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Betriebsrat
Be|triebs|rat [bə'tri:psra:t], der; -[e]s, Betriebsräte [bə'tri:psrɛ:tə]:
1. von der Belegschaft eines Betriebs gewähltes Gremium zur Vertretung der Interessen der Beschäftigten gegenüber der Geschäftsleitung:
in den Betriebsrat gewählt werden.
2. männliches Mitglied eines Betriebsrats (1):
er ist langjähriger Betriebsrat.

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Be|triebs|rat 〈m. 1uVertretung der Arbeitnehmer eines Betriebes zur Wahrung ihrer wirtschaftl. u. sozialen Interessen

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Be|triebs|rat , der <Pl. …räte>:
1. von den Arbeitnehmer[inne]n eines ↑ Betriebes (1 a) gewählte Vertretung zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen u. sozialen Interessen.
2. männliches Mitglied des Betriebsrats (1).

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Betriebsrat,
 
gewähltes Organ und Interessenvertretung der Arbeitnehmer eines Betriebes der privaten Wirtschaft (in öffentlich-rechtlichen Betrieben gilt das Recht der Personalvertretung). Rechtsgrundlage ist das Betriebsverfassungsgesetz in der Fassung vom 25. 9. 2001, Abkürzung BetrVG. In Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, werden Betriebsräte gewählt. Dies gilt auch für gemeinsame Betriebe mehrerer Unternehmen. Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen wird vermutet, wenn zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden oder die Spaltung eines Unternehmens zu Folge hat, dass von einem Betrieb ein oder mehrere Betriebsteile einem an der Spaltung beteiligten anderen Unternehmen zugeordnet werden, ohne dass sich dabei die Organisation des betroffenen Betriebes wesentlich ändert (§ 1 BetrVG). Durch Tarifvertrag können vom Gesetz abweichende betriebsverfassungsrechtliche Regelungen getroffen werden. Z. B. kann unter gesetzlich geregelten Voraussetzungen die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats für Unternehmen mit mehreren Betrieben bestimmt werden oder die Bildung von Spartenbetriebsräten für Unternehmen und Konzerne, soweit sie nach produkt- oder projektbezogenen Geschäftsbereichen (Sparten) organisiert sind und die Leitung der Sparte auch Entscheidungen in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten trifft.
 
Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Die Wahl erfolgt jedoch nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren zu wählen ist (§ 14 BetrVG). Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebes, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Arbeitnehmer sind alle Arbeiter und Angestellten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst, in Tele- oder Heimarbeit beschäftigt werden (§ 5 BetrVG). Werden Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers zur Arbeitsleistung überlassen, so sind diese wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden. Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die dem Betrieb sechs Monate angehören oder als in Heimarbeit Beschäftigte in der Hauptsache für den Betrieb gearbeitet haben (§ 8 BetrVG). Nicht wahlberechtigt und wählbar sind die leitenden Angestellten. Die Durchführung der Wahl obliegt einem Wahlvorstand (§§ 16 ff. BetrVG). Die Größe des Betriebsrats richtet sich nach der Anzahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer: Der Betriebsrat besteht in Betrieben mit in der Regel fünf bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus einer Person, bei 21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus drei Mitgliedern, bei 51 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus fünf, bei 101 bis 200 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus sieben Mitgliedern usw. Das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist, muss mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein, wenn dieser aus mindestens drei Mitgliedern besteht (§ 15 BetrVG). Dagegen ist die Gruppeneinteilung in Arbeiter und Angestellte beseitigt worden. Das Wahlverfahren ist in der 1. VO zur Durchführung des BetrVG vom 11. 12. 2001 geregelt. Wird gegen rechtsstaatliche Grundsätze des Wahlverfahrens verstoßen, kann die Betriebsratswahl anfechtbar sein (§ 19 BetrVG).
 
