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Sahara
Sa|ha|ra , die; -:
Wüste in Nordafrika.

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I
Sahara
 
['zaːhara, za'haːra] die, arabisch Es-Sahra [»die Wüste«], mit rd. 9 Mio. km2 die größte Wüste der Erde, in Nordafrika, erstreckt sich vom Atlantik im Westen über mehr als 6 000 km zum Roten Meer im Osten, von der Küstenzone des Mittelmeeres und dem Rand des Atlas im Norden über rd. 2 000 km (mit der Übergangszone Sahel) bis zur Sudanzone im Süden. Anteil an der Sahara haben Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen, Ägypten, Westsahara, Mauretanien, Mali, Niger, Tschad, Republik Sudan.
 
Die Sahara ist ein Tafelland (vorwiegend 200-500 m über dem Meeresspiegel) mit weiten Becken und Senken (Kattarasenke 137 m unter dem Meeresspiegel), das im Inneren von den Gebirgsmassiven Hoggar (bis 3 000 m über dem Meeresspiegel) und Tibesti (bis 3 415 m über dem Meeresspiegel) überragt wird; an diese schließen sich nach Süden Bergländer (Adrar des Iforas, Aïr) bis 1 800 m über dem Meeresspiegel an. Der Nordostteil der Sahara, die Libysche Wüste, steigt nach Süden an und erreicht im Djebel Uweinat 1 893 m über dem Meeresspiegel. Südlich davon erhebt sich das Bergland Ennedi bis 1 450 m über dem Meeresspiegel. Östlich des Niltals ist das Land in der Arabischen und der Nubischen Wüste bis 2 500 m aufgewölbt und bricht dann steil zum Roten Meer ab.
 
Der kristalline Untergrund, der v. a. in Gebirgen und Schwellen zutage tritt, ist weitgehend von paläozoischen bis känozoischen Sedimenten sowie von vulkanischen Decken überlagert und von Basaltschloten durchstoßen. Mit Gesteinsschutt bedeckte Ebenen (Hammada), Geröll- (Reg) und Kieswüsten (Serir) bestimmen weitgehend das Landschaftsbild. Felsen und Gesteinsbrocken sind vielfach mit Wüstenlack überzogen. Durch Windeinwirkung sind Sandmassen aus den Wadis und von zerfallendem Gesteinsschutt in weiten Becken zu ausgedehnten Dünengebieten (Erg, Edeien) zusammengeweht worden; in der vorwiegenden Windrichtung sind »Windgassen« entstanden. Sandwüste bedeckt etwa 10 % der Oberfläche, v. a. in der libysch-algerischen Sahara, woher auch zum Teil der bis nach Europa gelangende »Saharastaub« stammt (auch aus dem Sahel). Im Bereich der extremen Passatwirkung in der südlichen Sahara ist die Schleifwirkung des Sandes (Korrasion) besonders groß. In den meist abflusslosen Becken und Senken sind, besonders in der nördlichen Sahara, Salzsümpfe und Salzpfannen (Schott, Sebcha) verbreitet.
 
