Akademik

Gehirn
Denkorgan; Hirn; graue Zellen (umgangssprachlich); Denkapparat (umgangssprachlich); Oberstübchen (umgangssprachlich)

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Ge|hirn [gə'hɪrn], das; -[e]s, -e:
aus einer weichen, hellen, an der Oberfläche gewundenen Masse bestehendes, im Schädel von Menschen und Wirbeltieren gelegenes Organ, das beim Menschen u. a. Sitz des Bewusstseins ist:
er zog sich bei dem Unfall eine Verletzung des Gehirns zu.
Syn.: Hirn.
 
• Hirn/Gehirn
Hirn und Gehirn lassen sich weitgehend synonym gebrauchen:
– Das menschliche Hirn/Gehirn ist äußerst komplex.
In Bezug auf Tiere spricht man häufiger von Hirn als von »Gehirn«; ist die Speise gemeint, verwendet man ausschließlich »Hirn«:
– Diese Mettwurst enthält auch Hirn.
Umgangssprachlich wird in übertragener Bedeutung vom Hirn anstelle vom Verstand gesprochen:
– Ich hoffe, dass sie so viel Hirn hat, abzusagen, wenn es nicht geht.
Mit Gehirn verbindet sich in stärkerem Maße noch die Vorstellung eines konkreten (menschlichen) Organs:
– Die Reize werden an das Gehirn weitergegeben.
– Der Patient wurde am Gehirn operiert.

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Ge|hịrn 〈n. 11; Anat.〉 Vorderende des Zentralnervensystems höher entwickelter Tiere, bes. der Wirbeltiere, in dem die Sinneszentren u. übergeordnete Schaltzentren (Koordinations- u. Assoziationszentren) zusammengefasst sind u. das in bestimmten Teilen für die Ausbildung komplizierter Instinkthandlungen, für die Fähigkeit des Gedächtnisses u. - im höchsten Falle - der Intelligenz verantwortlich ist: Cerebrum, Encephalon

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Ge|hịrn , das; -[e]s, -e [15. Jh.; Kollektivbildung zu Hirn]:
1. aus einer weichen, an der Oberfläche reliefartige Windungen aufweisenden Masse bestehender, im Schädel gelegener Teil des Zentralnervensystems des Menschen u. der Wirbeltiere, der das Zentrum für Assoziationen, Instinkte, Gedächtnis u. Lernen, beim Menschen auch Sitz des Bewusstseins ist:
der Bau des menschlichen -s;
einen Tumor im G. haben.
2. (ugs.) Verstand:
sein G. anstrengen;
ich zermartere mir das G. (denke sehr angestrengt nach).
3. (landsch.) Hirn (1 b).

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I
Gehirn
 
(Cerebrum, Encephalon): Das Gehirn des Menschen, Zentralorgan der geistigen Funktionen wie Speichern (Gedächtnis) und Verarbeiten (Denken) von Informationen, wurde phylogenetisch durch stetige Massenzunahme und fortschreitende Differenzierung besonders des kortikalen Vorderhirnbereichs (Zerebralisation) zum entscheidenden Faktor der Kulturentwicklung. - Mensch.
 
Erstmals schriftlich erwähnt wird das Gehirn im ägyptischen Papyrus Edvin Smith. Von Zusammenhängen zwischen Gehirn und seelischen beziehungsweise geistigen Vorgängen ist darin überhaupt nicht die Rede. Aus der Tatsache, dass bei Mumifizierungen die Gehirne weitgehend entfernt wurden, darf man schließen, dass im alten Ägypten die Bedeutung des Gehirns unbekannt war.
 
