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Medici
Medici
 
['mɛːditʃi], herausragende florentinische Familie, die aus dem Umland stammt und durch Handel, Bankgeschäfte (besonders mit der päpstlichen Kurie) und ihre Verbindung mit den Popolanen (der Volkspartei) zu einer führenden Rolle in der mittelalterlichen Republik Florenz aufstieg. Seit dem 15. Jahrhundert waren die Medici (außer 1494-1512 und 1527-30) faktisch Herren der Stadt, seit 1531 als Herzöge und seit 1569 als Großherzöge (der Toskana). In der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts sind erstmals Medici in Zunft- und Stadtämtern nachgewiesen. Mit Giovanni di Bicci (* 1360, ✝ 1429) begann der Aufstieg des späteren Hauptzweiges (Medici di Cafaggiolo); er wurde zum Bankier der Kurie und taktierte in der Stadt geschickt zwischen der Oligarchie des alten Stadtadels (Albizzi) und dem Volk. Seine Söhne Cosimo (der Alte) und Lorenzo (* 1395, ✝ 1440) begründeten die ältere (bis 1537) und die jüngere Linie der Medici (bis 1743). Florenz blieb zunächst unter der Führung der älteren Linie; auf Cosimo den Alten folgte sein Sohn Piero (I) der Gichtige (italienisch il Gottoso, * 1416, ✝ 1469) und dann Lorenzo (I) der Prächtige, dessen zunächst mitregierender Bruder Giuliano (I, * 1453, ✝ 1478) der Verschwörung der Pazzi zum Opfer fiel. Der jüngste von Lorenzos drei Söhnen, Giuliano (II, * 1479, ✝ 1516), stieg als Erster der Familie in den (französischen) Adel auf (Herzog von Nemours) und der mittlere, Giovanni, wurde 1513 als erster Medici zum Papst gewählt (Leo X.). 1523 wurde noch sein Vetter Giulio, ein illegitimer Sohn Giulianos (I), als Klemens VII. Papst; er leitete mit der Kaiserkrönung Karls V. (1530 in Bologna) die Rückkehr des kurzzeitig (1527-30) wieder republikanischen Florenz unter die Herrschaft seiner Familie ein; letzter Medici-Papst war 1605 für wenige Wochen als Leo XI. Alessandro Ottavione aus einem heute noch existierenden Seitenzweig der Medici. Der älteste Sohn Lorenzos, Piero (II) der Unglückliche (italienisch lo Sfortunato, * 1472, ✝ 1503), wurde 1494 bei der Errichtung des »Gottesstaates« unter G. Savonarola aus Florenz vertrieben. Pieros Sohn Lorenzo (II, * 1492, ✝ 1519) wurde 1516 von seinem Onkel, Papst Leo X., zum Herzog von Urbino erhoben, dessen Tochter Caterina (Katharina) wurde durch ihre Heirat mit Heinrich II. Königin von Frankreich. Alessandro de' Medici wurde als Stadtherr 1532 Herzog in Florenz; mit seiner Ermordung 1537 durch Lorenzino aus der jüngeren Linie erlosch die ältere Linie. Doch nun setzte sich der Sohn des Söldnerführers Giovanni (II) de' Medici, genannt dalle Bande Nere (* 1498, ✝ 1526), Cosimo I., in Florenz durch und erwarb nach dem Scheitern seiner Hoffnungen auf eine Königskrone (Korsikas) 1569 von Papst Pius IV. den herausgehobenen Titel eines Großherzogs der Toskana. Sein Sohn und Nachfolger Francesco (Franz I., * 1541, ✝ 1587) erhielt 1575 den Großherzogstitel von Kaiser Maximilian II., mit dessen Schwester Johanna er verheiratet war, bestätigt; ihre Tochter Maria wurde durch ihre Ehe mit Heinrich IV. Königin von Frankreich. Die Nachfolge in der Toskana trat 1587 nach Francescos plötzlichem Tod sein Bruder Ferdinand I. an, der zuvor Kardinal war. Auf ihn folgten Cosimo II. (* 1590, ✝ 1621), der Beschützer G. Galileis, dann Ferdinand II., Cosimo III. (* 1639, ✝ 1723) und als Letzter der jüngeren Linie Gian Gastone (* 1671, ✝ 1737). Seine ihn überlebende Schwester Anna Maria (* 1667, ✝ 1743) vermachte den Kunstbesitz der Familie der Stadt Florenz; die Toskana fiel durch Vereinbarung der europäischen Großmächte an Franz Stephan von Lothringen, den Mann der Kaiserin Maria Theresia.
 
