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Bill Gates
Bill Gates
 
William (umgangssprachlich Bill) Henry Gates, der mit einem geschätzten Vermögen von 54 Mrd. US-$ zu den reichsten Männern der Welt zählt, war 1975 Mitbegründer der heutigen Microsoft Corp. Das Unternehmen, das v. a. PC-Software entwickelt und vertreibt, gehört inzwischen mit (2000) 44 000 Beschäftigten und einem Umsatz von 23 Mrd. US-$ zu den führenden Computerkonzernen. Bekannte Produkte sind z. B. die Systemsoftware Windows, die Betriebssysteme Windows 95, Windows 98 und Windows 2000 sowie der Web-Browser Internet Explorer.
 
 Kindheit und Jugend
 
Gates wurde am 28. 10. 1955 in Seattle als Sohn eines Anwalts und einer Lehrerin geboren. Schon im Alter von 13 Jahren befasste er sich mit der Programmierung des Schulcomputers an der privaten Lakeside School und betätigte sich als »Hacker« an der University of Washington. Bereits 1971 gründete er zusammen mit seinem Schulkameraden Paul Allen (* 1953) die Firma »Traf-O-Data«, die den Verkehrsfluss in Seattles Straßen computergestützt erfasste. 1974 begann er ein Studium an der Harvard University, das er jedoch bald abbrach, um zusammen mit Allen eine Version der Programmiersprache BASIC für den kurz zuvor erschienenen ersten Personalcomputer »Altair 8800« zu entwickeln. 1975 gründeten die Freunde in Albuquerque, wo der Altair von der Firma Micro Instrumentation and Telemetry Systems (MITS) produziert wurde, das Unternehmen »Micro-Soft«, Schreibweise später in »Microsoft« geändert. Kurz nach dem ersten erfolgreichen Verkauf einer BASIC-Lizenz an die General Electric Company drohte Microsoft wegen des Verkaufs von MITS und des daraus resultierenden Verlusts der Rechte an BASIC - sie gehörten MITS, und Microsoft verfügte nur über ein Verkaufsrecht - zu scheitern. Nach einem Gerichtsurteil konnten jedoch neue Versionen an Texas Instruments und andere Hardwareproduzenten verkauft werden, und Microsoft stand nun auf eigenen Füßen.
 
 Von der ersten Million bis zum Börsengang
 
1978 bekam Microsoft durch den Vermittler Kazuhiko Nishi Zugang zum japanischen Markt und Kontakte zu Konzernen wie NEC Corporation. Anfang 1979 belief sich der Wert der Firma auf über 1 Mio. Dollar, und das Unternehmen übersiedelte nach Bellevue, Washington (seit 1986 befindet sich das Hauptquartier in in Redmond, Washington). Gates' nächste Entwicklung war die »Softcard«, die es ermöglichte, Programme ohne Eingabemedium auf andere Computer zu übertragen. 1980 schloss Microsoft mit der IBM Corporation einen Softwareentwicklungsvertrag, obwohl für den IBM-PC noch kein Betriebssystem existierte. Allen kaufte für Microsoft die Vertriebsrechte an dem von einer Firma in Seattle entwickelten Betriebssystem »DOS-86«; später erwarb man das Betriebssystem vollständig (Gesamtkaufpreis: 110 000 $) und benannte es in MS-DOS um. 1981 erschien der IBM-PC auf dem Markt und wurde ein großer Erfolg. Inzwischen hatte Microsoft mit der Apple Computer, Inc., die gerade an der ersten grafischen Bedienungsoberfläche für ihren neuen PC »MAC« arbeitete, einen Entwicklervertrag geschlossen. Unter anderem aufgrund der restriktiven Informationspolitik von Apple wurde der Vertrag 1984 gekündigt, wobei Microsoft das Recht behielt, Software für Apple Computer zu entwickeln. Mittlerweile arbeitete Microsoft an einer eigenen grafischen Oberfläche, die später »Windows« heißen sollte, sowie an der Textverarbeitung »Word« und dem Programmpaket »Works«. Einnahmen erzielte das Unternehmen allerdings ausschließlich mit dem Verkauf von BASIC und MS-DOS und, nachdem Vertretungen in Europa gegründet worden waren, mit der 1982 entwickelten Tabellenkalkulation »Multiplan«. 1984 war eine Betaversion von Windows fertig gestellt, an der IBM jedoch kein Interesse hatte. 1986 präsentierte Microsoft die Windows-Version 1.01 und verkaufte diese erstmals an Einzelhändler statt an Firmenkunden. Der Erfolg war überragend und ermöglichte Microsoft den Gang an die Börse. Der Emissionswert lag bei 21 $ pro Aktie, inzwischen hat sich der Kurs vervielfacht.
 