Der Grieche Alkmäon von Kroton erkannte bereits um 500 v. Chr. bei Tiersektionen, dass von den Sinnesorganen Nervenbahnen zum Gehirn ziehen. Er nahm daraufhin an, dass im Gehirn das Zentrum für die Sinneswahrnehmung und auch für das Denken liege. Allerdings hielt er das Gehirn für eine Drüse, die Gedanken absondere wie eine Tränendrüse Tränen. Für Hippokrates, der keine derartigen Untersuchungen vornahm, war das Gehirn eine Art Dolmetscher des Bewusstseins und für alle Gefühle verantwortlich. Als Sitz der »rationalen Seele« sah Platon nur den gesamten Kopf des Menschen an. Dagegen fasste Aristoteles, der - wie die alten Ägypter - Seelisches allein auf das Herz beschränkt wissen wollte, das Gehirn als eine Art Kühlvorrichtung gegen körperliche Überhitzung auf. Anatomisch untersucht und beschrieben wurden Gehirn und Nerven erstmals genauer von Herophilos (Groß- und Kleinhirn, Hirnhäute und -höhlen) und Erasistratos; Letzterer unterschied schon zwischen Empfindungs- und Bewegungsnerven und folgerte beim Vergleich von Tier- und Menschenhirnen, dass der Mensch nur deswegen alle Tiere an Intelligenz übertreffe, weil sein Gehirn reicher an Windungen sei.
 
Erste experimentelle Untersuchungen des Gehirns stellte der römische Arzt Galen an. Er entfernte bei verschiedenen Tieren systematisch bestimmte Gehirnteile, durchschnitt Rückenmark und Nerven und registrierte die darauf eintretenden Lähmungen. Die Nerven hielt Galen allerdings für ein Röhrensystem, in welches das Gehirn den »Seelengeist« (»pneuma psychikon« oder »spiritus animalis«) aus den Hirnhöhlen pumpe wie das Herz das Blut in die Adern. Diese Ansicht blieb über Jahrhunderte vorherrschend. Der flämische Arzt A. Vesal bezweifelte nur die Bedeutung der Hirnhöhlen und nahm aufgrund eigener Untersuchungen an, dass der »Seelengeist« in der Hirnrinde entstehe.
 
Erst der schweizerische Universalgelehrte A. von Haller entdeckte die Irritabilität (Erregbarkeit) und Sensibilität der Nervenfasern und widerlegte damit die Lehre vom fließenden »Seelengeist«. F. J. Gall, der Hallers Untersuchungen weiterführte, konnte schließlich zeigen, dass Nerven und Empfindungen zur »grauen Masse« an der Gehirnoberfläche führen. Durch seine extreme Ansicht, bestimmte Teile des Gehirns würden jeweils bestimmte Teile des Gesamtorganismus kontrollieren, andere wiederum nähmen nur bestimmte Empfindungen auf und wieder andere wären für bestimmte Charaktereigenschaften zuständig (ähnliche Gedanken äußerten schon Albertus Magnus und Haller selbst), wurde Gall zum Begründer der Lokalisationslehre und der Phrenologie. Dass es im Gehirn tatsächlich spezialisierte Teile gibt, wurde 1861 von P. Broca mit der Entdeckung des Sprachzentrums bewiesen. Etwa ein Jahrzehnt später stellten G. Fritsch und E. Hitzig fest, dass die rechte beziehungsweise linke Gehirnseite die jeweils gegenüberliegende Körperhälfte kontrolliert.
 
Die eigentliche Gehirnforschung begann aber erst 1837, als der tschechische Physiologe J. E. von Purkinje feine Gehirnschnitte mikroskopisch untersuchte und entdeckte, dass »Nervenkugeln«, die er als Ganglienkörper bezeichnete, Kerne besitzen und Fortsätze tragen. Zwei Jahre später erkannte der deutsche Anatom und Physiologe T. Schwann, dass diese »Kugeln« Nervenzellen sind. 1891 stellte der Anatom W. von Waldever-Hartz die Neuronentheorie auf, die in unserem Jahrhundert dann durch experimentelle neurobiologische Forschungsergebnisse bestätigt wurde. Nach dieser Theorie besteht das gesamte Nervensystem aus Neuronen (Nervenzellen), die als funktionelle Grundeinheiten alleinige Träger nervaler Erregungen sind und sich über Synapsen in gegenseitigem Kontakt befinden.
 
