Hẹrmann
[zu althochdeutsch heri »Heer« und man »Mann«], Herrscher:
Heiliges Röm. Reich:
1) Hẹrmann, Gegenkönig (seit 1081), Graf von Salm, ✝ 28. 9. 1088; wurde nach dem Tod Rudolfs von Rheinfelden (1080) von den Fürsten, besonders den Sachsen, als Gegenkönig Heinrichs IV. aufgestellt. Er besiegte diesen am 11. 8. 1086 nahe Bleichfeld (heute Unterpleichfeld) bei Würzburg. Als die Sachsen sich dem Kaiser unterwarfen, gab Hermann, der wesentlichsten Stütze seiner Macht beraubt, die Opposition gegen Heinrich IV. auf.
2) Hẹrmann II., Markgraf, ✝ 7. 10. 1130, Zähringer, Sohn von 7); erbte von seinem Vater die Grafschaft Hachberg und den Markgrafentitel (1112); erbaute die Burg Hohenbaden bei Baden-Baden, nach der er sich nannte, und begründete die Markgrafschaft Baden.
3) Hẹrmann von Sạlza, Hochmeister (seit 1209), * um 1170, ✝ Salerno 20. 3. 1239; aus thüringischem Dienstmannengeschlecht; Vertrauter Kaiser Friedrichs II., den er trotz des Bannes auf dem 5. Kreuzzug begleitete und für den er in der Auseinandersetzung mit dem Papst vermittelte. Unter Hermann besaß der Deutsche Orden 1211-25 das Burzenland und begann danach unter dem von ihm beauftragten Landmeister Hermann Balk mit der Unterwerfung der heidnischen Prußen. Die ihm von Friedrich II. ausgestellte »Goldene Bulle von Rimini« (1226) begründete die Landesherrschaft des Deutschen Ordens in Preußen.
H. Kluger: Hochmeister H. v. S. u. Kaiser Friedrich II. (1987).
Köln:
4) Hẹrmann V., Graf von Wied, Kurfürst und Erzbischof, * Wied (Westerwaldkreis) 14. 1. 1477, ✝ ebenda 15. 8. 1552; war, zur geistlichen Laufbahn bestimmt, bereits 1490 Domherr in Köln. Seit 1515 Erzbischof von Köln und seit 1532 auch Verwalter (Administrator) des Bistums Paderborn, leitete Hermann als Landesherr umfangreiche Reformen ein (innere Verwaltung, Landrecht) und war auch von der Notwendigkeit einer Reform der Kirche überzeugt. Auf dem Wormser Reichstag 1521 sprach er sich für die Ächtung Luthers aus und bemühte sich um die kirchliche Reform des Erzbistums Köln. Anfang der 1540er-Jahre (nach dem Scheitern der konfessionellen Einigungsbemühungen auf Reichsebene) wandte er sich jedoch der Reformation zu und beriet sich u. a. 1542/43 mit M. Bucer, den er nach Bonn holte, und P. Melanchthon über eine weitere Reform seines Erzbistums. Gegen den Widerstand des Domkapitels, gestützt auf die weltlichen Landstände, führte Hermann ab 1543 reformatorische Neuerungen ein (u. a. Abendmahl unter beiderlei Gestalt), ohne die kirchlichen Institutionen aufzulösen, das Kölner Erzstift zu säkularisieren und das Papsttum infrage zu stellen. Mangelnder Rückhalt bei Gleichgesinnten, fehlende Unterstützung seitens des Schmalkaldischen Bundes und das energische, weit gesteckten reichspolitischen Zielen dienende Eingreifen Kaiser Karls V. führten zur Abdankung des Kurfürsten am 25. 2. 1547, nachdem er bereits am 16. 4. 1546 vom Papst exkommuniziert worden war. Er starb als überzeugter Anhänger der Confessio Augustana.
5) Hẹrmann Bịllung, Herzog, ✝ Quedlinburg 27. 3. 973; wurde 936 von König Otto I. als Markgraf im Raum der unteren Elbe (»Billunger Mark«) mit dem Grenzschutz gegen Dänen und Slawen beauftragt. Wiederholt wahrte er auch königlichen Interessen in Sachsen. Während des Fürstenaufstands 953/54 erhielt Hermann Billung von Otto Sachsen und besiegte 955 mit ihm die während des Ungarneinfalls abgefallenen Elbslawen; um 961 erwarb er sich in Sachsen zu seiner markgräflichen Stellung herzogliche Rechte.
W. Giese: Der Stamm der Sachsen u. das Reich in otton. und sal. Zeit (1979).
6) Hẹrmann I., Landgraf von Thüringen (seit 1190) und Pfalzgraf von Sachsen (seit 1181), ✝ Gotha 25. 4. 1217; Ludowinger, gewann im welfisch-staufischen Thronstreit durch mehrmaligen Parteiwechsel die notwendigen finanziellen Mittel zum Ausbau der Wartburg zu einem Mittelpunkt höfischer Kultur und zum Unterhalt seines Eisenacher Dichterhofs. Der »Sängerkrieg« auf der Wartburg (Wartburgkrieg), der 1206/07 stattgefunden haben soll, erhielt die Erinnerung an ihn.
7) Hẹrmann I., Markgraf (seit 1061), * um 1040, ✝ Cluny 26. 4. 1074, Zähringer, Sohn Herzog Bertholds I. von Kärnten (✝ 1078), Vater von 2); erhielt 1061 den Titel eines Markgrafen der zu Kärnten gehörenden Mark Verona, ohne hier jedoch eine Herrschaft auszuüben. Seit 1073 war Hermann Laienbruder im Kloster Cluny. Mit seinem Tod fiel der Markgrafentitel an das ihn beerbende Haus Baden.
Hẹrmann,
1) Georg, eigentlich G. Hermann Bọrchardt, Schriftsteller, * Berlin 7. 10. 1871, ✝ KZ Birkenau (?) 19. 11. 1943; Kaufmann, später Journalist; emigrierte 1933 nach Laren (Niederlande). Hermann schildert in seinen Romanen bevorzugt das Leben jüdischer Familien der Biedermeierzeit, liebevoll die kleinen Dinge beachtend (»Jettchen Gebert«, 1906; »Henriette Jacoby« 1908); auch Kunstkritiker.
Weitere Werke: Romane: Kubinke (1910); Heinrich Schön junior (1915); Einen Sommer lang (1917); Der kleine Gast (1925); November achtzehn (1930); Ruth's schwere Stunde (1934); Eine Zeit stirbt (1934); Rosenemil (1935).
Spaziergang in Potsdam (1926).
2) Gottfried, klassischer Philologe, * Leipzig 28. 11. 1772, ✝ ebenda 31. 12. 1848; wurde 1798 Professor in Leipzig. Er entwickelte die sprachlich-textkritische Philologie (in Weiterführung der englischen und niederländischen Schule) zu hoher Vollendung, wovon seine kritischen Ausgaben (Homer, griechischer Tragiker) Zeugnis ablegen. Bedeutend sind auch seine Verdienste um die Erforschung der antiken Metrik. Zeitweise stand er in naher Verbindung zu Goethe.
Universal-Lexikon. 2012.