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Rüstungsexporte
Rüstungs|exporte,
 
die Ausfuhr militärischer Güter (z. B. Kriegswaffen, Munition) und Hilfsgüter (z. B. Uniformen, Transportfahrzeuge, Funkausrüstungen) beziehungsweise der Bestandteile solcher Güter (z. B. Elektronik oder bestimme Chemikalien), die Ausfuhr von Anlagen zur Rüstungsproduktion (z. B. für ABC-Waffen) oder der Transfer von Know-how (Konstruktionsunterlagen). Eine allgemeine anerkannte Definition von Rüstungsexporten gibt es nicht; auch nicht in den amtlichen deutschen Ausfuhrstatistiken. Die statistische Erfassung des Umfangs von Rüstungsexporten ist daher schwierig. Dies gilt besonders für die Lieferung von Anlagen und Gütern, die sowohl für militärische als auch für zivile Zwecke genutzt werden können (Dual-use-Produkte, z. B. Lastkraftwagen, Transporthubschrauber) sowie für Bauteile, die entweder in einem anderen Mitgliedland der EU oder erst im Empfängerland zu Kriegswaffen zusammengesetzt werden.
 
Rüstungsexporte stehen in Deutschland stärker als in anderen Ländern mit einer exportorientierten Industrie unter moralischen und politischen Vorbehalten. Lange Zeit galt für die Rüstungsexportpolitik das Prinzip, nicht in »Spannungsgebiete« zu liefern. Dieser Begriff eröffnete breite Interpretationsmöglichkeiten und wird seit 1982 nicht mehr angewandt. Die Kontrolle erfolgt auf der Grundlage von Art. 26 GG durch zwei Ausführungsgesetze: das Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG) mit einer den Kontrollgegenstand definierenden Kriegswaffenliste und das Außenwirtschaftsgesetz (AWG), dessen § 7 eine Beschränkungsermächtigung enthält. Die hierauf beruhenden Verbote beziehungsweise Genehmigungsvorbehalte bewegen sich im Wesentlichen im Rahmen internationaler Vorgaben, so u. a. zwischen 1950 und 1994 durch die so genannten Cocom-Listen des Coordinating Committee for East-West-Trade-Policy, den Kernwaffensperrvertrag und das C-Waffen-Abkommen. Verschärft wurden die Rüstungsexportbestimmungen nach der Beteiligung deutscher Firmen an der Erstellung einer Chemiewaffenfabrik in Rabta (Libyen) 1990. Nach dem zweiten Golfkrieg 1991 wurde die Außenwirtschaftsverordnung um eine Auffangnorm für Güter mit doppelter und mehrfacher Verwendungsmöglichkeit ergänzt. Am 14. 2. 1992 wurde das AWG novelliert, wobei der Strafrahmen für illegale Exporte ausgeweitet und die Möglichkeiten der präventiven Überwachung verbessert wurden. Hierfür ist neben dem Zollkriminalinstitut das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zuständig. Ihm ist die Aufgabe zugewiesen, auf der Basis der einschlägigen außenwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen über Anträge auf Ausfuhr von Waren, Dienstleistungen, Fertigungsunterlagen und Technologien sachgerecht und zügig zu entscheiden. Je nach Warenart, Lieferumfang und Bestimmungsland entscheidet das BAFA autonom oder schaltet in Fällen von besonderer Bedeutung das Bundeswirtschaftsministerium und das Auswärtige Amt ein. Beim Export von Gütern, die auf der Kriegswaffenliste stehen, ist vor Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung durch das BAFA eine Genehmigung des Bundesministers für Wirtschaft nach dem KWKG erforderlich. Über Anträge von besonderem politischen Gewicht befindet die Bundes-Regierung im Bundessicherheitsrat. Am 30. 5. 1994 wurden die Rüstungsexportrichtlinien dadurch aufgeweicht, dass die Beschränkungen für »private Kooperationen und Zulieferungen an ausländischen Rüstungsunternehmen« aufgehoben wurden, wodurch die Kontrollen an die Außengrenzen der EU verlagert wurden, sodass bei Kooperationen die weniger restriktiven Richtlinien der Partnerländer gelten. Nach dem Regierungswechsel 1998 sah die Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen vor, die Richtlinien wieder zu verschärfen. Am 19. 1.2000 einigten sich die Koalitionsparteien auf eine Neufassung der »Politischen Grundsätze für den Export von Kriegswaffen und sonstiger Rüstungsgüter«, die vor allem eine Beachtung der Menschenrechtslage in den Empfängerländern fordert. In der Praxis gab es auch danach noch heftige regierungsinterne Auseinandersetzungen über deren Anwendung mit Blick auf Lieferungen an die Türkei sowie an Südafrika.
 
