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Tempel
Gotteshaus; Kirche; Gebetshaus; Andachtsgebäude

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Tem|pel ['tɛmpl̩], der; -s, -:
[geweihtes] Gebäude als Kultstätte einer nicht christlichen Glaubensgemeinschaft:
ein heidnischer, antiker, prächtiger, verfallener Tempel; ein Tempel der Artemis.
Zus.: Felsentempel, Zeustempel.

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Tẹm|pel 〈m. 5
1. 〈urspr.〉 als heilig geltende, kult. Zwecken dienende Stätte
2. 〈dann〉 einer Gottheit geweihter (nichtchristl.) Bau
3. 〈fig.〉 Heiligtum
● jüdischer, heidnischer \Tempel; jmdn. zum \Tempel hinausjagen 〈fig.; umg.〉 hinauswerfen [<mhd., ahd. tempal <lat. templum „ausgeschnittenes Stück“ (von den Auguren abgegrenzter Bezirk zum Beobachten des Vogelfluges), dann „geweihte Stätte“; vielleicht zu grch. temnein „schneiden“ temenos „abgegrenztes Gut“]

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Tẹm|pel , der; -s, - [mhd. tempel, ahd. tempal < lat. templum, eigtl. = vom Augur mit dem Stab am Himmel u. auf der Erde zur Beobachtung u. Deutung des Vogelflugs abgegrenzter Beobachtungsbezirk, H. u.]:
1. [geweihtes] Gebäude als Kultstätte einer nicht christlichen Glaubensgemeinschaft:
ein indischer, antiker T.;
ein T. des Zeus.
2. einem Tempel od. Pavillon ähnliches Gebäude, meist mit Säulen, die das Dach tragen.

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I
Tempel
 
[althochdeutsch tempal, aus gleichbedeutend lateinisch templum], Kultbau, der geweihte Wohnsitz der Gottheit. In den meisten Kulturen ist im Tempel das Kultbild aufgestellt, oder er birgt ein sonstiges Idol (z. B. einen Meteoriten, Holzpfahl, Lingam). Dem Tempelbau gingen in frühester Zeit Kultstätten an als numinos erlebten natürlichen Plätzen (Hain, Höhle, Berggipfel) voraus, und der spätere Tempel steht immer in einem heiligen Bezirk (griechisch Temenos), in dem auch weitere Tempel, Altäre und Bauten für kultische und andere Zwecke angeordnet sein können (Versammlungshallen, Schatzhäuser u. a.). Der Tempelbau reicht offenbar weit zurück, was an vereinzelten archäologischen Befunden (Newali Tschori am Oberlauf des Euphrat, 8. Jahrtausend v. Chr.) sowie frühen Tonmodellen von Tempeln ablesbar ist. Erhaltene Tempelreste aus untergegangenen Kulturen stammen im Allgemeinen von Stein-, im Alten Orient auch von Lehm(ziegel)bauten. Bei Steintempeln ist in der Regel von Vorläufertempeln aus Holz oder Lehm auszugehen. Die Form des Tempels ist oft aus der Wohnhaustradition der jeweiligen Kultur entwickelt. Die Tempel waren meist bemalt. Der Platz des Tempels wurde oft durch Jahrhunderte beibehalten und später häufig von Anhängern anderer Kulte oder Religionen übernommen.
 