Neuronen sind hochgradig erregbar und insofern darauf spezialisiert, Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten. Je komplizierter Organismen aufgebaut sind, desto wichtiger ist es für sie, die (über ihre Sinnesorgane vermittelten) Informationen zentral auszuwerten und ebenfalls zentral ihre Körpertätigkeiten zu steuern. Hierzu wurden im Lauf der stammesgeschichtlichen Entwicklung am vorderen Ende der Körper, dort also, wo auch die Sinnesorgane (speziell die für die Informationsaufnahme durch Sehen, Hören oder Riechen so wichtigen Fernsinne) konzentriert sind, Nervenzellen angehäuft. Sie bilden bei den Wirbeltieren jeweils das von der Schädelkapsel umgebene Gehirn.
 
Das Gehirn des Menschen gliedert sich im Wesentlichen in das entwicklungsgeschichtlich ältere Stammhirn, das jüngere Großhirn und das Kleinhirn. Das Stammhirn (Hirnstamm) besteht aus dem Zwischenhirn, dem Mittelhirn und dem verlängerten Mark. Teile des Zwischenhirns sind der Thalamus und der Hypothalamus; an der Unterseite des Zwischenhirns liegt die Hypophyse, an der Oberseite die Zirbeldrüse (Epiphyse). Durch das Mittelhirn laufen viele auf- und absteigende Nervenbahnen, im verlängerten Mark befinden sich Zentren zur Steuerung und Regulation wichtiger Stoffwechselvorgänge und Reflexe. Dem Stammhirn entspringen auch die zwölf Gehirnnerven. Das Kleinhirn ist das zentrale Organ für die Bewegungskoordination, für die Erhaltung des Muskeltonus (Grundspannung eines nicht willkürlich innervierten Muskels) sowie des körperlichen Gleichgewichts.
 
Der für Säugetiere und insbesondere den Menschen funktionell wichtigste Teil des Gehirns ist das aus zwei stark gefurchten Halbkugeln (Hemisphären) bestehende Großhirn. Bei höheren Säugetieren und dem Menschen überdecken die Großhirnhemisphären durch ihre gewaltige Ausdehnung völlig die darunter liegenden Gehirnabschnitte bis zum Kleinhirn. Das Großhirn ist das oberste Zentrum für die Verarbeitung von Informationen und den Entwurf motorischer Programme. Außerdem sind in ihm Gedächtnis und Assoziationsleistungen, Bewusstsein und Intellekt lokalisiert.
 
Die Auffassung, dass jede spezielle Gehirnleistung in einem genau umschriebenen Zentrum angesiedelt sei, hat sich als nicht haltbar erwiesen. Häufig werden Funktionen nach Ausfall bestimmter Hirnregionen von anderen Gebieten übernommen. Darüber hinaus sind an hohen intellektuellen Leistungen vermutlich viele Assoziationsfelder beteiligt; entsprechend können Verletzungen (Läsionen) in den verschiedensten Regionen des Gehirns zu gleichförmigen Beeinträchtigungen dieser Leistungen führen. Die beiden Hemisphären sind nicht gleichwertig, sondern üben unterschiedliche Funktionen aus (Hemisphärenspezialisierung); dabei dominiert meist eine Hirnhälfte (Hemisphärendominanz), z. B. bei Rechtshändern die linke.
 
Die Großhirnrinde (graue Substanz, Kortex, Cortex cerebri) enthält etwa 14 Mrd. Nervenzellen, von denen jede einzelne mit 1 000 bis 10 000 anderen über Synapsen in Verbindung treten kann. Die dazu notwendige gewaltige Menge an Verbindungsleitungen (Schaltbahnen) findet sich im Großhirnmark (weiße Substanz). Kommissurenbahnen laufen durch den Balken und verbinden gleichartige Teile der Großhirnhälften miteinander. Assoziationsbahnen verlaufen zwischen verschiedenen Hirnbereichen einer oder beider Hirnhälften, Projektionsbahnen laufen vom Großhirn zu anderen Bereichen des Zentralnervensystems.
 
II
Gehirn,
 
Cerebrum, Encephalon, jener Abschnitt des Nervensystems, in dem sich die wichtigsten Schalt- und Steuerungszentren des Körpers befinden.
 