Die Weltstatistik für Rüstungsexporte zeigt von 1987-97 einen Rückgang von 88,5 auf 46,3 Mrd. US-$ (in konstanten Preisen für 1997). Seinen Tiefpunkt erreichte das Exportvolumen in dieser Zeit im Jahr 1994 mit rd. 34 Mrd. US-$. Seitdem nehmen die internationalen Rüstungsexporte insbesondere durch die Konsolidierung der russischen Rüstungsindustrie wieder zu. Hatte während des Ost-West-Konflikts die UdSSR den ersten Platz unter den Rüstungsexportländern eingenommen, so ging nach deren Auflösung der auch für Russland sehr wichtige Exportsektor zunächst stark zurück; jedoch nimmt Russland seit 1996 wieder Platz zwei ein. Angeführt wird die Statistik in den 1990er- Jahren von den USA, deren Gesamtexportvolumen von 1992 bis 2000 jedoch stark zurückging. Trotz relativer Schwankungen liegen die Exporte von Frankreich und Großbritannien regelmäßig auf den Plätzen 3 und 4. Die Bundesrepublik Deutschland hatte Ende der 1980er-Jahre den 5. Platz eingenommen; 1992 war Deutschland auf Platz drei und 1994 sogar auf Platz zwei gelangt, was jedoch vor allem durch die Lieferung von Waffen und Gerät der aufgelösten NVA der DDR bedingt war. Seit 1996 steht Deutschland wieder auf Platz fünf.
 
Seit 1992 wird bei den Vereinten Nationen ein Waffenhandelsregister für Großwaffen geführt. Dieses wird sowohl von exportierenden als auch von importierenden Staaten mit Daten beliefert, sodass Abgleichungen möglich sind. Obwohl die Meldungen freiwillig erfolgen, lieferten bereits im ersten Jahr 80 Staaten Daten, darunter auch Russland und die Volksrepublik China (1996: 92 Staaten). Einige Länder, v. a. aus dem Nahen Osten, liefern ihre Daten erst mit größerer Verspätung. Der unerwartete Erfolg des Registers wird als Zeichen für das weltweit gestiegene Bewusstsein für die Problematik des internationalen Waffenhandels angesehen. Dabei werden allerdings bisher nur konventionelle Großwaffen (einschließlich Kriegsschiffe) gemeldet. Es fehlen jedoch Informationen über wichtige - da am meisten in Kriegen und Bürgerkriegen eingesetzte - Kleinwaffen sowie Munition und Minen. Außerdem wird der Handel mit Herstellungsanlagen und mit dual-use-Produkten nicht erfasst. Im Januar 1994 wurden Verhandlungen zur Verbesserung des Registers begonnen.
 
Die zeitweilige Stagnation oder gar der Rückgang des finanziellen Volumens der Rüstungsexporte ist weniger Anzeichen für ein Sinken des Exportvolumens als eine Nebenfolge der Abrüstungsvereinbarungen im Rahmen des KSE-Vertrages, die zu Waffenüberschüssen führt, die auf dem Weltmarkt oft zu sehr niedrigen Preisen angeboten werden.
 
Literatur:
 
W. Dietl: Waffen für die Welt. Die Milliardengeschäfte der Rüstungsindustrie (1986);
 J. Roth: Makler des Todes (1986);
 H. Vielain: Waffenschmuggel im Staatsauftrag (1986);
 U. Jäger: Rüstung ohne Grenzen? Hb. gegen R. (21991);
 H. Wulf: Waffenexport aus Deutschland (12.-16. Tsd. 1991).
 
Periodika: SIPRI yearbook (Oxford 1987 ff., früher unter anderen Titeln);
 
Globale Trends. Fakten, Analysen, Prognosen, hg. v. I. Hauchler u. der Stiftung Entwicklung u. Frieden (1991 ff.).

Universal-Lexikon. 2012.