 Altertum
 
Der Tempel der Urukzeit und der frühsumerischen Zeit war das grundlegende administrative und wirtschaftliche Zentrum und blieb auch später ein Machtzentrum. Fast gleichzeitig traten drei verschiedene Tempeltypen auf (spätes 4. Jahrtausend v. Chr.), Lehmbauten, die immer wieder erneuert wurden, wobei sie, wenn der Lehm nicht abgeräumt, sondern planiert wurde, in die Höhe wuchsen, wodurch die Zikkurat entstand. Ein kleiner Tempel lag oben auf der Zikkurat, ein größerer in der Ebene (Tieftempel). Sie dienten vermutlich unterschiedlicher Kulthandlungen. Der in Eridu aus der späten Obeidzeit belegte Hochtempel (»Weißer Tempel«) war ein kleiner rechteckiger Einraumtempel; der Typ ist u. a. auch in Tepe Gaura (Schicht XIII) belegt. Für die folgende Zeit unterscheidet man im Alten Orient nach dem Grundriss fünf Typen des Tieftempels: 1) den Uruk-Typ, den frühsumerischen Einraumtempel, dessen lange Mittelhalle T-förmig erweitert und ringsum von einer Reihe von Nebenräumen begleitet war; 2) den Knickachstempel, auch Herdhaustempel genannt, ein im Gebiet östlich des Tigris entstandener Typ, dessen Eingang in einer Langseite lag, sodass der Kultdiener die Richtung wechseln musste, wenn er zum Kultbild, das auf einem Postament an der entfernten Schmalseite stand, gelangen wollte; 3) den weit verbreiteten Antentempel, auch Megaron-Typ genannt, bei dem an beiden Seiten des Langraums schmale Längstrakte angeordnet waren, und zwar so vorgezogen, dass zwischen ihnen eine Vorhalle vor der Haupthalle entstand; in ihr lag axial, d. h. dem Eingang gegenüber, die Nische für das Kultbild. Dieser Typ trat in der späten Urukzeit u. a. in Tepe Gaura (Schicht VIII c) auf. Der frühsumerische Tempel besaß in der Regel keine Fensteröffnungen in der Fassade, die durch Nischen gegliedert und anscheinend schwarz-weiß bemalt war. Zu diesen Typen traten später 4) der babylonische Tempeltyp, ein Breitraumtempel, der von der Akkadzeit (3. Jahrtausend v. Chr.) bis in die Seleukidenzeit belegt ist; seine Vor- und Hauptcella waren durch den in der Mitte der Breitwand gelegenen Eingang zu betreten, gegenüber (axial) lag die flache Nische für das Kultbild, und 5) der assyrische Tempel, ein axial zugänglicher Langraumtempel, vor dem meist (vielleicht durch babylonischen Einfluss) ein Breitraum lag; er ist seit dem frühen 2. Jahrtausend v. Chr. nachgewiesen. Das Kultbild stand in ihm auf einem hohen Postament an der hinteren Schmalseite. Tempel und Wirtschaftsgebäude waren in frühdynastischer Zeit von einem ovalen Mauerring umgeben.
 
Der durch ein Tor zu betretende vielräumige, unregelmäßige hethitische Tempelkomplex besaß im Zentrum einen umbauten rechteckigen Innenhof. Die Cella lag nicht genau in der Achse, sondern leicht verschoben (es kommen auch zwei Cellae vor), durch (tief liegende) Fenster nach außen geöffnet; sie lag nicht direkt am Hof (es war mindestens ein Eingangsraum vorgelegt).
 
Im Reich von Urartu gab es den quadratischen Einraumtempel, der neben dem Palast lag. Mit dem Parsismus breitete sich der Feuertempel aus.
 
Im syropalästinensischen Raum bauten die Nabatäer rechteckige oder quadratische Tempel mit quadratischer Cella, die Hauptfassade war von Türmen flankiert, ihre Besonderheit war ein Theatron, ein Hof mit Sitzbänken an drei Seiten. Besonders im südlichen Teil (Hazor) kam der babylonische Breitraumtempel (auch Hoftempel genannt) vor und im ganzen Raum der Langraum- oder Antentempel; die Cella war oft erhöht und über Stufen zu erreichen. Dieser häufig als syrischer Tempel bezeichnete Langraumtempel war auch bei den Phönikern verbreitet.
 