 Das Gehirn der Tiere
 
Im Tierreich tritt ein einfach gebautes Gehirn bereits bei den niederen Würmern, z. B. bei Strudelwürmern, als lokale Verdickung des Nervengeflechts auf. Bei Fadenwürmern umgibt das Gehirn in Form eines Nervenringes den Schlund. Im Strickleiternervensystem der Gliedertiere bezeichnet man die über dem Schlund befindlichen paarigen Oberschlundganglien (Cerebralganglien) als Gehirn. Es handelt sich um knotenförmige Anhäufungen von Nervenzellen. Das schlundnahe Gehirn der Weichtiere besteht ebenfalls aus einem Paar Cerebralganglien. Unter den Wirbellosen weisen die Tintenfische das am höchsten entwickelte Gehirn auf. Es entsteht durch Verschmelzung mehrerer Ganglien zu einer zentralen Nervenmasse (Ganglienkomplex).
 
Bei den Wirbeltieren erreicht das Gehirn seine höchste Differenzierung. Es bildet zusammen mit dem Rückenmark das Zentralnervensystem. Das Gehirn der Wirbeltiere gliedert sich embryonal in drei Abschnitte: Vorderhirn (Prosencephalon), Mittelhirn (Mesencephalon), Rautenhirn (Rhombencephalon). Während der Embryonalentwicklung teilt sich das Vorderhirn auf in das vordere Endhirn (Telencephalon) und das tiefer gelegene Zwischenhirn (Diencephalon). Während das Mittelhirn ungegliedert erhalten bleibt, gliedert sich das Rautenhirn in das vordere Hinterhirn (Metencephalon) mit seinem dorsalen Kleinhirn (Cerebellum) und das hintere Nachhirn (Myelencephalon, Medulla oblongata, verlängertes Mark), das in das Rückenmark übergeht. Vom Endhirn nimmt der Riechnerv seinen Ursprung. Bei den niederen Wirbeltieren ist das Endhirn hauptsächlich ein Riechhirn. Dorsomedian lässt sich das Archipallium abgrenzen, das bei Säugetieren als Hippokampus (veraltet: Ammonshorn) bezeichnet wird. Bei den Säugetieren differenziert sich das Endhirn immer mehr zu dem aus zwei Hälften (Hemisphären) bestehenden Großhirn, einem hoch entwickelten Assoziationszentrum. Besonders hoch entwickelt sind die Großhirne der Zahnwale, Elefanten, Menschenaffen und des Menschen. Das Zwischenhirn entsendet den Augennerv. Dorsale Anhangsgebilde sind die in ihrer Funktion noch umstrittene Zirbeldrüse (Epiphyse) sowie das gelegentlich auftretende Parietalorgan (Scheitelauge mancher Reptilien). An einem ventralen Fortsatz liegt die Hirnanhangdrüse (Hypophyse), eine wichtige Hormondrüse, an deren Bildung das Zwischenhirn beteiligt ist. Das Mittelhirn ist eine wichtige Schaltstelle für sensorische Bahnen aus Auge und Innenohr. Ferner gehen zwei Hirnnerven ab. Das Hinterhirn entsendet keine Hirnnerven. Es steuert v. a. den Muskeltonus und die Bewegungskoordination. Bei Fischen, Vögeln und Säugetieren ist es daher stark entwickelt (Kleinhirn, Cerebellum). Die restlichen sechs bis acht Hirnnerven entspringen dem Nachhirn, das wichtige vegetative Zentren enthält; es reguliert u. a. die Atmung und den Kreislauf. Außerdem ist es an der Regulation des Schlaf-wach-Rhythmus sowie der Aufmerksamkeit beteiligt. Es geht ohne scharfe Grenze in das Rückenmark über. Das Gehirn enthält vier zusammenhängende Hohlräume (Ventrikel); sie stehen mit dem Rückenmarkkanal in offener Verbindung und sind wie dieser mit der der Lymphe ähnlichen Zerebrospinalflüssigkeit (Liquor cerebrospinalis) gefüllt. Größe und Gewicht des Gehirns stehen mit seiner Leistungsfähigkeit in keinem direkten Verhältnis.
 