 Der endgültige Aufstieg zum Softwaregiganten
 
In der zweiten Hälfte der 80er-Jahre wurden die Büroanwendungen »Word«, »Excel« (Tabellenkalkulation), »Access« (Datenbank) und »Works«, das Betriebssystem MS-DOS und die Bedienoberfläche Windows weiter ergänzt und perfektioniert, außerdem wurden die Anwendungsprogramme so umgeschrieben, dass auch auf Apple-Computern lauffähige Versionen verkauft werden konnten. Darüber hinaus wurde mit der Integration der drei erstgenannten Anwendungen zu dem Bürosoftwarepaket »Office« (seit 2001 »Office XP«) begonnen. Obwohl IBM im Begriff war, ein eigenes grafisches Betriebssystem unter dem Namen »IBM OS/2« zu entwickeln, unterstützte IBM den Vertrieb von Windows 3.0, das 1990 auf den Markt kam. Einige Jahre später entwickelte Microsoft das netzwerkfähige grafische Betriebssystem »Windows NT«. 1996 erschien das Betriebssystem »Windows 95«, das sich dann endgültig als Standard für PCs mit Intel-kompatiblen Prozessoren durchsetzte (inzwischen existieren die Nachfolgerversionen »Windows 98«, »Windows 2000« und »Windows XP«). Einziger Wermutstropfen in Microsofts Quasimonopol war bis vor kurzem der Anfang der 90er-Jahre entstehende Markt für Internet-Browser, den Gates und Allen zunächst vernachlässigt hatten. Inzwischen (seit Ende 1999) hat das Unternehmen allerdings mit seinem Web-Browser Internet Explorer auch auf diesem Sektor den direkten Konkurrenten Netscape ein- bzw. überholt. Seit Ende der 90er-Jahre ist Microsoft in weiteren Geschäftsfeldern tätig. So bietet der Konzern mit Microsoft Network (MSN) einen Onlineservice an, expandierte in den Medien- und Multimediamarkt und vefügt seit dem Kauf von Web TV Networks und der Kabelgesellschaft Comcast über Systeme für den Internetzugang sowie über ein Breitbandkabelnetz. Zu den Innovationen des Jahres 2001 zählen neben »Office XP« die Handy-Software »Stinger« und die neue Spielekonsole »Xbox«.
 