Als eine Ableitung von diesem Schema ist der Tempel Salomos in Jerusalem anzusehen, gemäß der Beschreibung in 1. Könige 5-7 (ihr dürften Listen der Bauabrechnung zugrunde liegen) ein Langhausbau, 60 Ellen lang (1 Elle rd. 0,44 m), 20 Ellen breit und 30 Ellen hoch, unterteilt in einen hinteren Raum (Debir), das Allerheiligste (durch eine Tür zu betreten), in dem die Bundeslade stand, und eine Haupthalle (Hekal, 40 Ellen lang), in der Räucheraltar, Schaubrottisch und Leuchter standen. Die Vorhalle (Ulam) war 20 Ellen breit und 10 Ellen tief; vor ihr standen die beiden Säulen Jachin und Boas. Der Eingang lag an der Ostseite. Erbaut wurde der Tempel anscheinend von einer phönikischen Bauhütte. Die Einweihung ist wohl 960 v. Chr. anzusetzen. 587 v. Chr. wurde er durch die Babylonier zerstört (2. Könige 25, 13-17), erst zwischen 520 und 515 v. Chr. unter Serubbabel wieder aufgebaut (zweiter Tempel) und unter Herodes dem Großen seit 19 v. Chr. in römisch-hellenistischem Gewand prunkvoll erneuert. 70 n. Chr. zerstörten ihn die Römer endgültig.
 
In Ägypten war der Tempel in seiner ursprünglichen Form eine in einem umfriedeten Hof stehende Hütte, in der man die Gottheit in einem Kultsymbol verehrte. Als zu Beginn des Alten Reiches monumentale Steinbauten entwickelt wurden, standen die neben der Pyramide errichteten Totentempel der Könige im Vordergrund. Da die eigentlichen Göttertempel der älteren Zeit späteren Um- und Neubauten gewichen sind, stammen die erhaltenen bedeutenderen Anlagen fast ausnahmslos erst aus dem Neuen Reich. Ihre im Einzelnen stark abgewandelte Grundform zeigt im Allgemeinen eine von Sphingen eingerahmte Feststraße, ein von Pylonen flankiertes Tor, dahinter einen offenen, von Säulenreihen umstandenen Hof. An ihn schließt sich, gegebenenfalls nach einer Vorhalle, ein Saal, dessen Dach von einem Säulendickicht getragen wird, und an diesen das von Nebenräumen umgebene Allerheiligste an (das nur vom König und an seiner Stelle vom Hohen Priester betreten werden durfte), ein kleiner Raum mit dem meist sehr kleinen Kultbild. In Relief ausgeführte Dekorationen (Götter- und Kultszenen, auch historische Berichte) bedeckten die Wände. Neben diesem Typ des streng auf eine Achse ausgerichteten, stets erweiterungsfähigen Prozessionstempels hat sich eine Bauform entwickelt, bei der ein offener Umgang, dessen Dach von Pfeilern oder Säulen getragen wird, um eine Kapelle (Cella) herumführt; diese diente zum Absetzen des Kultbildes während der Prozessionen. Dies war auch die Bauform der Mammisi.
 
Auf Malta wurden ovale Tempelanlagen einer Megalithkultur freigelegt.
 
In Kreta zur Zeit der minoischen Kultur ist eine mehrfach belegte Form des Kultbaues ein kleines dreiteiliges Heiligtum, dessen Front als dreigliedrige Kultfassade mit überhöhtem Mittelteil gestaltet sein konnte. Dahinter lagen kleine Räume geringer Tiefe. Der Kultbau lag nicht frei, sondern an Palasthöfen und oberhalb von Schautreppen (»Theatern«) und barg wohl kein Kultbild, da sich der Kult um die Epiphanie der Gottheit drehte. In der mykenischen Kultur hat in Griechenland neben kleinen Kultschreinen (Hauskapellen), die den späten minoischen in Kreta ähnlich waren, v. a. das Megaron kultischer Funktionen gedient.
 