 Das Gehirn des Menschen
 
Das Gehirn des Menschen hat ein mittleres Gewicht von 1 245 g bei der erwachsenen Frau und 1 375 g beim erwachsenen Mann. Es ist das Zentrum für alle Sinnesempfindungen und Willkürhandlungen, der Sitz des Bewusstseins, des Gedächtnisses und aller geistigen und seelischen Leistungen. Es liegt geschützt in der Schädelhöhle (Schädel) und wird von dem äußeren Liquorraum umgeben, der sich zwischen weicher Gehirnhaut (Pia mater) mit Spinnwebenhaut (Arachnoidea) und harter Hirnhaut (Dura mater) ausbreitet. Der Liquor cerebrospinalis (Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit) wird in den inneren Liquorräumen, den Hirnkammern (Hirnventrikeln), gebildet, die sich röntgenologisch durch Enzephalographie darstellen lassen. Der Blutversorgung des Gehirns dienen auf jeder Kopfhälfte zwei aus getrennten Schlagadern stammende Blutströme (Arteria carotis interna und Arteria vertebralis), die sich an der Gehirnbasis miteinander vereinigen.
 
Der für den Menschen kennzeichnendste Gehirnteil ist das Endhirn (Telencephalon, auch Großhirn), das sich erst bei ihm zu so beträchtlicher Größe entwickelt hat und die Voraussetzung für seine geistig-seelische Leistungsfähigkeit darstellt. Wie ein Mantel bedeckt die aus Ganglienzellen (Nervenzellen) bestehende graue Substanz der Großhirnrinde (insgesamt etwa 14 Mrd. Zellen, die in typischen 6 Schichten angeordnet sind) zusammen mit den darunter gelegenen Nervenfasern (weiße Substanz) die übrigen Hirnteile. Dieser Mantel (Pallium) oder Rinde (Cortex) ist so groß (über 0,2 m2), dass er nur zusammengefaltet in der Schädelhöhle Platz hat; so entsteht die gefaltete Oberfläche des Endhirns, bei der man Windungen (Gyri) und Furchen (Sulci) unterscheidet. In die weiße Marksubstanz des Endhirns sind mehrere große, aus Nervenzellen bestehende graue Kerngebiete, die Stammganglien, eingelagert. Die beiden Großhirnhalbkugeln (Hemisphären) sind durch eine breite Nervenfaserplatte, den Balken (Corpus callosum), miteinander verbunden. Außerdem wird das Endhirn in mehrere große Abschnitte unterteilt: Stirnlappen (Lobus frontalis), Scheitellappen (Lobus parietalis), Hinterhauptlappen (Lobus occipitalis), Schläfenlappen (Lobus temporalis) und Stamm- oder Insellappen (Lobus insularis).
 
Die Großhirnrinde (Cortex cerebri) ist das höchste Integrationsorgan des gesamten Zentralnervensystems. Ihre Regionen sind sehr verschiedenen Leistungen dienstbar. V. a. das Stirnhirn (Stirnlappen) ist beim Menschen - auch im Vergleich zu den Menschenaffen - stark entwickelt. Wird es durch Tumoren oder Verletzungen ganz oder teilweise ausgeschaltet, so sind schwere Charakterveränderungen die Folge. Besonders Schädigungen der basalen Stirnhirnabschnitte (Augen-, Orbitalwindungen) führen zu Persönlichkeitsveränderungen. In der unteren Stirnhirnwindung, am Übergang zu der nach hinten anschließenden vorderen Zentralregion, liegt (bei Rechtshändern) in der linken Hemisphäre das von P. Broca entdeckte motorische Sprachzentrum (Broca-Sprachzentrum). Aus den Nervenzellen der vorderen Zentralregion (motorisches Rindenfeld) entspringen die langen Nervenfasern (Neuriten) der willkürlich motorischen Nervenbahnen, die bis in das Rückenmark hinabziehen (Pyramidenbahn). Bewusste Willensimpulse werden von hier aus in nach Bewegungszielen geordnete Handlungen umgesetzt. Im Bereich der hinteren Zentralregion im Scheitellappen oder Scheitelhirn (sensorisches Rindenfeld) enden dagegen alle Sinnesempfindungen aus der Körperperipherie (Tastsinn, Raumsinn, auch Geschmackssinn), werden zu bewussten Erlebnissen und als individuelle Sinneserfahrungen (Engramme) gespeichert. An das Scheitelhirn schließt sich der Hinterhauptlappen (Okzipitalhirn) an, in dem die Sehbahn endet. Hier werden die Lichtsinnesempfindungen zum bewussten, momentanen Bild integriert und die Summe der optischen Erfahrungen gespeichert. Unterhalb des Okzipitalhirns und vorn umbiegend liegt der Schläfenlappen (Schläfenhirn), in dem die Hörbahn endet und die akustischen Sinneseindrücke bewusst werden. Er enthält die Verständnis- und Gedächtniszentren für die Sprache (akustisches Sprachzentrum) und den Musiksinn. Auch die Rinde der Insel, eines großen Hügels an der Basis des Endhirns, ist in die Sphäre des akustischen Denkens einbezogen. Im basomedialen Bereich des Schläfenhirns liegt das Rindenzentrum des Riechhirns, das zu den phylogenetisch ältesten Abschnitten des Endhirns gehört.
 