Das Klima der Sahara wird durch ihre Lage beiderseits des nördlichen Wendekreises und die ständige Einwirkung des Nordostpassats bestimmt und zeigt hohe Aridität (mittlere Jahresniederschläge unter 100 mm, mögliche Verdunstung bis über 5 000 mm). Die Sommertemperaturen mit starken tageszeitlichen Schwankungen (25-30 ºC) erreichen mittlere Maxima von über 45 ºC (extrem über 55 ºC). In den Wintermonaten treten in der nördlichen, subtropischen Sahara Fröste auf; im südlichen, tropischen Teil fehlen diese, die Jahresschwankung bleibt hier geringer. Gefürchtet sind die heißen, oft sandbeladenen Stürme (Gibli, Chamsin, Samum; Harmattan am Südrand). Die vorwiegend episodischen Niederschläge fallen im Norden als Winterregen, im Süden (Hoggar, Aïr, Tibesti) auch als tropischer Sommerregen. Einziger Dauerfluss ist der Fremdlingsfluss Nil. Es gibt Hinweise (Wadi-Terrassen, fossiles Grundwasser), dass es im Tertiär und Quartär gebietsweise Zeiten mit höherem Oberflächenabfluss gegeben hat (»Pluvialzeiten«); die meisten Wadis sind wohl damals entstanden (und bis heute weitergebildet worden), waren jedoch nie Dauerflüsse. Insgesamt gesehen war aber die Sahara in den letzten 40 000 Jahren weithin immer Wüste, Veränderungen waren nur auf bestimmte Gebiete beschränkt, u. a. auf die Gebirge (inselhafte Gunsträume). Während des Höhepunkts der letzten Eiszeit blieb die nördliche und zentrale Sahara so trocken wie heute, die südliche Sahara wurde sogar noch trockener (Ausweitung der Dünenbildung, Tschadsee nur im Süden erhalten); eine Ausnahme bildete der Nordwesten durch starken Abfluss vom Atlas. In der frühen Nacheiszeit (Holozän), vor etwa 10 000-4 000 Jahren, gab es eine feuchtere Periode (Seenbildung, Tschadsee mit etwa 40 000 km2 Fläche). Anschließend setzte die Austrocknung zum heutigen Zustand ein; dabei wechseln bis heute immer wieder Phasen mit höheren oder geringeren Niederschlägen ab. Die gegenwärtig sich bemerkbar machende Ausdehnung der Wüste (Desertifikation) in den Sahel ist weitgehend auf den Eingriff des Menschen zurückzuführen.
 
Das zum Teil durch artesische Brunnen zutage tretende, in Tiefen um 1 000 m und tiefer in größeren Mengen vorhandene Grundwasser stammt zum großen Teil aus feuchteren Zeiten (»fossiles Grundwasser«). Der Erfolg von Bewässerungs- und Siedlungsprojekten in der Sahara (z. B. Neues Tal, »Großer künstlicher Fluss« in Libyen) ist abhängig davon, in welchem Umfang die (teilweise stark salzhaltigen) Grundwasservorräte durch Fernzufluss aus Randgebieten der Sahara ergänzt werden können. Dazu kommt die Gefahr der Bodenversalzung.
 
Die Tierwelt ist an den Wassermangel und die Hitze angepasst. Typisch für die Sahara sind der Wüstenfuchs oder Fennek, die vom Aussterben bedrohte Mendesantilope, Flughühner (der Gattung Pterocles), Wüstenspringmäuse (Gattung Jaculus), Dornschwanzagamen (Gattung Uromastyx), Hornvipern und die Wüstenheuschrecke (Wanderheuschrecken).
 
Pflanzenwelt:
 
In Abhängigkeit von der Oberfläche (Sandwüsten, Kieswüsten, Felswüsten, Trockentäler, Salzpfannen, Oasen) entwickeln sich in der Sahara unterschiedliche Pflanzenformationen, die meist aus Sukkulenten, xerophytischen Kleinsträuchern und Gräsern mit nur geringen Deckungsgraden bestehen.
 
Bevölkerung:
 
Von den etwa 5 Mio. Bewohnern der Sahara sind heute weniger als die Hälfte sesshafte Oasenbauern und Nomaden oder Halbnomaden; der größere Teil ist in Dienstleistungsberufen in den Oasenstädten tätig. Die Oasen, in denen Nomaden zum Teil beträchtliche Besitzanteile haben, weisen verstärkte Zuwanderung halbnomadischer Gruppen auf. Größere Siedlungen sind besonders am Nordrand der algerischen Sahara entstanden (z. B. Béchar, Ghardaïa, Biskra, Ouargla, Touggourt). Von hier bis zu den Gebirgen der Zentralsahara finden sich verstreut relativ viele Oasen und Oasengruppen, während im Westen und in der Libyschen Wüste große Gebiete menschenleer sind. Neue Siedlungsformen entstanden in den Erdöl- und Erdgasfördergebieten.
 