 Antike
 
Der Grundriss des griechischen Tempels ist trotz gewisser Ähnlichkeiten offenbar nicht aus dem Megaron der mykenischen Paläste entstanden. Der griechische Antentempel war ein rechteckiger Saal (Cella) mit einer zweisäuligen Vorhalle (Pronaos) zwischen vorgezogenen Seitenwänden (Anten). Beim Doppelantentempel entsprach der Vorhalle eine Rückhalle (Opistodom). Durch Vorstellen einer Säulenreihe vor die Front wurde der Tempel zum Prostylos erweitert oder zum Amphiprostylos, wenn die Säulenreihe auch vor die Rückseite gestellt wurde. Die fensterlose Cella wurde durch Säulen in zwei, später auch in drei Schiffe unterteilt. In ihr stand das Kultbild. Die vorherrschende Tempelform seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. war der Peripteros; bei ihm ist die Cella von einem Säulenkranz (Peristasis) umgeben, der sich auf einem dreistufigen Unterbau (Krepis) erhebt und das Dach trägt. Beim Peripteros tragen die symmetrische Geschlossenheit sowie der Gegensatz zwischen blockhafter Cella und offenem Säulenring zu einer monumentalen und lebendigen Wirkung des Baus entscheidend bei. Einige große Tempel in der östlichen Ägäis besaßen eine doppelte Peristasis (Dipteros); dieser Grundriss wurde in hellenistischer Zeit durch Fortlassen der inneren Säulenreihe zum Pseudodipteros mit doppelt weitem Umgang entwickelt. Bei allen Grundrissformen bildete ein flaches Satteldach, dessen Giebelfelder oft mit Skulpturen geschmückt waren, den oberen Abschluss. Weitere Bauplastik trugen Metopen oder Friese am Gebälk (teilweise auch an der Cellawand). Die kraftvolle dorische und die weniger monumentale ionische Ordnung mit ihren Varianten (Säulenordnung) bestimmten den Aufriss des griechischen Tempels. Als eigener Bautyp entwickelte sich das Telesterion für die besonderen Bedürfnisse des Eleusinischen Mysterienkults, bei dem sehr viele Menschen im Raum anwesend waren. Die Tempel der übrigen griechischen Götter wurden nur von Kultdienern (Priestern) betreten. Teilnehmer der großen Prozessionen blieben im heiligen Bezirk (Temenos), wo vor dem Tempel der Opferaltar stand. Livius berichtet, dass der Tempelbezirk des griechischen Tempels die Bereiche »fanum« (in dem sich die Tempel befanden) und »lucus« (Festwiese) umfasste; in Letzterem konnten die Besucher Unterkunft finden oder leichte Hütten oder Zelte errichten.
 
Der italisch-etruskische Tempel, von Vitruv als tuskischer Tempel beschrieben, war auf einem hohen Steinpodium über nahezu quadratischem Grundriss errichtet (Podiumtempel). Die Vorhalle mit weit auseinander gerückten Säulen war fast ebenso tief wie die drei nebeneinander liegenden Cellae. Der Tempel (Oberbau) wurde als Lehmfachwerkbau errichtet, der ein vorkragendes Dach besaß und reich mit farbigen Tonplatten verkleidet war. Auf dem Dach standen Figuren. Der Giebel war offen, erst in der etruskischen Spätzeit wurde er durch zum Teil fast vollplastische Tonplatten geschlossen.
 