Das Zwischenhirn (Diencephalon) wird vom Endhirn bis auf einen kleinen, basal gelegenen Bereich vollständig umgeben. Zu ihm gehört ein großes, paarig angelegtes graues Kerngebiet, der Thalamus, über den alle von der Außenwelt und aus dem Körperinneren stammenden Sinnesempfindungen auf dem Wege zur Großhirnrinde geleitet, in Lust- oder Unlustgefühle verwandelt und durch die Verbindung des Thalamus zum Stirnhirn affektiv und triebhaft getönt werden. Unterhalb des Thalamus befindet sich das höchste Zentrum des autonomen (vegetativen) Nervensystems (Hypothalamus). Hier werden die Stoffwechselvorgänge, der Wasserhaushalt, Temperaturregulation, Verhaltens- und Instinktreaktionen u. a. gesteuert. Eine basale Ausstülpung des Zwischenhirns ist die Hypophyse (Hirnanhangdrüse), die in ihrer funktionellen Verbindung mit dem Hypothalamus als übergeordnetes Zentrum der inneren Sekretion durch die Abgabe von Hormonen das Wachstum, die Geschlechtsreifung, den Stoffwechsel, die Nierenfunktion u. a. reguliert.
 
Das Mittelhirn (Mesencephalon) schließt sich nach hinten an das Zwischenhirn an und enthält eine Reihe wichtiger Kerngebiete. Durch diesen Gehirnteil laufen alle auf- und absteigenden Nervenbahnen. Ihm schließt sich das Rautenhirn (Rhombencephalon) an, das mit dem verlängerten Mark (Medulla oblongata) in das Rückenmark übergeht und dem das Kleinhirn (Cerebellum) angeschlossen ist.
 
Das Kleinhirn (Cerebellum) ist ein sehr selbstständiger Hirnteil, der die Aufgabe hat, bei allen Bewegungen durch entsprechende Muskelkoordination das Gleichgewicht zu erhalten. Für diese Leistung ist es im Nebenschluss mit allen sensiblen und motorischen Nervenbahnen verbunden und bildet v. a. den Integrationsort des Gleichgewichtssinnesorganes (Vestibularapparat). Über die Brücke (Pons) empfängt es außerdem die motorische Bewegungsimpulse aus der Großhirnrinde (Großhirn-Brücken-Kleinhirn-Bahn). Auf diese Weise wird das Kleinhirn in die Lage versetzt, die für bestimmte Bewegungsmuster und -ziele notwendige Muskelkoordination automatisch durchzuführen (Teil des extrapyramidalen motorischen Systems).
 
