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Gleich|be|rech|ti|gung ['glai̮çbərɛçtɪgʊŋ], die; -:das Zugestehen von gleichen Rechten:
für die Gleichberechtigung [der Frau] kämpfen.
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Gleich|be|rech|ti|gung 〈f. 20; unz.〉 Ausstattung mit gleichen Rechten ● die \Gleichberechtigung der Geschlechter, der Konfessionen, der Völker; für die \Gleichberechtigung eintreten, kämpfen; der Kampf der Frau um die \Gleichberechtigung
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Gleich|be|rech|ti|gung, die <o. Pl.>:
gleiches Recht:
für die volle G. der Frauen kämpfen.
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I Gleichberechtigung,
Die Gleichberechtigung wird in Deutschland nach Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes als Grundrecht garantiert. Artikel 3 des Grundgesetzes lautet: »(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden«. Hier wird also die rechtliche Gleichheit von Mann und Frau festgelegt und ein Gebot der Gleichbehandlung sowie ein Verbot der Ungleichbehandlung der Geschlechter ausgesprochen.
Die Gleichberechtigung der Geschlechter kann nur durch tatsächliche Verschiedenheiten eine Ungleichbehandlung in bestimmten Lebensbereichen rechtfertigen, soweit dies durch die biologischen Unterschiede von Mann und Frau gefordert ist, so z. B. bei geschlechtsbezogenen Sachverhalten wie Schwangerschaft und Mutterschaft.
Die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung von Frau und Mann schließt die Anerkennung der Gleichwertigkeit beider ein. Diese Rechte sind nicht selbstverständlich und mussten (und müssen immer noch) erkämpft werden. Zum Beispiel erfolgte in Deutschland erst 1918 mit dem Wahlrecht für Frauen eine staatsbürgerliche Gleichstellung beider Geschlechter.
Gleichberechtigung heißt auch, dass alle Menschen die Möglichkeit und Chance haben sollen, so zu leben wie sie das möchten, soweit sie andere Menschen dadurch nicht einschränken. Dies wird u. a. von Homosexuellengruppen gefordert, die eine Gleichbehandlung mit Heterosexuellen, z. B. im Eherecht, verlangen.
Siehe auch: Gleichheit, Emanzipation.
II
Gleichberechtigung,
die rechtliche Gleichstellung von Mann und Frau. Während in der Weimarer Reichsverfassung die Gleichberechtigung nur für die staatsbürgerlichem Rechte und Pflichten ausdrücklich gewährleistet war (Wahlrecht, Zugang zu öffentlichen Ämtern), garantiert Art. 3 Absatz 2 und 3 GG sie als Teil des allgemeinen Gleichheitssatzes umfassend. Der Staat darf daher den Unterschied der Geschlechter nicht mehr als Anknüpfungspunkt für Ungleichbehandlungen (Bevorzugungen und Benachteiligungen) wählen. Eine Ausnahme ist nur zulässig, wenn biologische Unterschiede die Verschiedenbehandlung erfordern (z. B. Mutterschutz). Ausnahmen aus »funktionalen« Gründen, die meist auf der traditionellen gesellschaftlichen Rollenverteilung beruhen, sind in der Regel unzulässig. 1994 wurde der bisherigen Anordnung des Art. 3 Absatz 2 GG (»Männer und Frauen sind gleichberechtigt«) durch Verfassungsänderung der Auftrag des Staates zur Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung angefügt (»Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin«). Art. 12 a GG schränkt die Gleichberechtigung ein, indem er nur für Männer die Wehrpflicht statuiert.
Soweit das bei In-Kraft-Treten des GG geltende Recht dem Gleichberechtigungsgrundsatz nicht entsprach, trat es nach Art. 117 GG am 31. 3. 1953 außer Kraft. Die dadurch besonders im Eherecht, im ehelichen Güterrecht und im Recht der elterlichen Sorge entstandenen Lücken sind erst durch das Gleichberechtigungsgesetz vom 18. 6. 1957 geschlossen worden. Das Eherechtsgesetz vom 14. 6. 1976 hat durch Regelungen über Versorgungsanwartschaften nach der Scheidung, über die gleichmäßige Berechtigung der Ehegatten zur Erwerbstätigkeit und über die Möglichkeit der Wahl des Geburtsnamens der Frau zum Familiennamen die Gleichberechtigung im Familienrecht fortgeführt. Das Bundesverfassungsgericht hat 1991 § 1344 Absatz 2 BGB, wonach der Familienname des Mannes Ehename wurde, wenn die Eheleute sich nicht einigen konnten, für verfassungswidrig erklärt. Das Gesetz zur Neuordnung des Familiennamensrechts vom 16. 12. 1993 ermöglicht es nunmehr beiden Ehegatten, ihren Geburtsnamen zu behalten (Namensrecht).
Im Arbeitsrecht wendet das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung Art. 3 Absatz 2 Satz 1 GG auch auf das privatrechtliche Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer an. Das Gesetz über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz vom 13. 8. 1980 fügte in Durchführung einer europarechtlichen Bestimmung u. a. ein allgemeines Benachteiligungsverbot aufgrund des Geschlechts und das Gebot der geschlechtsneutralen Ausschreibung von Arbeitsplätzen in das BGB ein (§§ 611 a, 611 b BGB). Das 2. Gleichberechtigungsgesetz präzisierte § 611 a Absatz 2 BGB mit Wirkung vom 1. 9. 1994 dahingehend, dass ein durch Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot benachteiligter Bewerber eine angemessene Entschädigung in Geld in Höhe von maximal drei Monatsverdiensten verlangen kann, jedoch kein Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses besteht. Bestandteil des 2. Gleichberechtigungsgesetzes ist insbesondere das Frauenfördergesetz, das für die Beschäftigten in den Verwaltungen und Gerichten des Bundes gilt. Es beinhaltet Regelungen zur Aufstellung von Frauenförderplänen in den Dienststellen, zur Bestellung von Frauenbeauftragten und deren Aufgaben, zur Teilzeitbeschäftigung und zur Förderung von Frauen bei der Fortbildung, beim beruflichen Aufstieg u. a. Eine Quotenregelung enthält es nicht. Auch im Sozialversicherungsrecht hat der Gesetzgeber, teilweise nach Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die Gleichberechtigung weitgehend festgeschrieben.