Die Sahara ist die Kontaktzone zwischen Weiß- und Schwarzafrika; Araber und Berber stießen vom Norden her vor und vermischten sich zum Teil mit den im Süden lebenden negriden Bevölkerungsgruppen, die, meist als Sklaven und Abhängige, auch in den Norden kamen. Die größten Gruppen sind die Tuareg (besonders im Hoggar, Aïr und Adrar des Iforas) und die Tubu im Tibesti. Die Abwanderung in andere Gebiete zeigt heute abnehmende Tendenz. Der seit dem Mittelalter von Norden her verbreitete Islam wurde zur Hauptreligion der Saharabewohner.
 
Wirtschaft:
 
In den Oasen werden neben Dattelpalmen Getreide (Hirse, Gerste, Weizen), Gemüse und Früchte (Bananen, Granatäpfel) angebaut. Bewässerung ist am Nordwestrand durch die vom Atlas kommenden Flüsse möglich, im Innern durch Grundwasser, das aus artesischen Brunnen (meist mit Motorpumpen) oder durch Stollen (Foggara; Kanat) gefördert wird. Die Viehhaltung (überwiegend Kamele, Ziegen, Schafe) der Nomaden geht zurück; zunehmend wird Nebenerwerb in den Randgebieten gesucht. Handelskarawanen (mit Kamelen) haben durch den Ausbau von Autopisten und -straßen den größten Teil ihrer Transportgeschäfte zwischen den Oasen und den Randgebieten der Sahara verloren.
 
An Bodenschätzen werden gewonnen: Erdgas und Erdöl in der algerischen Sahara (Hassi Rmel, Hassi Messaoud, Edjeleh), im Syrtebecken (Libyen) und in der Libyschen Wüste (Ägypten), Eisenerze bei Fdérik (Mauretanien), Phosphat in Bou Craa (Westsahara), Uran im Aïr (Niger), Blei und Zink im Tafilalt (Marokko). Das in Bilma (Niger) und Taoudenni (Mali) abgebaute Salz wird mit Kamelkarawanen abtransportiert.
 
Verkehr:
 
Trotz ihrer Unwirtlichkeit ist die Sahara seit mehr als 2 000 Jahren ein wichtiges Verkehrsgebiet, das den Handel zwischen dem Mittelmeerraum und der Sudanzone sowie dem tropischen Afrika vermittelt. Die mittelalterlichen Karawanenwege führten von den Oasen des Maghreb nach Timbuktu und Gao; von Tripolis über Sebha und Mursuk zum Tibesti, nach Borku und zum Tschadsee; von Bengasi über Kufra und Borku nach Wadai. Eine Transsaharastraße führt heute von Béchar über die Oasen am Wadi Saoura nach Gao, eine andere von Laghouat und Biskra über In Salah durch den Hoggar (Tamanrasset) und weiter über Agadès nach Zinder und Niamey. Die meisten größeren Oasen sind mit dem Flugzeug zu erreichen.
 
Vorgeschichte:
 
Die prähistorische Phase der Sahara ist wesentlich durch zyklische Klimaschwankungen bestimmt. Während der pleistozänen Pluvialzeiten bot die Sahara günstige Lebensbedingungen, die frühesten Spuren menschlichen Daseins sind etwa 2 Mio. Jahre alt. Von der frühesten Epoche der Menschheitsgeschichte zeugen u. a. Werkzeuge aus grob geschlagenen Kieseln (Geröllgeräte, »pebble tools«). Im mittleren Pleistozän, vor etwa 1,2 Mio. Jahren, setzte das Acheuléen ein, die verbreitetste altsteinzeitliche Kultur, für die eine differenzierte Abschlagtechnik in der Steinbearbeitung kennzeichnend ist; charakteristisches Gerät ist der Faustkeil. Das Acheuléen überdauerte fast das gesamte Pleistozän. Nach einer längeren Besiedlungspause während der Trockenphase des letzten Interpluvials verbesserten sich die klimatischen Bedingungen wieder, fast überall in der Sahara trat als jüngste altsteinzeitliche Kultur das Atérien auf. Es setzte die Steinbearbeitungstechnik des Acheuléen fort und verfeinerte sie. Typ. Produkte dieser Kultur sind »gestielte Spitzen«, vermutlich eher Werkzeuge als Pfeilspitzen. Die Menschen der saharischen Altsteinzeit - im Acheuléen wohl Menschen vom Typus Homo erectus, im Atérien Neandertaler - waren Jäger und Sammler. Das Klima war vor dem Höhepunkt der letzten Eiszeit zeitweise feuchter als heute, v. a. in den Bergländern waren Flüsse, Sümpfe und Seen mit reicher Fauna und Flora vorhanden. Ab dem 14. Jahrtausend v. Chr. entwickelten sich epipaläolithische Kulturen, deren wichtigste das Capsien war. Der Mensch des Capsien - wohl aus dem Vorderen Orient eingewandert - war bereits ein Homo sapiens sapiens.
 