Der Hirnstamm besitzt eine gewisse Sonderstellung, da er im Dienst der elementaren motorischen, sensiblen und vegetativen Funktionen steht, die allen Wirbeltieren mehr oder weniger in gleichem Maße eigen sind. Zum Hirnstamm gehören funktionell die großen zentralen Kerngebiete des Endhirns (Stammganglien), wichtig für die automatische, extrapyramidale Motorik, ferner das Zwischenhirn, Mittelhirn, Brückenhirn und das verlängerte Mark. Er ist gekennzeichnet durch zahlreiche größere oder kleinere Kerngebiete, die durch eine komplizierte Anordnung von Nervenbahnen miteinander verknüpft sind. Im Hirnstamm entspringen außerdem die letzten zehn der zwölf (paarigen) Gehirnnerven (Hirnnerven):
 
I. Riechnerv (Nervus olfactorius), auch als Vorstülpung des Gehirns anzusehen.
 
II. Sehnerv (Nervus opticus), ebenfalls als eine Vorstülpung anzusehen.
 
III. Augenbewegungsnerv (Nervus oculomotorius).
 
IV. Augenrollnerv (Nervus trochlearis).
 
V. Drillingsnerv (Nervus trigeminus).
 
VI. seitliche Augenabzieher (Nervus abducens).
 
VII. motorische Gesichtsnerv (Nervus facialis).
 
VIII. Gehör- und Gleichgewichtsnerv (Nervus statoacusticus).
 
IX. Zungen-Schlund-Nerv (Nervus glossopharyngeus).
 
X. »herumschweifender« Nerv (Nervus vagus).
 
XI. Beinerv (Nervus accessorius).
 
XII. Unterzungennerv (Nervus hypoglossus).
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Gedächtnis · Gefühl · Hirnforschung · Intelligenz · Lernen · Nervensystem · Neurohormone · Neurotransmitter
 
Literatur:
 
G. Salamon u. Y. P. Huang: Radiologic anatomy of the brain (Berlin 1976);
 Y. P. Huang: Computed tomography of the brain. Atlas of normal anatomy (ebd. 1980);
 
Spektrum der Wiss., H. 11 (1979; Themenheft G.);
 W. Forssmann u. C. Heym: Neuroanatomie (41985);
 W. Seeger: Atlas of topographical anatomy of the brain and surrounding structures. .. (Wien 1985);
 
Brain growth, hg. v. H.-J. Kretschmann (Basel 1986);
 
Brain theory. Proceedings of the 1st Trieste Meeting on Brain Theory, hg. v. G. Palm u. a. (Berlin 1986);
 
New frontiers in brain research. Proceedings of the 15th Göttingen Neurobiology Conference, hg. v. N. Elsner u. a. (Stuttgart 1987).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Nervensystem: Ein Überblick
 
Großhirn: Funktion und Aufbau
 
Gehirn: Basalganglien, Parkinson-Krankheit und limbisches System
 
Zwischenhirn und Hirnstamm
 
Hirnstamm und Kleinhirn
 
Hirnnerven und vegetatives Nervensystem
 
Gehirn: Blutversorgung und Schlaganfall
 
Augen und Gehirn
 
psychophysiologische Grundlagen geistiger Prozesse
 

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Ge|hịrn, das; -[e]s, -e [15. Jh.; Kollektivbildung zu ↑Hirn]: 1. aus einer weichen, an der Oberfläche reliefartige Windungen aufweisenden Masse bestehender, im Schädel gelegener Teil des Zentralnervensystems des Menschen u. der Wirbeltiere, der das Zentrum für Assoziationen, Instinkte, Gedächtnis u. Lernen, beim Menschen auch Sitz des Bewusstseins ist: der Bau des menschlichen -s; Acht Minuten nach Stillstand der Durchblutung ist das G. irreparabel geschädigt (Medizin II, 228); sein G. spritzte gegen die Wand des Schützengrabens; einen Tumor im G. haben. 2. (ugs.) Verstand: sein G. arbeitet präzise, schnell, unschlagbar (Noack, Prozesse 108); sein G. anstrengen; ich zermartere mir das G. (denke sehr angestrengt nach); Ich bin mir wohl bewusst, dass der Krieg die -e vernebelt (die Menschen nicht mehr klar denken lässt) und die Sinne trübt (Hagelstange, Spielball 50). 3. (landsch.) Hirn (1 b).

Universal-Lexikon. 2012.