Die Amtszeit des Betriebsrats beträgt vier Jahre (§ 21 BetrVG). Der Betriebsrat wählt aus seiner Mitte den Vorsitzenden und dessen Stellvertreter (§ 26 BetrVG). Der Vorsitzende oder im Falle seiner Verhinderung sein Stellvertreter vertritt den Betriebsrat im Rahmen der von ihm gefassten Beschlüsse. Hat ein Betriebsrat neun oder mehr Mitglieder, kann er Ausschüsse bilden (§ 27 BetrVG). Die Sitzungen des Betriebsrats finden in der Regel während der Arbeitszeit statt (§ 30 BetrVG). Die Beschlüsse des Betriebsrats werden, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder gefasst. Er ist nur beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilnimmt. An den Betriebsratssitzungen können Beauftragte einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft, die Vertretung behinderter Menschen und die Jugend- und Auszubildendenvertretung teilnehmen. Das Betriebsratsamt ist ein Ehrenamt. Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts (§ 37 BetrVG). Ab einer Betriebsgröße von 200 Arbeitnehmern sind nach einer detailliert geregelten Staffel ein oder mehrere Betriebsräte von der Arbeit freizustellen. Betriebsräte können an Schulungsveranstaltungen teilnehmen, die erforderliche Kenntnisse vermitteln. Sie genießen einen besonderen Kündigungs- und Versetzungsschutz (§ 15 KSchG, § 103 BetrVG). Bestehen in einem Unternehmen mehrere Betriebsräte, so ist ein Gesamtbetriebsrat zu errichten. Für einen Konzern kann durch Beschluss der einzelnen Gesamtbetriebsräte ein Konzernbetriebsrat errichtet werden. In Unternehmen, die gemeinschaftsweit in der EU tätig werden, kann ein europäisches Betriebsrat gebildet werden.
 
Die Aufgaben des Betriebsrats werden gegliedert in allgemeine Aufgaben, Mitbestimmungsrechte in sozialen Angelegenheiten, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Gestaltung von Arbeitsplatz, Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte in personellen Angelegenheiten und Mitwirkungsrechte in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Allgemeine Aufgaben sind u. a. die Überwachung der Einhaltung der zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, VO, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern und der Eingliederung Schwerbehinderter, die Beschäftigungsförderung, die Mitwirkung beim Umweltschutz sowie die Integration ausländischer Arbeitnehmer und die Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit (§ 80 BetrVG). In sozialen Angelegenheiten hat der Betriebsrat ein erzwingbares und ein freiwilliges Mitbestimmungsrecht. Bei der erzwinbaren Mitbestimmung ist zur Wirksamkeit einer Maßnahme die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich. Zum Katalog der Mitbestimmungstatbestände gehören Fragen der Ordnung des Betriebs, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, Zeit und Ort der Auszahlung des Arbeitsentgelts, Aufstellung von Urlaubsgrundsätzen, Einführung von technischen Einrichtungen, die zur Überwachung der Arbeitnehmer geeignet sind, Verwaltung von Sozialeinrichtungen, die Lohngestaltung und die Festsetzung von Akkord- und Prämiensätzen sowie die Gruppenarbeit (§ 87 BetrVG). Kommt es zu keiner Einigung der Betriebspartner, entscheidet die Einigungsstelle. Zum Gegenstand freiwilliger Mitbestimmung können nahezu alle betrieblichen Angelegenheiten gemacht werden. Bei der Gestaltung von Arbeitsplatz, Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung wird der Betriebsrat in die Planung von neuen Betriebsanlagen und Arbeitsverfahren eingeschaltet. Widersprechen sie menschengerechter Gestaltung kann der Betriebsrat Maßnahmen zur Abwendung verlangen (§§ 90, 91 BetrVG). Die Mitwirkung bei personellen Angelegenheiten bezieht sich auf die Personalplanung und die Ausschreibung von Arbeitsplätzen, die Berufsausbildung und v. a. auf die Mitwirkung bei der Einstellung, Ein- und Umgruppierung sowie Versetzung von Arbeitnehmern. Bei der Mitwirkung ist die Wirksamkeit der Maßnahme im Allgemeinen nicht von der Zustimmung des Betriebsrats abhängig. Dieser kann jedoch aus im Gesetz aufgezählten Gründen widersprechen. Bei Kündigungen hat der Arbeitgeber den Betriebsrat anzuhören (§ 102 BetrVG). Wird das Anhörungsrecht verletzt, ist die Kündigung unwirksam. In wirtschaftlichen Angelegenheiten hat der Betriebsrat Mitwirkungsrechte über den Wirtschaftsausschuss und bei bei Betriebsänderungen, d. h. er hat bei Betriebsänderungen einen Anspruch darauf, dass über einen Interessenausgleich verhandelt wird und kann einen Sozialplan erzwingen. Weicht der Arbeitgeber von einem ausgehandelten Interessenausgleich ab, erlangen die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer einen Anspruch auf Nachteilsausgleich.
 