Literatur:
 
S. Camerani: Bibliografia medicea (Florenz 21964);
 R. de Roover: The rise and decline of the M. Bank. 1397-1494 (Neuausg. New York 1966);
 N. Rubinstein: The government of Florence under the M. 1434 to 1494 (Neuausg. Oxford 1968);
 J. R. Hale: Die M. u. Florenz (a. d. Engl., 1979);
 E. Grassellini: Profili medicei (Florenz 1982);
 M. Vannucci: I M. Una famiglia al potere (Rom 1987);
 J. Cleugh: Die M. Macht u. Glanz einer europ. Familie (a. d. Engl., Neuausg. 1997);
 
Die Schätze der M., hg. v. C. Acidini Luchinat (a. d. Ital., 1997).
 
Bedeutende Vertreter:
 
 1) Alessandro de', erster Herzog in Florenz (seit 1532), * Florenz 1511/12 (?), ✝ (ermordet) ebenda 6. 1. 1537; illegitimer Sohn von Lorenzo (II), nach anderen Quellen von Giulio de' Medici (dem späteren Papst Klemens VII.); war bereits seit 1523 fürstenähnlicher Führer der Republik Florenz, wurde aber 1527 vertrieben. Nach seiner Rückkehr (1531) wurde er durch Kaiser Karl V. als »Herzog der Republik« eingesetzt und heiratete 1536 dessen illegitime Tochter Margarete von Parma. Weshalb ihn sein Freund Lorenzino de' Medici ermordete, ist ungeklärt (vielleicht wegen einer Erbregelung zugunsten des jüngeren Cosimo I.).
 
 2) Alessandro Ottavione de', Papst, Leo XI.
 
 3) Caterina de', Königin von Frankreich, Katharina (Herrscherinnen, Frankreich).
 
 4) Cosimo de', genannt der Alte, italienisch il Vecchio [- 'vɛkkjo], * Florenz 1389, ✝ Villa Careggi (heute zu Florenz) 1. 8. 1464; wurde von den Albizzi aus Florenz verbannt, kehrte aber bald zurück und lenkte die äußerlich immer noch bestehende Republik, u. a. durch Änderungen bei Ämterstruktur und Wahlgesetzen. An Wissenschaften und Künsten sehr interessiert, förderte er alle frühhumanistische Bestrebungen, ließ den Stadtpalast der Medici (Palazzo Medici-Riccardi) errichten und begründete die Biblioteca Medicea Laurenziana.
 
Literatur:
 
Un' Altra Firenze. L'epoca di Cosimo il Vecchio, hg. v. P. Ugolini (Florenz 1971);
 
C. »il Vecchio« de' M., 1389-1464, hg. v. F. Ames-Lewis (Oxford 1992).
 
 5) Cosimo de', als Cosimo I. Herzog in Florenz (seit 1537), Großherzog der Toskana (seit 1569), * Florenz 12. 6. 1519, ✝ Villa di Castello (heute zu Florenz) 21. 4. 1574; setzte sich nach der Ermordung Alessandro de' Medici 1537 gegen Rückkehrversuche ausgewanderter Adelsfamilien (u. a. der Strozzi) durch und errichtete eine unumschränkte bürokratisch-absolutistische Herrschaft (Bau der »Uffizien« als Ämtergebäude). Er ließ die Mittelmeerfestung Livorno als Hafen für das lange vernachlässigte Pisa bauen und eroberte 1555 die Republik Siena. Er war selbst wissenschaftlich und künstlerisch tätig, ließ den Palazzo Pitti erweitern und die lange Zeit für Europa vorbildlichen Boboligärten anlegen.
 