Der italisch-etruskische Tempel beeinflusste den römischen Podiumtempel aus Stein, der dieselben gedrungenen Proportionen, dieselbe Grundrissform und dieselbe betonte Frontalität besitzt. Seine einräumige Cella wurde zunehmend stärker als Innenraum gestaltet, da sie auch für politisch bedeutsame Handlungen und Orakel genutzt wurde. Bei Verbreiterung der Front von vier auf sechs Säulen wurden an den Längsseiten bis zur Cellarückwand Säulenhallen durchgezogen oder der Cellawand Halbsäulen vorgeblendet, sodass sich ein Pseudoperipteros ergab. Die Säulenordnung übernahmen die Römer aus der griechisch-hellenistischen Architektur, bevorzugt wurde das korinthische Kapitell. Die Kultbauten vieler der ursprünglichen nichtrömischen Mysterienkulte (Bacchus, Kybele, Isis, Osiris und Sarapis, Sabazios, Dolichenus, Mithras) verbanden Bauformen ihrer Herkunftsländer mit hellenistischen und römischen Elementen, einige entwickelten eigene Formen. Die dreischiffigen Mithräen (Mithras) besaßen seitlich erhöhte Bänke für das kultische Mahl. Der gallorömische Tempel war ein kleiner, hoher Kernbau mit niedrigerem Umgang, entsprechende keltische Anlagen (aus Holz) sind durch Ausgrabungen auch für die vorrömische Zeit belegt (z. B. in England).
 
 Süd- und Ostasien
 
In Indien entstanden mit der Entfaltung der frühhinduistischen und der volkstümlichen Bilderverehrung seit dem 2.-1. Jahrhundert v. Chr. als Behausung des Götterbildes einräumige apsidiale Ziegelbauten (in Sonkh bei Mathura u. a.), seit der Kushanaperiode auch quadratische, übertürmte Gebäude und spätestens im 4.-5. Jahrhundert die ersten Steintempel der verschiedenen indischen Religionsgemeinschaften, z. B. flach gedeckt mit Säulenportikus (Sanchi und Tigawa bei Jabalpur) oder mit Turmaufbau auf einer Plattform. Ziegeltempel wurden über die Guptaperiode hinaus seltener. Im 6.-7. Jahrhundert entstanden unter den Calukyas im Dekhan und den Pallavas in Tamil Nadu die für den Nagarastil Nordindiens und den Dravidastil Südindiens charakteristische Formen.
 
Nach hinduistischer Theorie erhebt sich der Tempel über einem geomantisch ausgerichteten Quadrat (Mandala), in dessen Zentrum, der Cella (Garbhagriha), die Hauptgottheit residiert. Die Cella kann auch von einem Umwandlungsgang (Pradakshinapatha) umgeben sein, z. B. in Sandhara bei Sanchi. Für Göttergruppen kann die Anlage besonders gegliedert werden (Pancayatana). Bildwerke des Gottes und zugeordneter Götter schmücken die Außenwände der Cella und die vorgelagerten Versammlungshallen (Mandapa), in den vier Himmelsrichtungen haben die Dikpalas Schutzfunktion, am Eingang (Torana) sind häufig die Flussgöttinnen Ganga und Yamuna dargestellt, im Architrav darüber die residierende Gottheit. Der Turm (Shikhara) über der Cella verbindet die irdische mit der himmlischen Sphäre gleich dem Weltberg Meru. In Südindien entstanden seit der Colazeit stadtartige, umfriedete hinduistische Tempelanlagen mit turmartigen Torbauten (Gopura), die eine vielköpfige Priesterschaft beherbergten (Madurai, Tiruvannamalai, Srirangam, Chidambaram). Sonderformen der Architektur bildeten sich seit dem 8. Jahrhundert in Kaschmir, wo an quadratischen und rechteckigen Cellabauten (ohne Mandapa), die teils mit Nischenwänden umgeben wurden, Architekturelemente der Gandhararegion aus baktrischer bis sassanidischer Zeit fortlebten (korinthische Kapitelle, Spitzgiebel über Dreipassbögen der Portale). Durch die Verwendung von Holz entstanden in Kerala Dachkonstruktionen aus mehrfach gestuften, in Spitzgiebeln mündenden Schrägdächern über den turmlosen Steintempeln. Ähnliche Dachformen weisen die Holz- und Ziegeltempel der Himalajaregion auf. In Bengalen wurden v. a. vom 17. bis 19. Jahrhundert Terrakottatempel errichtet.
 
