterirdische Lebensweise u. a. Mechanismen den durch Wassermangel und Hitze beziehungsweise große Temperaturschwankungen bestimmten Extrembedingungen in der Wüste angepasst. Manche Gliederfüßer und Schnecken decken ihren Wasserbedarf aus dem nächtlichen Tau. Andere Tiere entnehmen das benötigte Wasser vollständig der Nahrung und kommen wie die Wüstenspringmaus und die Mendesantilope der Sahara oder die Taschenspringmäuse der Arizonawüste ganz ohne zu trinken aus. Viele Tiere sind durch die Unregelmäßigkeit der das Nahrungsangebot bestimmenden Niederschläge zu Wanderungen gezwungen. Zahlreiche Nagetiere und Amphibien halten zeitweise einen so genannten Trockenschlaf. - Ein Einsinken im Sand vermeiden die Dünengrillen (Comicus spec.) der Namibwüste mit ihren verzweigten Füßen, die Mendesantilopen mit ihren vergrößerten Hufen. Seitenwinderschlangen der Sahara berühren den heißen Sand nur mit wenigen Punkten ihrer Körperunterseite. Aufgrund der fehlenden Bodenbedeckung sind mit wenigen Ausnahmen alle Wüstenbewohner farblich so gezeichnet, dass sie mit ihrer Umgebung optisch verschmelzen. Scharfes Sehvermögen und große Hörweite spielen bei der Wahrnehmung von Feinden und Beutetieren eine entscheidende Rolle. Vergrößerte Ohren wie beim Wüstenfuchs und beim australischen Kaninchennasenbeutler (Beuteldachse) sind zusätzlich wichtig bei der Kühlung des Körpers. Viele Gliederfüßer (z. B. Skorpione, Spinnen, Schwarzkäfer) haben einen hoch entwickelten Vibrationssinn. Viele Reptilien und Gliederfüßer können sich bei Gefahr blitzschnell im losen Oberflächensand eingraben oder sogar »schwimmend« darin fortbewegen.
 
 Vegetation
 
Gemeinsam ist allen Wüsten die geringe Dichte der Pflanzendecke, denn je trockener ein Gebiet ist, desto mehr Bodenraum braucht die einzelne Pflanze für die Wasseraufnahme. Diese hängt nur indirekt von der Niederschlagsmenge ab; ausschlaggebend ist die zur Verfügung stehende Haftwassermenge im Boden, die wiederum von der Bodenart abhängig ist: Lockere Böden (Sand, besonders aber Kies) sind unter ariden Bedingungen meist günstiger und vegetationsreicher als dichte (Lehm, Ton), weil sie das Regenwasser schneller eindringen lassen und vor Verdunstung und Ablauf bewahren. Wüstenpflanzen müssen zudem die Fähigkeit haben, lange Dürrezeiten zu überleben, wobei es verschiedene Mechanismen gibt. Die so genannten Ephemeren überstehen Dürrezeiten als Samen, die erst keimen, wenn die Niederschlagsmenge einen bestimmten Wert überschritten hat. Dann treiben sie innerhalb weniger Tage aus und überziehen die Wüsten mit einem Blütenmeer. Dieser aktive Lebensabschnitt kann gegebenenfalls schon nach wenigen Tagen beendet sein, die trockenheitsbedingte Samenruhe kann Jahre andauern. - Ausdauernde (perennierende) Pflanzen zeigen deutlich sichtbare morphologische Anpassungen, wobei es verschiedene ökologische Typen gibt (Xerophyten, Sukkulenten, Salzpflanzen); typische Merkmale sind die Reduzierung der transpirierenden Oberfläche, die Ausbildung von zusätzlichem Verdunstungsschutz (z. B. Wachsschicht, Haare), Wasser speichernde Gewebe in Blättern, Zweigen oder Stämmen und eine besonders starke Entwicklung des Wurzelsystems, das entweder flach und ausgedehnt ist oder - v. a. bei an Grundwasser gebundenen Pflanzen - sehr tief (bis zu 50 m) reicht.
 
 Nutzung der Wüsten
 
Alle Wüsten sind verkehrsfeindlich und nur örtlich besiedelt. Für begrenzten Anbau und Dauersiedlungen geeignete Oasen finden sich besonders in den Wüsten der Alten Welt. Wüstensteppen und -Savannen sind nach den unregelmäßig fallenden Niederschlägen für die Tiere der Nomaden (Kamel, Ziege, Schaf, auch Pferd, Esel, in Hochasien Yak) nutzbar. Durch das Auffinden von Bodenschätzen (Erdöl, Uran u. a.) sind manche Wüsten in den Vordergrund des wirtschaftlichen und politischen Weltinteresses gerückt und erschlossen worden. Stellenweise wird fossiles Grundwasser genutzt; Bewässerung in Wüsten birgt jedoch in besonderem Maße die Gefahr der Bodenversalzung.
 
Literatur:
 
Phys. Geographie der Trockengebiete, hg. v. H. Mensching (1982);
 H. Mensching: Desertifikation (1991);
 H. Besler: Geomorphologie der ariden Gebiete (1992);
 R. Cooke u. a.: Desert geomorphology (Neuausg. London 1993);
 U. George: Die W. (61993);
 
Natur- u. Kulturgesch. der Wüsten, hg. v. T. Allan u. A. Warren (1994).
 
Weitere Literatur: Desertifikation, Sahara, Sahel.
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Desertifikation: Ursachen, Verbreitung, Folgen
 
Desertifikation: Gegenmaßnahmen
 
Desertifikation: Regionale Beispiele
 

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Wüs|te, die; -, -n [mhd. wüeste, ahd. wuostī]: a) durch Trockenheit, Hitze u. oft gänzlich fehlende Vegetation gekennzeichnetes Gebiet der Erde, das über weite Strecken mit Sand u. Steinen bedeckt ist: die heißen -n der Tropen u. Subtropen; über 60 Prozent des Landes sind W.; mit Kamelen die W. durchqueren; Die Grenze der W. hat sich bereits 300 km vorgeschoben. Dieses Wachsen der W. findet nicht nur in Afrika ... statt (Gruhl, Planet 86); eine Oase in der W.; große Teile der Steppe sind schon zu W. geworden; *jmdn. in die W. schicken (ugs.; jmdn. hinauswerfen, fortschicken, entlassen; der Wendung liegen alttestamentliche Vorstellungen zugrunde: nach 3. Mos. 16, 21 ff. wurde ein mit den Sünden des jüd. Volkes beladener Bock am großen Versöhnungstag in die Wüste gejagt); b) ödes, verlassenes od. verwüstetes Gebiet: das Land zur W. machen, in eine W. verwandeln; Als ich ... aus dem hoch gelegenen Bahnhof trat, sah ich an der Stelle der Innenstadt eine W. Gleich verwittertem Gestein reihten sich die Schutthaufen zerstörter Häuser (Berger, Augenblick 35); Ü Es droht eine soziale W. in Wedding (Rheinpfalz 13. 4. 91, 33).

Universal-Lexikon. 2012.