Da den Rechtsnormen eine soziale Realität entgegensteht, in der die Frau trotz rechtlicher, gesellschaftlicher und politischer Fortschritte weiterhin benachteiligt wird, werden z. B. Antidiskriminierungsgesetze und Quotenregelungen diskutiert, die die Stellung der Frau in der Gesellschaft durch befristete Bevorzugungen verbessern sollen. Zunehmende Bedeutung für die Gleichberechtigung erlangt das Europarecht, v. a. Art. 119 EG-Vertrag (gleiches Arbeitsentgelt bei gleicher Arbeit). Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes betont die nicht nur rechtliche, sondern tatsächliche Gleichstellung, hat aber jüngst (1995) eine starre Quotenregelung für unzulässig erklärt.
In der DDR hatten nach Art. 20 der Verfassung Mann und Frau die gleiche Rechtsstellung in allen Bereichen des gesellschaftlichen, staatlichen und persönlichen Lebens. Die Gleichberechtigung der Frau wurde durch den Ausbau der gesellschaftlichen und materiellen Voraussetzungen, insbesondere für ihre gleichberechtigte Stellung im Berufsleben, unterstützt. Besondere Förderung erfuhren berufstätige Mütter, Alleinstehende und Kinderreiche z. B. durch den Ausbau des Netzes von Kindereinrichtungen oder unter bestimmten Voraussetzungen bezahlte Freistellung bei Krankheit des Kindes. Trotzdem hatten Frauen jedoch schlechtere Berufsaufstiegs- und Verdienstchancen als Männer.
In Österreich lässt der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz (Art. 7 Bundesverfassungsgesetz) nur gesetzliche Differenzierungen zu, die in der Natur des Geschlechts begründet sind. Zur Beseitigung von Ungleichbehandlungen am Arbeitsplatz wurde das Gleichbehandlungsgesetz vom 23. 2. 1979 erlassen, das zur Überprüfung von Diskriminierungen bei Entgeltfestsetzungen eine Gleichbehandlungskommission einrichtet. Für Bundesbedienstete gilt das Bundesgleichbehandlungsgesetz vom 12. 2. 1993, welches auch ein positives Diskriminierungsgebot für Frauen enthält (Diskriminierungsverbot).
In der Schweiz wird die Rechtsgleichheit der Geschlechter seit 1981 durch Art. 4 Absatz 2 Bundesverfassung verfassungsmäßig gesichert. Nach dieser Bestimmung stellt das Geschlecht prinzipiell keinen zulässigen Anknüpfungspunkt für eine unterschiedliche Behandlung dar. Soweit biologische oder funktionale Unterschiede eine Ungleichbehandlung der Geschlechter verlangen, ist diese jedoch verfassungskonform. Als Grundrecht enthält die Garantie der Gleichberechtigung auch einen Gesetzgebungsauftrag: Der Gesetzgeber ist verpflichtet, für die Gleichstellung von Mann und Frau, insbesondere in Familie, Ausbildung und Arbeit, zu sorgen. Ein entsprechendes Bundesgesetz erging am 24. 3. 1995. Ferner wird das Prinzip der Lohngleichheit bei gleichwertiger Arbeit statuiert. Dieses ist nach heute geltender Auffassung für öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Arbeitsverhältnisse direkt anwendbar. Über die Gleichberechtigung bei Wahlen Frau.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
Emanzipation · Frauenarbeit · Frauenbeauftragte · Frauenbewegung · Frauenförderplan · Frauenforschung · Gerechtigkeit · Gleichheit · Minderheit
Frauenpolitik in Europa, bearb. v. U. Schleicher u. a. (1980);
H. Schenk: Die feminist. Herausforderung. 150 Jahre Frauenbewegung in Dtl. (61992);
Die Gleichstellung von Frau u. Mann als rechtspolit. Auftrag, hg. v. K. Klett u. D. Yersin (Basel 1993);
Manfred G. Schmidt: Erwerbsbeteiligung von Frauen u. Männern im Industrieländervergleich (1993);
Frauengleichstellungsgesetze des Bundes u. der Länder. Komm. für die Praxis. .., hg. v. D. Schiek u. a. (1996).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Frauenwahlrecht: Mühsam erkämpft
Gleichberechtigung: Die Stellung der Frau heute
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Gleich|be|rech|ti|gung, die <o. Pl.>: gleiches Recht: die G. aller Menschen und Völker; Der Ministerpräsident ... erklärte am Donnerstag, wenn Peking die G. Taiwans anerkenne, sei man bereit, bei künftigen Gesprächen auch über eine Wiedervereinigung zu reden (Tagesspiegel 16. 7. 99, 1); für die volle G. der Frauen kämpfen; ... dass gerade bei jungen Frauen das Interesse an der Bundeswehr gestiegen sei. Sie betrachteten es als einen Verstoß gegen die G., dass ihnen in der Bundeswehr nur wenige Laufbahnen offen stünden (FAZ 19. 7. 99, 1); Gefordert wird auch eine Reform des sozialen Wohnungsbaues mit einer G. (Gleichrangigkeit) von Neubau und Erhalt der Bestände (SZ 11. 6. 99, V).
Universal-Lexikon. 2012.