In China bestehen Tempel aus einer Folge von Hallen (Dian), die sich um Höfe gruppieren, die in der Regel auf einer Nord-Süd-Achse liegen (mit dem Eingang im Süden). Aus kosmologischen Gründen sind die Hallen meist nach Süden ausgerichtet. Der Weg vom Eingangstor durch meist überdachte Gänge zur ersten der verschiedenen Hallen wird von einem Glocken- und einem Trommelturm flankiert. Im Norden liegt die Haupthalle (Cheng dian). Sie steht auf einer steinernen Plattform, die die Form einer ein- bis dreifach gestuften, balustradenumsäumten Terrasse annehmen kann. Die Halle ist ein Holzskelettbau. Glatte Säulen, durch schwere Balken verbunden, bilden im Grundriss Rechtecke. Eine umlaufende Pfostenreihe vergrößert entweder den Innenraum oder schafft einen äußeren Umgang, oder es ist nur eine offene Vorhalle unter dem weit vorspringenden Dach vorgelegt. Bei aufwendigeren Bauten ist das Dach geschwungen. Es ist ein Walmdach oder Halbwalmdach; unter diesem umzieht oft ein Dachkranz als Pultdach die Halle, sodass sie von außen zweigeschossig erscheint. Die Dachziegel sind grau, bei Tempeln der Kaiserfamilie gelb, beim Himmelstempel blau glasiert. Während die Dächer des Nordstils an den Ecken nur leicht angehoben und mit nur einer Reihe kleiner Tiere verziert sind, enden im Südstil Grate und First in hochgebogenen Spitzen oder ornamentalen Spiralen und sind u. a. mit Drachen, Fabelvögeln und kleinen Pagoden in bunten Ziegeln geschmückt. Die meisten Tempel der Frühzeit sind nicht erhalten; frühestes Beispiel ist der Foguangsu auf dem Wutai Shan.
 
In Japan umfasst eine buddhistische Tempelanlage, meist in axialer Anordnung (nach chinesischem Vorbild), ein zweistöckiges Torhaus (Sammon) mit den Statuen der Ni-ō, die Haupthalle (Hondō) oder Goldene Halle (Kondō) mit dem Kultbild, daher zum Teil auch Buddhahalle (Butsuden) genannt, eine Vortrags- oder Lesehalle (Kodō) oder eine Dharmahalle für Zeremonien. Um diese Mittelachse können sich gruppieren: ein Glockenturm (Shōrō), ein Trommelturm, ein Reliquiar (meist in Form einer mehrstöckigen Pagode), eine Stifterhalle mit dem Bildnis des Gründers, eine Meditationshalle (Zendō), Bibliothek, Schatzhaus und einige Nebengebäude. Abgeschlossen wird die Anlage durch die Wohngebäude für Abt und Mönche, meist in oder an einem Garten gelegen, das Gästehaus und die Wirtschaftsgebäude. Das Gelände ist von einer Mauer umfriedet. Ältester Tempel ist der Hōryūji bei Nara.
 
 Altamerika
 
Sowohl in Mesoamerika als auch im Andengebiet bildeten in der Regel stufenförmige Pyramiden den Tempelunterbau, auf dem dann der eigentliche Tempel aus Stein oder Adobe (in Peru) stand. Im Andengebiet sind sie meist nicht mehr erhalten. In Mesoamerika sind die Unterbauten im Allgemeinen sehr hoch, was zum Teil durch ständige Überbauungen älterer Formen erreicht wurde. Der Tempel hatte keine Fenster und mindestens einen Eingang (an seiner Frontseite), der im Mayagebiet manchmal als Rachen des Erdungeheuers gestaltet oder mit Inschriften- und Bildreliefs geschmückt war. Der Eingang war durch einen zentralen Treppenlauf von einem Vorplatz aus zu erreichen, im Innern gab es nur wenige, sehr kleine Räume für Zeremonien; hoch aufragende Dachkämme waren in ganz Mesoamerika als Krönung üblich. Doppeltempel auf einem einzigen Pyramidenunterbau waren eine Besonderheit der aztekischen Architektur., griechische Kunst, japanische Kunst, Hephaisteion)
 