 Die Erfolgsgeheimnisse von Microsoft
 
Für den beispiellosen Erfolg von B. Gates sind v. a. drei Aspekte wichtig: die Organisation der Arbeit, der Umgang mit Kunden und der Umgang mit Konkurrenten. Von Anfang an wurde von allen Beteiligten überdurchschnittlich viel geleistet, das betrifft die Arbeitszeit (60 Arbeitsstunden pro Woche gelten als normal) ebenso wie das persönliche Engagement, das Gates durch offenen Umgang mit Mitarbeitern aller Ebenen und Maßnahmen wie die frühzeitige Beteiligung am Firmenvermögen jederzeit zu fördern wusste. Die Qualität der Arbeit wurde u. a. auch durch ständiges, zum Teil aggressives Anwerben profilierter Programmierer garantiert. Im Umgang mit Kunden verfolgte Microsoft von Beginn an eine Strategie, die auf Beteiligung an jedem einzelnen Verkauf abzielte. Mit zunehmender Marktbeherrschung konnte Microsoft die Händler zum Verkauf beliebiger Produkte förmlich zwingen, so wie letztendlich der Kunde kaum umhin kommt, Microsoft-Produkte zu kaufen. Nach eigener Aussage gehört es zur Strategie des Unternehmens, viel versprechende Entwicklungen der Konkurrenz frühzeitig zu erkennen und sie entweder mittels der überlegenen Programmierkapazitäten schneller fertig zu stellen, sie mit geringen Abwandlungen zu kopieren, sie der Konkurrenz abzukaufen, sie stillschweigend zu kopieren oder das ganze Unternehmen zu kaufen. Wegen unrechtmäßiger Übernahme firmenfremder Software hat Microsoft schon mehrere Geldbußen zahlen müssen (der bekannteste Fall war die Integration des Festplatten-Komprimierungsprogramms »Stacker« in MS-DOS). Ein weiteres Erfolgsrezept ist der Verkauf von »Vaporware«, wie er beispielsweise mit Windows 95 betrieben wurde: Das Programm war schon ein Verkaufsschlager, bevor es existierte. Portionsweise wurden die zu erwartenden Merkmale und die darin enthaltenen Neuentwicklungen veröffentlicht, sodass das Betriebssystem im Bewusstsein der PC-Benutzer bereits eine Selbstverständlichkeit war, bevor es auf den Markt kam.
 
 Kritisches
 
Gates und sein Unternehmen stehen seit Jahren im Kreuzfeuer der Kritik. Neben den unmittelbar juristisch fundierten Vorwürfen, wie sie beispielsweise in Prozessen um den unrechtmäßigen kombinierten Vertrieb des Betriebssystems Windows 98 mit dem Internet Explorer, in der Enthüllung der versteckten Zuteilung einer über Internet abrufbaren Registriernummer an jeden Programmbenutzer oder in den Untersuchungen der Kartellbehörden bezüglich der möglichen Monopolstellung des Unternehmens zum Ausdruck kommen, konzentriert sich die Kritik auf die Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung zum Verkauf mangelhafter Produkte. Beispiele dafür sind der jahrelange Vertrieb von 16-Bit-Betriebssystemen für 32-Bit-Prozessoren trotz der Existenz besserer Technologien (IBM, Apple), die unmotivierte lange Aufrechterhaltung der Kombination Betriebssystem plus grafische Bedienoberfläche unter Inkaufnahme einer ineffizienten Speicherverwaltung, die bis heute mangelhafte Kompatibilität von Microsoft-Programmen untereinander und gegenüber Programmen anderer Hersteller, der Verkauf von instabiler Software, der »eigenmächtige« Umgang von Microsoft-Programmen mit sonstiger auf dem Computer installierter Software. All das ändert nichts an der Tatsache, dass fast niemand, der mit einem PC arbeiten will, an Microsoft vorbeikommt und dass die Anzahl der weltweit laufenden Microsoft-Betriebssysteme und -Anwendungen inzwischen die Zweimilliardengrenze überschritten hat.
 
 Der Prozess gegen Microsoft
 
Im Januar 2000 legte Gates den Vorstandsvorsitz von Microsoft nieder, um sich nach eigenen Aussagen als Verwaltungsvorsitzender auf die Entwicklung von Zukunftstechnologien zu konzentrieren. Zu seinem Nachfolger ernannte er Steve Balmer, seit 1998 Präsident von Microsoft. Der Rücktritt wurde zum Teil als Reaktion auf die seit Ende 1999 laufenden Kartellverfahren gedeutet; diese führten im Juni 2000 in erster Instanz zum Beschluss einer Aufspaltung von Microsoft in zwei unabhängige Unternehmen für Computerbetriebssysteme und für Softwareanwendungen. Das Berufungsgericht des District of Columbia hob diese Entscheidung allerdings im Juni 2001 wieder auf und verwies das Verfahren an das untere Gericht zurück. Bestätigt wurde jedoch, dass Microsoft eine Monopolstellung bei PC-Betriebssystemen innehabe und diese in gesetzeswidriger Weise zu verteidigen suche. Ein am 2. 11. 2001 zwischen der US-Regierung und Microsoft ausgehandelter Vergleich ist noch nicht rechtskräftig.

Universal-Lexikon. 2012.