Die im 7. Jahrtausend v. Chr. einsetzende neolithische Feuchtphase ermöglichte in vielen Teilen der Sahara - beginnend in der Zentralsahara - Ackerbau und Viehzucht. Im saharischen Gesamtbereich entwickelten sich zwei verschiedene jungsteinzeitliche Traditionen: das Sahara-Sudan-Neolithikum im Süden sowie das Neolithikum mit Capsientradition im Norden. Volle Entfaltung erfuhr die Jungsteinzeit schließlich im Ténéréen der südlichen Sahara. Zeugnis der jungsteinzeitlichen Kulturen sind v. a. die saharischen Felsbilder, deren größter Teil aus dieser Epoche stammt. Nach Einsetzen der erneuten Austrocknung der Sahara im 3. Jahrtausend v. Chr. erloschen die neolithischen Kulturen vom Beginn des 1. Jahrtausends v. Chr. an, der Beginn der Eisenzeit in der Sahara liegt noch weitgehend im Dunkeln.
 
Erforschung:
 
Im Altertum war Griechen und Karthagern nur der Rand der Sahara näher bekannt. Die Römer drangen u. a. nilaufwärts vor, 19 v. Chr. in den Fessan, 42 n. Chr. über den Hohen Atlas, Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. in den Sudan. Im Mittelalter gab es Karawanenrouten; arabische Reisende (Leo Africanus, Ibn Battuta, Idrisi, al-Masudi) kamen u. a. in den Sudan und zum Senegal. Die europäische Erforschung der Sahara begann erst im 19. Jahrhundert (R. Caillié, H. Barth, A. Overweg, G. Rohlfs, G. Nachtigal), zum Teil verbunden mit der militärischen Durchdringung, besonders durch die Franzosen in ihrem Kolonialgebiet. Die letzten unerforschten Gebiete der Sahara wurden erst nach dem Zweiten Weltkrieg mithilfe von Luftaufnahmen erkundet.
 
Literatur:
 
Die S. u. ihre Randgebiete, bearb. v. H. Schiffers u. a., 3 Bde. (1971-73);
 G. Camps: Les civilisations préhistoriques de l'Afrique du Nord et du S. (Paris 1974);
 
S. 10 000 Jahre zw. Weide u. Wüste, bearb. v. P. Strehli, Ausst.-Kat. (1978);
 W. Lauer u. P. Frankenberg: Zur Klima- u. Vegetationsgesch. der westl. S. (1979);
 H. Ritter: Salzkarawanen in der S. (Zürich 1980);
 H. Weyer u. H. Lhote: S. (a. d. Frz., Bern 1980);
 
The S. Ecological change and early economic history, hg. v. J. A. Allan (Outwell 1981);
 H. J. Hugot u. M. Bruggmann: Zehntausend Jahre S. (a. d. Frz., Neuausg. 1984);
 
S. desert, hg. v. J. L. Cloudsley-Thompson (Oxford 1984);
 
Forschungen in S. u. Sahel, hg. v. R. Vogg, auf mehrere Bde. ber. (1987 ff.);
 
Unterss. auf Grund neuerer Felsbildfunde in der Süd-S., bearb. v. U. W. u. B. C. Hallier, auf mehrere Bde. ber. (1990 ff.);
 P. Fuchs: Menschen der Wüste (1991);
 
Die S., hg. v. G. Göttler (41992).
 
II
Sahara
 
['zaːhara, za'haːra], Demokratische Arabische Republik Sahara, Westsahara.
 

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Sa|ha|ra [auch: 'za:hara], die; -: Wüste in Nordafrika.

Universal-Lexikon. 2012.