Literatur:
 
W. Andrae: Das Gotteshaus u. die Urformen des Bauens im Alten Orient (1930);
 T. A. Busink: Der T. von Jerusalem, 2 Tle. (Leiden 1970-80);
 A. Alt: Verbreitung u. Herkunft des syr. T.-Typus, in: Kleine Schr. zur Gesch. des Volkes Israel, Bd. 2 (41978);
 S. Sauneron u. H. Stierlin: Die letzten T. Ägyptens. Edfu u. Philae (a. d. Frz., Zürich 1978);
 V. Fritz: Der T. Salomos im Licht der neueren Forschung, in: Mitt. der Dt. Orient-Gesellschaft zu Berlin, Bd. 112 (1980);
 H. Kähler: Der griech. T. (Neuausg. 1981);
 H. Kähler: Der röm. T. (1982);
 E. Heinrich: Die T. u. Heiligtümer im alten Mesopotamien, 2 Tle. (1982);
 A. Negev: T., Kirchen u. Zisternen. Ausgrabungen in der Wüste Negev (Übers. des engl. Manuskripts, 1983);
 A. Negev: Nabatean archaeology today (New York 1986);
 G. Gruben: Die T. der Griechen (41986);
 R. Wenning: Die Nabatäer - Denkmäler u. Gesch. (Freiburg 1987);
 H. Walter: Das griech. Heiligtum, dargestellt am Heraion von Samos (Neuausg. 1990);
 
Der alte Orient, hg. v. B. Hrouda (1991);
 M. Trunk: Röm. T. in den Rhein- u. westl. Donauprovinzen (1991);
 Rainer Schmitt: Hb. zu den T. der Griechen (1992);
 
Ägypt. T. - Struktur, Funktion u. Programm, hg. v. R. Gundlach u. M. Rochholz (1994);
 W. Betz: Malta - Spuren in die Vergangenheit. T., Technik, Theorien (1994);
 
T., bearb. v. T. N. Dahle (31994; Bibliogr.);
 D. Arnold: Die T. Ägyptens. Götterwohnungen, Baudenkmäler, Kultstätten (Neuausg. 1996);
 A. Edersheim: Der T. Mittelpunkt des geistl. Lebens zur Zeit Jesu (a. d. Engl., 1997).
 
II
Tẹmpel,
 
Abraham Lambertsz. van den, niederländischer Maler, * Leeuwarden um 1622, begraben Amsterdam 8. 10. 1672; schuf elegante Porträts unter dem Einfluss von B. van der Helst sowie historische und allegorische Kompositionen.
 

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Tẹm|pel, der; -s, - [mhd. tempel, ahd. tempal < lat. templum, eigtl. = vom Augur mit dem Stab am Himmel u. auf der Erde zur Beobachtung u. Deutung des Vogelflugs abgegrenzter Beobachtungsbezirk, H. u.]: 1. [geweihtes] Gebäude als Kultstätte einer nicht christlichen Glaubensgemeinschaft: ein heidnischer, indischer, antiker T.; ein T. des Zeus (dem Zeus geweiht); Ü Das Arbeitsamt ... war ein mehrgeschossiges Gebäude, ein neuzeitlicher T. aus grauen Sandsteinquadern (Fels, Sünden 69); *jmdn. zum T. hinausjagen, hinauswerfen (ugs.; jmdn. voller Unmut, empört aus dem Haus, Zimmer o. Ä. weisen). 2. einem Tempel od. Pavillon ähnliches Gebäude, meist mit Säulen, die das Dach tragen.

Universal-Lexikon. 2012.