In Österreich regelt das Arbeitsverfassungsgesetz 1973 Wahl, Konstituierung und Aufgaben des Betriebsrats (§§ 50 ff.) und fixiert die Rechtsstellung der Betriebsratsmitglieder (§§ 115 ff.); ausgeführt durch ministerielle Verordnungen (z. B. Betriebsratswahlordnung); 1992 wurde auch Ausländern das Wahlrecht zugestanden. Die Regelungen entsprechen weitgehend denen des deutschen Rechts.Umfasst ein Unternehmen mehrere Betriebe, muss ein »Zentralbetriebsrat« errichtet werden. - In der Schweiz ist die Mitwirkung der Arbeitnehmer im Bundesgesetz über die Information und Mitsprache der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Betrieben (Mitwirkungsgesetz) vom 17. 12. 1993, in Kraft seit 1. 5. 1994, geregelt. In Betrieben mit mindestens 50 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern können diese aus ihrer Mitte eine oder mehrere Vertretungen bestellen. Arbeitnehmervertreter genießen einen besonderen Kündigungsschutz (Art. 336 Absatz 2 lit. b OR).
 
Geschichte:
 
Seit 1891 bestanden Arbeiterausschüsse in gewerblichen Betrieben. Das Betriebsrätegesetz vom 4. 2. 1920 räumte den Arbeitnehmern bei sozialen und personellen Maßnahmen Mitbestimmungsrechte ein. Das Arbeitsordnungsgesetz von 1934 schaffte die Betriebsräte ab. Ihre Wiedererrichtung erfolgte nach 1945 durch Kontrollratsgesetz Nummer 22 und die Betriebsverfassungsgesetze von 1952 und 1972. In der SBZ/DDR bestanden seit 1948 die Betriebsgewerkschaftsleitungen als (nominelle) Interessenvertreter der Werktätigen.
 
Literatur:
 
J. Garamvölgyi: Betriebsräte u. sozialer Wandel in Österreich 1919-1920 (1983);
 J. Garamvölgyi: Beteiligung des B. bei Kündigungen (31991);
 W. Milert und R. Tschirbs: Von den Arbeiterausschüssen zum Betriebsverfassungsgesetz (1991);
 
Euro-Betriebsräte, hg. v. J. Deppe (1992);
 M. Blank: Die B.-Wahl (81993);
 C. Schoof: B.-Praxis von A-Z (21993);
 W. Hromadka: Die Betriebs-Verf. (21994);
 G. Schaub: Der B. (61995);
 W. C. Ilg: Kommentar über das Bundes-Ges. über die Information der Arbeitnehmer in den Betrieben (Zürich 1999);
 R. Strasser u. a.: Die B.-Wahl(Wien 52000);
 M. Felser u. a.: Rechte des B. u. ihre Durchsetzung (2000);
 E. Pohle: Taschenbuch zum Betriebsverfassungsrecht (22001).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Mitbestimmung: Betriebliche Mitbestimmung und Unternehmensmitbestimmung
 

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Be|triebs|rat, der <Pl. ...räte>: 1. von den Arbeitnehmern eines Betriebes (1 a) gewählte Vertretung zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen u. sozialen Interessen. 2. Mitglied des Betriebsrats (1).

Universal-Lexikon. 2012.