Literatur:
 
E. Fasano Guarini: Lo Stato mediceo di Cosimo I (Florenz 1973);
 
La nascita della Toscana (ebd. 1980);
 R. Cantagalli: Cosimo I de' M., granduca di Toscana (Mailand 1985).
 
 6) Ferdinando de', Ferdinand I., Großherzog der Toskana, Ferdinand (Herrscher, Toskana).
 
 7) Ferdinando de', Ferdinand II., Großherzog der Toskana, Ferdinand (Herrscher, Toskana).
 
 8) Giovanni de', Papst, Leo X.
 
 9) Giulio de', Papst, Klemens VII.
 
 10) Lorenzino de', genannt Lorenzaccio [lorɛn'zattʃo], * Florenz 23. 3. 1514, ✝ (ermordet) Venedig 26. 2. 1548; wurde nach seiner Mordtat an Alessandro de' Medici, die er in seiner »Apologia« (1539) mit machiavellistischen Gedanken rhetorisch glanzvoll verteidigte, von der republikfreundlichen Partei als Tyrannenmörder gefeiert; er selbst wurde wahrscheinlich im Auftrag Cosimos I. umgebracht. Die Tat des Lorenzino wurde immer wieder künstlerisch (»Brutus«-Büste von Michelangelo, um 1540) und literarisch behandelt, so von V. Alfieri (»L'Etruria vendicata«, 1789, Epos) und A. de Musset (»Lorenzaccio«, 1834, Drama).
 
Literatur:
 
M. Vannucci: Lorenzaccio. Lorenzino de' M. (Rom 1984).
 
 11) Lorenzo de', genannt der Prächtige, italienisch il Magnifico [- ma'ɲi-], * Florenz 1. 1. 1449, ✝ Villa Careggi (heute zu Florenz) 8. 4. 1492; erhielt mit seinem Bruder Giuliano (I.) eine umfassende humanistische Ausbildung und übernahm mit ihm nach dem Tod seines Vaters Piero (I.) 1469 die Führung der Republik Florenz. 1478 verschwor sich die alteingesessene Adelsfamilie der Pazzi mit dem Erzbischof von Pisa und Papst Sixtus IV. gegen die neue Herrschaft der Medici und ließ am 26. 4. Giuliano im Florentiner Dom ermorden; Lorenzo entkam dabei verwundet. Da er hinter sich das florentinische Volk wusste und ein Bündnis mit König Ferdinand I. von Neapel schloss (Beginn einer elastischen, doch labilen Gleichgewichtspolitik in Italien), mussten die Verschwörer 1480 aufgeben. Danach war Lorenzo de facto Alleinherrscher und dominierte klar den neuen Rat der Siebzig an der Spitze der Republik, der nun die Machtbasis der Familie in Florenz bildete. Selbst literarisch tätig, förderte er viele Humanisten (D. Chalkokondyles, A. Poliziano, C. Landini, G. Pico della Mirandola) und Künstler (Verrocchio, S. Botticelli, den jungen Michelangelo).
 
Ausgabe: Opere scelte, herausgegeben von Bruno Maier (1969).
 
Literatur:
 
E. Cremer: Lorenzo de' M. (1970);
 A. Altomonte: Il Magnifico (Mailand 21982);
 A. Chastel: Art et humanisme à Florence au temps de Laurent le Magnifique (Paris 31982);
 I. Cloulas: Laurent le Magnifique (ebd. 1982);
 
La Valtiberina, Lorenzo e i Medici, hg. v. G. Renzi (Florenz 1995).
 
 12) Maria de', Königin von Frankreich, Maria (Herrscherinnen, Frankreich).
 

Universal-Lexikon. 2012.